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Von der Kohlplatte bis zum Hamberg – Lienzingen, seine Gruben und der Beginn der Müllabfuhr 1967 - Immer Ärger mit den Behörden - Quälende Suche nach Alternativen

Die Lienzinger taten sich schwer, mussten auf Fallstricke achten - bei der langwierigen Suche nach einer Antwort auf die immer drängender werdende Frage: Wohin mit dem Hausmüll?  Denn mehr als zehn Jahre lang beschäftigte das ihren Gemeinderat. Letztlich nahm ihm ein Zweckverband der Kommunen, dann der Enzkreis die Aufgabe ab. Aber zunächst war jede Gemeinde und jede Stadt bis 1972 für sich selbst verantwortlich. Ein Problem, das in den ersten Nachkriegsjahren noch keines war. Umweltschutz, das war vor allem auf dem Land noch ein Fremdwort. Zumindest auf dem Dorf regelte sich zunächst alles von allein. Müll landete auf dem Misthaufen, im Ofen oder auf dem Kompost.

Heute Waldstück, bis Mitte der sechziger Jahre eine offene Müllgrube der Gemeinde Lienzingen an der B35: die Kohlplatte. (Foto: G. Bächle)

So gab es 1949 in dem damals 940 Einwohner zählenden Dorf 145 landwirtschaftliche Betriebe, elf Jahre später noch 101, im Jahr 1971 immerhin 49. Abfälle, die sich nicht kompostieren oder verbrennen ließen, gab es nur wenige und was doch anfiel, wurde in einer Müllgrube deponiert, schreibt der Historiker Konrad Dussel in dem, 2016 erschienenen Ortsbuch von Lienzingen (S. 202). Heutzutage wird sortiert auf Teufel komm raus, getrennt, verwertet - und trotzdem produzierte 2021 jeder Einwohner des Enzkreises durchschnittlich 130,9 Kilogramm Restmüll (aus: Abfallbilanz des Landes)

So ähnlich sah es in der Kohlplatte aus. Aufnahme einer illegalen Müllhalde. (Foto: ZDF)

Das Thema nahmen die Kommunen in den ersten Jahren nach Kriegsende nicht sonderlich ernst. Doch das Landratsamt Vaihingen an der Enz regte schon 1956 eine staubfreie Müllabfuhr an. Landrat Dr. Friedrich Kuhnle schrieb am 1. Februar 1956 an die Bürgermeisterämter im Landkreis, geplant sei die Gründung eines Zweckverbandes. Ein Anschluss werde wohl nur für größere Gemeinden und für Kommunen, in denen die Landwirtschaft nur eine untergeordnete Bedeutung habe, in Betracht kommen. Dem vorausgegangen war eine Dienstbesprechung mit den Rathauschefs am 19. Januar 1956.

Lienzinger Geschichte(n) heute zu einem leicht anrüchigen Thema: Müll. In Deutschland gilt es als nahezu selbstverständlich, dass Abfälle gesammelt und entsorgt werden. Diese Selbstverständlichkeit steht aber am Ende eines langen Entwicklungsprozesses der Abfallwirtschaft, der Abfalltechnik und des Abfallrechts in Deutschland, heißt es beim Umweltbundesamt. Lienzingen, das Dorf, eignet sich als Musterfall für das Stück: Von den Müllkippen bis zu den Deponien oder Von der Beseitigung zum Kreislauf. Ratsprotokolle und Akten der früher selbstständigen Gemeinde Lienzingen sind durchaus ergiebig. Der neue Beitrag zu meiner digitalen Serie.

 

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Sie blieben der Traum des Lienzinger Schultes: Industriegebiet und Flurbereinigung

Im hinteren Brühl 1960 gebaut: Lienzinger Werk des Mühlacker Unternehmens Geissel, Präzisionsdrehteile, Fertigungshalle in der Brühlstraße. Da standen noch keine Wohnhäuser gegenüber (STAM, 07-148 [1960] Li Smlg Fa Geissel).

Immer wieder unternahm der Bürgermeister neue Anläufe, um steuerzahlendes Gewerbe ins Dorf zu holen. So klammerte er sich an jeden Strohhalm. Das zeigte sich in der Sitzung am 9. November 1951. Da informierte Allmendinger den Gemeinderat über einen Vorstoß das Landesplanungsamtes via Landratsamt Vaihingen. Der westlich von Stuttgart liegende Landkreis Vaihingen solle Gelände fürs Wohnen, aber auch fürs Arbeiten suchen. Diese Behörde des damaligen Landes Württemberg-Baden bot an, Möglichkeiten mit den einzelnen Kommunen zu sondieren und sie in puncto Erschließung zu beraten. Lienzingen erhoffte sich davon wertvolle, für die Kommune förderliche Maßnahmen. Denn der Schultes verwies auf die Schwierigkeiten bei der Standortsuche, aber auch bei der Planung insbesondere eines Industriegebietes, das Ortsbild nicht zu stören. Geprägt werde dieses Ortsbild von  der unter Denkmalschutz stehenden Frauenkirche und durch gleichermaßen geschützte alte Fachwerkhäuser, die ein Ensemble bilden. Hier eine Lösung zu finden, sei nicht einfach (STAM Li B 324, S. 103).


Lienzinger Geschichte(n), aus der  Zeit, als das Dorf noch selbstständig war (und auch mal daüber hinaus). Heute über eine Kommune, die auf ansiedlungswillige Betriebe setzte. Ein Schultes, der um die Konflikte mit dem historischen Ortsbild wusste. Und die Landwirtschschaft? Sie wollten partout keine Flurbereinigung. Und dann bringt sie ein bayerischer Käfer um mehrere Hektar. In Protokollen des Gemeinderats von Lienzingen geblättert. Fortsetzungsgeschichten.


Bei einer Ortsbesichtigung legten Vertreter des Landesplanungsamtes ihre Ideen für eine Industrieansiedlung vor. Am 4. August 1952 informierte darüber der Schultes in der Ratssitzung die acht Bürgervertreter. Der  Inhalt der Vorschläge wird in der achtzeiligen Protokollnotiz nicht  erwähnt. Sie endet mit dem lapidaren Satz: Diese Vorschläge fanden allerdings nicht die

Das wusste der Lienzinger Bürgermeister Richard Allmendinger genau: Das Ortsbild - unter anderem mit der Frauenkirche - darf durch ein Industriegebiet nicht gestört werden. Das erschwerte die Suche nach einem Standort.

Zustimmmung des Gemeinderates (STAM, Li B 324, S. 130). In den Gemeindeakten findet sich ein Schreiben des Landratsamtes Vaihingen an das Bürgermeisteramt Lienzingen. Streng auf dem Dienstweg übermittelte das Landesplanungsamt in einem Aktenvermerk seine Vorschläge am 14. Juli und somit eine Woche nach dem Lokaltermin. Zu teuer in der Erschließung und deshalb nicht mehr weiterzuverfolgen sei die Idee des Bürgermeisters, zwischen Brühl und Dauerwiesen beidseits der Bundesstraße 35 ein Industriegebiet zu schaffen. Statt im Westen der Gemeinde empfehle des Landesplanungsamt einen Standort im Südosten, und zwar in den neuen Wiesen auf einem Areal, das die Kommune schon für Festveranstaltungen gepachtet habe. Dort würden sich die Gebäude gut in die Landschaft eingliedern, während dies beim westlichen Standort nicht der Fall wäre. In den neuen Wiesen wurde tatsächlich gebaut - mehr als 20 Jahre später, jedoch Wohnhäuser (STAM, Li A 72).

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Schon im Herbst 1948 warb die Gemeinde um ansiedlungswillige Betriebe. Sie schaltete deshalb eine Annoce in den Stuttgarter Nachrichten. Tatsächlich meldete sich eine größere Anzahl von Interessenten, wie der Bürgermeister in der Ratssitzung am 2. Februar 1948 berichtete. Zusammen mit den sechs anwesenden Ratsmitgliedern sortierte er die Offerten und erhielt den Auftrag, mit den ausgewählten Firmen zunächst unverbindliche Fühlung aufzunehmen. (STAM, Li B 323, S. 60).

Der große Wurf gelang zunächst nicht. Lienzingens gewerbliche Entwicklung ging nur in kleinen Schritten voran. Am 12. August 1949 stimmten die Bürgervertreter zu, dem Gärtner Mannhardt aus Illingen neben der gerade errichteten Gemeindewohnbaracke eine Fläche für zwei Mark pro Ar zunächst zu verpachten, um darauf ein Gewächshaus zu erstellen. Später entwickelte sich dort, zwischen Schelmenwaldstraße und Ortsrandweg an der Wette, ein solider Gartenbaubetrieb. Ein Glücksfall für das Dorf bis heute! (STAM, Li B 323, S. 182).

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Naturschutzgebiet Ziegelhäule: Welt der Heuschrecken, Libellen und Stechimmen - Sandlaufkäfer hat sich offenbar verabschiedet

 

Deutscher Sandlaufkäfer (Foto: Landshut (Bay) Juni 2019 © S. Haas)

Denn der Käfer, Ureinwohner Bayerns, war nach dem Abräumen der Erdberge dort plötzlich aufgetaucht. Der Kerl gab den Ausschlag, dort ein Naturschutzgebiet festzulegen. Doch schon 2015 war klar - er ist weg. Und kehrte bisher offenbar nicht wieder, der Deutsche Sandlaudfkäfer. Bis heute nicht. Im Gutachten, das vor fünf Jahren dem Gemeinderat vorgelegt wurde, hieß es: Der vom Aussterben bedrohte und streng geschützte Deutsche Sandlaufkäfer (Cylindera germanica) trat bislang nur sporadisch im Naturschutzgebiet auf und konnte im Jahr 2014 auch nicht mehr bestätigt werden. [Würdigung des Naturschutzgebietes „Ziegelhäule“ der Großen Kreisstadt Mühlacker, Gemarkung Lienzingen (Enzkreis), Regierungspräsidium Karlsruhe, Abteilung 5 - Umwelt - S. 15]. Aber dafür gibt es Geldbauchunken & Co. Und die wollen schließlich auch geschützt sein. Also, tun wir's!

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Der Kerl hat sich aus dem Staub gemacht

Ja, wo laufen sie denn? Der legendäre fragende Ausruf des Komikers Wilhelm Bendow lässt sich abwandeln in "Ja, wo krabbeln sie denn?" Die Deutschen Sandlaufkäfer nämlich. Im Januar 2012 hatte ich erstmals dazu gebloggt. Denn der Käfer, Ureinwohner Bayerns, war nach dem Abräumen der Erdzwischendeponie der früheren Baustoffwerke Mühlacker im Lienzinger "Ziegelhäule"  dort plötzlich aufgetaucht und blockierte als seltene Art die ursprünglich vorgesehene Rekultivierung der Fläche und damit die Wiedernutzung durch die Landwirtschaft. Der Beschluss des Gemeinderats im Jahr 1983 sah dies vor, genauso wie die Genehmigung des Enzkreises für das Zwischenlager für den Rohstoff zur Ziegelproduktion. Inzwischen gibt es keine Ziegelherstellung mehr, die Stadt kaufte das fünf Hektar große  Areal, verabschiedete sich von ihren Zusagen den Bauern gegenüber, das Regierungspräsidium Karlsruhe stellte dieses Gebiet unter einen vorläufigen Schutz und leitet inzwischen ein Verfahren zur Ausweisung des Naturschutzgebietes "Ziegelhäule" ein. Mit elf Hektar wäre die geschützte Fläche mehr als doppelt so groß wie ursprünglich geplant. Und der besagte Deutsche Sandlaudfkäfer? Der Kerl hat sich aus dem Staub gemacht. Im Gutachten, das jetzt dem Gemeinderat vorgelegt wurde, heißt es: "Der vom Aussterben bedrohte und streng geschützte Deutsche Sandlaufkäfer (Cylindera germanica) trat bislang nur sporadisch im Naturschutzgebiet auf und konnte im Jahr 2014 auch nicht mehr bestätigt werden." [Würdigung des Naturschutzgebietes „Ziegelhäule“ der Großen Kreisstadt Mühlacker, Gemarkung Lienzingen (Enzkreis), Regierungspräsidium Karlsruhe, Abteilung 5 - Umwelt - S. 15]. Aber dafür gibt es Geldbauchunken & Co. Denn wenn die amtlichen Naturschützer ihren Blick auf ein Gebiet lenken, lassen sie es nicht mehr aus dem Visier. Das "Ziegelhäule" ist ein Lehrstück dafür. 

Am Donnerstag, 16. April 2015, 17.30 Uhr, gibt es einen Informationstermin des Regierungspräsidiums im Gelände (bei Regen in der Gemeindehalle Lienzingen) auf Unkenspur. Also: Es darf geunkt werden, was hier schon einmal geschieht.
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Die Halbwertszeit und der Gemeinderat

Wie lang ist die Halbwertszeit von Beschlüssen des Gemeinderats der Stadt Mühlacker? Fünf Jahre, 20 oder 30 Jahre? Länger, kürzer? Eine Frage, die einen aktuellen Hintergrund hat und der heißt: Ziegelhäule. Jene Fläche zwischen Mühlacker und Lienzingen, auf der bis vor einiger Zeit die inzwischen nicht mehr bestehenden Baustoffwerke Mühlacker zur Ziegelproduktion geeignetes Erdmaterial lagerten. Die Zwischendeponie ist nun weg. Ginge es nach einem Beschluss des Gemeinderats von 1983, müsste das fünf Hektar große Areal jetzt wieder landwirtschaftlichen Zwecken zur Verfügung gestellt werden. Glücklich waren die Lienzinger Landwirte nicht, als sie damals Fläche abgeben sollten für die Zwischendeponie. Eine Auflage des Gemeinderats war deshalb seinerzeit die Auflage, den Bauern die Fläche später wieder zurückzugeben. 

Doch in 30 Jahren hat sich die Landschaft verändert, haben sich seltene Arten wie der Deutsche Sandlaufkäfer und die Gelbbauchunke angesiedelt, weshalb nun die inzwischen geltenden Artenschutzgesetze wirksam werden, nachdem der BUND Mühlacker dies den zuständigen Behörden gemeldet hatte. Die Folge: Das Regierungspräsidium Karlsruhe will als Naturschutzbehörde das Areal vorläufig unter Naturschutz stellen. Gleichzeitig soll das Verfahren zur dauerhaften Unterschutzstellung eingeleitet werden. Und die Landwirte? Die CDU-Fraktion hatte im Gemeinderat beantragt, die Stadt solle zuvor Naturschützer und Landwirte zu einem Gespräch zusammenbringen und wenigstens versuchen, einen Kompromiss zwischen den Belangen von Landwirtschaft und Naturschutz zu suchen. Die anderen Fraktionen und der OB lehnten dies glatt ab. Nicht einmal eine moralische Verpflichtung sahen sie, den Versuch zu unternehmen, etwas von der Zusage von 1983 zu retten. Obwohl das Regierungspräsidium Freiburg als landesweite Genehmigungsbehörde für die Rohstoffsicherung 2011 die Rekultivierung in einem bestimmten Rahmen unter Einbeziehung des Gemeinderatsentscheids von 1983 genehmigt hatte. 

Das Kernproblem: Kann der Bürger künftig Vertrauen haben in solche Beschlüsse des Gemeinderats? Er muss sich auf Zusagen verlassen können. Oder ist dies alles nur Teil einer Strategie? Passt Teilen des Gemeinderats dieses Naturschutzgebiet ins Konzept der Suche nach einem Gewerbegebietsstandort nach dem Motto: Im Ziegelhäule haben wir als Stadt den Artenschutz gesichert auf Kosten der Landwirtschaft, dafür kann der Naturschutz in anderen Bereichen, was den Artenschutz angeht, etwas großzügiger über seltene Arten & Co hinweg schauen? Der SPD-Sprecher sprach beileibe nicht "helenga" von einem solchen Geben und Nehmen. 

Na. da wollen welche ganz schön bauernschlau sein. Gell? 


Hier die Sitzungsvorlagen zum Herunterladen: SV0772014.pdf und Anlage1zuSV0772014.pdf Anlage3zuSV0772014.pdf



Ziegelhäule: Landratsamt wird nicht tätig

Update zur Zukunft des bisherigen Erddeponiegeländes im Ziegelhäule in Lienzingen: Aus Sicht des Landratsamtes Enzkreis als untere Naturschutzbehörde gibt es weder einen neuen Sachstand noch eine veränderte rechtliche Beurteilung gegenüber dem Inhalt der Mail der Kreisverwaltung an mich vom 11. Januar 2012. Das schrieb mir heute Wolfgang Herz, Erster Landesbeamter, zuständiger Dezernent und stellvertretender Landrat des Enzkreises. In dem vom Landratsamt initiierten Termin im Januar wurde die bekannte Kompromisslösung skizziert. "Deren Umsetzung oder noch weiter gehende Überlegungen des privaten Naturschutzes, die ihre naturschutzfachliche Berechtigung haben mögen, setzen voraus, dass alle Beteiligte dies auch wollen. Ich entnehme der Medienberichterstattung, dass dies nicht der Fall ist. Damit dürfte es bei der Umsetzung des bestandskräftigen bergrechtlichen Abschlussbetriebsplans bleiben. Soweit Vertreter des privaten Naturschutzes eine andere Rechtsauffassung vertreten, bleibt ihnen unbenommen, diese weiter zu verfolgen. Das LRA Enzkreis sieht keine Veranlassung, in der Angelegenheit tätig zu werden." 

Meine Frage an Herz hatte gelautet, nachdem sich diese bei der Besichtigung durch den Gemeinderatsaussschuss für Umwelt und Technik stellte: Kann der Deutsche Sandlaufkäfer die längst genehmigte Rekultivierung des inzwischen weitgehend abgebauten Erdzwischenlagers der früheren Baustoffwerke Mühlacker aushebeln? Verhindert die auf der Roten Liste 1 stehende Spezies die Umsetzung der bei der Genehmigung der Erdzwischendeponie 1984 erteilten Auflage, die Fläche im Lienzinger Ziegelhäule wieder im ursprünglichen Zustand der Landwirtschaft zurückzugeben? 

Nach der Antwort aus dem Landratsamt heißt die Antwort nun: Wohl nicht. Bis jemand eine andere Rechtsauffassung erfolgreich vertritt. Oder einfach Fakten geschaffen worden sind. 

Blockieren Sandlaufkäfer & Co. die Rekultivierung?



Noch ist das gesamte Gelände eingezäunt.


Kann der Deutsche Sandlaufkäfer die längst genehmigte Rekultivierung des inzwischen weitgehend abgebauten Erdzwischenlagers der früheren Baustoffwerke Mühlacker aushebeln? Verhindert die auf der Roten Liste 1 stehende Spezies die Umsetzung der bei der Genehmigung der Erdzwischendeponie 1984 erteilten Auflage, die Fläche im Lienzinger Ziegelhäule wieder im ursprünglichen Zustand der Landwirtschaft zurückzugeben? Das ist die zentrale Frage, die derzeit die Ämter - zuvörderst das Landratsamt Enzkreis als Naturschutzbehörde - und den Gemeinderat von Mühlacker beschäftigt. Ausgelöst wurde dies durch eine Eingabe des BUND-Ortsverbandes Mühlacker, nach dessen Angaben weitere Rote-Liste-Arten auf dem viereinhalb Hektar großen Gelände vorhanden sind wie zum Beispiel die südliche Binsenjungfer und der kleine Feuerfalter. Angeführt werden noch andere Tierarten aus der Richtlinie Flora, Fauna, Habitat (FFH) der Europäischen Union, für die das Areal Fortpflanzungsstätte und Lebensraum sei wie Springfrösche, Gelbbauchunke und spanische Flagge


Über diese Einwände kann nicht mit einer Handbewegung hinweggegangen werden. Sie zeigen aber auch, wie Auflagen für eine Genehmigung plötzlich an Wert verlieren. Der Technische Ausschuss des Gemeinderats hatte sich am 10. Mai 1983, der Gemeinderat eine Woche später mit dem Antrag der Baustoffwerke beschäftigt, das beim Bau der Schnellbahn zwischen Mannheim und Stuttgart im Bereich Illingen/Schützingen anfallende und für die Ziegelherstellung brauchbare Material unter anderem im Ziegelhäule auf Markung Lienzingen, rechts der Landesstraße nach Mühlacker, zwischenlagern zu lassen. Ich hatte am 17. Mai 1983 beantragt, zusammen mit den Baustoffwerken nach einem alternativen Standort zu suchen, damit die landwirtschaftliche Bewirtschaftsfläche der Lienzinger Landwirte nicht geschmälert wird. Mein Antrag war mit 11 Ja- bei 19 Nein-Stimmen abgelehnt worden. Den Ausschlag gaben die Interessen der Baustoffwerke (inzwischen Firma Wienerberger). Eine Woche zuvor erging es einem anderen Antrag von mir genauso: Bürgerversammlungen in Lienzingen und Heidenwäldle fanden keine Mehrheit, sie waren nicht erwünscht.


Der tonreiche Mergel als Rohstoffvorrrat für die Baustoffwerke zur Sicherung des Standorts Mühlacker: Zwischen der ersten und der zweiten Beratung im Mai 1983 waren die Auflagen verschärft worden, um die Zustimmung einer Mehrheit des Gemeinderats zu erreichen. In Punkt fünf der Auflagen hieß es nun: "Nach Beseitigung der Halde ist das vorhandene Gelände zu rekultivieren; das heißt der Humusauftrag muss wieder erfolgen und das Gebiet sollte zur landwirtschaftlichen Nutzung freigegeben werden." Dieser Punkt floss dann so in die Genehmigung durchs Landratsamt ein. Bei meiner Gegenstimme und bei acht Enthaltungen passierte der Antrag der Baustoffwerke den Gemeinderat. Die Revanche kam: Im OB-Wahlkampf 2001 hieß es im gegnerischen Lager, mein Abstimmungsverhalten sei gegen lokale Wirtschaftsinteressen gerichtet gewesen, obwohl nur ein anderer Standort gewünscht war.
Soweit zur formalen Seite. Was taugen solche Auflagen, wenn sich eine Landschaft so verändert, dass plötzlich Rote-Liste-Arten auftauchen? Inzwischen soll der Erdwall zur Landesstraße hin genauso erhalten werden wie eine Vernässungszone auf einer Teilfläche im südwestlichen Bereich. Die Fläche dazwischen würde wieder an die Landwirtschaft zurückfallen, die auch einen Bedarf dafür sieht. Doch der BUND will das gesamte Areal für den Naturschutz sichern, verweist auf eventuelle Landeszuschüsse und die Möglichkeit, Punkte fürs Öko-Konto der Stadt zu verbuchen, die dann bei Engriffen in die Landschaft durch die Stadt an anderer Stelle eingesetzt werden könnten.


Der Gemeinderat ist momentan eher in der Zuschauerrolle, nachdem der BUND eine Umweltschadensmeldung beim Regierungspräsidium Freiburg eingereicht hat und von einem Fachanwalt die eingangs gestellt Frage beantworten lassen will. Ich nehme die Argumente der Naturschützer ernst. Was mich aber dabei beschäftigt ist, wie sehr sich Bürger künftig auf gegebenene Zusagen und Auflagen verlassen können, wenn plötzlich der Deutsche Sandlaufkäfer oder anderes Getier herum krabbelt. Das müssen wir bei künftigen Entscheidungen immer im Hintergrund haben.
Apropos Landwirtschaft: Manche Stadträte und die Verwaltung liebäugeln mit einem Gewerbegebiet in der Hart (mit einer Option Ziegelhäule, wie bei einer früheren Planung?) und damit auf der anderen Seite der Landesstraße. Aber auch dort gibt es landwirtschaftliche Flächen. Weshalb sind diese kommunalpolitisch von geringerem Gewicht, wenn ein Gewerbegebiet entstehen soll, als jene, auf die derzeit die Naturschützer ihr Augenmerk geworfen haben? "Die Landwirtschaft braucht die Fläche", sagte ein Ratskollege bei der Besichtigung der abgeräumten Erdzwischendeponie kürzlich. Dann bitte konsequent.

Hier ein Blick vor und hinter den grünen Saum des bisherigen Zwischenlagers: _blankApropos Landwirtschaft: Manche Stadträte und die Verwaltung liebäugeln mit einem Gewerbegebiet in der Hart (mit einer Option Ziegelhäule, wie bei einer früheren Planung?) und damit auf der anderen Seite der Landesstraße. Aber auch dort gibt es landwirtschaftliche Flächen. Weshalb sind diese kommunalpolitisch von geringerem Gewicht, wenn ein Gewerbegebiet entstehen soll, als jene, auf die derzeit die Naturschützer ihr Augenmerk geworfen haben? "Blockieren Sandlaufkäfer & Co. die Rekultivierung?" vollständig lesen