Zugesagt, beschlossen, finanziert und doch nicht gebaut - der Spielplatz Ulmer Schanz

Trotz klarer Zusagen der Stadtverwaltung und der vom Gemeinderat 2015 bereitgestellten Gelder ist der Spielplatz für das Wohngebiet Ulmer Schanz in Mühlacker nie gebaut worden. Doch bis jetzt zeigte die Verwaltung keinerlei Bemühen – weder schriftlich noch mündlich – den Betroffenen gegenüber zu erklären, weshalb sie ihr Wort brach. Eine Spurensuche. Auf meine Gemeinderatsanfrage vom 11. Januar 2023 antwortete die Stadtverwaltung nun am 25. April (S23-005-60-66). Und siehe da – sie bringt Licht ins Dunkel. In der vom OB unterschriebenen Antwort werden Versäumnisse und Mängel in der Kommunikation eingeräumt. Das trifft auch auf Änderungen eines Teiles des Bebauungsplanes „alte Ziegelei“ zu, in dem nach den ursprünglichen Plänen nur eine kleingliedrige zweigeschossige Bebauung neben der Ulmer Schanz vorgesehen war. Jetzt geht es aber dort deutlich höher hinaus.

Mühlacker: Wo Ulmer Schanz (links) und künftige Ziegelhöhe aneinander grenzen. Ausschnitt aus den Planunterlagen der Stadt Mühlacker (Stand April 2023) mit dem Cluster AO. Ursprünglich war dort ein provisorischer Spielplatz für Ulmer Schanz und Aischbühl vorgesehen. In den ersten Entwürfen fiel zudem die Bebauung niedriger aus - Widerstand kam erst auf, als die Planer in die Höhe gingen

Das Thema ist alt, Kinder sind wohl inzwischen dem Spielplatzalter entwachsen. Im Juni 2011 fasste der Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss für den Spielplatz, im Sommer 2014 gab es einen gemeinsamen Antrag aller Ratsfraktionen für eine solche Investition. Doch nix geschah. In schöner Regelmäßigkeit meldeten sich immer wieder Eltern aus der Ulmer Schanz.  Meine Frage an die Stadtverwaltung vom August 2014 war die gleiche wie die der Anrufer: Wie ist der Stand? Die Botschaft aus dem Rathaus daraufhin vor acht Jahren:

Nach derzeitigem Stand bietet sich ein Spielplatzstandort für das Gebiet Ulmer Schanz auf der städtischen Ackerfläche östlich des Hohlweges/Maulbronner Weges hinter dem Sparkassengelände an. Er könnte bei einer Bebauung des Ziegeleigeländes bestehen bleiben und in den an dieser Stelle vorgesehenen Grünzug eingebunden werden. Einen Spielplatz innerhalb des Baugebietes Ulmer Schanz, wie ursprünglich gewünscht, zu schaffen, erwies sich nicht als zweckmäßig.

Doch danach fing die Verwaltung an, bei Anfragen zum Thema einsilbig zu werden, teilweise gar zu verstummen, so zum Beispiel 2019. Jetzt wollte ich es genau wissen und brachte die nun beantwortete Gemeinderatsanfrage ein.  Den erneuten Anstoß gab ein Gespräch mit Kritikern der geplanten und inzwischen zur Hälfte erfolgten Abholzung der Feldhecke zwischen dem neuen Stadtquartier Ziegelhöhe und dem Wohngebiet Ulmer Schanz. Ein Lokaltermin Anfang Januar bei kaltem und regnerischem Wetter, bei dem deutliche Defizite in der Kommunikation der Verwaltung mit den steuerzahlenden Stadtmenschen zu Tage traten.

Die Fragen und Antworten (letztere teilweise gekürzt).

1. Frage: Im Schreiben vom 12. August 2015 an Frau H. und die Fraktionsvorsitzenden heißt es, mit der Herstellung des Spielplatzes werde im Herbst 2015 begonnen. Weshalb wurde die Zusage nicht eingelöst? Liegt ein Gemeinderatsbeschluss vor, den Spielplatz nicht zu bauen?

Antwort Stadtverwaltung:  Mit dem Versprechen, im Herbst 2015 auf dem Ziegeleiareal mit dem Bau des Spielplatzes zu beginnen - als Übergangslösung für die benachbarte Ulmer Schanz - war die Stadtverwaltung eigener Einschätzung zufolge im Nachhinein betrachtet wohl zu optimistisch, was die Aufarbeitung von Rückständen durch die Gartenschau anging. Mit dem Beschluss im Gemeinderat, den Spielplatz an der dafür festgelegten Stelle am südwestlichen Rand des Ziegeleiareals zu bauen, habe der Schlagabtausch der Anwohner im Gebiet ‚Ulmer Schanz‘ begonnen, heißt es in der Antwort aus dem Rathaus. Während die einen endlich eine Spielgelegenheit wollten, wollte das andere Lager lieber keinen Spielplatz als einen an der ausgesuchten Stelle, schreibt Oberbürgermeister Frank Schneider. Dort, hinter der Feldhecke, wären die Kinder zu abseits, als dass ein Spielplatz für kleinere Kinder Sinne mache, so die Meinung der Gegner. Zwischen diesen beiden Lagern stand das Fachamt, das zu diesem Zeitpunkt mit vielen dringenden Themen befasst war.

Während der amtsleiterlosen Zeit beim Umwelt- und Tiefbau der Stadt 2016/2017 habe es generell kaum freie Kapazität gegeben, Projekte anzugehen. Die freien Kapazitäten seien in dieser Zeit für essenzielle und für unstrittige Projekte genutzt worden. Durch die beiden, im Wunsch nach einem Spielplatz sehr uneinigen Gruppierungen, sei amtsintern das Projekt zurückgestellt worden. Es habe sehr viele wichtige Projekte mit dauerhafter Wirkung gegeben, so dass ein Spielplatz für die Dauer von zwei bis drei Jahren nicht die erste Priorität genossen habe.  Im Jahr 2018 sei das Gelände an die Hofkammer veräußert worden. Von da an sei das für den Spielplatz vorgesehene Gelände in der Planung aufgegangen; die Planung und der Bau also obsolet. Der OB: Nein, es liegt kein Gemeinderatsbeschluss vor den Spielplatz nicht zu bauen.

2. Frage:  In Anlage 2 zur Gemeinderatsvorlage 060 aus dem Jahr 2014 ist gut die damalige kleingliedrige 2-geschossig geplante Bebauung neben der Ulmer Schanz zu erkennen. Die Verwaltung schreibt, an dieser Stelle seien künftig Grünanlagen vorgesehen. Auf welcher Basis/Planung kam es zu dieser Aussage der Verwaltung?

Antwort:  Die Verwaltung widerspricht. An dem in der seinerzeitigen Vorlage beispielhaft dargestellten Standort eines Übergangsspielplatzes (möglicher Standort) lasse sich nicht der Rückschluss ziehen, dort seien künftig Grünanlagen vorgesehen. Dort sei vielmehr dreierlei vorgeschlagen worden:

  • - den Standort für den Kinderspielplatz nicht im Aischbühl, sondern in der Ziegelei zu wählen.
  • - dabei auf eine gute Erreichbarkeit aus der Ulmer Schanz/dem Aischbühl zu achten
  • - den Spielplatz möglichst im ersten Bauabschnitt unterzubringen, um eine möglichst frühzeitige Realisierung sicherzustellen.
Lageplan Ulmer Schanz mit der Ludwigstraße und dem Standort eines provisorischen Spielplatzes (rot markiert) auf dem noch nicht verplanten Gelände der alten Ziegelei (Stand: 2014)

Die Einschätzung der Südwestecke als Grünanlage finde sich in der Mail an die Anwohnerin H. vom 12. Mai 2015. Im städtebaulichen Entwurf mit Planstand vom 20. Juli 2015, also zum Zeitpunkt des Schriftverkehrs, ist laut OB Schneider eine öffentliche Grünfläche dargestellt, allerdings ohne nähere Spezifikation. Sie wäre grundsätzlich als Kinderspielplatz, aber auch als einfache (dann aber üppige) Randeingrünung, denkbar gewesen.

3. Frage:  Warum wurde diese Planung von 2015 aufgegeben?

Antwort: Die Gesamtplanung für die Ziegelei von 2015 sei vor dem Hintergrund einer sich qualitativ wie quantitativ deutlich verändernden Situation in der Wohnraumnachfrage vollständig überarbeitet worden, schreibt die Stadtverwaltung. Die Zahl der Wohneinheiten, der Anteil an Geschosswohnungsbau und daraus resultierend die Leistungsfähigkeit der Erschließung hätten eine vollständige Überarbeitung der Planung weg von einem doppelten Kammsystem zu dem nun präferierten Leitersystem erfordert. Von erheblicher Bedeutung sei in diesem Zusammenhang auch die inzwischen gewonnenen Informationen zur Geologie und die daraus resultierende Erkenntnis gewesen, dass Erdmassen in erheblichem Umfang bewegt werden müssten und deshalb dem Erhalt der vorhandenen Topografie ein weitaus geringeres Gewicht beizumessen gewesen sei als ursprünglich erwartet

4. Frage: Weshalb vertritt die Verwaltung jetzt in diesem Quartier AO die fünfgeschossige Bauweise?

Antwort: Der vom Gemeinderat beschlossene städtebauliche Entwurf vom Juli 2022 stelle im Cluster A0 - im Bereich der Straßenecke Sammelstraße Süd/West - zwei Baukörper mit vier und fünf Geschossen dar. Der Bebauungsplan, der aus diesem Entwurf entwickelt worden sei, setze keine Geschossigkeit, sondern aus Gründen höherer Genauigkeit eine maximale Gebäudehöhe in Meter über Normalhöhennull fest: In diesem Bereich würden im Rahmen des Bodenmanagements erhebliche Geländemodellierungen stattfinden, so die Stadtverwaltung. Die absolute Gebäudehöhe im Cluster A0 liege mit 271,50 Meter im Bereich der Firsthöhe des gegenüber gelegenen Gebäudes Ludwigstraße 1 (271,64 Meter) in der Ulmer Schanz. Aus Sicht der Verwaltung setzt der Bebauungsplan den städtebaulichen Entwurf mit hoher Genauigkeit um.

5. Frage: Kann die Verwaltung verstehen, dass bei solchen Erfahrungen das Vertrauen der betroffenen Bürger und Bürgerinnen in Verwaltung und Gemeinderat deutlich gelitten habe?

Antwort: Unglücklich war wohl, dass der ursprünglich geplante Interimsspielplatz ohne weitere Information gegenüber den Anwohnern nicht gebaut wurde, heißt es in der vom OB unterschriebenen Antwort des Fachamtes. Auf den Bau sei durchaus begründet verzichtet worden, weil die Verwaltung von mehreren Anwohnern das Signal erhalten habe, dass ein Spielplatz an dieser Stelle keine Akzeptanz finde. Allerdings hätte dies gegenüber der ganzen Anwohnerschaft und auch gegenüber dem Gemeinderat kommuniziert werden sollen.

Die städtebauliche Planung für das Gebiet Ziegelhöhe habe sich aufgrund veränderter städtebaulicher Rahmenbedingungen seit 2014 innerhalb von neun Jahren grundlegend verändert. Insbesondere sei aufgrund der zuvor praktisch nicht vorhandenen, inzwischen aber enorm hohen Nachfrage nach Geschosswohnungsbau eine höhere Verdichtung umgesetzt worden. Dass sich in diesem Prozess Nutzungszuordnungen, zumal in untergeordneten Randbereichen, innerhalb des Plangebiets ändern, hält die Verwaltung für eine schiere Selbstverständlichkeit, die einen vorgetragenen Vertrauensverlust nicht rechtfertige. Gerade die Anwohner der Ulmer Schanz bestehen ja – und zwar ausdrücklich zurecht – darauf, dass Änderungen im Planungsprozess möglich sein müssen, solange dieser nicht durch Satzungsbeschluss abgeschlossen ist. Dieser Grundsatz gilt allerdings in allen Fällen und kann nicht selektiv nur dann gelten, wenn unerwünschte Planinhalte geändert werden sollen.

Die Hohle Maulbronner Weg als trennendes Element

Tatsächlich werde die Beschlusslage von 2014 sogar umgesetzt, meint die Verwaltung: Auf der Ziegelhöhe würden in guter fußläufiger Erreichbarkeit aus dem Aischbühl attraktive Kinderspielmöglichkeiten geschaffen – und zwar im ersten Bauabschnitt. Sie entstünden nicht an der Stelle, die als möglicher Standort Kinderspielplatz mit einem Kringel markiert gewesen sei. Allerdings zeige sowohl die Wortwahl als auch die eher ungefähre Flächenabgrenzung, dass es sich dabei – jedenfalls 2014 beim Beschluss über die SV 060/2014 - nicht um eine abschließende Standort-bestimmung gehandelt habe.

Der OB: Bedauerlich ist, dass sich die bauliche Umsetzung des Gebiets und damit auch des Kinderspielplatzes durch den Rückzug des ursprünglichen Eigentümers aus der Projektentwicklung, die Suche nach einem neuen Investor und die umfassenden Planänderungen um einige Jahre verzögert hat. Allerdings sei die Verwaltung der Überzeugung, dass die vorgenommenen planerischen Änderungen geeignet seien, das Gebiet auf eine qualitativ andere Stufe zu heben als die ursprüngliche Planung.

Soweit die Vergangenheitsbewältigung durch die Verwaltung und das Eingeständnis von Versäumnissen. Sie muss daraus aber auch Konsequenzen ziehen und ihre Kommunikationspolitik deutlich verbessern. Der Bedarf an einem Mehr an Kommunikation besteht bei allen Projekten, besonders auch den größeren. Der Mangel zeigt sich auch schon bei der Präsentation der Überlegungen für die neue Stadtmitte bis hin zum Stand der geplanten Kindertagesstätte in Lienzingen.

Im Original zum Herunterladen die Antwort der Verwaltung und weitere Vorlagen. S23-005-60-66_Spielplatz_Ulmer_Schanz_Nichtrealisierung.pdf   Anlage_zu_S23-005-60-66_Anlage_2_zu_Sivola_60-2014.pdf

Anlage_zu_S23-005-60-66_Antwort_Anfrage_S14-070-66-60.pdf  Anlage_zu_S23-005-60-66_Lageplan_Ulmer_Schanz.pdf

Anlage_zu_S23-005-60-66_Schreiben_BM_an_Frau_Hofsaess.pdf

 

 

 

 

 

 

 

 

Trackbacks

Trackback-URL für diesen Eintrag

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

Dorothea und Manfred Roth am :

zu Frage 5:"Kann die Verwaltung verstehen, dass bei solchen Erfahrungen das Vertrauen der betroffenen Bürger und Bürgerinnen in Verwaltung und Gemeinderat deutlich gelitten habe? "
Im zweiten Abschnitt der Antwort schreibt die Verwaltung u.a.:
"Gerade die Anwohner der Ulmer Schanz bestehen ja – und zwar ausdrücklich zurecht – darauf, dass Änderungen im Planungsprozess möglich sein müssen, solange dieser nicht durch Satzungsbeschluss abgeschlossen ist. Dieser Grundsatz gilt allerdings in allen Fällen und kann nicht selektiv nur dann gelten, wenn unerwünschte Planinhalte geändert werden sollen."
Diese Äußerung zeigt das Rechtsverständnis der Verwaltungsspitze und ist an Chuzpe und Zynismus kaum zu überbieten.
Dorothea und Manfred Roth
Antwort

Kommentar schreiben

Kommentare werden erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet!


Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
Standard-Text Smilies wie :-) und ;-) werden zu Bildern konvertiert.