Männlich, 73 – wie in Blitzesschnelle der persönliche Statistik-Fall entsteht

Zwei kleine Eingaben reichen dem Rechner vollauf, um jedem Individuum in Deutschland ein persönliches demografisches Profil in Blitzesschnelle auf den Desktop des Computers zu zaubern sowie dies alles in ein nationales Gesamtbild zu stellen. Sozusagen das Steinchen im Mosaik der 80 Millionen Einwohner der Bundesrepublik. Das eine ist ein Wort, nämlich der Vorname (um das Geschlecht zu erfahren) und das andere eine achtstellige Zahlenreihe, das Geburtsdatum, um das Alter zu berechnen. Günter (73) weiß nun, dass 86 Prozent der Bevölkerung jünger sind als er, aber immerhin 12 Prozent älter.

Beispiel: Günter (73)

Zum persönlichen statistischen Steckbrief gehören aber noch mehr Zahlen, Daten, Fakten:

Frauen des Jahrgangs 1950 werden in Deutschland im Durchschnitt 88,6 Jahre alt, Männer dieses Jahrgangs 86,2 Jahre. Da wären also, rein statistisch, noch ein paar Jährchen für den Musterfall Günter (73) drin. Uns geht’s gut: Die Lebenserwartung hat sich seit dem 19. Jahrhundert fast verdoppelt!

Bleiben wir auf der Daten-Spur. 24 Millionen Menschen und somit 29 Prozent der hier lebenden Menschen weisen einen so genannten Migrationshintergrund auf. In meinem Alter sind es 15 Prozent. Immerhin.

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Der von der Hinteren Gasse und die Frischzellenkur für Kulturdenkmale

Quartiers-Report Hintere Gasse.

Hintere Gasse, Herzenbühlstraße – der Stoff für meine ganz eigene Quartier-Geschichte.  Gemischt, durchmischt, Notizen von Menschen mit Empathie für Fachwerk, ihrer aktuellen Frischzellenkur für die frühere Zehntscheuer und den Häusern Nummer 3 und 4. Meine Geschichte, weil ich dort in einer der schönsten Gassen des Enzkreises aufwuchs, um Streiche nie verlegen und ständig auf Tour. Dort starb an einem trüben April-Sonntag mein Vater, dort startete ich aber auch in den Journalismus, fand die Arbeit in der Jungen Union plötzlich interessanter als Unterricht und Vokabeln pauken (heute weiß ich, dass die Rangfolge falsch war) . . . In einer Arbeiterfamilie von damals konnten die Eltern dem Filius selten bei den Hausaufgaben helfen. Die Sache mit der Herkunft und ihre Folgen. 

Die frühere Zehntscheuer wandelt sich zu einem Wohnhaus.(Aufnahme Februar 2022)

Aus dem gleichen Blickwinkel: die Scheuer im Jahr 2019

Die Hintere-Gasse-Story bunt, persönlich, kommunal. Dabei plante ich eigentlich nur Bild + Text für den Blog zu den aktuell größten Projekten vor dem Auslaufen des Sanierungsprogramms Ortskern Lienzingen Ende April 2022 (dem möglichst 2023 ein neues folgen soll). Mächtig stolz können wir sein über dieses private Engagement. Ergänzen sie doch mit ihren Schmuckstücken in spe die vorhandene prächtige Fachwerkfront zur Straße hin.  

Der, der aus der Herzenbühlstraße kam. Zwischen heutiger Knittlinger Straße, nördlichem und östlichem Scheunengürtel, sowie Scherbentalbach von 1952 bis 1957 in der heutigen Knittlinger Straße 8, danach bis Ende November 1970 in der Herzenbühlgasse 25 (dann noch zwei Stationen: später Brühlstraße und seit 1984 Lohwiesenstraße -  eigenes Häusle, mit Fachwerk und aus Holz auch in einem Neubau? Bewusst ja, wiewohl sich damit selbst Zimmerleute vor mehr als vier Jahrzehnten schwertaten. Handwerkskunst verschludert: Stadt der herkömmlichen Zapfenverbindung zwischen den Balken schnell Metallstücke über das Eck angeschraubt. Mich schaudert dies heute noch - so klein sie auch sind, manchmal geraden sie doch ins Blickfeld.

Immer der Heimatort. Scherzhaft die Frage: Aus Lienzingen nie hinausgekommen?  - Die Antwort: Doch, aber bald immer zurückgekehrt. Muss einen Grund haben. Anderen geht es wohl auch so.

Etwa1954 auf dem Traktor von Landwirt Kontzi in der Hinteren Gasse: Gerhard vorwitzig am Steuer. Beate mutig, Rolf und Günter trauen den Fahrkünsten dann doch nicht

 

Der aus der Hinteren Gasse: als Lienzinger Kandidat für den Mühlacker Gemeinderat im September 1975

Hintere Gasse? Amtlich ist die Gasse auf jeden Fall eine Straße. Das steht fest. Was gilt nun?  In einem alten Plan, der auch im kleinen Saal der Gemeindehalle Lienzingen an die Wand projiziert wurde, war es die Hintere Gasse - und alte oder auch jüngere Lienzinger verwenden heute noch gerne dieses Wort. Mir rutscht dieser Name  auch öfters heraus.

Doch eine Akte aus dem Stadtteilarchiv Lienzingen enthält eine Straßenaufstellung für Lienzingen vom 22. Dezember 1969, unterzeichnet von Bürgermeister Richard Allmendinger. Dort ist noch die Herzenbühlgasse aufgeführt, aber bereits handschriftlich mit Bleistift in „-straße“ geändert worden. So blieb es auch 1972 im Zuge der Umstellung von durchlaufenden Gebäude-Nummern auf straßenweise vergebene Haus-Nummern.

Jetzt kommt der aus der Hinteren Gasse, murmelte Bernhard Braun, sozialdemokratisches Urgestein, Eisenbahner, verdienstvoller Stadtrat und zeitweise stellvertretender Bürgermeister so vor sich hin, dass ich seine Worte hören sollte.

Das war im Herbst 1975 im Saal der Feuerwache an der Rappstraße in Mühlacker. Mit gerade 24 Jahren war es meine erste Sitzung als Ratsmitglied, quasi als die eine Hälfte der Lienzinger Vertretung, die mehr als ein Vierteljahr nach der Zwangseingemeindung im September 1975 gewählt worden war.

Ja, ich war der aus der Hinteren Gass. Dabei wohnten meine Mutter und ich damals schon seit fast sechs Jahren in der Brühlstraße 14. Hintere Gasse? Im Flecken das andere Wort für Herzenbühlgasse oder -straße. Hintere Gasse als Synonym für das Letzte? Der Braun`sche Ausspruch blieb ein Rätsel. Bei ihm hatte ich jedenfalls meinen Ruf weg.

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Herzenssache: Unstrukturiert und doch ganz schön mit gewachsenen Strukturen

Jetzt durften sich die Lienzinger, die sich für die Anti-Corona-Impfterminaktion für die Ü80 sowohl beim Terminieren als auch beim Fahren engagierten, über ein kleines Präsent an Backwaren zum Kaffee freuen. Ein herzliches Dankeschön an die Lienzinger Senioren, denen wir Impftermine und teilweise auch einen Fahrdienst vermitteln konnten, für die Spenden, die wir Organisatoren des Seniorenclubs, des Arbeitskreises Herzenssache Lienzingen und HELLO e.V. Lomersheim erhalten haben.

Ein herzliches Dankeschön für die Helfer der Impfterminaktion aus Lienzingen

Alles begann mit einer Mail des HELLO-Vorsitzenden Georg Henle unter anderem an Herzenssache Lienzingen, das im Handumdrehen nicht alltägliche Aktivitäten auslöste. Natürlich würden die Lienzinger sich daran beteiligen, Impftermine für die über 80-Jährigen zu vereinbaren und ihnen damit eine große Hürde wegzuräumen. Eine ähnliche Nachricht schrieben Aktive des Bürgertreffs alte Schreinerei in Mühlhausen. Daraus entstand über Nacht eine Hilfsaktion, die zeigt, wie ausgeprägt das Wir-Gefühl in den einzelnen Stadtteilen ist.

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Die grünen Kreuze

Grünes Kreuz an der B10 in Mühlacker

Sie stehen vereinzelt auch am Rande von Feldern rund um Mühlacker. So an einem Acker auf Höhe der B10-Ortseinfahrt aus Richtung Illingen. Grüne Kreuze als Zeichen des Protests der Landwirtschaft. Wer suchet, der findet dazu auch einen Wikipedia-Eintrag: Die Aktion Grüne Kreuze ist demnach eine Aktion deutscher Landwirte, die vom Manager und Landwirt Willi Kremer-Schillings aus Rommerskirchen (NRW) im Jahr 2019 ins Leben gerufen wurde. So die Aufklärung im Online-Lexikon des Internets. Der Anlass: Maßnahmen der Bundesregierung für mehr Umwelt- und Tierschutz sorgen für Unmut bei den Bauern. Sie fürchten finanzielle Einbußen und protestieren mit grünen Kreuzen auf ihren Feldern. Soweit, so gut.

Unsere Landwirte gehören - für mich - fest zu unseren Dörfern und zu unserer Landschaft. Lienzingen ohne Bauern? Nicht vorstellbar. Sie haben einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft als Nahrungsmittelproduzenten und Naturpfleger. Es ist häufig wie aus dem Bilderbuch intakter Dörfer. Doch dieses Bild hat Kratzer bekommen. Energiepflanzen statt Nahrungsmittel und damit die Diskussion um Monokulturen. Der Zwang zu wachsen oder zu weichen bringt Konflikte mit dem Artenschutz. Eingesetzte Pestizide haben nicht akzeptable Folgen, genauer: Nebenwirkungen für Bienen & Co. Oder Neonicotinoide. Kritik daran wird reflexartig beiseite gewischt, die Agrarlobby ist einflussreich, Politiker gerade meiner Partei halten sich mit strengeren Regelungen zurück oder greifen korrigirend erst durch den Druck eines Volksbegehrens wie in Bayern ein.

Dürfen Landwirte nicht kritisiert werden? Sind sie sakrosankt? Warum fühlen sie sich durch Widerspruch in die Ecke gestellt, beklagen Opfer der Medien zu sein? Als regelmäßiger Besucher des Kreisbauerntages beschleicht mich das Gefühl, dass das Klagelied über ihre Lage zum Standard-Repertoire gehört. Just bei den jährlichen Bauerntagen in Enzberg sitzen bald gleichviel Verbands-, Unternehmens- und Behördenvertreter, Politiker und Bürgermeister wie Landwirte, hören sich Klagen über Flächenfraß, zu viele Vorschriften, schlechtes Image durch die Medien an. Pflichtübung, gepaart mit echtem Interesse. Eine interessante Gemengenlage.

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Das "Soziale" der Sozialen Marktwirtschaft

Das Papier der Deutschen Bischofskonferenz "Auf dem Weg aus der Krise. Beobachtungen und Orientierungen" beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Finanzkrise. Ausgearbeitet worden ist es von einer, von der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz berufenen Arbeitsgruppe zur Finanz- und Wirtschaftskrise.

Bemerkenswert ist das Geleitwort von Erzbischof Dr. Reinhard Marx, Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz:

Gerade als Teil der gesellschaftlichen Ordnung ist die Soziale Marktwirtschaft darauf ausgerichtet, zur Verwirklichung gesellschaftlicher Ziele beizutragen. Und genau darin zeigt sich das „Soziale“ der Sozialen Marktwirtschaft. Ihr geht es darum, nicht nur wenigen, sondern vielen Freiheit zu ermöglichen, auch den Schwächeren zu beteiligen, Aufstiegschancen und Wohlstand für alle zu schaffen, gesellschaftliche Teilhabe zu eröffnen und einen fairen sozialen Ausgleich in der Gesellschaft herzustellen.

Ich befürchte schon, dass wieder zu schnell zur Tagesordnung übergegangen wird. Das sehen wir ja beispielsweise bei der Diskussion um Boni oder bei der Diskussion auf Weltebene, ob wir Rahmenbedingungen für die Finanzmärkte schaffen können. Da sind wir längst noch nicht an dem Punkt, den ich erwartet hatte, als die Krise im letzten Herbst ausgebrochen ist. Insofern brauchen wir solche Ermutigungen und Zwischenrufe, damit wir nicht darin nachlassen, aus der Krise zu lernen und nicht zu schnell wieder zur Tagesordnung überzugehen.

Die Erklärung sei kein Hirtenwort der Bischöfe, sondern ein Wort, das Fachleute erarbeitet haben und das die Bischofskonferenz gutheißt und begrüßt, so Marx. Man hoffe, dass es zu öffentlichen Diskussionen führen wird und eine Stütze sein kann.

Zur Veröffentlichung der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz erklärte der Generalsekretär der CDU Deutschlands, Hermann Gröhe: Das Papier sei ein äußerst wertvoller Diskussionsbeitrag zur Einordnung der internationalen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise. In überzeugender Weise analysiere es die Entstehung der Krise und biete wichtige Orientierungspunkte - für die Politik, aber auch für die Wirtschaft.

Gestöbert und gefunden: Grüne Unschuld?

Michael Miersch stellt in der Zeitschrift Cicero die Frage nach der grünen Unschuld und findet Leichen im Keller der grünen Weltverbesserer. Sein Fazit: "Cem Özdemir spricht derzeit auffallend oft von der ,Bewahrung der Schöpfung'. Man sollte ihn mal fragen, ob Malariakranke, Hungernde oder Diabetiker eigentlich auch zur Schöpfung gehören."

Polemisch und lesenswert. Etwas zum Nach-, Über- und Bedenken.

Im Original hier ...

Von den wahren Plagen oder Die Medienbotschaft des Papstes

Ein ganz anderes Thema in diesem Beitrag: Medien - genauer die Medienbotschaft von Papst Benedikt XVI. "Man muß vermeiden, dass die Medien das Sprachrohr des wirtschaftlichen Materialismus und des ethischen Relativismus werden, wahre Plagen unserer Zeit", schreibt der Heilige Vater. Doch in Deutschland ging diese Botschaft weitgehend unter. Darüber beklagt sich Pater Eberhard v. Gemmingen in seinem Kommentar zur Woche. Lesenswerte Texte.
"Die neuen Medien, insbesondere Telefon und Internet, sind dabei, die Kommunikationsformen selbst zu modifizieren; vielleicht ist dies eine gute Gelegenheit, sie neu zu gestalten, um – wie es mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. sagte – die wesentlichen und unverzichtbaren Züge der Wahrheit über den Menschen besser sichtbar zu machen", heißt es in der Botschaft des Pontifex. Im Zeitalter der Globalisierung seien wir alle Mediennutzer und Medienschaffende in einem. Ob er an die Blogger-Welt gedacht hat?

Zum Nachdenken oder Der Mensch ist das A und O

Man hat öfters den Eindruck, dass bei Unternehmensentscheidungen letztlich die Zahlen im Mittelpunkt stehen und nicht der Mensch. Eine fatale Entwicklung, die ich für verderblich halte. Schon gar, wenn trotz satter Gewinne immer mehr Jobs gestrichen oder in Billiglohnländer verlegt werden. Dazu - und nicht nur, weil morgen Pfingsten ist - eine Meldung von heute.

Papst: Mensch ist A und O der Wirtschaft

"Die Wirtschaft hat Verantwortung für den Menschen. Daran hat Papst Benedikt XVI. junge Unternehmer der italienischen Industrie- und Handelskammer erinnert, die er am Mittag in Audienz empfing. Die Achtung der Menschenwürde sei ihre oberste Pflicht:

„Es ist unverzichtbar, dass der letzte Bezugspunkt wirtschaftlichen Handelns das Gemeinwohl ist, sowie die Erfüllung der legitimen Erwartungen des Menschen. In anderen Worten: Das menschliche Leben und seine Werte müssen immer das A und O der Wirtschaft sein.“

Unternehmer und Betriebschefs hätten aus sozialer Sicht eine zentrale Rolle; bei ihnen liefen technische, kaufmännische und kulturelle Aufgaben zusammen, so Benedikt.

„Bei den großen strategischen Finanzentscheidungen, bei Ein- und Verkauf, bei der Verkleinerung oder des Schließens von Betrieben, in der Fusionspolitik kann man sich nicht nur auf finanzielle oder kaufmännische Argumente beschränken. Die Produktion muss wieder zu einem Bereich werden, in dem der Mensch sein eigenes Potential entwickeln kann, in der seine persönlichen Fähigkeiten Frucht bringen können. Es hängt im großen Maß von euch Unternehmern ab, günstigere Bedingungen dafür zu schaffen.“


Einmal mehr betonte der Papst auch den Schutz der Familien. Das bedeute auch die Sicherstellung einer angemessenen wirtschaftlichen Grundlage."
(Radio Vatikan)

Ich meine: Gerade die Neoliberalen in der deutschen Politik - auch in der Union - sollten das beherzigen. Das würde den Menschen die Angst nehmen, die gerade dann ausgelöst wird, wenn angeblich wichtige wirtschaftspolitische Reformen auf der Tagesordnung erscheinen - die meist einseitig auf den Abbau von Arbeitnehmerrechten abzielen. "Im Mittelpunkt steht der Mensch", ist die Botschaft der christlichen Sozialethtik. Er muss wirklich Mittelpunkt sein - der arbeitende Mensch, ohne den das Kapital nichts ausrichten könnte.

Krippenplätze oder Wahlfreiheit statt Zugzwang

Es ist leichtfertig, wie Mühlackers Stadtpfarrer Claus Schmidt über die Forderung nach mehr Kinderkrippenplätzen im Mühlacker Tagblatt vom 27.2.2007 spricht. Er behauptet in der Antwort auf die erste Frage, dass für jedes Kleinkind ein Krippenplatz geschaffen werden soll, um Frauen unter Zugzwang zu setzen, ihre Kinder in Krippen zu geben. Das ist nicht richtig und eine Verkennung der Wirklichkeit. Es geht nicht um Zugzwang, sondern um Wahlfreiheit.

Die alten Bundesländer bieten im Schnitt nur sieben Prozent Betreuungsmöglichkeiten an. Familienministerin von der Leyen will die Zahl der Betreuungsplätze für Kinder bis drei Jahren in der kommenden Legislaturperiode auf 750.000 verdreifachen. Dies entspricht einer bundesweiten Quote von 40 Prozent.

Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sprach sich die Bundeskanzlerin für Wahlfreiheit der Eltern aus. Mütter und Väter sollten allein entscheiden, ob ihre Kinder innerhalb der Familie oder außerhalb des Elternhauses betreut werden.

Dies setze jedoch die Möglichkeit der Wahl voraus, sagte Merkel. Die Betreuungsquote in den alten Ländern ermögliche nicht jedem Elternteil, der dies wolle, die berufliche Tätigkeit wieder aufzunehmen. Die Politik habe aber die Pflicht, sich auf die verändernden Wünsche und Vorstellungen junger Paare einzustellen: "Der Staat hat nicht darüber zu befinden, ob die Erziehung außerhalb des Elternhauses oder in der Familie besser für das Kind ist."

Wir haben in Mühlacker zum Beispiel altersgemischte Gruppen eingerichtet:
Kindergarten-Gruppen, in denen auch schon Zweijährige aufgenommen werden.
Wird dadurch ein gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Druck auf Frauen ausgeübt? Wohl kaum. Müssen sich Mütter oder Väter, die dieses Angebot nutzen, ein schlechtes Gewissen machen? Das wird sich auch Pfarrer Schmidt nicht erhoffen.

Das Elterngeld und die steuerliche Begünstigung von Kinderbetreuungskosten sind wichtige Schritte auf dem Weg, jungen Familien mehr Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten zu bieten. Doch wenn sich beide Elternteile auch für ein berufliches Fortkommen entscheiden oder auf das gemeinsame Einkommen angewiesen sind, brauchen sie vor allem schon frühzeitig eine gute Alternative für die Betreuung ihrer Kinder. Für Alleinerziehende gilt dies in einem besonderen Maße.

Die Entscheidung für Familie und für Kinder und für ihre Betreuung ist immer individuell und privat. Der Staat kann und will jungen Eltern nichts vorschreiben (sollte auch kein Pfarrer und kein Bischof aus Augsburg tun!).
Doch sind heute rund 90 Prozent aller Frauen, in dem Alter in dem sie typischerweise in Deutschland ihr erstes Kind bekommen, berufstätig. Aus diesem Grund steht der Staat in der Pflicht, Bedingungen zu schaffen, die jungen Paaren helfen, in einer modernen Welt noch ihre Familienwünsche zu verwirklichen, ohne dabei in einen Zwiespalt zu geraten.

Wir haben keine volle Wahlfreiheit, weil es an Betreuungsangeboten fehlt. Ich finde es fast schon zynisch, wenn einige jetzt so tun, als ob ein freiwilliges Angebot für einen Kinderbetreuungsplatz ein Zwang sei, sein Kind auch dorthin zu geben. Hier die DDR anzuführen, zeigt doch nur, dass es offenbar eine fremde Welt ist, der Pfarrer Schmidt begegnet. Einen Krippenplatz in Anspruch zu nehmen, ist doch keine Trennung des Kindes von der Familie. Frühzeitige soziale Kontakte haben keinem Kind geschadet.

Nochmals: Es geht um Wahlfreiheit. Es ist Sache der Eltern, sich für den Weg zu entscheiden, den sie für sich und ihre Kinder für richtig halten. Sie brauchen keine Bevormundung. Sie haben ein Recht darauf, dass ihre Entscheidung respektiert wird, egal, wie diese ausfällt - ob Mutter oder Vater die ersten Jahre daheim bleiben oder ob sie Betreuungsangebote nutzen. Nichts anderes ist Ziel der Familienpolitik der Ministerin von der Leyen, der ich weiterhin so viel Überzeugungskraft und Standfestigkeit wünsche wie bisher. Trotz Gegenwindes auch in meiner eigenen Partei. Erfreulich ist, dass die Ministerin sonst aus den Kirchen viel Zustimmung erfährt. In einem Punkt stimme ich Pfarrer Schmidt ausdrücklich zu: Familien müssen deutlich gestärkt werden, auch in finanzieller Hinsicht. Das ist die gesamtgesellschaftliche Aufgabe eines Landes, in dem beklagt wird, dass die Jungen fehlen. Deshalb kann es auch nicht sein, dass den Familien gegeben wird, was man ihnen zuvor nimmt.

Dazu auch das Bundesfamilienministerium