Übermannshohe schwarze Kugel aus gefilzter Merinowolle rollt durch Lienzingen

Leverkusen, Hongkong, Rotterdam, Liverpool, Nairobi, Lienzingen – all diesen Orten ist eines gemeinsam: Schauplatz (gewesen) zu sein von Projekten der in den Niederlanden lebenden und in Karlsruhe geborenen Künstlerin Yvonne Dröge Wendel. 1994 gewann sie für Black Ball   den zweiten Preis des Prix de Rome im Bereich Bildende Kunst. Ihr Schwarzer Ball rollt nun im Rahmen der Pforzheimer Ornamenta 2024 durch die Region Nordschwarzwald mit dem Haltepunkt Lienzingen Mitte August. Einen Vorgeschmack gab es jetzt beim Treffen von Herzenssache Lienzingen.

Der schwarze Ball wird im August durch Lienzingen rollen

Einen ganz Tag im 2100-Einwohner-Dorf. Freie Bahn für den Ball. 

Dreieinhalb Meter groß, handgefilzt, ein Objekt ohne Eigenschaften, wie Monika Heinzmann im kleinen Saal der Gemeindehalle sagte. Die Route solle noch Raum lassen für Spontanität, Interaktion und Dynamik. Durch die Bewegung im öffentlichen Raum verbinde der monumentale Ball Menschen und Orte auf ungewohnte Weise miteinander.  Einige rollen ihn, unter großem Gelächter, durch die Straßen. Andere legen sich unter den Ball und lassen sich überrollen, eigentümlicherweise vor allem Männer im Anzug.

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Auch Dorf kann Kultur - Lienzingen mit einem der wenigen Männerchöre in der Region

Er ist einer der Positivposten in unserem Dorf. Eine Rarität auch im regionalen Kulturleben. Denn der MGV Freundschaft Lienzingen gilt als einer der wenigen reinen Männerchöre in der Gegend. Der Chor setzt sich derzeit aus etwa 20 Sängern aus Lienzingen und Umgebung zusammen. Auf seiner Webseite listet der MGV sein Repertoire auf: von der traditionellen Literatur bis hin zur modernen internationalen Chormusik. Damit bestreitet er das Jahr über klassische Konzerte, Weihnachtssingen, Serenaden-Konzerte, als auch lockere musikalische Veranstaltungen. Gut vorbereitet und organisiert, Gags bei den Auftritten, Überraschendes und Neues, ein buntes Repertoire.

MGV in der Frauenkirche: weißes Hemd, rote Hosentäger und Strohhüte extra zu den vier Barbershop-Songs aus dem Süden der USA.

Heute bewies der Chor erneut, dass er für eine Laiengruppe viel draufhat. Die Menschen warteten offenbar auf ein neues Highlight, fieberten ihm entgegen. Gut ist, was gefällt. So wie mir geht es auch anderen.

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Fertig im Unfertigen: Das Erbe des James de Kerjégu und der Bankierstochter aus Karlsruhe

Künstlerin von Trévarez im Jahr 2022:  Raija Jokinen  aus Finnland. Sie arbeitet mit Ästen, Blättern, Wurzeln und Naturfasern. Die Finnin stellt mit viel Feingefühl Skulpturen her, teils durchlässige, sehr filigrane, einzigartige Körper. Dabei geht es ihr immer um den Bezug von Mensch und Natur, wird sie im ARTE Journal zitiert.

Einband an Einband: Büchersammlung in der Schlossbibliothek

Trévarezrez ist ein besonderer  Ort in der Bretagne. Ein Ort, der auch beim wiederholten Besuch trotz  eines schon vertrauten  räumlichen und baulichen festen Rahmens immer Neues bietet, deshalb immer aufs Neue begeistern kann.

Die Ostfassade des Schlosses (Fotos: Günter Bächle, 2022)

Als da sind:

  • Der Park verwandelt sich, je nach Jahreszeit (für die Kamelienblüte kamen wir diesmal wieder zu spät). Ihre Blütezeiten folgen aufeinander: die Kamelien von November bis April, die Rhododendren im April und Mai (Nationalsammlung), Hortensien und Fuchsien im Sommer. 
  • Noch vorhandene Kriegsschäden im Schloss wie im sogenannten Großen Saal werden – zu meiner Überraschung beim dritten Besuch dieses Jahres - wohl dauerhaft bleiben, konserviert,  ein daneben positioniertes  vergrößertes Originalfoto zeigt dem Betrachter, wie just dieser Bereich aussah, als er noch heil war.  Motto: fertig im Unfertigen. 
  • Die Künstler wechseln jährlich, positionieren ihre Werke konzentriert im Marstall, aber auch  an anderen Stellen auf dem sonstigen Areal.
  • Ein Geschichts-, Kultur- und Naturquarier. 
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Sammeln, stapeln, staunen! Persönliche Hitparade der Karten und Briefe zum Fest

VHS Mühlacker: Köpfe lassen grüßen (Repros: G. Bächle)

Die gesamte Weihnachtspost zu lesen und anzuschauen, gehört sich allein schon aus Respekt vor denen, die an einen denken, Motive heraussuchen, texten und diese Zeitdokumente auf den Weg zum Adressaten bringen – entweder herkömmlich per Briefträger oder befördert auf elektronischem Weg. Design und Inhalt sind häufig zu interessant, um das gedruckte oder digitale Produkt kurzerhand zu entsorgen. Mein System: Sammeln, stapeln, staunen! Mal früher, mal später, doch spätestens um den Dreikönigstag. Diesmal bin ich früher dran. Wie schon 2020 hier ein Jahreskehraus 2021 mit den besten Stücken. Geschichten, die hinter und in Karten stecken.

Weihnachtsgrüße von der Grundschule Großglattbach
Schriller Weihnachtsmann: Kindergarten Schneckenhaus für die Stadtwerke Mühlacker

Hier die Top 6 der schönsten Weihnachtskarten und -briefe, die eintrafen. Und ein paar Extra-Prachtstücke. Sie alle faszinierten mich besonders, teilweise auch ihrer lokalen Note wegen.

Meine Hitliste:

Top 1:

Von Mädchen und Jungen der Grundschule Großglattbach, ganz in Rot, mit einem kleinen Wolle-Nestchen und vier Sternchen drauf, liebevoll gestaltet. Liebevoll auch der Wunsch an die Empfänger: Ein wunderschönes Weihnachtsfest und ein gutes Jahr 2022, voller Gesundheit, glücklicher Augenblicke, Zufriedenheit und guter Laune.

Top 2:

Ebenfalls mit heiterer Note der rothaarige Weihnachtsmann - Haare, die ihm steil zu Berge stehen. Ein Glückwunschbringer, der elektrisiert. Eine besonders ungewöhnliche Weihnachts- und Neujahrskarte, verschickt von den Stadtwerken Mühlacker (SWM). Übrigens: Die originelle Idee entwickelten Kinder aus Lienzingen vom städtischen Kindergarten Schneckenhaus an der Ringstraße. Dass sich der kommunale Entsorger dafür entschied, diesen bunten Schneemann mit ungewöhnlicher Aufgabe zu seinem Festtagsboten zu machen, spricht für die Stadtwerke – wiewohl ich als Lienzinger zugegebenermaßen in diesem Punkt befangen sind.

Top 3:

Mit Köpfchen gestaltet die Galerie der Köpfe der Volkshochschule Mühlacker. Alle, die dafür sorgen, dass es rund läuft mit Veranstaltungen, Seminaren und Theater zum Wohle ihrer Kunden (und in Corona-Zeiten auch von Menschen, die sich impfen lassen). Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll. Mit diesen Goethe-Worten grüßen Nicole Bessler, Dr. Martina Terp-Schunter, Corinna Mondon, Diana Schmitt, Thomas Bott, Petra Schmidt, Andrea Schutte, Christiane Langthaler und Majke Scheible (von oben links).

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Online und live: Quer durch den Enzkreis und die Zeitepochen - Zwei Stunden mit Jeff Klotz auf digitaler Tour

Fotoschau: Jeff Klotz mit einem Foto der Liebfrauenkirche in Lienzingen

Und immer wieder Lienzingen bei der heutigen virtuellen Denkmalfahrt kreuz und quer durch die Zeitepochen und den Enzkreis. Online und live mit dem Publikum auf Reise. Da ist die hübsche Geschichte vom Ablass der Sünden für alle, die im August zu jener, der Gottesmutter Maria geweihten wunderbaren Liebfrauenkirche in Lienzingen pilgerten, eine von den Mönchen des Klosters Maulbronn errichtete Wallfahrtskirche. Wenn heutzutage das Stadtmarketing so etwas anzubieten hätte – Erfolg wäre ihm garantiert. Außergewöhnlich auch die zu den bundesweit 100 schönsten Kirchenburgen zählende Anlage rund um die Lienzinger Dorfkirche mit ihren Gaden, der Brücke und den hohen Mauern. Einmalig gut der  Zustand des mittelalterlichen Ortskerns. Bauteile original aus dem 15. Jahrhundert schmücken einzelne Gebäude. Bei der digitalen Tour wird der Nachtwächter, Restaurant und Hotel in der Knittlinger Straße, zum quasi rhetorischen Haltepunkt. Für den realen Fahrtenleitet vor der Kamera im Bauschlotter Schloss steht fest: Lienzingen ist das schönste Fachwerkdorf im Enzkreis und eine Sensation. Er schreibt gerade an einem Ortsführer über diese Perle des Unterlandes.

Er, das ist Jeff Klotz, mit dem heute 140 Zuschauer auf eine virtuelle Denkmalfahrt gingen.

Virtuelle Denkmalfahrt druch den Enzkreis.mp4 from Jeff Klotz on Vimeo.

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Liebfrauenkirche in Lienzingen - herausragendes Beispiel für die Bedeutung der Wallfahrt im Nordschwarzwald

Frauenkirche Lienzingen (alle Fotos: Günter Bächle)

Am südlichen Ortsrand von Lienzingen steht in erhöhter Lage eine ehemalige Wallfahrtskirche, die seit dem späten 15. Jahrhundert existiert und der Ausdruck der spätmittelalterlichen Marienverehrung im Raum Pforzheim ist. Die ältesten Bauteile befinden sich im westlichen Bereich des Langhauses. Dieses wurde dem Stil des Westportals nach zu urteilen, möglicherweise bereits im Zeitraum von 1400 bis 1420 errichtet. Johann Riescher von Ladenburg, der von 1476 bis 1482 Abt des Klosters Maulbronn war, ließ die Kirche ausbauen, sodass sie ihre heutige Gestalt erhielt. Zunächst wurde von 1476 bis 1478 das Langhaus nach Osten erweitert. Offenbar bildete diese Osterweiterung des Langhauses zunächst auch den Abschluss der Kirche, sodass die Ostwand des Langhauses nun zugleich als Chorbereich genutzt wurde.

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Bei Lienzingen schwärmt der Prinz: An diesen Dörfern kann und darf man eine herzliche Freude haben

Lienzingen in Büchern - mein kleiner Streifzug durch die Jahrzehnte

Lienzingen in Büchern – ein kleiner Streifzug. Einige sind nur noch in Antiquariaten aufzuspüren. Zum Beispiel das, das einen Lienzinger schlechthin begeistern muss. Schöne Dörfer gibt es in Württemberg sehr viele: Lienzingen ist eine Perle unter ihnen. Dieser Satz findet sich im Abschnitt „Ein Dorf“ des von Franz Prinz zu Sayn-Wittgenstein verfassten Buches „Am Neckar und am Rhein“, erschienen 1975 im Prestel Verlag in München. Wie schön gegliedert steht das mit Ochsenblut gestrichene Fachwerk in hellgetünchtem Füllwerk, versehen mit allerlei geschnitztem Zierrat. Vor den Fenstern leuchten Geranien und Petunien. Der Prinz jubelt weiter, das Verhältnis zwischen dörflicher Niederlassung und Landschaft sei noch ganz ungestört, in vollkommener Ordnung und im schönsten Wechselspiel zwischen Natur und menschlichem Werk. Was Lienzingen zu einem so schönen und angenehmen Ort mache, sei nicht entstanden am Reißbrett der Architekten, sondern aus einem heute fast verschwundenen, unbewussten Gefühl für das Maß, für das Richtige (S. 350 f).

Wer mehr wissen will über unseren Ort und seine Geschichte der Sprung ins Heute und Hier: Standardwerk zu Lienzingen ist das Ortsbuch, erschienenen im Jahr 2016 zum 1250-Jahr-Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung des Dorfes im Verlag Regionalkultur, herausgegebenen von dem Historiker Professor Dr. Konrad Dussel unter dem Titel „Altes Haufendorf, moderne Gemeinde“ (ISBN: 978-3-89735-962-8, fester Einband, 304 Seiten mit 219 farbigen Abbildungen, Preis 19,90 Euro). Gleichzeitig ist das Werk Band 8 der Beiträge zur Geschichte der Stadt Mühlacker, verantwortet vom Stadtarchiv Mühlacker. Die breite Palette an wirtschaftlichen, politischen und sozialen Faktoren, die das Leben der Dorfbevölkerung an dem wichtigen Fernstraßenplatz Lienzingen im Lauf der Jahrhunderte ausmachten, wird hier aufgefächert. Dabei kommen die Besonderheiten der beiden Kirchen, Lienzingens Eigenschaft als Etterdorf und eine „Blutegelzuchtanlage“ ebenso zur Sprache wie die Brauerei Schneider, die verlorene Unabhängigkeit und das Vereinsleben. Ein buntes Bild im wahrsten Sinne des Wortes bietet dieses Werk, ist es doch erstmals durchgehend farbig illustriert und gewohnt unterhaltsam, aber wissenschaftlich fundiert geschrieben.

Sozusagen das Vorgängerwerk, gleichzeitig erstes Heimatbuch von Lienzingen, war die 1970 im Auftrag der damals noch selbstständigen Gemeinde gedruckte Arbeit des pensionierten Oberschulrats Friedrich Wißmann aus Mühlacker. Der rote Einband ist quasi Erkennungsmerkmal des 367 Seiten starken Buches. Der seinerzeitige Bürgermeister Richard Allmendinger beleuchtete darin die Nachkriegsgeschichte des Ortes, der bei seinem Amtsantritt 1947 knapp tausend Einwohner zählte und bei der Eingemeindung 1975 fast 1800. Der Gemeinderat der damals selbstständigen Kommune Lienzingen unterstützte bei einer Sitzung im Februar 1970, dass Wißmann das sehr umfangreiche Manuskript um 100 Seiten gekürzt habe, um die Kosten zu begrenzen. Die Auflage wurde auf 500 Exemplare festgelegt und Angebote von Verlagen eingeholt (STAM, Li B 328, S. 6). Das Ortsbuch aus dem Verlag Walter in Ludwigsburg kann ausgeliehen werden in der Stadtbibliothek, gibt es hin und da aber auch im Antiquariat. Verlangt werden bis zu 60 Euro. Einfach Googeln!

Speziell Lienzingens Markenzeichen als Fachwerkdorf brachte dem Stadtteil eine großartige Darstellung im Buch „Fachwerk im Enzkreis“ von Jeff Klotz. Gleich auf der inneren Aufschlagseite findet sich eine hübsche Aufnahme des bekannten und beliebten Motivs aus Peterskirche, Brücke und altem Schulhaus (jetzt Café Kirchenburg). Es ist Teil einer kleinen Auswahl bedeutender Fachwerkbauten im Enzkreis - ein Bildband, mit zwei Kapiteln über das Etterdorf, das vorgestellt wird mit einer besonders wichtigen Information: Lienzingen sei das Rothenburg an der Enz, es gehöre zu den malerischsten Fachwerkdörfern im Südwesten. Erschienen im Verlag J. S. Klotz, herausgegeben vom Enzkreis, ISBN 978-3-948424-67-1, fester Einband mit Fadenheftung, 143 Seiten, 40 Abbildungen, Preis 29,90 Euro.

Fachwerkdörfer im Unterland titelte der Pfarrer und Schriftsteller Rudolf Schlauch in seinem 1966 bei Glock und Lutz in Nürnberg erschienenen Buch „Württembergisches Unterland“ über das Kapitel auf den Seiten 184 bis 187. In seiner dörflichen Bauüberlieferung und der Fachwerkpracht seiner alten Häuser sei Lienzingen beispielhaft für das Unterland. An diesen Dörfern könne und dürfe man eine herzliche Freude haben. Das ganze Dorf stelle eine Art Freilichtmuseum des Fachwerkdorfs dar, schwärmt Schlauch in dem 433-seitigen Band von Lienzingen.

Auf fünf Seiten stehen An- und Bemerkungen zu Lienzingen im „Kunstbrevier Neckarschwaben“ des habilitierten Kunsthistorikers Adolf Schahl (Verlag Adolf Bonz & Co, Stuttgart, 1966, 324 Seiten). Unter den Dörfern des Landkreises Vaihingen genieße Lienzingen einen dreifachen Ruhm: ob seiner Fachwerkhäuser, seiner Wehrkirche und der Frauenkirche im Feld außerhalb des Orts. Das Dorf erlebe man am besten, wenn man kreuz und quer durch seine Gassen gehe, rät der Verfasser.  Auf seiner Liste der Meisterwerke, im Anhang des handlichen Buches, stehen Frauenkirche und Fachwerkbauten (Seiten 296 ff).

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