Enkel Walter löst das Rätsel: Mühlacker Firma Friedrich Schuler in den Fünfzigern beim Gastspiel im Lienzinger Hirsch-Saal
Das Rätsel ist gelöst, somit die Frage beantwortet, die ich am Ende meines Textes über das altehrwürdige Lienzinger Gasthaus Hirsch den geneigten Leserinnen und Leser mit auf den Weg gab: Wer kennt wen auf den Fotos?
Schwarz-weiß-Bilder, aufgenommen bei einer Feier in offensichtlich ausgelassener Stimmung im beliebten Hirsch-Saal, der bis zur Einweihung der Gemeindehalle 1967 deren Zweck miterfüllte. Zwar ist dieser Saal längstens für Wohnzwecke umgebaut, doch die Aufnahmen finden sich im Familienbesitz von Hans und Martina Geißler, den jetzigen Eigentümern. Aber auch sie mussten die Antwort schuldig bleiben auf die Frage nach dem Anlass für diese Fotosession in dem beliebten Lienzinger Treffpunkt.
Ein Versuch, Antworten zu finden. Die Fotos hochladen für diesen Beitrag zu meiner Blog-Serie Lienzinger Geschichte(n) in der Hoffnung, dass irgend jemand irgend einen – oder eine – aus der flotten Gesellschaft im Saal kennt. Bei zwei war ich selbst auf der richtigen Spur mit dem Mühlacker Bürgermeister Erich Fuchslocher und Lina Ehrenreich, die bediente.
Hans-Ulrich Wetzel, Verleger des Mühlacker Tagblatts, hatte die Idee, seine Mutter Brigitte zu fragen. Sie schaute die ausgedruckten Aufnahmen an, nannte einige denkbare Namen, rätselte auch noch, doch dann die entscheidende Feststellung, sie sei sich zwar nicht ganz sicher: Aber das kann doch Albert Schuler sein. Schulers? Auf meine Mail meldete sich telefonisch Walter Schuler. Der inzwischen 84-jährige Enkel des Firmengründers Friedrich Schuler lüftete das Geheimnis: Das war eine Betriebsfeier der Firma Schuler.
Zum gemeinsamen Termin brachte Walter Schuler eine Tasche mit Fotoalben mit. Volltreffer! Er kennt den Anlass. Das war damals eine Jubiläumsfeier für unseren Prokuristen Wilhelm Stieß. Von jenem Ereignis besitzt er selbst Fotos, die er in einem kleinen Album dabei hatte und die bestätigten, dass zu den Gästen auch der damalige Mühlacker Bürgermeister Erich Fuchslocher zählte.
Nur das Jahr ließ sich nicht genau ermitteln. Aber zumindest eingrenzen. Fuchslocher war 1951, mit 31 Jahren, zum Mühlacker Bürgermeister gewählt worden. Walter Schuler ordnete die Feier eher in die Zeit vor 1955 ein, so dass sie wohl zwischen 1951 und 1955 stattgefunden hat. Dazu passt die gute Laune der Gäste. Aufbruchstimmung. Wachsender Wohlstand. Die Lust an modischer Kleidung.
Warum gingen die Mühlackerer nach Lienzingen, um ihren aus Eutingen stam- menden Prokuristen zu ehren? Das wollte die Journalistin Caroline Becker (Mühlacker Tagblatt) von Walter Schuler wissen, die uns bei dem Treffen am I-Pad über die Schulter schaute., Hallen seien eben schon früher in Mühlacker knapp gewesen, meinte Schuler mit einem Augenzwinkern.
So gehört der Hirsch-Saal auch ein bisschen zur Geschichte von Mühlacker Firmen. Die 1906 an der Goldshalde in Mühlacker gegründete, unter anderem Metallsägen produzierende Firma Schuler habe mit ihren Beschäftigten gern gefeiert. Die Atmosphäre war prima, beschreibt Walter Schuler die seinerzeitige Betriebskultur des Unternehmens mit 350 Mitarbeitenden in den fünfziger Jahren.
Schuler und Hirsch-Saal. Beide sind Geschichte. Die Stadt Mühlacker kaufte 1993/94 das Firmenareal an der Goldshalde auf, ließ die Fabrikgebäude abbrechen, fand in der Pforzheimer Bau & Grund einen Investor, der auf der Fläche Wohnungen baute (heute Emrichstraße/Ascherstraße), Polizeirevier und Arbeitsamt im Block an der Hindenburgstraße unterbrachte. Inzwischen steht unterhalb der Schillerstraße die vierteilige neue Lindach-Sporthalle.
Als junger Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat von Mühlacker erlebte ich die Kaufverhandlungen mit Schuler, da Oberbürgermeister Gerhard Knapp regelmäßig die Fraktionssprecher zur Ältestenratssitzung bat und dort über den aktuellen Stand informierte – übrigens sehr zum Ärger der übrigen Bürgervertreter, die sich ausgegrenzt und als Stadträte zweiter Klasse fühlten. Für mich als junger Mann ein wichtiges Lehrstück, wie Fraktionen ticken.
Auch privat erinnert sich Walter Schuler an Besuche im Hirsch bei Monsieur Charles, wie man damals den Wirt genannt habe. Hirsch-Wirt Karl Geißler galt als weltläufig.
Zwar gibt es den Saal nicht mehr, aber den Hirsch als beliebtes Lokal.
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