Zurück ins Jahr 1980 - Kreispolitische Retroperspektive. Oder: Als der Landrat noch Kunst im Straßenbild vermisste

Aus der Kunstsammlung des Landkreises: Schmuck fürs Landratsamt: Manuela Tirler, Woodstock II, 2004 (Fotos: Günter Bächle)

Immer nur vorwärts, aufwärts, himmelwärts – der gemeine Haushaltsplan nimmt die vermeintlichen Tendenzen im jeweils kommenden Jahr vorweg.

Bei unserem Enzkreis gibt es finanziell, zumindest bisher, fast jedesmal eine Punktlandung. Die Vergangenheit wird mit der Verabschiedung des Jahresabschlusses mehr oder minder ad acta gelegt. Bei allen Risiken und Unsicherheiten liegt der Blick in die Zukunft, somit in der Natur der Sache. Doch wagen Sie mit mir heute eine Retrospektive – also der Versuch, aus der Vergangenheit zu lernen. Analysieren Sie mit mir auch als Beitrag zu 50 Jahre Enzkreis - ich verspreche Ihnen, wir werden in der Jetzt-Zeit enden. Kreispolitische Retro-Klassik. Oder: im Jubiläumsjahr darf es auch mal eine andere Haushaltsbetrachtung sein. Zum Beispiel diese.

Dr. Heinz Reichert, erster Landrat des Enzkreises

Oldtimer stehen für sich – und für ein ganz besonderes Lebensgefühl. Oldtimer, die mit aller Ruhe verfolgen, wie eine ganze Heerschar von Bürgervertretern, jedes Jahr aufs Neue die Freiwilligkeitsleistungen stutzen will:  just jene, die sie selbst beschlossen hatten. Zurecht, wie sie erkennen können, denn sonst wäre es ein leichtes, sie geschmeidig fallen zu sehen. Nein, sie überleben zumeist die Operation Rotstift, weil sie einst mit Bedacht und wohl überlegt – und das sollten wir uns als Pluspunkt anrechnen – ins Schaufenster Enzkreis gestellt wurden, um es bunter und noch schöner zu machen.  Dass dies Geld kostet, kann als bekannt vorausgesetzt werden. Nach Lessing ist das Vergnügen ebenso nötig wie die Arbeit.

Was sind Freiwilligkeitsleistungen, wie freiwillig sind wir unterwegs? Auf meine Fragen in der Etatvorberatung im Jugendhilfeausschuss, wo wir als Kreistag Spielräume haben, stellte die Verwaltung in der Runde 3 – also im Sozial- und Kulturausschuss - auch optisch dar, wo solche bestehen. Doch rasch zeigte sich, dass nicht wenige nur theoretischer Natur sind.

Und wo wollen wir stutzen bei den Hauptposten der milden freiwilligen Gaben, dem Öffentlichen Personennahverkehr, wenn wir das ganze Jahr über schon aus Gründen des Klimaschutzes den Ausbau propagieren? Wer das eine will, muss das andere lassen.  Wir bekunden, mehr Nahverkehr zu wollen – aber das schließt Kürzungen aus. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?

Haushaltsplan 1980

Wie sammeln wir Freiwilligkeitsleistungen wieder ein? Die Retroperspektive seit 1980 zeigt, dass wir immer kapitulierten – zuerst in den achtziger Jahren im Holzbachtal, dann einige Jahre später in Bad Herrenalb. Außer Spesen wenig gewesen. Vielleicht lernen wir aus der Vergangenheit und lassen Lasten, die uns beschweren.

Worauf ich beim Blick zurück, beim Lehren ziehen aus der Vergangenheit, hinauswill? Auf den Haushaltsplan des Enzkreises für das Jahr 1980 – dem ersten Landkreis-Etat, an dem Jürgen Kurz und ich 1979 als junge Kreisräte mitwirkten. Inzwischen sind wir die Dienstältesten. Ich habe mir die Haushaltsrede 1980 Ihres Vor-, Vor-, Vor-, Vorgängers Herr Landrat Rosenau, also von Heinz Reichert, von unserem großartigen Kreisarchiv geben lassen, weil ich mich in den vergangenen Tagen fragte, war’s damals auch schon so? Zugegeben, im Nachhinein erscheint diese Zeit wie eine Idylle – kein Gefühl, Grenzen erreicht zu haben, unter einer nicht zu steuernden Zuwanderung zu leiden, zu empfinden, wie SOS-Rufe an die Politik häufig ungehört verhallen. Die gute alte Zeit? Ein solcher Eindruck täuscht.

Knapp 160.000 Einwohner, heute mehr als 200.000. Steuerkraft pro Einwohner 1980 umgerechnet auf Euro 414,60, heute 1535,19 Euro. Schulden im Kernhaushalt auf Ende 2024 rund 49,4 Millionen Euro, Rücklagen auf Ende 2024 etwa 7,4 Millionen Euro – 1980 genau 1,726.356 Euro Rücklagen.

Mario Pavesi: Maternita (2007)

Ja, es war die Zeit, als der Landrat auf Seite 2 seiner 13-seitigen Rede ein Manko beschrieb. „Wenn man durch unsere Gemeinden fährt, findet man wenig Kunst im Straßenbild“, was er zu ändern versuchte – getreu dem abgewandelten Psalm 90, 10, dass das Leben eben nicht nur Mühe und Last sein kann. Kunst schafft Freude, legt Emotionen frei, produziert meist produktiven Ärger wie die Ornamente 2024 in Pforzheim und der sie umgebenden Region. 1980 jedenfalls bot Reichert an, den Gemeinden 50 Prozent der Kosten eines Kunstwerkes aus der Kreiskasse zu ersetzen, wenn sie das im Freien aufstellen – eine typische Freiwilligkeitsleistung als Anreiz. Würde es der Landrat heute wagen, den Gemeinden diesen Vorschlag anzutragen?!

Klopfen wir die Reichert-Rede ab auf weitere Reizworte: Oh Wunder, Bürgerinitiativen gab es damals auch schon, seinerzeit drei gegen einzelne Straßenbauprojekte. 1980 – nebenbei: das Gründungsjahr der Grünen - machten die Bürgerinitiative gegen die Umgehungsstraße Kleinvillars mobil, eine andere gegen eine neue Straße bei Ersingen, eine Dritte für einen Straßenausbau in Neuenbürg. Sie setzten sich durch.  Also: Auch wenn wir heutzutage das subjektive Gefühl haben, es seien im Hier und Jetzt besonders viele Initiativen gegen etwas am Werk, Bedenkenträger eingeschlossen – es war schon immer so. Unser Leidensdruck ist vorhanden wie 1980 - darunter leiden zu müssen, dass die Bedenkenträger hemmend wirken. Mehrheiten zu finden ist sicherlich heutzutage bei fünf Fraktionen schwieriger als 1980. CDU 19, SPD 18, FWV/FDP 10 – die politische Landschaft war überschaubar. Die Grünen spielten politisch noch im Sandkasten.

Der Kragen-um-Pforzheim-Landkreis

Ein Dauer-Thema seinerzeit ähnelt der Lage 2023: Die Belegung der Krankenhäuser verbesserte sich. Und ein Satz von Reichert ist aktueller denn je: Viel sei von der Humanität im Krankenhaus die Rede, und er, Reichert, dürfe dankbar vermerken, dass unsere Ärzte und Schwestern sich hier so viel Mühe geben. Man müsse sich allerdings im Klaren sein, wenn man noch mehr Zeit für den Patienten haben wolle, bedeute dies zwangsläufig eine Vermehrung des Personals. Eine, wie ich meine, ewig gültige Erkenntnis. Umgesetzt wird sie kaum im gewünschten Maß, egal, welches Konstrukt gewählt wird - ob nun ein Eigenbetrieb, eine GmbH, mit oder Holding. Im Moment gehen wir durch eine besonders schwierige Phase. Die Gesamtbelastung für den Landkreis erreicht erstmals einen zweistelligen Millionenbetrag durch die Kliniken. 1980 blieben die Hospitäler auch im Minusbereich mit knapp 700.000 Mark, in Euro etwa die Hälfte. Krankenhaus muss einem etwas wert sein, zeigt diese Entwicklung. Ein Punkt Kreisumlage sagen wir, die Summe ist durchaus dynamisch. Die CDU-Fraktion stand schon immer zu den Krankenhäusern in kommunaler Trägerschaft.

Schauen wir auf den damit verwandten Bereich Soziales: 1980 kamen beim sozialen Dienst ein Sozialarbeiter auf 100.000 Einwohner, damit werde ein Mehr an vorbeugender Hilfe möglich, auf „die wir großen Wert legen“, so Reichert.  Drei Sachbearbeiter sollten sich fortan nicht mehr um Einzelfälle kümmern, sondern um die Zielgruppen Alte, Jugend, Ausländer, besonders Ausländerkinder. Apropos ausländische Mitbürger: Sie waren 1980 für den Landrat eine große Sorge, hier gelte es, die Möglichkeiten der Integration zu verbessern.  Entscheidend komme es vor allem darauf an, dass die ausländischen Kinder und Jugendlichen eine abgeschlossene Schulausbildung und anschließend eine Berufsausbildung erhalten. Heute, im Jahr 2023, sprechen wir weniger von Ausländern, sondern von Migranten oder Menschen mit Migrationshintergrund. Doch schon vor 44 Jahren hieß der Schlüssel zum Erfolg: Kindergarten!  Hier hat sich nichts geändert, das Problem hat sich eher noch verschärft.  Ist die Einschätzung falsch, dass wir in puncto Integration aufholen müssen?

Einige Stationen weiter, aber immer noch nicht am Ziel, sind wir beim öffentlichen Personennahverkehr. 1980 ging es um eine Bestandsaufnahme, die Kommunen durften ihre Wunschzettel an die Nahverkehrskommission beim Landkreis schicken, das Landratsamt ermittelte die zehn größten Probleme – so gebe es noch Ortslagen, die überhaupt nicht an das ÖPNV-Netz angeschlossen seien, es fehlten Spät- und Feierabendverbindungen, aber auch Querverbindungen. Dass solche Mängel konsequent beseitigt worden seien, kann man heute fürwahr nicht behaupten. Die Retro macht deutlich: Das liest sich auch im aktuellen Nahverkehrsplan von Enzkreis und Pforzheim gut. Doch dort steht weiterhin viel. An der Umsetzung hapert es auch noch nach vier Jahrzehnten. Umsetzung kostet Geld, mehr Geld. Aber darauf komme ich noch zurück. Immerhin haben wir einen eigenen Verkehrsverbund, schicken uns an, mit einem größeren – dem KVV – zu fusionieren. Seit Jahren setzt sich die CDU-Fraktion im Kreistag für größere. Verbünde ein, ließen den Worten auch Taten folgen. Doch zur Umsetzung von: einem Ziel, ein Preis, ein Ticket brauchte es des Bundes. Dass sich da manche in den Verbünden nicht schämen, die nicht mehr in Amt und Würden sind.

Und immer wieder Arbeitskreise

Zur 80-er Hit-Liste zählte auch die Bürgernähe in der Verwaltung, der richtige Umgang mit dem Bürger, Dezentralisation von Verwaltungsaufgaben, mehr Transparenz, mehr Mitwirkungsmöglichkeiten des Bürgers. Landrat Reichert verwies auf seit Jahren angebotenen   Seminare für Mitarbeitende, die Publikumsverkehr haben.  Ewig gültig sein Satz: „Dem Bürger darf nicht nur erklärt werden, warum es nicht geht, sondern dass man ihm weiterhilft. Dass man versucht, sein Problem lösen zu helfen und wenn man es nicht selbst lösen kann, dass man ihn an die richtige Stelle, vielleicht durch einen Telefonanruf, weitervermittelt“ – weise Worte, ewig gültig, ob nun analog oder digital, doch immer noch nicht überall eine Selbstverständlichkeit. Aber daran arbeitet der Landkreis – auch in Zeiten des E-Mails.

Übrigens: Wenn der Caritasverband gelegentlich gegenüber dem Landkreis forsch auftritt, mag die Ursache in einer Tatsache liegen, die Reichert auf Seite 7 seiner Haushaltsrede erwähnte: „Im Bereich der Behinderten ist die Früherfassungsstelle des Caritasverbandes, die von der Stadt Pforzheim und dem Enzkreis gemeinsam finanziert wird, seit über einem Jahr erfolgreich tätig.“ Dadurch sei es möglich, Behinderungen früher zu erkennen und erfolgreicher zu helfen. Merke: Caritas wartete nicht auf Paragrafen-Werke vom Staat, sondern handelte. Weshalb beim jetzigen, 2016 verabschiedeten Bundesteilhabe-Gesetz (BTG) der Bund vor allem ein Bürokratie-Monster aufbaute, das einen großen Teil der finanziellen Mittel selbst auffrisst, ist nicht nachvollziehbar, wird heute von Betroffenen, Verbänden und Landkreise beklagt. Die steigenden Mittel müssen den Betroffenen zugutekommen. Heute drückt uns die Last der Eingliederungshilfe, das BTG verleitet Verwaltungen zu immer mehr Horrormeldungen über die Mehrkosten. Aber ganz genau wissen wir es immer noch nicht. Risiken, die uns zu schaffen machen.

Die Ahnentafel

Spannen wir den Boden wieder ins Jahr 1980. Auf Seite 10 des Reichert-Papiers das Reizwort: Kreisumlage.  Der Landrat schlug 1980 vor, sie um einen Punkt auf 18,5 vor. Nicht gerade mit Freude, nachdem der Landkreis dann absolut etwas weniger einnehme als 1979 (in Euro umgerechnet 10,9 Millionen statt 11,5 Millionen). Reichert-Zitat: „Wir hatten gehofft, dass uns damit in diesem Jahr die leidige Diskussion um die Kreisumlage erspart wird.“ Doch Ausgaben würden lediglich in die Zukunft verschoben, Millionen-Risiken steckten im Etat, Anträge auf höhere Zuschüsse seien noch nicht eingepreist. Deshalb sein mutiger Rat an den. Kreistag: „Bei dieser Sachlage halte ich die Senkung der Kreisumlage um einen weiteren Punkt für verfrüht und bitte sehr darum, davon Abstand zu nehmen.“

Das kennen wir doch!

Alle Jahre wieder. 1980 und 2024 fixiert sich die Debatte über die Umlage, die die 28 Kreiskommunen zu bezahlen haben, auf den ewigen Punkt der Punkte. Und da treffen sie sich wieder, die beiden Linien. Wie die Enden der Wurst. Nur Volumina sind höher. Etatvolumen 1980 rund 55,7 Millionen Euro im Kernhaushalt, mit den Kliniken gut 70 Millionen Euro.  Heute sind es um die 300 Millionen Euro 2024. Haben Sie das Gefühl, dass die Formel heißt: mehr Geld, weniger Probleme? Ich habe das nicht.

Das ewig gleiche Lied: Welcher Umlagesatz (2024 nun 31,5 Punkte) ist den Städten und Gemeinden zuzumuten? Doch genau genommen ist dies der falsche Ansatz. Die Frage müsste lauten: Auf welche Leistung des Kreises an die Kommunen können diese verzichten und dadurch dem Kreis Kosten ersparen? Das Problem steckt tiefer: Außer der Jagdsteuer können die Landkreise keine Steuer erheben. Sind Kostgänger anderer, bekommen vom Staat immer mehr Lasten umgehängt, müssen zudem ihrer Ausgleichsfunktion als Kreis-Verband gerecht werden.

Wenn wir uns in den nächsten Monaten verstärkt mit Grundsätzlichem befassen:  dazu gehört sich mit der Forderung nach Reformen Gehör zu verschaffen, auch wenn uns das in 2025 oder 2026, schon gar in 2024, noch keine Verbesserungen bringt.

Wen schon nicht im öffentlichen Straßenraum wie 1980 erhofft - Kunstwerke auf allen Etagen des Enzkreis‘ Behörde an der Zähringerallee in Pforzheim: Erich Reiling, Ohne Namen (1987)

Die Forderung, die Landkreise nicht nur per Umlage bei den Kommunen am Steueraufkommen zu beteiligen, sondern durch einen Anteil an einer staatlichen Ertragssteuer freier im Handeln zu machen, ist alt und wohl leicht in Vergessenheit geraten, taucht seit Jahren nur noch als Fußnote auf.  Wenn wir noch genauer hinschauen, wird der Webfehler klar: Wir brauchen eine Kommunalkammer neben Bundestag und Bundesrat. Zwar sollen die Länder die Interessen der Städte und Gemeinden mit vertreten, doch im Zweifel ist ihnen der eigene Rock näher als der kommunale. Die Forderung ist nicht neu, aber leider ebenfalls zur Fußnote geschrumpft. Mischen wir mit einer solchen Strukturdebatte die Bundespolitik mal auf. So lange schreiben wi

So lange schreiben wir Protestnoten, schicken sie nach Berlin und Stuttgart. Hoffend, dass mehr Ertrag herauskommt als nur Kanzleitrost aus dem Kanzleramt. Oder wir haben den Mumm und ziehen vor den Kadi, wehren uns gegen Lasten, die wir nicht mehr stemmen können. Weder mit Geld noch durch Personal. Verschärfend wirkt sich aus, dass nur ein Bruchteil der Bundestagsabgeordneten einmal das Basisgeschäft in einem Gemeinderat oder Kreistag auf sich nahmen. Ohne kommunalen Stallgeruch sind alle vier MdB des Wahlkreises Pforzheim/Enzkreis.

Enzkreis-Logo

Der Etat des Kreises für 2024 ist unbestritten unterfinanziert. Ich zitiere den Finanzdezernenten des Landkreises, Frank Stephan, in seiner Mail vor wenigen Tagen an die Fraktionsvorsitzenden: „Wenn der Haushalt nach dem aktuellen Stand verabschiedet wird und der Haushalt 2025 mit den aktuell drohenden Risiken aufgestellt werden muss, könnte der Haushalt 2025 anstatt mit Hinweisen dann mit konkreten Auflagen versehen werden. Entweder für Nacharbeiten bei der Planung 2025 selbst oder (eher) für die Bewirtschaftung des Haushaltes 2025.“

Wenn wir ihn so fahren, kann dies bedeuten, dass 2025 der Kreis-Etat für die Städte und Gemeinden noch schmerzhafter ausfällt als 2024. Diese Gefahr bereitete mir Sorgen. Was wäre dann gewonnen? Diese Gefahr will ich nicht riskieren.  Gelingt es uns wirklich – entgegen allen bisherigen negativen Erfahrungen – zu Einsparungen in Millionen-Höhe zu gelangen?  Bis zum Beweis das Gegenteils:  Ich sehe die Chancen eher pessimistisch, zumal der Haushaltsentwurf 2024 ungestreift durch die Vorberatungen lief.  Wo blieben die Streichlisten? 19.000 Euro Minus bei 300 Millionen Euro – mehr nicht.

Der Landrat selbst kündigte an, einen solchen Prozess rasch zu starten (siehe Vorlage 116/2023, erste Ergänzung) nach der Verabschiedung des Haushalts 2024. Ich zweifle nicht daran. Vielleicht bringt eines den Erfolg: Dass nicht nur bei Dritten der Rotstift angesetzt wird, sondern auch am Verwaltungsapparat selbst. Und hier die Verwaltungsspitze den Prozess nicht bremst, sondern vorangeht. Letztlich entscheidet der Kreistag. Sinnvolle Korrekturen im Sinne der Haushaltskonsolidierung, aber kein Kahlschlag. Der Teufel wird auch hier im Detail stecken. Erträge sind dann einzusetzen, wenn sie real da sind – alles andere heißt, auf Sand zu bauen.

Die CDU-Fraktion hält dazu nicht nur einen Konsens zwischen den Fraktionen für notwendig, sondern auch ein zügiges und gründliches Arbeiten, fern von schnellen Schlagzeilen. Damit meine ich die so genannten Sparanträge der FDP, denen die CDU in der Vorberatung weitgehend zugestimmt hat und die der FDP in der Berichterstattung der Lokalblätter die Rolle zugeschrieben wurde, quasi die einzigen mit einer Streichliste gewesen zu sein. Niemand machte sich die Mühe, dieses Sparvolumen zu errechnen:  19.000 Euro aus den Personalstellen und eventuell bei der keep noch 75.000 Euro. Dies kann man vernachlässigen. Ein bisschen mehr schon müssen beim Konzept zur Haushaltskonsolidierung herauskommen.

Das Archiv des Enzkreises auch als Fundgrube für Haushaltsreden

Einzubeziehen sind auch die Lasten, die außerhalb des Haushaltplanes entstehen, aber Auswirkungen auf den Kreis-Etat haben wie die Kliniken. Dazu gehört die Prüfung, ob die genannten Summen des Masterplanes für die Häuser noch aktuell sind, die bei seiner Verabschiedung angegeben wurden. Nach dem Unternehmensplan der Enzkreis-Kliniken sollen 2024 rund 28 Millionen Euro in die bauliche Entwicklung des Krankenhauses Mühlacker gesteckt werden… Das wäre vom finanziellen Volumen her eine Stadthalle. Sind die 28 Millionen Euro realistisch?

Ich gelange in einem zentralen Punkt zu einer anderen Schlussfolgerung:  Eigentlich wären 33,5 Punkte Umlage notwendig. Ich weiß, die Städte und Gemeinden stehen finanziell selbst mit dem Rücken zur Wand.  Doch irgendwann wird ihnen die Rechnung aufgemacht.  Ob es dann besser passt? Wohl kaum.

Ich sage dies bewusst auch als Mühlacker Kreisrat: Denn Mühlacker zum Beispiel müsste bei 33,5 Punkten knapp 15,5 Millionen Euro im nächsten Jahr an den Kreis überweisen – rund eine Million Euro mehr als bei 31,5 Punkte.  Doch es hat eben seinen Preis, dass der Landkreis dort für solide öffentliche Infrastruktur sorgt zum Vorteil der Menschen in Mühlacker – Kliniken, Berufsschule, Consilio, Beratungsstelle für Familien, Kfz-Zulassungsstelle, Regionalbusse usw. usf. Eine Infrastruktur, für die auch andere mitbezahlen. Da wären 33,5 als Mühlacker Kreisrat durchaus zu begründen. Denn ich will keine Abstriche an diesem Angebot, weiß aber jetzt schon, dass die Kliniken den Etat zusätzlich belasten – mit mindestens zwei Millionen mehr für den höheren Kapitaldienst.

Mir ist die Hoffnung auf künftige Einsparungen als Ersatz für einen sachlich und finanziell gebotenen Umlagehebesatz zu wenig. Mich prägen die bisherigen Erfahrungen mit solchen so genannten Sparrunden, die zunächst freudige Erwachen auslösen und mit Entsetzen enden. Ich lass mich gerne in den nächsten Monaten eines Besseren belehren. Bis zum Beweis des Gegenteils gilt aber, wenigstens für 2024 einen ausgeglichenen Haushalt zu beschließen. Das ist der einzige Garant dafür, dass das dicke Ende 2025 nicht kommt.  Diese Position habe ich in all die Etatdebatten der vergangenen Wochen eingebracht. Sie kann also niemanden überraschen. Letztlich entscheide ich als Kreisrat, was ich verantworten kann.  So enthielt ich mich der Stimme (obwohl Enthaltungen nicht so meine Sache sind.

Noch ein bisschen Kunst im Kreishaus: Rene Dantes

Zugegeben: Ein leicht abruptes Ende der Retro-Klassik. Ob sich in den nächsten Jahren die Spielräume der Kommunen vergrößern, nicht nur finanziell, sondern auch politisch? Zu wünschen wäre es.

 

 

 

 

Haushaltsrede: Kreisarchiv des Enzkreises, Bestand Landratsamt Enzkreis, vorläufige Nummer 77364.
Kreistagswahl: Kreisarchiv des Enzkreises, Bestand Landratsamt Enzkreis, vorläufige Nummer 17061.

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