Stadtbau GmbH - gefordert und ausgebremst
Die Stadtbau Mühlacker - nur eine Episode? Nein, sagen über Fraktionsgrenzen im Gemeinderat hinweg CDU, LMU und SPD. Die Stadtbau - das ungeliebte Kind der Stadtverwaltung? Ja, schrieb ich 2015 in diesem Blog. Dabei schrillten schon damals die Alarmglocken. 2010 beklagte die Diakonie, in Mühlacker fehlten 50 Sozialwohnungen. Das Soziale Netzwerk bezifferte fünf Jahre später die seinerzeit aktuelle Lücke auf 100 Sozialwohnungen. Ich erinnere mich noch an das Gespräch im Arbeitskreis "wohnen und leben" des Netzwerkes in den Räumen der GSI an der Lienzinger Straße, zu dem ich als einziger Kommunalpolitiker eingeladen war. Zuvor - 2013/14 - blieben Treffen des Netzwerkes mit Ratsfraktionen ergebnislos - mit der Bebauung der alten Ziegel wird sich die Lage verbessern, versicherte der OB. Damals gab es einen neuen Anlauf.
Nicht so richtig ran wollte die Stadtverwaltung an die Gründung einer städtischen Wohnungsbau-GmbH, mit der die Kommune steuern kann. Dabei gab und gibt es positive Beispiele, wie zum Beispiel im kleineren Oberderdingen. Der von der CDU unterstützte SPD-Antrag, eine Stadtbau Mühlacker zu gründen, fand 2015 eine Mehrheit. Der erste Geschäftsführer trat 2017 seinen Dienst an. Er verlässt zum 1. Januar 2021 das immer noch Ein-Mann-Unternehmen. Ende September 2020 zogen die ersten Mieter in das fertiggestellte erste Projekt der Stadtbau an: ein Gebäude mit acht Wohnungen an der Stuttgarter Straße. Die Nachfrage war groß: Wir hätten die Wohnungen mehrfach vermieten können.
Gemeinsamer Antrag inzwischen modifiziert
Ich hätte mir mehr gewünscht. Doch die Stadtbau wurde gerne mal ausgebremst - und anschließend beklagten sich die gleichen Leute, die Stadtbau tue zu wenig. Selbst auf der städtischen Homepage ist sie weniger als eine Fußnote. Weil immer wieder Teile des Gemeinderats und der Verwaltung, wenn auch vorsichtig, den Fortbestand der GmbH in Frage stellten, wollten CDU, LMU und SPD ein klares Bekenntnis des Gemeinderats durch einen gemeinsamen Antrag, der seit Anfang Oktober 2020 vorliegt, sich aber mit der Kündigung des hauptamtlichen Geschäftsführers (der Baubürgermeister ist nebenamtlich in der Geschäftsführung) überschnitt, weshalb er nun modifiziert heute beim OB eingereicht wurde.
Das Problem der ersten drei Jahre dieser Gesellschaft.
CDU, LMU und SPD beantragten heute nun, die Stelle wieder zu besetzen, aber zuvor klare Aufgaben durch Gemeinderat und Aufsichtsrat festzulegen. „Wir erarbeiteten deshalb in den vergangenen Tagen einen Antrag, der die jüngste Entwicklung aufnimmt und Positionen weiter präzisiert“, erklärten die Vorsitzenden der drei Fraktionen. Wichtig sei ihnen gewesen, über den Tellerrand zu schauen und Erfahrungen anderer Kommunen einzubeziehen.
Gespräch mit dem Chef der Arlinger Wohnbau
Dem diente ein Gespräch mit Carsten von Zepelin, dem Vorstandsvorsitzenden der Baugenossenschaft Arlinger und langjährigen Stadtrat, in Pforzheim mit Vertretern der drei Fraktionen am Montagabend. Er beleuchtete die Lage der genossenschaftlichen und kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, ihre Geschichte in Pforzheim und riet, ein solch junges Unternehmen wie die Stadtbau GmbH Mühlacker nicht zu überfrachten. Es brauche Zeit, seine Aufgaben zu entwickeln und riet zu einem Stufenplan bei der Aufgaben-Übertragung durch die Stadt, die durch die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum besonders gefordert sei. Die Kommune müsse ihre Tochtergesellschaft aber auch so personell ausstatten, dass sie arbeitsfähig ist.
Die Vertreter der Fraktionen fühlten sich, wie es in einer gemeinsamen Pressemitteilung heißt, in ihrer Position bestätigt. Sie rechnen damit, dass sich durch Corona der Mangel an günstigem Wohnraum in Mühlacker noch verschärfen wird. Die notwendige weitere Weichenstellung für die Stadtbau sollen Gemeinderat und Aufsichtsrat zügig vornehmen, unterstrichen die Fraktionssprecher. Wir bekennen uns, auch nach der jüngsten personellen Veränderung, klar zur eigenen Stadtbau, heißt es in dem Papier weiter. Dem soll sich der Gemeinderat anschließen, der über den Antrag entscheiden wird.
Für aktive kommunale Wohnungsbau- und Grundstückspolitik
Ihr Ziel formulieren die Antragsteller in der Präambel des Antrags, den wir Fraktionsvorsitzenden - Klemens Köberle ((LMU), Jürgen Metzger (SPD) und ich für die CDU - unterschrieben und in der es heißt: Die Stadt Mühlacker muss sich zu einer aktiven kommunalen Wohnungsbau- und Grundstückspolitik bekennen. Ein Baustein dafür ist die Stadtbau Mühlacker GmbH als kommunales Instrument vor allem zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Als beispielgebend sieht der Gemeinderat an das erste von der Stadtbau umgesetzte Projekt Stuttgarter Straße 53-55 mit acht Wohnungen und einer weitaus höheren Nachfrage nach einzelnen, unterschiedlich großen Wohnprojekten. Weitere Bauvorhaben oder Sanierungen könnten in dieser Art und Weise verwirklicht werden.
Der Stadtbau obliegen – so soll es der Gemeinderat durch Beschluss festzurren - im Rahmen eines zeitlich festzulegenden Stufenplanes vorrangig folgende Arbeitsfelder und sie wird dafür entsprechend personell ausgestattet.
Die Eckpunkte:
- Die städtischen Wohnungen gehen, eventuell in Tranchen, in das Eigentum der Stadtbau über und werden von ihr bewirtschaftetDer Gemeinderat beschließt, welche städtischen Grundstücke als Sacheinlagen der Stadtbau überlassen werden
- Sie schafft bezahlbaren Wohnraum, übernimmt Leerstände und verhindert so, dass sich der Zustand solcher Gebäude immer weiter verschlechtert
- Sie darf auch als Bauträger tätig werden (siehe – noch nichts rechtskräftiges - Urteil Verwaltungsgericht Stuttgart).
Weitere Aufgaben könnten nach den Vorstellungen der Fraktionen sein Zwischenvermietungen für Wohnungen nach dem Karlsruher Modell sowie die Mobilisierung von Baulücken und Leerständen – all dies könnte die Stadtverwaltung entlasten. Stadtverwaltung und Stadtbau sollen beauftragt werden, dies zu prüfen. Mittelfristig soll die Stadtbau mit dem Gebäudemanagement für städtische Gebäude wie Schulen, Kindergärten und Hallen beauftragt werden. Dazu werde sie von der Stadt ein zu bewirtschaftendes Budget erhalten.
Die Stadtbau soll personell auf eigenen Füßen stehen und nicht von der Verwaltung im Rathaus diesbezüglich abhängig sein. Der Geschäftsführer soll Vorhaben nicht nur einfädeln dürfen, sondern den Handlungsspielraum und die Handlungsfreiheit erhalten, sie auch umzusetzen. Auf der Basis dieses Stufenplanes wird die Stelle des Geschäftsführers ausgeschrieben, steht abschließend in dem Papier.
Dass drei Fraktionen gemeinsam für ein Ziel streiten, das alle drei verfolgen, spricht für die Mühlacker Kommunalpolitik. Wir hoffen auf weitere Mitstreiter im Rat und setze auch auf den OB.
In die richtige Richtung denken
Hier passt ein offenes und auch persönliches Wort des bisheigen Geschäftsführers: Der Schritt fiel mir nicht leicht, da ich sehr wohl meine Aufgabe in diesem Betätigungsbereich sah und sehe und eine „funktionierende“ Stadtbau mehr als notwendig ist bei der derzeitigen Lage. Heute notwendiger denn je. Corona wird sein Übriges tun diese Lage noch prekärer zu machen. Es ist daher eine, aus meiner Sicht, unabwendbare Aufgabe Wohnraum zu schaffen und zur Verfügung zu stellen, Verantwortung zu übernehmen und zu tragen. Ich hoffe und wünsche mir, dass die Stadtbau dieser Aufgabe langfristig gerecht werden kann und vielleicht meine Kündigung weitreichend dazu anregt in die richtige Richtung zu denken – auch für einen Nachfolger, der dann mit mehr Sicherheit und Perspektive sein Amt antreten kann.
Wäre ich 10-15 Jahre jünger, hätte ich sicherlich das, momentan leider bestehende Risiko und die latente Unsicherheit, nicht gescheut. In meiner Situation (55Jahre) ist es allerdings ein hohes und unkalkulierbares Risiko wenn man mit der Unsicherheit lebt, ob es denn gewollt ist, dass es weiter geht.
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