Vier minus vier gleich null

Lienzingen: "Pferchäcker" schließen sich ans Wohngebiet "Vordere Raith" an
Der Abstand zwischen zwei Einwohnerversammlungen der Stadt Mühlacker in Lienzingen als neue Maßeinheit im Mühlacke Rathaus? Das sind vier Jahre, denn die vorletzte fand im Frühjahr 2015 statt, die letzte vier Jahre später, also erst vor kurzem. Die Maßeinheit: 4 - 4 = 0 steht dafür, dass 2015 der gleiche Vorentwurf für ein neues Wohngebiet "Pferchäcker" den Besuchern präsentiert wurde wie 2019. Dessen Anfänge liegen so weit zurück, dass der Planungsamtsleiter diesmal auf die Frage nach der Zahl der Bauplätze passen musste (39 wären es, bitteschön). Gleichzeitig beharrten er und der Baubürgermeister darauf, die Anbindung des Gebietes werde ausschließlich über die Raithstraße erfolgen - eine Aussage, die verständlicherweise nicht gerade Freude bei den  Anwohnern der Raithstraße auslöste. Beide Verwaltungsobere haben inzwischen wohl vergessen, was der Gemeinderat beim  städtebaulichen Entwurf im Dezember 2016 beschlossen hatte:  Der Vorentwurf bindet das neu zu erschließende Gebiet an das vorhandene Baugebiet Raithstraße an, und verlängert es bis zum nordwestlichen Gebietsende, um es dann in einer 180°-Kurve an die Zaisersweiherstraße anzuschließen. Die Anbindung erfolgt somit sowohl aus der Ortsmitte von Süden als auch vom nördlichen Ortseingang.

Das sind die Folgen, wenn sich bei einem Projekt so wenig tut. Wenn es liegen bleibt, unterm Aktenstoß schlummert. Im September 2017 bloggte ich: Zweieinhalb Jahre und kein Schritt weiter.  Und im Oktober 2016: "Pferchäcker" warten. Vor der Sommerpause 2018 vergab der Gemeinderat den Auftrag zur Erschließungsträgerschaft an Weber Ingenieure in Pforzheim. So als sei die Stadtverwaltung nach diesem "Kraftakt" erschöpft, tat sich einige Monate wieder nichts.

Bis jetzt. Mit dem geplanten neuen Lienzinger Wohngebiet „Pferchäcker“ gehe es offenbar voran, nachdem bisher seit den ersten Beschlüssen des Gemeinderates 2016 die Stadtverwaltung zu viel Zeit habe ungenutzt verstreichen lassen, sagte ich am Montagabend vor Ort bei einer Begehung mit Bürgern sowie den Gemeinderats- und Kreistagskandidaten der CDU.

Demnach, so meine neueste Info aus dem Rathaus,  fand in der Woche zuvor ein Abstimmungsgespräch der Stadt mit dem Erschließungsträger statt. Dabei ist demnach unter anderem über die Einwurfs- und Zuteilungswerte für die Flächen in dem 2,2 Hektar großen Gebiet gesprochen, ebenso sind die Anregungen aus der Einwohnerversammlung im März diskutiert worden. Ziel sei es, so die Kunde der Verwaltung, Anfang/Mitte Mai eine Eigentümerversammlung stattfinden zu lassen und die Bereitschaft zur Mitwirkung abzufragen. Des Weiteren werde bei dieser Versammlung die bisherige Planung vorgestellt. Um das Gebiet realisieren zu können, müssen aber alle Eigentümer mitmachen.

Na, dann hoffen wir mal auf spürbare Fortschritte, denn Nachfrage nach Bauland in Lienzingen besteht unverändert. Die "Pferchäcker" sind kein Einzelfall in Mühlacker. Das "Bauerngewand" in Mühlhausen zieht sich hin, in Enzberg - südlich der Hartfeldschule - stockt alles, weil Gespräche wegen der Erschließung offenbar im Rathaus nicht oben auf der Dringlichkeitsliste stehen. Und die aufgelassene Ziegelei? Das große Wohnbauprojekt kommt seit Jahren nicht aus den Startlöchern, wird erschwert, ob sich die Aussiedlung der Spedition Craiss planerisch und für das Unternehmen wirtschaftlich darstellen lässt.

Lokaltermin an den "Pferchäckern"

Tübingens OB Boris Palmer sagte diese Woche in der ZDF-Sendung Markus Lanz, zwischen den ersten Plänen und dem realen Bau der ersten Häuser vergingen ob der Last von Gesetzen und Vorschriften, die es zu beachten gelte, fünf Jahre. Nein! will man widersprechen. Nicht allerorten!  Wiernsheim: Bürgermeister Karlheinz Oehler betont, zwischen Aufstellungsbeschluss durch den Gemeinderat und den Beginn der Erschließungsarbeiten vergingen ein bis eineinhalb Jahre. Die Kommune bediene sich seit Jahren des Erschließungsträgers Steg. Mache ein Grundstückseigentümer nicht mit, versuche man, die Planung so anzupassen, dass sich dies nicht als Bremse auswirke. Die Kommune kaufe im Umlegungsverfahren bis zu 85 Prozent der Fläche auf.

Als jetzt wegen des Mangels an bezahlbarem Wohnraum deutschlandweit die Enteignung von Wohnungskonzernen gefordert wurde, schalte als Gegenparole "Bauen! Bauen! Bauen!" durchs Land. "Mehr Bauland bereitstellen: Expertenkommission bringt Maßnahmen auf den Weg" hieß eine Überschrift in Heft 03/2018 von "DV aktuell" des Deutschen Verbands für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V. Christian Huttenloher, Generalsekretär des Deutschen Verbandes, erinnert daran: Bis 2021 will die Bundesregierung erreichen, dass insgesamt 1,5 Millionen neue Wohnungen gebaut werden. (...) Um das Baulandangebot zu erweitern und vor allem bezahlbaren Wohnungsneubau zu ermöglichen, müssen (...) die Verfahren der Baulandentwicklung beschleunigt und vereinfacht werden, damit schneller mehr Bauland entwickelt und verfügbar gemacht werden kann. Hier sind in erster Linie die Kommunen gefragt, z. B. durch integriertes, ämterübergreifendes Verfahrensmanagement, den Ausbau von Planungskapazitäten und eine Optimierung der Beteiligungsverfahren.

Manchmal fehlt es einfach auch am Doing. So kann die kommunale Selbstverwaltung als Aufgabenlöser auch  in Misskredit  gebracht werden.  Siehe Maßeinheit: vier minus vier gleich null. "Pferchäcker" typisch Mühlacker Verwaltung? Hoffen wir es mal nicht und denken einfach an ThyssenKrupp. Wunder gibt es immer wieder.

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