Der Enzkreis und sein Sozialetat: Neue Klagelieder zu alten Melodien
Was blieb von den Vorteilen der Verlagerung der Zuständigkeiten von Land (Sonderbehörden) und Landeswohlfahrtsverbänden im Jahr 2005 auf die Landkreise? Denn nun ertönen wieder die alten Klagelieder wie weiland vor dieser Verwaltungsreform. Legte sich der Hebel um oder war er trotz Verlagerung in der alten Position geblieben und niemand hat es gemerkt?
Ein Déjà-vu-Erlebnis war mein Griff zu einer Ausgabe der Ludwigsburger Kreiszeitung vom 4. Dezember 1973, Seite 3. In fast 50 Jahren nichts Neues? Mehr als die Hälfte aller Mittel sind für Sozialausgaben bestimmt, titelte der Kollege Winfried Simonis über die Mitgliederversammlung des Landkreistages Baden-Württemberg im Ratskeller zu Ludwigsburg. Das seinerzeitige Klagelied. In einer Entschließung wehren sich die Landkreise, immer neue Lasten zu übernehmen, so zum Beispiel die Kindergartenbeiträge. Die Landkreise fordern vom Bund eine Entlastung von den kostenintensiven Leistungen für Behinderte im Rahmen eines Bundesbehindertengesetzes.
Wie? Was? Das Gesetz liegt vor, die Beschwerden bleiben. Man reibt sich die Augen: 2023 nichts Neues. Der Landrat des Enzkreises und der Sprecher der Bürgermeister im Enzkreis schicken einen Brandbrief an den Kanzler. Kein weiter so! Die Belastungsgrenze sei erreicht.
2022/23: Die aktuelle Diskussionen im Kreistag zum Haushaltsplan 2023 um die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und die Finanzierbarkeit der Hilfen über 2023 hinaus sind berechtigt und notwendig. Genauso wie die Frage der Beteiligung des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) an Pflegesatz-Verhandlungen mit Einrichtungsträgern im Auftrag und an Stelle des Enzkreises, wobei auf die Schreiben des Caritasverbandes Pforzheim an die Fraktionen des Kreistags zu verweisen ist, der sich wünscht, dass die Kreisverwaltung statt des KVJS selbst am Verhandlungstisch sitzt und der Kommunalverband künftig maximal eine beratende Funktion übernimmt.
Mehrmals wies ich in den Debatten auch im Sozial- und Kulturausschuss des Kreistags daraufhin, dass 2004 den Gremien die Auflösung der beiden Landeswohlfahrtsverbände (LWV) Württemberg-Hohenzollern und Baden von den Landräten schmackhaft gemacht worden sei mit der Ankündigung, die Entscheidungen würden dann vor Ort durch Kreistag und -verwaltung getroffen, die Gremien hätten eine wirksamere Steuerungsmöglichkeit auch hinsichtlich der Kosten. Wenn wir die aktuelle Diskussion verfolgen, entsteht der Eindruck, als seien wir bei der Eingliederungshilfe ganz und gar nicht in der Steuerungsposition.
Manchmal hilft die Suche im Archiv.
Der Kreistag beschloss am 8. März 2004 (Vorlage 7-1/04), Punkt 2g:
g) lm Zusammenhang mit der Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände ist eine stärkere finanzielle Beteiligung des Landes an den steigenden Kosten der Eingliederungshilfe unverzichtbar. Der Soziallastenausgleich ist so zu regeln, dass ein verstärkter finanzieller Anreiz zur Schaffung kostengünstiger Angebote besteht.
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