Damit Jugend und Lehrer aus den unmöglichen Verhältnissen rauskommen

Als Zehnjähriger und Drittklässler war ich mittendrin im Geschehen, als Lienzingen Ende Oktober 1960 sein drittes Schulgebäude in fast vier Jahrhunderten einweihte. Der Abschied von dem steinernen Haus in der heutigen Kirchenburggasse und der Umzug in das neue Domizil Dr.-Otto-Schneider/Ecke Friedrich-Münch-Straße (damals Mühlweg) rührte und berührte uns schon.

29. Oktober 1960: Kinder und Lehrer ziehen um vom alten ins neue Schulhaus. Foto mit Lehrer Wilhelm Wagner (Hintergrund, vor der Treppe) und Schulleiter Karl Kießling (vorne links). (Soweit nichts anderes vermerkt, alle Smlg Gerhard Schwab, STAM).

Es war ein doppelter Einschnitt, zumindest in meinen Erinnerungen – in der alten Schule verpassten die Lehrer uns schon einmal schmerzhafte Tatzen mit dem Stock auf die Hand oder wir mussten, den Oberkörper nach vorne geneigt, Hiebe auf den Po als Strafe hinnehmen. Wahrscheinlich glich es gefühlt eher einem Zufall, dass der Abschied von der alten Schule auch für Lienzingens Pädagogen dem Abschied von der körperlichen Züchtigung durch Lehrer und somit von einer längst überholten Erziehungsmethode gleichkam. Denn ich war durchaus gelegentlich Kandidat für eine Prügelstrafe – mein erstes Zusammentreffen mit einem Zeigestock, in diesem Fall von Pfarrer Gerhard Schwab  zweckentfremdet, passierte schon in der ersten Klasse im Religionsunterricht. Der Holzstab ging auf meinem Allerwertesten in die Brüche. Offiziell abgeschafft wurde die Prügelstrafe in Baden-Württemberg erst 1973.

Die 1960 errichtete Grundschule (damals noch Volksschule) mit der Erweiterung in den Jahren 1995 und 1996. Hier beim Schulfest 2011 (Foto: G. Bächle)

Indessen: Der 950-Seelen-Ort feierte am 29. und 30. Oktober 1960 mit viel Musik, Spielen und Reden seine neue Schule. Klassiker wie Beethoven und Mozart, eingängige Volks- und Handwerkerlieder – ein Potpourri der beliebten Melodien, extra zusammengestellt für ein fröhliches Dorffest. Die Euphorie über das offizielle Festprogramm hielt sich bei manchen Schülern, so auch bei mir, in Grenzen, weil wir Schüler gesangmäßig ganz schön gefordert waren. Bei fast jedem zweiten der 16 Programmpunkte stand auf dem Blatt: Gesang der Schüler. Eine ähnlich tragende Rolle hatte allenfalls noch der Gesangverein.  Die Eltern hatten uns zu diesem besonderen Anlass in den Sonntagsstaat gesteckt, denn eine Weihe des neuen Hauses geschah schließlich nicht alle Tage – in diesem Fall genau 33 Jahre nach den ersten Plänen für ein Schulhaus, die noch auf einem Standort auf dem Gelände der heutigen Gärtnerei Mannhardt basierten, und nie realisiert worden waren.

Lienzinger Geschichte(n), letztes Kapitel der Schulbaugeschichte von 1874 bis 1961. Diesmal dreht sich alles um den 1960 eingeweihten Schulneubau. Quellen: die Akten des Landesarchivs Baden-Württemberg (StAL FL 20-18_Bü 503) und des Stadtarchivs Mühlacker (STAM) sowie dessen Ausschnittsammlung der lokalen Zeitungen.

Statt im Südwesten des Dorfes stand die neue Schule nun im Südosten. In die Hände der Kommunalpolitiker spielte dabei ein Erbe, Erben und die Gemeinde, die auf just jenes spekulierte. Das Grundstück für den realisierten Schulbau gehörte vormals Ingenieur Dr. Otto Schneider (1877 – 1952), gleichzeitig Namensgeber der hinter der Schule auf den Eichert hoch führenden neuen Straße. Seine Erben verkauften 1953 den gesamten Immobilien- und Grundbesitz der Gemeinde, darunter auch das Stück an der Ecke Mühlweg (heute Friedrich-Münch-Straße). Die Familie Schneider stand in Lienzingen für die Bierherstellung von zirka 1850 bis 1920. Doch Filius Otto hatte mit dem Brauen nichts im Sinn, er studierte und baute eine Maschinenbaufirma in Ludwigsburg auf, deren Chef er war. Seine Familie zog weg, als er noch Kind war.

 

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Lienzinger Schul-Halle-Kombi: Wünsche in glücklicher Weise erfüllt, aber nie umgesetzt

Wir müssen gestehen, wir haben tatsächlich das zweitschlechteste Schulgebäude im Kreis, schrieb am 14. Mai 1937 Lienzingens Bürgermeister Karl Brodbeck in einem Brief, adressiert - via Landrat in Maulbronn – an die Ministerial-Abteilung für Volksschulen in Stuttgart. Im Betreff: Gesuch um Verwilligung eines Staatsbeitrags, als Anlage drei Lage- und Baupläne sowie zwei Kostenvoranschläge. Er wirkte mit seinen Schilderungen so überzeugend, dass die Ministerialbeamten das später noch steigerten: Das schlechteste Schulgebäude im Kreis sei es, hieß es in einem Schreiben im Jahr 1938 zur Finanzierung eines Neubaues. Trotzdem: Erst 1960 gab es Ersatz.

Die Planung des Stuttgarter Architekten Fritz Müller 1937 für Lienzingen mit seinen 750 Einwohnern: Ein lang gestreckter Kombi-Bau aus Schule und Turnhalle, ein Lehrerwohnhaus (links) und das HJ-Heim (rechts). Der ganze Plansatz liegt im Stadtarchiv Mühlacker.
Gleiches Areal, unterschiedliche Nutzung: In den Nachkriegsjahren entstand auf der jetzigen Fläche mit Gewächshäusern ein florierender Gartenbaubetrieb (Robert, dann Günter und nun Jenny Mannhardt): Doch 1937/38 wollte die 750-Einwohner-Gemeinde Lienzingen dort ein Schul- und Sportzentrum schaffen - doch außer Spesen nichts gewesen.

Gut drei Wochen nach dem Gesuch reichte der Schultes den Finanzierungsplan nach für eine neue Schule, eine Turnhalle und eine Lehrer-Wohnung sowie ein Heim für die Hitlerjugend. Die gesamten Kosten von 100.098 Reichsmark sollten finanziert werden aus einem Zuschuss des Landes Württemberg mit 60.000 RM, verfügbarem Restvermögen von 15.000 RM sowie 25.000 RM Erlös aus einem außerordentlichen Holzhieb von 1000 Festmetern.

Einen Standort für das neue Schul- und Sportzentrum hatte Brodbeck schon ausgeguckt, ein Grundstück am südwestlichen Rand des Dorfes: Dort, wo heute die Gärtnerei Mannhardt steht und einst das 1889 abgebrannte Schafhaus stand. Bei den jetzigen Gewächshäusern am Weg war ein kleiner See zur Schafstränke. Das 43 Ar große Grundstück grenzte westlich an den Vizinalweg Nummer 4 (heute Schelmenwaldstraße), östlich an den Feldweg Nummer 2. Das Schulgebäude sah der Architekt in Nord-Süd-Richtung vor,  ganz im hinteren Teil des Areals und somit das Ortsbild nicht störend, allerdings hätte eine Zufahrt geschaffen werden müssen.

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Neues von den Pferchäckern

Die Stadtverwaltung legt sich noch nicht fest, wann mit der Offenlage für die Öffentlichkeit der nächste Schritt im Bebauungsplanverfahren für das Wohngebiet Pferchäcker in Lienzingen getan wird. Das hänge von der Einigung mit den Grundstückseigentümern ab, so Oberbürgermeister Frank Schneider in einer Antwort auf meine Anfrage im Gemeinderat. In einer früheren Antwort nannte die Verwaltung den Herbst 2023 als Beginn der Erschließungsarbeiten.
Zu einer Verzögerung kam es durch Kritik zweier Eigentümer an der unterschiedlichen Ausrichtung von Baufenstern auf dem Grundstück. Hier gebe es kein pauschales richtig oder falsch, so die Verwaltung. Insbesondere gebe es aber keinen wie auch immer gearteten Anspruch darauf, dass alle Baufenster eines Baugebiets in eine Himmelsrichtung angeordnet sind. Der OB: Im Rahmen der kommunalen Planungshoheit gibt es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung in dem Sinne, dass auf jedem Grundstück eines Baugebiets dieselben Rahmenbedingungen gelten müsste.

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Infolgedessen herrscht des Öfteren übler Geruch in der Lehrer Küchen - Dem Schultheiß stank's - Schülerabtritt-Streit nach 35 Jahren beigelegt

Anrüchiges als Stoff für einen langwierigen Streit zwischen Behörden: die Schülerabtritte. Er entwickelte sich zur (fast) unendlichen Geschichte. Denn die 1870 verschärften, vor allem der Gesundheit der jungen Menschen dienenden Vorschriften durch die königliche Regierung in Stuttgart  entsprachen dem gewachsenen Interesse des Staates an guter Bildung für gesunde Kinder – und das ging über die reinen Rahmenbedingungen für den Unterricht in den Volksschulen hinaus wie zum Beispiel der Klassenteiler.

1912 verschickte Ansichtskarte mit der Lienzinger Schule. Vorderseite. Heute Kirchenburggasse 15, aus der Sammlung Walter Appenzeller, Keltern

Da erwies sich plötzlich die angeblich nicht zumutbare Toilette im Schulgebäude als kritischer Punkt. Das lokale Fallbeispiel aus der Akte StAL FL 20-18_Bü 503 des Landesarchives Baden-Württemberg sowie der des Stadtarchivs Mühlacker Li A 79/745, eingebettet in eine Landesbeschreibung von 1916 unter anderem über das Volksschulwesen in Württemberg. Denn die Gemeinde Lienzingen trafen die Folgen erstmals 1889, ausgerechnet an dem erst 1867 errichteten Schulgebäude (heute Kirchenburggasse 15).

Der Konflikt zwischen Kommune und Staat um das, was heutzutage in der politischen Debatte mit der Frage umschrieben wird: Wie hoch darf der Standard sein? Und wer bezahlt ihn – der ihn vorgegeben, demnach bestellt hat, oder die, denen er verordnet wurde?

Hand-Skizze zum Baugesuch der Gemeinde Lienzingen betreffend die Erstellung eines Schülerabtrittschuppen auf Parzelle Nummer 16 hinter dem Schulgebäude Nummer 77und 78. Anerkannt: Lienzingen, 13.Juli 1925, für die Gemeinde Schultheiß Brodbeck, seit 1920 in Lienzingen im Amt (alle Dokumente und Pläne zum Bauantrag für den WC-Schuppen: Stadtarchiv Mühlacker, Bauakte, Li A 79/45)

Aufschluss über den gerade losgetretenen Streit ergibt sich aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung in Verwaltungssachen vom 6. April 1889. Demnach sollten die Schüler-Toiletten vergrößert oder womöglich außerhalb des Hauses verlegt werden. Doch die Kommune sträubte sich heftig dagegen. Kein Argument war ihr zu schade oder zu wundersam, um die Forderung abzubiegen. Die 170 bis 180 Kinder könnten doch in der Pause heim aufs Klo – sie taten dies offensichtlich teilweise auch. Es wird wohl schon seinen Grund gehabt haben, warum die vorhandenen Abtritte kaum genutzt wurden. Erst 1925 war es soweit – 36 Jahre nach der ersten Beanstandung. Es entstand der Schülerabtrittschuppen auf Parzelle Nummer 16 hinter dem Schulgebäude Nummer 77 und 78, so steht es in der Baugenehmigung, geplant vom Mühlacker Ortsbaumeister Aeckerle. Eine Konstruktion aus Bretterwänden, mit Ziegeln eingedeckt, links acht abgeteilte Plätze für Mädchen, rechts drei Schüsselplätze und ein Pissoir für die Jungen.

Ein Beispiel, wie Fürsorge der Schulbehörden für die Mädchen und Jungen zum kommunalpolitischen Zankapfel im Königreich Württemberg werden konnte.

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Brücke, Buch und Bringschuld

Seit 21 Monaten dauern die Arbeiten am Neubau der Herrenwaagbrücke in Mühlacker plus zweier neuer Kreisverkehre beidseits der Enz-Querung sowie der Sanierung der Herrenwaagstraße, der Straße Unterm Berg und der Enzstraße. So ruhig rollten die Fahrzeuge noch nie über die Herrenwaagstraße, seit dort der neue Belag aufgebracht ist.

Neue Brückenoptik vor der Ruine Löffelstelz (Fotos: Günter Bächle)

Auch wenn sich trotzdem Ärger und Verdruss wegen Umleitungen oder als unzureichend empfundener Informationspolitik der bauenden Landesbehörden bei vielen Menschen festsetzten – Hand aufs Herz: Ein reibungsloser Ablauf wäre wünschenswert gewesen, doch eigentlich rechneten die wenigsten damit. Man sieht es mit bloßem Auge: Eng geht es zu auf der Baustelle, wenig Rangierraum. Dafür sorgen Zwangspunkte wie die Bebauung. Das geht eben nicht: Wasch mir den Pelz… .  

Seit voriger Woche sind auch keine Straßen mehr gesperrt. Zitat Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe: Wie geplant wird es bis zur Verkehrsfreigabe der neuen Brücke im kommenden Jahr keine weiteren zusätzlichen Einschränkungen für den Verkehr geben. Die Baustellenampel an der Einmündung der Straße „Unterm Berg“ bleibt in Betrieb. 

Heute schaute ich mir die Baustelle an, beobachtete die Enz, erinnerte mich an das Weihnachtshochwasser 1993, unter anderem auch Folge des unzureichenden Durchfluss-Querschnitts unter der alten Brücke, weshalb die neue auch vordringlich war. 

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Zweite Lehrerstelle bringt Gemeinde mächtig unter Druck

Wie lässt sich ein zweiter Schulmeister unterbringen? Die Geschichte über ein Raumproblem im Jahr 1873 und seine Folgen. Der Streit um die Kosten bis hinter die Kommastellen: Wie hoch darf der Standard bei den Lehrerwohnungen sein? Ein rebellischer Gemeinderat, der sich letztlich den Kirchenoberen in Stuttgart beugen muss. Und dazu Statistik - die Entwicklung der Schülerzahlen  in 180 Jahren.

Platzprobleme im Jahr 1837 gebauten Lienzinger Schulhaus sorgen für eine nicht unbedingt fieberhafte Suche nach Lösungen. Aber kein räumlicher Engpass wegen steigender Schülerzahlen, sondern weil das Dorf einen zweiten Schulmeister erhalten sollte. Der Wohnraummangel löste einen Gutachter-Streit aus um die Kosten des Einbaues einer weiteren Wohnung im Schulgebäude (heute Kirchenburggasse 15). Die Realisierung verzögerte sich deutlich. Druck machte das Königlich gemeinschaftliche Oberamt Maulbronn/Knittlingen. Im Brief an die Gemeinde vom 4. Februar 1875:

Blatt 124: Mahnschreiben des Königlichen evangelischen Consitoriums vom 19. Juli 1875. (StAL FL 20-18 Bü 503) an das K[öniglich] gem[einschaftliche] Oberamt Maulbronn / Knittlingen. Das Consistorium weist auf die “Aeußerungen des Bauraths Stahl“ hin, die er zu den vorgelegten Bauplan (Erstellung einer 2. Lehrerwohnung) gemacht hat, und bittet um „sorgfältige Beachtung der drin niedergelegten Bemerkungen. Außerdem soll zum 15.9. über den Stand des Projekts berichtet werden. Diese Info und Aufforderung soll weitergegeben werden an die Ortsschul- und Gemeindebehörde Lienzingen. Unterzeichnet: Stuttgart 19.7.1875 „für den Präsidenten“, Schickhardt

Der Originaltext:

Die Lehrer und ihre Familien wohnten einst unterm Dach des 1837 erbauten Schulhauses, das heutzutage ausschließlich Wohnzwecken dient (Foto: Günter Bächle 11/2022)

Aus dem Bericht des Bez[irks] Schulinspektors vom 8. Januar, betreffend die Erledigung der ersten Schulstelle in Lienzingen, hat die Oberschulbehörde ersehen, daß die alsbaldige Wiederbesetzung dieser Stelle darum nicht möglich ist, weil es an einer disponiblen Mietwohnung für den zweiten Lehrer fehlt, und die Gemeinde im Frühjahr diesem Mangel durch Aufsetzen eines zweiten Stoks auf das Schulhaus abhelfen will. Das gem[einschaftliche] Oberamt wird daher beauftragt, dafür Sorge zu tragen, daß die nöthige Einleitung zu diesem Bauwesen von der Gemeindebehörde sofort getroffen und spätestens bis zum 1. Aprild[ieses] J[ahres] ein Riß über die herzustellende zweite Lehrerwohnung nebst den Beschlüssen der Gemeindebehörde hierher vorgelegt werde.

Schon 1873 hätte der zweite Lehrer an der Volksschule seinen Dienst antreten sollen. Doch die Stelle wurde erst drei Jahre später besetzt, denn erst nach dieser Wartezeit war die Wohnungsfrage gelöst.

Zwei Pädagogen, das war über Jahrzehnte Lienzinger Standard. Jedoch in Kriegszeiten weniger: 1915 und somit im Ersten Weltkrieg gab es nur einen – der unständige Lehrer Schwarz musste 160 Kinder unterrichten. Während des Zweiten Weltkriegs versorgten zeitweise die Pädagogen aus Mühlacker die Schule in Lienzingen mit, weil diese sonst lehrerlos geblieben wäre.

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"Die gerügten Übelstände seit Jahren tief empfunden und im Stillen beklagt"

Die Bauakte über die Volksschule Lienzingen: Fast 200 Dokumente aus der Zeit von 1834 bis 1960 - beginnend mit dem Bau des zweiten Lienzinger Schulhauses 1837, endend mit der Einweihung der neuen Schule im Oktober 1960, somit der dritten in 460 Jahren Lienzinger Schulgeschichte. Ein Konvolut von alten Bauplänen, Kostenberechnungen, Briefwechseln zwischen den kirchlichen und weltlichen Ämtern, Protokollen und Anweisungen, die auch viel Bürokratie verraten und das Bild ungewöhnlicher Hierarchien in der örtlichen Bildungspolitik. Die Zeit, als der Pfarrer noch der Chef des Schulleiters war.

 

Blatt 101: [unteres Drittel: Kommentar des Oberamtbaumeister Pfäfflin vom 5.8.1889 an das Königliche Oberamt Maulbronn] „Kgl. Oberamt Maulbronn Beehre ich mich in Folgenden zu äußern: Aus der Zeichenbeilage ist ersichtlich, wie sich die Stellung der Subsellien in zweckentsprechender Weise in beiden Schulklassen bewerkstelligen läßt. Veränderungen sind nur in Jahren nöthig, als, wie bereits in meiner Aeußerung vom 12. Juni betont, der Ofen gedreht, & dabei am besten von innen geheizt wird; ferner, daß ja drei viersitzige Subsellien in der Mitte versägt, & daraus 6 zweisitzige Subsellien gemacht werden. Die Abschrägung der Geläufe [?]27 bringt entschieden mehr Licht in die Schulzimmer, wodurch die Einrichtung weiterer Fenster westlich & östlich von selbst in Wegfall kommt. Daß sich weitere Fenster anbringen lassen, will ich nicht bestreiten, man kann ja alles machen; aber der Aufwand hiefür steht in dem vorliegenden Fall nicht im Verhältniß zu dem dadurch Erreichten. Die von dem Herrn Amtsarzt eingeschriebenen Gangbreiten wäre nicht ausführbar, dieselben geben zusammen 1.8‘‘, & nicht 1.18‘‘, was eine Differenz von 62‘‘ ist. Hochachtungsvoll Maulbronn, 5. Aug. 1889 Ober[bau]meister Pfäfflin
Sie lässt auch erahnen, wie es seinerzeit knarrte und knarzte im Behördengetriebe, wobei der Oberkirchenrat häufig das letzte Wort hatte. Ein Beispiel für Bildung auf dem Dorf in Württemberg. Die Kladde ward einst beim Oberamt Maulbronn geführt worden, nach 1938 beim Landratsamt Vaihingen/Enz. Sie wanderte schließlich in die Regale des Staatsarchivs Ludwigsburg, ist dort registriert unter der Signatur FL 20/18 I Bü 503. Ach ja, die schon fertigen Pläne für ein Schulzentrum, das am gedachten Standort in der Wette nie gebaut wurde, fanden immerhin im Stadtarchiv Mühlacker ihren festen Platz. ""Die gerügten Übelstände seit Jahren tief empfunden und im Stillen beklagt"" vollständig lesen