Wir sollten uns bei allem Jammern den Optimismus nicht klauen lassen

Mühlackers Gemeinderat verabschiedete gestern Abend im Uhlandbau einstimmig den Haushaltsplan der Stadt für 2021. Alle mit FFP2-Masken vor Mund und Nase. Gut zwei Wochen nach der Einbringung des Entwurfs durch den OB. So schnell ging es noch nie. Die Stellungnahmen der fünf Fraktionen wurden zu Protokoll gegeben, ganz wie am Tag zuvor im Kreistag. Alles ist der Pandemie geschuldet. In einer halben Stunde war das halbe Dutzend Punkte der Tagesordnung erledigt, die Sitzung aus.

Für die CDU-Fraktion schrieb ich in der Stellungnahme zu Etat und kommunalem Alltag in Corona-Zeiten:

Ohne Frage: Die Finanzlage der Stadt Mühlacker ist aktuell schlecht. Aber hat jemand in der Zeit der Corona-Krise anderes erwartet? Leider sind auch in der Kommunalpolitik nun die Pessimisten, Besserwisser und destruktiv Denkenden unterwegs. Sie sehen ihre Zeit gekommen. Aber wir sollten uns bei allem Jammern den Optimismus nicht klauen lassen. Wir haben Krisen kommen, aber auch wieder gehen sehen. Dann legen wir eben einmal ein Jahr ein, in dem weniger passiert. Wir haben dann auch mehr Zeit fürs Nachdenken, Diskutieren und Planen zum Beispiel zu Innenstadtentwicklung, Auswirkungen der Bebauung der Ziegelei, über Zukunftsthemen wie Schulen, Glasfaser-Ausbau, Klimaschutz und Integration beziehungsweise Teilhabe. Alles Themen, die in Mühlacker gerne auf der Strecke bleiben, weil man angeblich keine Zeit hat. Aber die haben Gemeinderat und Stadtverwaltung nun.

Meine Kommentare für die Fraktion zum Haushalt 2021: Auf Schlagworte verdichtet

Die Situation bietet also auch Chancen. Bisher kamen nach schlechten Zeiten immer wieder gute Zeiten. Das wird diesmal nicht anders sein. Wenn die Wirtschaft die Produktivität der Zeit vor Corona wieder erreicht hat, fließen die Steuern kräftiger. Immer wieder heißt es: sieben! Schauen, was notwendig und was weniger dringlich ist. Andere Gemeinderäte legen die Prioritäten in Klausurtagungen fest. Bei uns klappt das nie, weil immer Einspruch aus der zweiten Bank kommt und sich die Verwaltungsspitze dadurch lähmen lässt.

Die große Linie des Etatentwurfs der Stadtverwaltung für 2021 ist richtig. Deshalb stimmt die CDU-Fraktion dem Entwurf heute bei diesem ungewöhnlichen, aber aus naheliegenden Gründen zu vertretenden Verfahren der Haushaltsverabschiedung ohne Probleme zu. Denn angesichts der Corona-Pandemie wissen wir nicht, wann die nächste Präsenzsitzung sein wird. Gerade deshalb müssen wir handlungsfähig sein und bleiben. Das A und O des Handelns ist der Haushaltsplan.  Wir können nächstes Jahr, wenn sich Bedarf herausstellt, korrigieren über einen Nachtragsplan.

Was im bisherigen Entwurf fehlte, war das Engagement der Stadt für bezahlbaren Wohnraum. Hier hat die Stadtverwaltung inzwischen nachgebessert. Endlich werden die Hausaufgaben angepackt, nämlich die konkreten Schritte zum Beispiel der Übertragung städtischen Wohnraums auf die Stadtbau GmbH. Was eine Kommune hier auf die Beine stellen kann, zeigen zahlreiche Kommune. Ich muss nicht auf Bretten, Vaihingen und Oberderdingen verweisen, sondern kann auch Fellbach nennen, deren Stadtbaugesellschaft zwei Jahre nach unserer entstand und boomt. Vor Gründung der Stadtbau ist in Mühlacker keine einzige öffentlich geförderte Wohnung gebaut worden. Wo blieben die Investoren? Hätten alle Möglichkeiten der Welt gehabt.

Die Schulen im Lindach werden immer wieder vertröstet

Auf die Fragen aus der CDU-Fraktion zum Haushaltsentwurf ergibt sich, dass von den 13,1 Millionen Euro für Investitionen in 2021 mehr als 25 Prozent auf verschiedene Ausgaben für die Feuerwehr entfallen. Das ist jeder vierte Euro. Dieser Anteil zeigt, dass die Relationen nicht mehr stimmen. Nicht nur die Feuerwehr ist Pflichtaufgabe, auch Schulen und Kindergärten gehören zur Pflicht. Hier erwarten wir, die Dinge neu zu ordnen und zu gewichten. Nehmen wir die Pläne für den Bildungscampus Lindach. Wir wissen nicht, was die einzelnen Maßnahmen kosten, wir wissen nicht, wie hoch die Zuschüsse des Landes sind, wir wissen nicht, wie sich die Maßnahmen zeitlich priorisieren lassen, wir wissen also nicht, was die Zukunftsaufgabe Schulen im Lindach den städtischen Haushalt netto kosten, um dann beurteilen zu können, was geht und was nicht geht - die Verwaltung verweigert dem Gemeinderat die Klausur. Diese brauchen wir dringend.

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Spottenberg und die Suche nach dem Bebauungsplan: Vor 70 Jahren wollten Denkmal- und Naturschützer den schönen Südhang retten

In 70 Jahren entstand kleine Siedlung mit Fernwirkung auf dem Lienzinger Spottenberg (2020). Fotos: Antonia Bächle

Der Spottenberg in Lienzingen sollte frei bleiben von Bauten. Darin waren sich Denkmal- und Naturschützer vor 70 Jahren einig. Doch der Lienzinger Gemeinderat und ein Metzger aus Mühlacker machten ihnen einen Strich durch die Rechnung: Der Metzger baute 1950 dort das erste Wohnhaus. Und machte den Weg frei für eine Art Streusiedlung in Top-Lage des damals 1000 Einwohner zählenden Dorfes. Eine im wahrsten Sinne des Wortes planlose Entwicklung mit ungewöhnlichen Folgen. Bis 1840 gediehen Reben an dem Hang.

Nach einer Ortsbesichtigung im Herbst  1949 verfasste der Landesbeauftragte der Württembergischen Landesstelle für Naturschutz und Landschaftspflege, Schwenkel, am 31. Oktober in Ludwigsburg - unter der Nummer 1502 - eine Stellungnahme an die Kreisbaumeisterstelle in Mühlacker. Der entscheidende Passus:  Eine Überbauung des Hanges an der Steige nach Zaisersweiher ist aus landschaftlichen Gründen durchaus nicht erwünscht und sollte unterbleiben, solange noch die Möglichkeit besteht, im unmittelbaren Anschluss an die Ortslage ein geeignetes Baugrundstück, gegebenenfalls auf dem Tauschwege, zu beschaffen. Die gleiche Ansicht vertrat R. Schmidt vom Württembergischen Landesamt für Denkmalpflege in Stuttgart, zwölf Tage zuvor in einem Brief an den sehr geehrten Kollegen Schwenkel: An sich wäre es äußerst wünschenswert, dass der Hang frei bleibt – aus allgemeinem Interesse an der Erhaltung des Ortsbildes von Lienzingen. Anlass für diese Positionierung war ein Bauwunsch des Mühlacker Metzgermeisters Erwin Bammesberger auf dem Grundstück Parzelle Nr. 2294. Ein Jahr zuvor genehmigten Landratsamt Vaihingen und Gemeinde Lienzingen dem Mühlacker Fabrikanten Friedrich Münch westlich gleich neben dem Grundstück von Bammesberger eine Jagdhütte. Ein kleines unbedeutendes Bauwesen nannte Kreisbaumeister Aeckerle in seiner Begutachtung zur Prüfung des Baugesuchs am 20. Mai 1948 das Jagdhaus. Es bestand aus einer Stube, einem winzigen Schlafraum und einer kleinen Garderobe.


Lienzinger Geschichte(n) mit einem neuen Kapitel, diesmal zur unbändigen Lust, vor allem betuchter Menschen aus Mühlacker, auf dem Spottenberg zu bauen – mit garantiert freier Fernsicht. Natur- und Denkmalschützer wollten den Hang frei halten von Häusern, verlangten aber, wenn sich eine Bebauung schon nicht verhindern lasse, wenigstens einen Bebauungsplan aufzustellen. Ob der jemals genehmigt wurde, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Die Stadt Mühlacker kämpft heute noch mit dem planlosen Zustand. Eine Spurensuche in den Protokollen des Gemeinderats Lienzingen, verwahrt im Stadtarchiv Mühlacker (STAM), und den Akten im Staatsarchiv Ludwigsburg (Signatur: FL 20/18 II Bü 3810).


Denkmalpfleger Schmidt ahnte aber seinerzeit schon: Ich fürchte, dass wir mit dieser Meinung nicht durchdringen werden, weil in Lienzingen die Bauplätze wenig zahlreich sind. Die Bauern geben nichts her. Andererseits, so räumte er ein, sei der Hang gegen Zaisersweiher eine schöne Südlage und immer wieder werde er in Lienzingen angesprochen, ob man dort nicht bauen könne. Er empfahl, auf der Höhe des Hauses Bammesberger einen Baustreifen für vier oder fünf Häuser freizugeben. Dies in einem Bebauungsplan zu regeln dürfte dem bisherigen Zustand vorzuziehen sein, wo jeder einzelne Fall besonders behandelt werden muss. Schmidt riet allerdings, dem geplanten Haus Bammesberger die Dominanz zu nehmen und schlug vor, es in der Höhe etwas zu drücken und weiter nach rückwärts zu schieben. Als dann 1955 auf der Bergnase das Wohnhaus Münch entstand, rückte dieses ins Blickfeld und dominierte. Die Landesstelle für Naturschutz dachte an maximal vier Häuser auf der Bergkante. Für die bauliche Gestaltung seien verbindliche Grundsätze aufzustellen, nach denen auch der Entwurf Bammesberger umzuarbeiten sei. Der Kreisbeauftragte für Naturschutz, Schulrat Schöffler aus Vaihingen, fasste seine Empfehlung am 14. September 1949 in eineinhalb Zeilen zusammen: sich an den Rahmen des Ortsbauplanes zu halten.

  • Erstes Wohnhaus: Backsteinmauerwerk mit Ziegeldach für 25.000 Deutsche Mark
Der Stuttgarter Ex-Baurat Erich Stoll legte 1950 den Entwurf eines Bebauungsplanes für den Spottenberg dem Lienzinger Gemeinderat vor. Ob der Plan jemals rechtskräftig wurde, ist ungeklärt. Das Original liegt im Staatsarchiv Ludwigsburg

Das vorgesehene Domizil von Metzgermeister Bammesberger aus der Mühlacker Bahnhofstraße plante der Senderstädter Architekt Otto Bernecker. Nach dem am 15. Juli 1949 fertiggestellten und vier Wochen später eingereichten Baugesuch kalkulierte er die Kosten des Gebäudes aus Backsteinmauerwerk mit Ziegeldach auf 25.000 Deutsche Mark. Außerhalb Etter, an der Straße nach Zaisersweiher, so wird in der amtlichen Zählkarte – eine Statistik der Bautätigkeit – der Standort beschrieben; eine 5-Raum-Wohnung mit 112,5 Quadratmeter Bruttowohnfläche. Über den Bauwunsch debattierte der Lienzinger Gemeinderat am 28. Oktober 1949 und beschloss, ihm den Weg zu ebnen durch die Aufstellung eines Teilbebauungsplanes für etwa fünf Wohngebäude. Bammesberger versprach, alle Kosten zu tragen (STAM, Li B 323, S. 199).

Der Stuttgarter Ex-Baurat Erich Stoll legte am 3. Februar 1950 den Räten den Entwurf eines Bebauungsplanes vor, der auf das Wohlwollen der Runde stieß. Auch bei der öffentlichen Auslegung im Rathaus vom 24. Februar bis 2. März 1950 erhob niemand Einwände, wie in der Sitzung am 3.  März bekanntgegeben wurde, so dass der Schultes den Entwurf zur Genehmigung dem Landratsamt Vaihingen zuleiten konnte. Im August 1950 genehmigte das Gremium den Antrag von Bammesberger, die Hauptleitung zum benachbarten Wasserreservoir der Kommune anzapfen zu dürfen, wie es später auch Friedrich Münch zugestanden wurde (STAM, Li B 324, S. 8, 12 und 35).

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Stadtbau GmbH - gefordert und ausgebremst

Öffentlich geförderte Wohnungen im ersten und bisher einzigen Projekt der 2016 gegründeten Stadtbau Mühlacker

Die Stadtbau Mühlacker - nur eine Episode? Nein, sagen über Fraktionsgrenzen im Gemeinderat hinweg CDU, LMU und SPD. Die Stadtbau - das ungeliebte Kind der Stadtverwaltung? Ja, schrieb ich 2015 in diesem Blog. Dabei schrillten schon damals die Alarmglocken. 2010 beklagte die Diakonie, in Mühlacker fehlten 50 Sozialwohnungen. Das Soziale Netzwerk bezifferte fünf Jahre später die seinerzeit aktuelle Lücke auf 100 Sozialwohnungen. Ich erinnere mich noch an das Gespräch im Arbeitskreis "wohnen und leben" des Netzwerkes in den Räumen der GSI an der Lienzinger Straße, zu dem ich als einziger Kommunalpolitiker eingeladen war. Zuvor - 2013/14 - blieben Treffen des Netzwerkes mit  Ratsfraktionen ergebnislos - mit der Bebauung der alten Ziegel wird sich die Lage verbessern, versicherte der OB. Damals gab es einen neuen Anlauf.

Nicht so richtig ran wollte die Stadtverwaltung an die Gründung einer städtischen Wohnungsbau-GmbH, mit der die Kommune steuern kann. Dabei gab und gibt es positive Beispiele, wie zum Beispiel im kleineren Oberderdingen. Der von der CDU unterstützte SPD-Antrag, eine Stadtbau Mühlacker zu gründen, fand 2015 eine Mehrheit. Der erste Geschäftsführer trat 2017 seinen Dienst an. Er verlässt zum 1. Januar 2021 das immer noch Ein-Mann-Unternehmen. Ende September 2020 zogen die ersten Mieter in das fertiggestellte  erste Projekt der Stadtbau an: ein Gebäude mit acht Wohnungen an der Stuttgarter Straße. Die Nachfrage war groß: Wir hätten die Wohnungen mehrfach vermieten können.

Gemeinsamer Antrag inzwischen modifiziert

Ich hätte mir mehr gewünscht. Doch die Stadtbau wurde gerne mal ausgebremst - und anschließend beklagten sich die gleichen Leute, die Stadtbau tue zu wenig. Selbst auf der städtischen Homepage ist sie weniger als eine Fußnote. Weil immer wieder Teile des Gemeinderats und der Verwaltung, wenn auch vorsichtig, den Fortbestand der GmbH in Frage stellten, wollten CDU, LMU und SPD ein klares Bekenntnis des Gemeinderats durch einen gemeinsamen Antrag, der seit Anfang Oktober 2020 vorliegt, sich aber mit der Kündigung des hauptamtlichen Geschäftsführers (der Baubürgermeister ist nebenamtlich in der Geschäftsführung) überschnitt, weshalb er nun modifiziert heute beim OB eingereicht wurde.

Das Problem der ersten drei Jahre dieser Gesellschaft.

CDU, LMU und SPD beantragten heute nun, die Stelle wieder zu besetzen, aber zuvor klare Aufgaben durch Gemeinderat und Aufsichtsrat festzulegen. „Wir erarbeiteten deshalb in den vergangenen Tagen einen Antrag, der die jüngste Entwicklung aufnimmt und Positionen weiter präzisiert“, erklärten die Vorsitzenden der drei Fraktionen. Wichtig sei ihnen gewesen, über den Tellerrand zu schauen und Erfahrungen anderer Kommunen einzubeziehen.

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Spielplatz im Wohngebiet „Vordere Raith“ vor der Fertigstellung

Spielplatz "Vordere Raith" in Lienzingen vor der Fertigstellung. (Foto: Antonia Bächle)

Wenn dieser Tage die restlichen Spielgeräte für den Sandbereich, die Wipp-Tiere und der Radständer geliefert und montiert werden, kann der Spielplatz im Lienzinger Wohngebiet „Vordere Raith“ seiner Bestimmung übergeben werden, ließ mich jetzt das Umwelt- und Tiefbauamt der Stadtverwaltung wissen. Ein Teil der Geräte steht schon. Das wird ein wunderschöner Spielplatz. Damit findet eine lange Leidensgeschichte endlich einen Abschluss. Weggeräumt gewesen sind 2016 die alten ausgedienten Spielgeräte schnell, doch die Ersatzgeräte ließen seitdem auf sich warten. Hier passt der Satz, was lange währt, wird endlich gut.

Auf dem Spielplatz wurde Rollrasen verlegt, so das Fachamt. Ebenso wie bei der Außenanlage am  Kindergarten in der Ringstraße in Lienzingen. Rollrasen sei inzwischen nicht mehr so teuer und habe sich an Kindergärten oder auf Spielplätzen dahingehend bewährt, dass auf einen nutzbaren Rasen um die Spielbereiche nicht sechs bis acht Wochen gewartet werden müsse. Ein Rollrasen müsse zu Beginn dauerhaft feucht gehalten werden. „Hätten wir dort Gras angesät, um eine Grasfläche bekommen zu können, müssten wir auch die Flächen beregnen.“ Sobald Grassamen einmal Feuchte bekommen habe - ob durch Morgentau, Regen, Niesel - müsse dieser auch beregnet werden. Der Grassamen beginne dann seinen Keimungsprozess und würde absterben, wenn er nicht bis zum Graswachstum gegossen werden würde. Somit müsste entweder die Ansaat wiederholt oder erst im Oktober gemacht werden, so die Erläuterung des Amtes.

Grillhütte Kelterle unterhalb der Weinberge

Weitere Anliegen aus Lienzingen hatte ich in Anfragen aufgegriffen. Ein Thema: Schmierereien an dem gemauerten Unterstand bei dem Grillplatz im Kelterle unterhalb der Weinberge. Anliegen ist es, dass solche Schmierereien gleich wieder beseitigt werden.

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Verkehrsgutachten für Pferchäcker verzögert sich

Wie lange braucht in Mühlacker eigentlich die Ausweisung eines gerade mal gut zwei Hektar großen Wohngebiets? Kurze Antwort: Viel zu lange! Neuestes Beispiel: Weitere Verzögerungen bei den Pferchäckern.

Das Verkehrsgutachten für das geplante Lienzinger Neubaugebiet Pferchäcker liegt noch nicht vor, heißt es in der Antwort der Stadtverwaltung vom 23. Juli 2020 auf meine Anfrage. Es werde im Gemeinderat vorgestellt, sobald es verfügbar ist. Die Verwaltung gehe von einer öffentlichen Präsentation der Ergebnisse durch den Gutachter in der Ratssitzung vom 29. September. Noch im Mai hatte die Verwaltung angekündigt, vor der Sommerpause die Resultate dem Ratsausschuss für Umwelt und Technik vorzulegen.

Zum Stand der Gespräche mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) wegen eines Anschlusses der Pferchäcker an die Landesstraße 1134 im Bereich der oberen Kehre schreibt die Verwaltung, die Aussagen der Straßenbauverwaltung in der Sache seien klar und sie seien insbesondere äußerst positiv für die Stadt – sowohl was die Realisierung als auch was die Kostentragung angehe: Wenn die Stadt die Streckenbegradigung im Rahmen der Bebauungsplanung planerisch abarbeite, dann sei das Land bereit, die dafür entstehenden Planungskosten zu fördern und nach Fertigstellung der Planung den Ausbau kurzfristig auf eigene Kosten zu realisieren, steht in der Antwort aus dem Rathaus. Wie ich zusätzlich erfuhr, hat die zuständige Stelle des RP einen entsprechenden Aktenvermerk der Stadtverwaltung über das gemeinsame Gespräch vorliegen und den Inhalt akzeptiert.

Erkenntnisse zu Sanierungsarbeiten auf der L1134 zwischen Lienzingen und Zaisersweiher liegen der Verwaltung nicht vor, antwortet sie auf einen weiteren Punkt der Anfrage.

Zur Vorgeschichte im Blog:

Keine Interessentenliste

Einwohnerversammlung 2019

Die Schuldigen?

Zweieinhalb Jahre und kein Schritt weiter

Bebauungspläne pfundweise

Pferchäcker 2015

 

 

Da war doch was: Bekämpfter Großflughafen, Angst vor Volksbelustigung und eine Post, die noch Kabel verlegt

Planskizze für einen Großflughafen bei Mönsheim (1970). Repro: Württembergisches Abendblatt, 17.12.1970)

Der Staat hat zu viel Geld, kommentierte das Lienzinger Ratsmitglied Hermann Schäfer kurz und knapp die Pläne zum Bau eines Großflughafens beim Katharinentaler Hof nördlich von Pforzheim. Sein Kollege Werner Metzger sprach bei der Diskussion in der selben Sitzung am 3. April 1970 von einer Prestigefrage, mit der man Geld verschleudere. Das Gelände zwischen Bauschlott, Dürrn und Kieselbronn war eines von fünf untersuchten Standorten für einen interkontinentalen Start- und Landeplatz, der die Ausmaße des Frankfurter Flughafens haben sollte. Baden-Württemberg suchte lufttechnisch Anschluss an die große weite Welt. Bürgermeister Richard Allmendinger protokollierte seine Worte: Vorgesehen waren zwei parallele Start- und Landebahnen, 3900 Meter die eine, 2600 Meter die andere lang sowie 2000 Meter dazwischen.


Lienzinger Geschichte(n) als Serie im Blog. In Protokollen und Akten geblättert. Auch schon wieder 50 Jahre her, dass sich Widerstand auftat gegen Pläne für einen Großflughafen bei Pforzheim oder Mönsheim. Und Lienzingen ganz freiwillig Fläche abtrat für den Bau der Mühlacker Osttangente. Von schönen Zeiten des Post-Monopols und seines Leitungsbaus, ohne dass Kommunen einspringen mussten. Und vieles mehr…


Lokale Proteststürme erhoben sich, der Gemeinderat von Lienzingen stimmte für eine Beteiligung an der zu bildenden Schutzgemeinschaft gegen die Absichten des Landes Baden-Württemberg und legte am 8. Juli 1970 nach: Mit sechs gegen drei Stimmen bei einer Enthaltung erklärte sich die Kommune bereit, sich an den Kosten eines Gutachtens der Düsseldorfer Firma Intertraffic über die Vor- und Nachteile eines Flughafenprojekts zu beteiligen. Auf Lienzingen entfielen 287,24 Mark, das Gemeindegebiet wäre – so die Befürchtung – von Einflugschneisen tangiert worden (Stadtarchiv Mühlacker=STAM, Li B 328, S. 16 und 31).

  • Standort Katharinentaler Hof, weil Nebelloch, rückte allmählich in den Hintergrund

Das geschah vor 50 Jahren. Zwar rückte ein Standort Katharinentaler Hof, weil Nebelloch, allmählich in den Hintergrund, doch dafür schwenkte ein anderer Standort ins Blickfeld der Befürworter und Gegner: ein 1,2 Milliarden Mark teurer Großflughafen Stuttgart II bei Mönsheim mit Start- und Landebahnen zwischen Heimsheim und Eberdingen. Porsche hätte sein bei Weissach entwickeltes Werk, in das das Unternehmen schon 40 Millionen Mark gesteckt hatte, räumen müssen. In der Krach-Zone, wie ich es in einem längeren Bericht formulierte, hätten rund 10.000 Einwohner gelebt. Lienzingen wäre außen vor geblieben. Die Planer schlugen vor, gleichzeitig eine Schnellbahn zwischen Pforzheim und Stuttgart parallel zur Autobahn zu bauen sowie eine Entlastungsautobahn durch den Hagenschieß. Eine Aktion für Mensch und Umwelt fragte in einem Flugblatt zum Flughafen II, der Echterdingen entlasten sollte, ob sich die heutige Generation von ihren Kindern einmal als Umweltverbrecher bezeichnen lassen wolle.

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Verkehrsentlastung der Ortsdurchfahrt Lienzingen: Was hat sich bisher getan?

Sind Verkehrsentlastungen im Paket möglich? Darauf suchen zwei Kommunen jetzt Antworten. Kann die Entlastung von Maulbronn auch zu weniger Verkehr auf der Ortsdurchfahrt Lienzingen im Zuge der Landesstraße 1134 führen? Deshalb gab es im zweiten Halbjahr 2019 Abstimmungsgespräche zwischen der Stadt Mühlacker, dem beauftragten Ingenieurbüro für die Verkehrszählung und –auswertung sowie der Stadtverwaltung in Maulbronn, heißt es in der Antwort von Oberbürgermeister Frank Schneider auf meine Anfrage als Vorsitzenden der CDU-Gemeinderatsfraktion. Im März 2020 habe sich Bürgermeister Andreas Felchle an das Landratsamt Enzkreis gewandt und um einen Besprechungstermin in Sachen Ortsumfahrung Maulbronn gebeten. Bei diesem Gespräch solle auch die Stadtverwaltung Mühlacker beteiligt werden, so der OB. Ergänzend erfuhr ich am Mittwochabend von Landrat Bastian Rosenau, die Terminabstimmung laufe aktuell. Noch stehe der Termin nicht konkret fest.

Die Friedenstraße im Stadtteil Lienzingen stärker belastet sei als nach dem Ergebnis der amtlichen Verkehrserhebung des Landes angenommen worden war. Das ergab ein 2019 vorgelegter Vergleich der Stadtverwaltung Mühlacker. Laut den Resultaten der Ende September 2018 im Auftrag der Stadt Maulbronn vorgenommenen Verkehrszählung, in die - in Abstimmung mit der Stadt Mühlacker - auch Lienzingen einbezogen war, rollten auf der Friedenstraße in 24 Stunden genau 8340 Fahrzeuge, davon waren 375 Schwerlaster mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht, was  einem Anteil von 4,5 Prozent entspricht, wiederum darunter waren 106 Busse (1,2 Prozent).

Abstimmungen zwischen der Stadt Maulbronn im Interesse einer Verkehrsreduzierung für Lienzingen und für Maulbronn durch eine mögliche Ostumgehung Maulbronns seien vorhanden, weitere erfolgten, sobald die Ergebnisse der Verkehrsbefragung im Mai in Maulbronn vorliegen, so die Stadtverwaltung auch in der Einwohnerversammlung im Frühjahr 2019 in Lienzingen.  Diese Ortsumgehung Maulbronn solle dann den überörtlichen Verkehr von der B 35 in Richtung Heilbronn aufnehmen.

In der Anfrage, auf die OB Schneider jetzt geantwortet hat, nahm ich Bezug auf Beratungen zu diesem Thema aufgrund eines CDU-Antrags in Gemeinderatssitzung 2003 und 2009 sowie auf die von der Stadt Maulbronn vorgenommenen Verkehrserhebung auch in Lienzingen 2018.