Fräulein Gerlach, meine Herren!

Erika Gerlach: 2009 zur Gemeinderatswahl

Erika Gerlach (1973/2014, CDU) – nach Elsi Ascher-Schütz (1946/47, Parteilose Stadtgruppe) die zweite Frau in der Geschichte von Mühlacker, die in den Gemeinderat einzog.  Vom Direktor des Gymnasiums und stellvertretenden Bürgermeister Karl Maneval als Kandidatin geworben, schaffte sie 1972 nicht auf Anhieb den Sprung in die Herrenrunde im Sitzungssaal, in dem Maneval neben Bürgermeister Gerhard Knapp saß und selbst während den Sitzungen nicht von seiner Zigarette ließ.  Erika Gerlach musste sich erst an den Qualm, der über Köpfen hing, gewöhnen, als sie 1973 für Erich Schlenska auf der CDU-Liste nachgerückt war. Ein gutes Stimmenergebnis machte das möglich. Eine viel zu lange frauenlose Zeit im Rat der Stadt lag zwischen der Lehrerin Ascher und der Kindergärtnerin Gerlach, die jetzt im Alter von 86 Jahren im Siloah in Pforzheim verstarb.

Sie empfand sich nicht als Feministin, trat aber dafür ein, dass die im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigung von Mann und Frau auch umgesetzt wird. Mit einem Augenzwinkern erzählte sie von ihren Anfangsjahren im Stadtparlament. Sie sei zuerst immer zusammengezuckt, als der seinerzeitige Bürgermeister Knapp die Ratsrunde mit dem Satz begrüßte: „Fräulein Gerlach, meine Herren!“

Das Parteibuch der CDU hatte die damals 35-Jährige noch nicht, das änderte sich am 1. Januar 1975. Da war sie seit drei Jahren Leiterin des evangelischen Pauluskindergartens. Ein gänzlich anderes Themenfeld als das, was nun in der Bürgervertretung auf sie wartete. Dort gehörte die junge Frau bis zur Umwandlung der Stadtwerke Mühlacker 1976 vom Eigenbetrieb zur GmbH dem Werksausschuss des Gemeinderats an, bewegte sich somit auf einem ihr vorher nicht gerade bekannten Terrain. Couragiert meldete sie sich zu Wort, wenn sie etwas nicht verstanden hatte oder ihr ein Vorgang zunächst schleierhaft blieb. Ihr Motto: Einfach strecken und fragen, bis ihr die Sache klar war. Schmunzelnd verriet sie: Als die Männer die Antwort dann hörten, sah ich an ihrem Gesichtsausdruck, dass sie es nun auch verstanden hatten - sie hatten sich nur nicht getraut, ihr Unwissen zu offenbaren.

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Wird Friedenstraße 12 zum Sündenfall der Denkmalpflege?

Familie Common - aufgereiht an der 1928 errichteten Tankstelle. Im Hintergrund das Gebäude (später) Friedenstraße 12. Davor rollte der Verkehr auf der Reichs-, dann Bundesstraße 35. Erst 1951 konnte die Umgehungsstraße eingeweiht werden (Foto aus dem Besitz von Martin Schaufelberger).

Droht die Baulücke Friedenstraße 12 zum denkmalpflegerischen Sündenfall zu werden? Trotz der Auflage des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg, die Fläche nach dem von der Stadt im Januar 2022 beantragten und -zunächst widerrechtlich – vollzogenen Abbruch in spätestens drei Jahren wieder zu bebauen, tat sich bisher nichts. Eigentlich müsste im Januar 2025 schon der Rohbau stehen, aber das ist unrealistisch. Denn die Stadt sucht noch händeringend einen Käufer für das Areal und fand bisher wohl keinen. Sie unternimmt deshalb Anläufe, die Auflage der Denkmalsschützer für einen Ersatzbau zu „glätten“.

Dabei war das Gebäude, in dem sich zuletzt das Friseurgeschäft Wiest befand, ein Unikat. Das zeigt auch das historische Foto, das Martin Schaufelberger in die Hände fiel, der es mir (und dem Stadtarchiv Mühlacker) überließ. Aufnahmen aus der Zeit, als vor dem Anwesen eine Tankstelle stand, sind rar. Stolz auf die neue Technik zeigte sich jedenfalls die Familie Common, die sich um die 1928 montierten Zapfsäule gruppierte, um sich ablichten zu lassen. Im Hintergrund der Klinkerfassadebau mit dem seitlichen Ziergiebel, den die Stadtverwaltung gerne aus der behördlichen Auflage zum Wiederaufbau streichen lassen würde. Dabei machte unter anderem dieser den besonderen Reiz des Objekts aus.

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Dritter Advent: Lienzingen mit Rundum-Weihnachtsmarkt-Wochenende

Farbenprächtiger Markt bei Lichterschein (Foto: Helmut Stierle/2)

Die Lienzinger halten ihn für den schönsten, vor allem aber den stimmungsvollsten Weihnachtsmarkt in der Gegend: Ihre Weihnachts-Gaden, die am Wochenende 14./15. Dezember zum 15. Mal in dem Etterdorf stattfinden. „Wir freuen wir uns wieder auf 55 Mitstreiter und damit mehr als im Jahr 2023“, sagt Ursula Stierle, Vorsitzende des Vereines „Lienzinger Gaden e.V.

Handwerkskunst im Lichterglanz (Foto: Günter Bächle/3)

Die frühere Stadträtin hatte vor Jahren die Idee zu diesem Markt, der inzwischen ein Highlight im Jahresablauf des Stadtteiles und zum Besuchermagneten geworden ist.  Die Veranstalter bemühen sich, jedes Jahr das Programm des mittelalterlichen Weihnachtsmarktes rund um die Dorfkirche durch neue Angebote zu bereichern und zu erweitern. Erstmals dabei sind diesmal zum Beispiel die Bogenschützen aus Flehingen sowie ein Stand, an dem original Lienzinger Flaschenweine verkauft werden.

Zu den weihnachtlichen Erlebnissen im mittelalterlichen Flair trägt die Kulisse bei: Die historische Kirchenburg, die einzelnen Gaden, der Burggraben inmitten von einzigartigen Fachwerkhäusern. Sie verleihen diesem Markt eine besondere Atmosphäre. Eröffnet wird der Markt in dem 2100-Einwohner-Dorf am Samstag, 14. Dezember und damit wie jedes Mal am dritten Advent, von Mühlackers Oberbürgermeister Frank Schneider.

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Volkstrauertag 2024 - was zu sagen war

Vor 80 Jahren, im Jahr 1944, kam es zu drei zentralen Ereignissen im Zweiten Weltkrieg: zur Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni, zum Warschauer Aufstand am 1. August - der bewaffnete Widerstand der Polnischen Heimatarmee gegen die deutschen Besatzer - zum gescheiterten Attentat der Widerstandsgruppe um Oberst Graf Schenk von Stauffenberg am 20. Juli 1944. Diese Ereignisse markieren entscheidende Wendepunkte, die die bevorstehende Niederlage des nationalsozialistischen Terrorregimes ankündigten. Gleichzeitig erinnern wir in diesem Jahr an den 110. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges. Diese Jahrestage bieten uns die Gelegenheit, unser Bewusstsein und Verständnis für die Auswirkungen dieser Ereignisse auf unsere heutige Zeit zu vertiefen und uns zu sensibilisieren.

Deutschland hat im Zuge beider Weltkriege unermessliches Leid über Europa und die Welt gebracht, insbesondere durch die systematische Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden – ein Verbrechen, das nicht nur niemals vergessen, sondern auch niemals wieder geschehen darf. Umso entsetzlicher ist das Anwachsen antisemitischer Umtriebe in unserem Land. Am 3. Januar 1996 proklamierte Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (der 2005 von den Vereinten Nationen zum offiziellen Holocaust-Gedenktag erklärt wurde). Bei seiner Proklamation führte der Bundespräsident aus: Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.

Aus meiner Rede zum heutigen Volkstrauertag vor dem Ehrenmal auf dem Lienzinnger Friedhof. Hier in der gesamten Länge: Volkstrauertag_2024_Lie.pdf

Stadt: Gestaltungsbeirat schafft keine zusätzliche Bürokratie

Nicht die Arbeit des Gestaltungsbeirats führt zu weiterer Bürokratie beim Bauen - einen gewichtigen Bestandteil der Regelung im deutschen Bauwesen bilden Vorgaben, die durch die Bauwirtschaft selbst erarbeitet werden. Das ist die Kernaussage der Stadtverwaltung Mühlacker in ihrer Antwort an mich auf meine Gemeinderatsanfrage. 

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Wo ein Wille...

bwshuttle in Ellmendingen - ein Hauch von Londoner Taxi.

Im Enzkreis ging das On-Demand-Angebot zwischen Remchingen und Keltern bereits im Dezember 2023 in Betrieb; nun sind hier die ersten Fahrzeuge im gelb-weiß-grauen Landesdesign unterwegs. Die bwshuttles sind vollständig in das ÖPNV-System integriert: Das heißt, sie sind an Bahnhöfen sowie Bus-, Tram- oder S-Bahnhaltestellen angebunden, von wo es sonst ohne eigenes Auto nicht weitergehen würde. Außerdem können Fahrgäste ihr gültiges ÖPNV-Ticket nutzen (Fahrscheine der Verkehrsverbünde, Tickets des bwtarifs, D-Ticket oder Ähnliches); in manchen Fällen ist ein kleiner Zuschlag notwendig. Buchbar sind die bwshuttles bei Bedarf per App oder Telefon.

Geht doch. Auch im Landkreis Freudenstadt. Um die Mobilitätsgarantie auf die Räder zu stellen, verfolgt der Landkreis einen innovativen, bundesweit einmaligen Ansatz: anders als andere Regionen wird auf die Dienste von Fremdanbietern verzichtet. Stattdessen wurden mit der zusätzlich benötigten Verkehrsleistung hiesige Taxi-Unternehmen beauftragt, die bereits vorhandenes Personal und ihren Fuhrpark einsetzen können. Die Fahrt mit dem ÖPNV-Taxi ist preislich sehr attraktiv. Weil das ÖPNV-Taxi ein Angebot des ÖPNV ist, richtet sich der  Fahrpreis nach der Anzahl der befahrenen Tarifzonen. Bei der Vorstellung der bwshuttles kam ich ins Gespräch mit dem zuständigen Mitarbeuiter im Freudenstädter Landratsamt. 

Der Abholer

Was wir dringend benötigen in Mühlacker: den ÖPNV-Anschluss von Wohngebieten, Zubringer zu den Hauptbuslinien. Doch hier bewegt sich nichts, trotz Beschlüssen des Gemeinderates. Es stockt und hakt. Zugegeben: Die Stadtverwaltung ist personell nicht auf ein großes Nahverkehrspaket ausgerichtet und die Stadtwerke, da führt leidenschaftlich ein einziger ÖPNV-Fachmann das Stadtbus-Geschäft. Und die Unternehmensspitze? 

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Pfarrhaus Lienzingen noch nicht im Angebot - Land hält nun auch die Hand auf

Alles währet ewiglich. Auch die Baulast auf dem Lienzinger Pfarrhaus? Hoffentlich nicht. Denn schon jetzt geben hier weder das Land noch die evangelische Kirche ein besonders gutes Bild ab, während landauf, landab über Wohnungsnot diskutiert wird. Kommt Bewegung in die Sache, nachdem die Landtagsabgeordneten des Enzkreises von mir als Stadtrat um Unterstützung gebeten wurden? Denn es ist keine Lex Lienzingen, sondern ein fast anachronistisch anmutendes juristisches Konstrukt aus etwa 480 Jahre Kirchen- und Staatsrecht. Spätfolgen der Reformation. Man greift sich unweigerlich an den Kopf und möchte ausrufen mit Gerhard Raff: Herr, schmeiss Hirn ra!

Bleiben wir optimistisch.

Das zweigeschossige Wohngebäude Kirchenburggasse 4 in Lienzingen, im Jahr 1775 gebaut, ist ein Kulturdenkmal. Ein für ein barockes Pfarrhaus charakteristische Gebäude mit Krüppelwalmdach: verputzter Fachwerkbau auf massivem Erdgeschoss mit Sandsteineckquadern und traufseitigem Kellerrundbogentor. Nach oben mit zwei Dachgeschossebenen unter einem breiten Krüppelwalmdach abschließend. Giebelseitig befindet sich eine zweiläufige Außentreppe als Hauptzugang. Die Eingangstür ist mit geschweifter Rahmung und Segmentbogen ausgestattet.

Leerstand: Das Pfarrhaus, das kein Pfarrhaus mehr ist

Aktuelles Merkmal: Die große Wohnung steht seit zehn Jahren leer – und gleichzeitig fehlt Wohnraum. Gleichzeitig ließ das Land Baden-Württemberg als Eigentümer das Anwesen vergammeln. Viele empfinden das als Ärgernis. Selbst zum Vermieten taugt es nicht mehr, wird offen eingeräumt.

Nachdem die Evangelische Kirchengemeinde auf Jahresende 2024 mit dem Pfarrbüro aus- und ins Evangelische Gemeindehaus an der Ringstraße umzieht, steht das Kulturdenkmal ganz leer.  Inzwischen besteht Interesse von Privaten, die Immobilie zu kaufen und wieder herzurichten. Doch wer denkt, das Land verkauft gerade mal, täuscht sich. So einfach ist das nicht. Was nicht zu vermuten war: Baulast, Ablösung, Eigentümerwechsel auf der Basis einer Jahrhunderte zurück reichenden Vorgeschichte. Beginnt praktisch mit der Reformation. Wer hätt’s denkt? Ich stieg vor kurzem tiefer ein, sprach mit Vermögen und Bau, einer Einrichtung des Landes, und dem Evangelischen Oberkirchenrat in Stuttgart.

Das Reizwort für beide Seiten heißt: Baulast. Und die muss nach Auffassung der Kirche vom Land abgelöst werden. Aber das Land hat nicht genügend Geld, denn es geht auch um andere Pfarrhäuser. Meine Bitte an die Enzkreis-Abgeordneten Stefanie Seemann (Grüne) und Erik Schweickert (FDP) das Thema in der Landespolitik vorzubringen.Schweickert reichte eine Kleine Anfrage ein, die die Landesregierung jetzt beantwortete und die die Unterschrift der Staatssekretärin im Finanzministerium, Gisela Splitt (Grüne) trägt.  

Die Kehrseite des Kulturdenkmals Pfarrhaus

Mit Splitt sprach die Abgeordnete Seemann über den Fall, wie sie mir  heute schrieb:  Sie konnte gestern mit der Staatssekretärin und heute auch mit dem Oberkirchenrat über das Pfarrhaus in Lienzingen sprechen. Dabei sehe ich mich in der Rolle der Vermittlerin und bin jetzt vorsichtig optimistisch, dass eine Lösung erreichbar ist. Der Vorschlag des Landes ist, dass das Gebäude veräußert wird und die Einnahmen geteilt werden. Ich habe Gisela Splett die Hindernisse geschildert, die aus Sicht der Kirche bestehen. Sie wollen vor allem keinen Präzedenzfall, sondern ein sauberes Verfahren. Jetzt warte ich auf Rückmeldung. 

Wichtig sei, dass beide Seiten wieder miteinander verhandeln wollen und nicht nur auf ihren Rechtspositionen verharren.

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