Die Sache mit den Anfragen

Gemeinderatsanfragen der Kern allen Übels? Ganz so meinte es Thomas Eier heute im Wochenend-Kommentar des Mühlacker Tagblatts sicherlich nicht. Aber er geht der Verwaltung schon etwas auf den Leim, wenn er schreibt: Anfragen und Hinweise aus dem Gemeinderat sind jederzeit legitim, doch in der Praxis kostet ihre Beantwortung halt ebenfalls Arbeitszeit. Und ob sich in der Folge ein Problem, nur weil es öffentlich angeprangert ist, wirklich zeitnah lösen lässt, hängt vom Personal, vom Geld – und letztlich von den Prioritäten im Gemeinderat ab.

Gemeinderatsanfragen als Arbeitszeitfresser? Natürlich erfordert die Beantwortung einer Anfrage Zeit. Aber diese Zeit muss bei der Personalbemessung schon berücksichtigt sein. Denn über allem steht der gesetzliche Auftrag, nachzulesen in Paragraf 24 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg. Der Gemeinderat ist die Vertretung der Bürger und das Hauptorgan der Gemeinde. Er legt die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Der Gemeinderat überwacht die Ausführung seiner Beschlüsse und sorgt beim Auftreten von Missständen in der Gemeindeverwaltung für deren Beseitigung durch den Bürgermeister.

"Die Sache mit den Anfragen" vollständig lesen

Das Geschichtsportal des Enzkreises - Neu im Netz

Der Dreißigjährige Krieg (von 1618-1648) im Großraum Pforzheim wurde bisher weder wissenschaftlich noch heimatkundlich aufgearbeitet. Diese Lücke ist jetzt geschlossen worden. Dieses erstklassige Geschichtsprojekt machte der Enzkreis möglich. Der Leiter seines Kreisarchivs, Konstantin Huber, und sein achtköpfiges Team, leisteten Wunderbares, nicht Alltägliches: Sie bauten mit den Resultaten gleichzeitig ein digitales Enzkreis-Geschichtsportal auf. Ein Portal, einzigartig unter den bundesdeutschen Landkreisen, das nicht nur Experten anspricht, sondern gerade auch interessierte Laien. . Titel des Projektes: Sterben und Leben – der Dreißigjährige Krieg zwischen Oberrhein, Schwarzwald und Kraichgau.

.
Archivchef Konstantin Huber (links) über die Kirchenbücher als Nachrichtenquelle - bei der wissenschaftlichen Tagung im Landratsamt Enzkreis in Pforzheim.

Erstes Projekt also: Der Dreißigjährige Krieg, ausgelöst im Mai 1618 durch den Prager Fenstersturz, ein Akt der Auflehnung protestantischer Adliger, den der katholische Habsburger Kaiser Matthias als Kriegserklärung wertete. Er hatte die Rechte der Protestanten eingeschränkt, doch diese forderten Religionsfreiheit. Gewaltsam will der Kaiser in Wien die protestantische Rebellion im Keim ersticken. Es beginnt der Dreißigjährige Krieg, der fast ganz Mitteleuropa in den Abgrund reißt. Er brachte Not und Elend über Europa. Verwüstete Städte und Dörfer blieben zurück, alles im Namen der sich wegen der Konfession streitenden katholischen und protestantischen Herrscher. Wir wissen vieles/manches aus Schulbüchern, Nachschlagewerken, Filmen und allgemein in Publikationen über Kriegsparteien, Schlachten, über Wallenstein, Gustav II. Adolf, Tilly. Die Pest gab den Menschen den Rest.

"Das Geschichtsportal des Enzkreises - Neu im Netz" vollständig lesen

Wo kommen wir hin, wenn wir die Enz-Gärten weiterdenken? Zum elementaren Ort der Kultur und Begegnung - Der Architekt, seine Gedanken und unser Mühlacker

Manch gesprochene Rede hinterlässt weniger Eindrücke in der Erinnerung als die nur im Schweigen gedruckte….
eine Idee, die Luft braucht, wachsen und sich entwickeln kann ist so ein treffend schönes Bild, dem man betrachtend nähertreten muss, weil es einen festhält. Ja – und es sind diese literarischen Geistesblitze des Augenblicks –  die die Dinge anders, eben treffend, erklären.

Dies betrifft nicht nur die kleinen und großen Dinge des Gemeinwesens einer Stadt, nein – dies ist das fundamentale, demokratische Verständnis im Ringen um das Glück des Ganzen, das erkennbar in jedem Aufsatz und Kommentar für mich, wie durch einen roten Faden, zusammengehalten ist.

Man fühlt sich in das kantsche Sapere aude versetzt – Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen – und dann – ja, dann begegnet uns die Realität mit ihren Rätseln.

Vor diesem Rätsel stehen wir dann und müssen lernen, dass nicht einmal die Aufklärung mit ihrem von Descartes vorgedachtem Streben nach Vernunft und Freiheit uns von dem mittelalterlichen Reflex befreit hat das Neue zuerst einmal auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen – das andere sowieso!

"Wo kommen wir hin, wenn wir die Enz-Gärten weiterdenken? Zum elementaren Ort der Kultur und Begegnung - Der Architekt, seine Gedanken und unser Mühlacker" vollständig lesen

Zwei Maultaschen, ein Bier und einen Schnaps für frierende Ehrengäste. Der 69-er Maientag oder: War früher eigentlich vieles besser?

Streitobjekte: Historische Stadtansicht als Massenware

Der Maultaschen-Krieg von Vaihingen. Dazu fuhren die beiden Parteien in der Sitzung des Gemeinderates (an einem Abend anno 1969)im Rathaus der Kreisstadt schwere Geschütze auf. Und die sonst mehr der Ruhe zugewandten Volksvertreter schossen diesmal aus allen Rohren. Als Ziel hatten sie sich den einzigen CDU-Stadtrat Karl Jelden, seit 18 Jahren Mitglied des Gremiums und schon immer ein kritischer Außenseiter, ausgesucht. Als Rechtsanwalt in juristischen Dingen bewandert, hatte er beschlossen, sich die Ausgaben beim Maientag vorzuknöpfen. Was dabei herauskam, waren schwerwiegende Beschuldigungen gegen Bürgermeister Gerhard Palm.

Am 23. Juli 1969 hatte Jelden seinen Brief geschrieben. In dieser Bombe in Papierform, stand gleich zu Beginn: „Beiliegend gebe ich Ihnen den Nachdruck des Stichs der Stadt Vaihingen a. d. Enz, den Sie mir am Maientag überreicht haben, zurück und bitte Sie, dafür zu sorgen, daß der Betrag für den Stich wieder der Stadtkasse zugeführt wird."

und zwei Maultaschen.

Für die Ausgabe von Geschenken an die Gemeinderäte, so schrieb der streitbare Jurist, am Maientag durch Palm sei kein Gemeinderatsbeschluß vorgelegen. Dafür sei auch im „Haushalt keine Deckung vorhanden.“ Da für die Stadt ein Defizit von 2000 Mark entstanden sei, sei der Haushalt um diesen Betrag überschritten worden.

Da die Gemeinderäte ehrenamtlich tätig seien und sie lediglich für ihre Sitzungen Tagegelder erhalten, bestehe keine Veranlassung, „den Gemeinderatsmitgliedern am Maientag noch Sonderzuwendungen zu machen". Und so stand weiter in dem Brief: „Ich vermag deshalb in Ihrer (Palms Red.) Handlungsweise nur einen Verstoß gegen die Haushaltsvorschriften und eine Veruntreuung von Haushaltsmitteln und Steuergeldern in Höhe von mehreren hundert DM zu erblicken.

"Zwei Maultaschen, ein Bier und einen Schnaps für frierende Ehrengäste. Der 69-er Maientag oder: War früher eigentlich vieles besser?" vollständig lesen

OB-Barometer 2023: Flüchtlinge und Klima

Laut OB-Barometer 2023, der repräsentativen Jahresbefragung des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu), ist Flüchtlingshilfe die aktuell drängendste Aufgabe der Kommunen. Für die Zukunft nennen die Stadtspitzen die Klimathematik unangefochten als wichtigstes Handlungsfeld. 

Themenverschiebungen (Grafik: Difu)

In der diesjährigen Befragung der Stadtspitzen für das OB-Barometer des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) spielte die Corona-Pandemie keine Rolle mehr. Stattdessen stehen die Kommunen zunehmend vor der Herausforderung, verschiedene Krisen gleichzeitig bewältigen zu müssen: Für Städte und Gemeinden ist Krisenbewältigung zu einer Art Dauerzustand geworden.

Die seit 2022 wieder stark gewachsene Flüchtlingszuwanderung wird von den befragten Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern als aktuell drängendste zu bewältigende Aufgabe angesehen. Für mehr als die Hälfte der Stadtspitzen ist das Thema zentral, ebenso der dringende Wunsch nach einer Unterstützung durch Bund und Länder. Auch den Themen Wohnen und Finanzen wird aktuell eine steigende Dringlichkeit beigemessen. So sahen die Resultate 2021 aus.

"OB-Barometer 2023: Flüchtlinge und Klima" vollständig lesen

Von der Kohlplatte bis zum Hamberg – Lienzingen, seine Gruben und der Beginn der Müllabfuhr 1967 - Immer Ärger mit den Behörden - Quälende Suche nach Alternativen

Die Lienzinger taten sich schwer, mussten auf Fallstricke achten - bei der langwierigen Suche nach einer Antwort auf die immer drängender werdende Frage: Wohin mit dem Hausmüll?  Denn mehr als zehn Jahre lang beschäftigte das ihren Gemeinderat. Letztlich nahm ihm ein Zweckverband der Kommunen, dann der Enzkreis die Aufgabe ab. Aber zunächst war jede Gemeinde und jede Stadt bis 1972 für sich selbst verantwortlich. Ein Problem, das in den ersten Nachkriegsjahren noch keines war. Umweltschutz, das war vor allem auf dem Land noch ein Fremdwort. Zumindest auf dem Dorf regelte sich zunächst alles von allein. Müll landete auf dem Misthaufen, im Ofen oder auf dem Kompost.

Heute Waldstück, bis Mitte der sechziger Jahre eine offene Müllgrube der Gemeinde Lienzingen an der B35: die Kohlplatte. (Foto: G. Bächle)

So gab es 1949 in dem damals 940 Einwohner zählenden Dorf 145 landwirtschaftliche Betriebe, elf Jahre später noch 101, im Jahr 1971 immerhin 49. Abfälle, die sich nicht kompostieren oder verbrennen ließen, gab es nur wenige und was doch anfiel, wurde in einer Müllgrube deponiert, schreibt der Historiker Konrad Dussel in dem, 2016 erschienenen Ortsbuch von Lienzingen (S. 202). Heutzutage wird sortiert auf Teufel komm raus, getrennt, verwertet - und trotzdem produzierte 2021 jeder Einwohner des Enzkreises durchschnittlich 130,9 Kilogramm Restmüll (aus: Abfallbilanz des Landes)

So ähnlich sah es in der Kohlplatte aus. Aufnahme einer illegalen Müllhalde. (Foto: ZDF)

Das Thema nahmen die Kommunen in den ersten Jahren nach Kriegsende nicht sonderlich ernst. Doch das Landratsamt Vaihingen an der Enz regte schon 1956 eine staubfreie Müllabfuhr an. Landrat Dr. Friedrich Kuhnle schrieb am 1. Februar 1956 an die Bürgermeisterämter im Landkreis, geplant sei die Gründung eines Zweckverbandes. Ein Anschluss werde wohl nur für größere Gemeinden und für Kommunen, in denen die Landwirtschaft nur eine untergeordnete Bedeutung habe, in Betracht kommen. Dem vorausgegangen war eine Dienstbesprechung mit den Rathauschefs am 19. Januar 1956.

Lienzinger Geschichte(n) heute zu einem leicht anrüchigen Thema: Müll. In Deutschland gilt es als nahezu selbstverständlich, dass Abfälle gesammelt und entsorgt werden. Diese Selbstverständlichkeit steht aber am Ende eines langen Entwicklungsprozesses der Abfallwirtschaft, der Abfalltechnik und des Abfallrechts in Deutschland, heißt es beim Umweltbundesamt. Lienzingen, das Dorf, eignet sich als Musterfall für das Stück: Von den Müllkippen bis zu den Deponien oder Von der Beseitigung zum Kreislauf. Ratsprotokolle und Akten der früher selbstständigen Gemeinde Lienzingen sind durchaus ergiebig. Der neue Beitrag zu meiner digitalen Serie.

 

"Von der Kohlplatte bis zum Hamberg – Lienzingen, seine Gruben und der Beginn der Müllabfuhr 1967 - Immer Ärger mit den Behörden - Quälende Suche nach Alternativen" vollständig lesen

Winzig ganz groß

Die Kleinausgabe eines Hauses – das so genannte Tiny House – unterscheidet sich baurechtlich nicht von einem großen Haus, schreibt die Stadtverwaltung auf meine Gemeinderatsanfrage. Nicht nur die geplante Tiny-Siedlung auf dem Senderareal in Mühlacker interessiert viele Menschen stark.

Kann so sein, muss aber nicht so sein.

Es besteht eine grundsätzliche Nachfrage, wie dieses Beispiel zeigt. Ein Post, auf den ich vor einiger Zeit stieß:  Ich bin auf der Suche nach einem Platz für ein Tiny Haus möglichst in Lienzingen. Kein Bauwagen, sondern ein sogenanntes Modulhaus, zirka 50 Quadratmeter Wohnfläche. Das Grundstück sollte ungefähr 150 Quadratmeter sein. Denkbar wäre auch ein Teil eines Gartens. Ich würde mich sehr freuen, wenn mir jemand einen Tipp geben könnte, wo ich nachfragen kann.

Ein Trend zum Kleinen, zum Winzigen. zum Minimalistischen. 

Die Einschätzung des Baurechtsamtes der Stadt Mühlacker: Baurechtlich ist ein Tiny House ein ganz normales Haus, dessen Genehmigungsfähigkeit sich nach den Festsetzungen des Bebauungsplans beziehungsweise im unbeplanten Innenbereich nach der Umgebungsbebauung und nach dem Bauordnungsrecht richtet. Es müsse also zum Beispiel innerhalb des Baufensters gebaut werden, die gesetzlichen Dämmstandards seien einzuhalten. Nicht zulässig sei ein Tiny House in einem nicht überbaubaren Teil des Grundstücks. Es habe auch nicht wie beispielsweise eine Garage ein Abstandsflächenprivileg, es dürfe also nicht im Grenzabstand errichtet werden.

Die weitere Botschaft aus dem Rathaus:

Die Bebauungspläne in Mühlacker setzen im Regelfall keine Mindestgröße von Gebäuden fest, so dass das Baurecht einem Gebäude, das (auch wesentlich) kleiner als zulässig gebaut wird, zunächst nicht entgegensteht. Kritisch könne im Einzelfall die Dachform sein, weil häufig Satteldach festgesetzt sei, viele Tiny Houses aber ein Flachdach hätten. Die Stadtverwaltung könne sich hier durchaus vorstellen, im konkreten Einzelfall Befreiungen von der zulässigen Dachform zu erteilen, da es sich im bebauten Umfeld schon aufgrund der geringeren Kubatur und meist eingeschossigen Höhe um einen untergeordneten (tiny!) Baukörper handle, der das Umfeld städtebaulich nicht prägen werde. Dies insbesondere dann, wenn es sich bei dem Bauvorhaben um eine Maßnahme der Nachverdichtung auf einer nicht für übliche Wohnhäuser geeigneten Fläche handle, das Projekt folglich dem schonenden Umgang mit Grund und Boden diene.

"Winzig ganz groß" vollständig lesen