Der Haushalt, Olaf Scholz und die Bäume

„Die Bäume wachsen leider nicht in den Himmel“, sagte heute Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in einem Interview. Die zehn Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre würden vor allem investiert, um das Digitalnetz auszubauen und Einkommen zu entlasten, die unter der kalten Progression litten. Das Plus von zehn Milliarden Euro stammt aus der Prognose der jüngsten Steuerschätzung. Der erwartete höhere Zuwachs wird gerne mehrfach verteilt.
Auch die baden-württembergischen Kommunen können nach der Prognose der Steuerschätzer mit höheren Steuereinnahmen rechnen. Im Vergleich zur November-Steuerschätzung gehen sie für das laufende Jahr von etwa 200 Millionen Euro mehr aus. Für 2019 wurden Mehreinnahmen von rund 520 Millionen Euro kalkuliert. Aus dem kommunalen Sanierungsfonds erhalten die Kommunen vom Land für die Jahre 2017, 2018 und 2019 zudem 423 Millionen Euro für die Sanierung von Schulgebäuden und Brücken (Stand: Haushalt 2018/2019). Da das Land die Kommunen mit zehn Prozent an seiner Tilgungsverpflichtung beteiligt, könnten in den Jahren 2018 und 2019 weitere rund 130 Millionen Euro in den kommunalen Sanierungsfonds fließen, so das Landesfinanzministerium.


Wie stark Mühlacker davon profitiert, wird sich beim nächsten Finanzzwischenbericht zeigen. Derweilen spüren wir verstärkt die Last von Investitionen (und damit auch die Folgekosten). Der Bau der Kinderkrippe bleibt bisher im Kostenrahmen, der Bau  der Feuerwache kostet nach jetzigem Stand 11,3 Millionen Euro statt ursprünglichen 8,4 Millionen Euo, eine Stadthalle soll den Mühlehof ersetzen, im Bildungszentrum Lindach stehen Sanierung und Erweiterung in Millionenhöhe an, aus den Rücklagen nahm die Stadt 7,5 Millionen Euro zur Vorfinanzierung des Kaufs des Ziegeleiareals in Erwartung der Refinanzierung durch Weiterverkauf, Straßen wie Hermann-Hesse-Straße und Lienzinger Straße warten auf Erneuerung, der Glasfaserausbau gilt als wichtige Zukunftsaufgabe. Ach ja, eine Gewerbegebietserschließung soll vorfinanziert werden, falls sich ein Standort findet. Die Liste ist nicht vollständig, die Zinsen für Kredite dafür extrem niedrig. Gleichzeitig schrieb die Kommunalaufsicht des  Regierungspräsidiums Karlsruhe in den Begleitbrief zur Genehmigung des Haushalts 2018, die Stadt bleibe aufgefordert, ihre Bemühungen um eine Konsolidierung des Haushalts zu verstärken, um eine Verbesserung der Finanzierungsstrukturen zu erreichen.

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Konkurrenz: Kommunales Werben um angehende Ärzte

Ein Thema allenthalben in vielen Orten
"Für mich ist die Lösung des sich abzeichnenden Allgemeinärztemangels weit wichtiger als der Neubau einer Kulturhalle oder die Schaffung neuer Gewerbeflächen“, schrieb mir Ende 2016 ein Blogleser aus Lienzingen. Damals berichtete ich von der für Lienzingen gefundenen Lösung. Inzwischen ist Lomersheim leider zum ärztelosen Stadtteil geworden. Die Hausärzteversorung ist verstärkt zu einem Thema der Kommunalpolitik geworden. Hausärzte als Raritäten? Junge Ärzte braucht das Land titelte jetzt der Schwarzwälder Bote. Denn in Hausen im Kinzigtal diskutierten angehende Mediziner über die Zukunft ihres Berufes, vor allem welcher Voraussetzung es bedarf, sich auf dem Land niederzulassen. Die Studenten hospitierten einen Tag lang in Praxen im Kinzigtal, trafen sich anderntags in einer „Zukunftswerkstatt“, alles auf Einladung von „Gesundes Kinzigtal“. Die lokalen Initiatoren luden ein über die Arbeitsgemeinschaft Gesundheitspolitik der Bundesvertretung der Medizinstudierenden (bvmd). Das aktuelle Beispiel zeigt, wie stark die Kommunen schon frühzeitig bei den Studierenden ansetzen und werben.

Die Konkurrenz unter Gemeinden entwickelt sich nicht erst, wenn es konkret um das (Des)Interesse an einer Praxisübernahme auf dem Land geht. Zum Glück mischt an dieser Werbe-Front auch der Enzkeis gemeinsam mit der Stadt Pforzheim mit: Docs4pfenz - Weiterbilden & Niederlassen. Ziel ist es, junge Medizinerinnen und Mediziner für unsere Region zu begeistern. Im Januar beschäftigte sich mit der wichtigen Zukunftsfrage auch der Verwaltungsausschuss (VA) des Gemeinderats Mühlacker auf Antrag der CDU-Fraktion  In der Stadtverwaltung war dies alles bisher kein Thema, jetzt kümmert sich der Chef darum und siedelte es auch beim Amt für Grundstücks- und Gebäudemanagement an. Im VA machten der Sprecher der Mühlacker Ärzte und ein Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung deutlich, dass es meist keine schnellen Lösungen gibt. Bisher will man keine Anleihe am Büsumer Modell nehmen - in der Stadt in Schleswig-Holstein stellt die Kommune Ärzte an. Sie starten nicht mit Schulden in eine Selbstständigkeit, verfügen über feste Arbeitszeiten.

Was den Stadtteilen direkt keinen Arzt im Dorf bringt, aber die Versorgung in der Gesamtstadt stärken könnte, ist das von den Enzkreis-Kliniken gGmbH schon für 2018 angepeilte Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) am Krankenhaus Mühlacker. „Wir werden als Mediziner ausgebildet, nicht als Unternehmer“, sagte ein Student bei dem Treffen in Hausach, zumindest laut Schwabo-Text. Angeregt wurde, ein Konzept zu entwickeln, das stärker mit Lebensvorstellungen junger Mediziner vereinbar ist. Zu viel Arbeit, zu wenig Freizeit? In den Vergütungssystemen der ambulanten Medizin sehen sie keine Anreize. Ob es kommunale Darlehen oder Stipendien wären? Auch wenn Bund und Länder für Studienbedingungen und andere Rahmensetzungen zuständig sind - das Thema ist auch in den Rathäusern und Landratsämter angekommen. und die Kommunalpolitik muss frühzeitig ausloten, was sie tun kann, um vor Ort eine gute Arztversorgung zu haben. Siehe der eingangs zitierte Kommmentar des Bloglesers.

 

Problem erkannt, aber nicht rechtzeitig gebannt

GSI wies frühzeitig auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum hin (ihr Logo in der Lomersheimer Radscheune)

Eine kleine Notiz am 29. Januar 2010 im Mühlacker Tagblatt warf ein Schlaglicht auf den Mangel: In der Mitgliederversammlung des Tafelvereins sagte demnach die Geschäftsführerin der Diakonie, in Mühlacker fehlten etwa 40 bis 50 Sozialwohnungen. Die CDU-Gemeinderatsfraktion Mühlacker griff das Thema in einem Antrag auf, der am 30. März 2010 im Gemeinderat behandelt wurde und dem das Gremium zustimmte. Der damalige OB sagte, die Stadtverwaltung mache sich bereits bezüglich einer Wohnungsbaugesellschaft Gedanken.

Was geschah dann? Nichts!

Im Frühjahr 2015 lud mich der Arbeitskreis Wohnen zu seinem Treffen in die Räume der GSI an der Lienzinger Straße ein. Der Arbeitskreis existierte seit Oktober 2012, er entwickelte sich aus dem „sozialen Netzwerk Mühlacker“ heraus. In den Netzwerktreffen war „Wohnungsnot“ ein beherrschendes Thema, weshalb der Arbeitskreis entstand. Ein sehr aufschlussreiches Gespräch, bei dem wir uns rasch einig wurden, dass der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in die breite Öffentlichkeit getragen gehört. Daraus entstand die Idee, den Arbeitskreis in öffentlicher Sitzung des Verwaltungsausschusses (VA) des Gemeinderats berichten zu lassen, was am 14. April 2014 geschah. Ergebnis: Die Stadtverwaltung werde Gespräche mit möglichen Wohnungsbaugesellschaften führen unter Beteiligung des Arbeitskreises.

Was passierte danach? Nichts!

Dabei hätten doch einige Erfahrungen, im VA vorgetragen, aufschrecken müssen: Vera Müller von der mobilen Jugendarbeit sagte, es gäbe etwa 20 Jugendliche, die ihre Postadresse bei der Diakonie hätten, da sie keine feste Wohnadresse mehr hätten. Loretta Simoley berichtete von der Fachberatung der Wohnungsstelle, Karin Winkler von der Diakonischen Bezirksstelle. Überall das gleiche Problem: fehlende günstige Wohnungen. GSI-Geschäftsführer Gerd Schulz vertiefte, dass es insbesondere einen Bedarf von über 100 Wohnungen gebe, die für 5.50 Euro pro qm vermietet werden könne. Die GSI Enzkreis kümmert sich um die berufliche Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen. Diese Menschen haben eines nicht: einen dicken Geldbeutel.

Günstigen Wohnraum zu schaffen, kann dank staatlicher Förderprogramme von privaten Investoren erledigt werden. Doch es bleibt auch eines: eine soziale Aufgabe der öffentlichen Hand. Aber Mühlackers OB äußert sich zurückhaltend. Im Protokoll  der VA-SItzung am 14. April 2014 wird er so zitiert: Der Wohnungsbau sei keine Priorität der öffentlichen Hand. Diese Auffassung führte wohl in der Verwaltung dazu, dass alles nur mühsam und zäh voran ging, auch bei der Umsetzung des von der CDU-Fraktion mit Nachdruck unterstützten SPD-Antrags vom Oktober 2015 auf Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Am 10. Dezember 2015 titelte das MT: Stadtbau-GmbH kündigt sich an - Gesellschaft soll den sozialen Wohnungsbau in Mühlacker voranbringen. Die Umsetzung dauerte: Im Herbst 2016 erfolgte der Eintrag ins Handelsregister. Im Mai 2017 stand der Name des ersten Geschäftsführers fest. Derzeit laufen die Planungen für das erste Projekt, denn das Ein-Mann-Unternehmen will an der Stuttgarter Straße in Mühlacker ein Mehrfamilienhaus bauen.

Was passiert? Jetzt wird gehandelt.

Doch alles dauerte viel zu lange. Problem erkannt, aber nicht rechtzeitig gebannt. Nicht nur die Untätigkeit der Kommunalverwaltung ist zu beklagen, sondern auch, dass Bund und Land die Förderung des sozialen Wohnungsbaus verkümmern ließen und erst spät das Ruder herumrissen. Inzwischen verschärft die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen die Lage. Wie schnell gegengesteuert wird, muss sich zeigen.

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Büsumer Modell

Nachtrag zu meinem Blogbeitrag über die hausärztliche Versorgung in Mühlacker, speziell über die Lösung in letzter Minute für den Stadtteil Lienzingen von der Internetseite der Bundesregierung: eine kommunale Lösung im hohen Norden, das Büsumer Modell. Hausärzte als Angestellte der Gemeinde.

Baby-Pause für Väter: 35 Prozent im Enzkreis machen mit

Ist das 2007 eingeführte Elterngeld für Väter zu einem politischen Schlager geworden? Im Bundesdurchschnitt bleiben 96 Prozent der Mütter nach der Geburt daheim und erhalten das zeitlich begrenzte Elterngeld vom Staat. Und die Väter, sind sie Elternzeit-Muffel? Es ist deutschlandweit nur etwa jeder dritte Papa, der zeitweise seinen Arbeitsplatz verwaisen lässt und lieber Windeln wickelt. Die Ergebnisse der Elterngeldstatistik werden auf Bundes- und Länderebene sowie für die 402 Kreise vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden ausgewertet. Jetzt legte die Behörde die Daten für die 2013 geborenen Kinder vor, für die bis März 2015 das Elterngeld floss. Im Enzkreis gab es 2013 exakt 1454 Geburten. Bei 510 Babys beantragte der Vater das Elterngeld, das sind 35,1 Prozent. Immerhin, besser als der Bundes- und Landesdurchschnitt. Der Bund versüßte den Enzkreis-Vätern die  Zeit mit durchschnittlich 1325 Euro im Monat, bei den Müttern waren es 895 Euro, auch wenn sie vor der Geburt einen Job hatten. Die Baby-Pause für Väter war die Erfindung der damaligen Familienministerin Ursula von der Leyen als Zeichen für eine neue Väterbewegung: „Wir sind gerade Zeuge einer leisen Revolution“, sagte die CDU-Politikerin in Berlin 2008. Einer Revolution mit Bremsen, wie sich inzwischen zeigt.


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Asylbewerber in der Sporthalle: Enzkreis informiert

Asylpolitik wird nicht in Mühlacker gemacht, sondern in Berlin, Stuttgart und den europäischen Hauptstädten. Mühlackers Oberbürgermeister Frank Schneider zeigte gleich die Grenzen der kommunalen Möglichkeiten auf, auf die Flüchtlingszahlen zu reagieren. Sie gibt es nämlich nicht. Dem Landkreis bleibt nur die Aufgabe, für die Unterbringung der Personen zu sorgen, die ihm von den Landeserstaufnahmestellen (LEA) zugewiesen werden. Nachdem der Wohnraum erschöpft ist, greift der Enzkreis darauf zurück, die Sporthalle seiner Berufsschule in Mühlacker mit 120 Asylbewerbern zu belegen. Morgen ziehen die ersten 60 ein, heute Abend gab es eine Information der Anwohner an Kerschensteinerstraße und im Eckenweiher vor Ort. Sicherlich keine ideale Unterbringung, wie die Vertreter des Enzkreises sagten, aber wenigstens haben die Menschen ein Dach überm Kopf. Eine Notunterkunft. Neben der Sporthalle - Stockbetten, Sichtschutz, Duschmöglichkeiten, Bierbankgarnituren -  ließ der Kreis Container (WC, Küche mit Essensräumen, Waschraum, Hausmeister) aufstellen. Wo ist die Alternative? 

Die Statistik zeigt, wie die Zahlen der neu angekommenen Flüchtlinge in den vergangenen Monaten stiegen - von 83 vor einem Jahr auf 141 im August. Seien wir ehrlich: Niemand möchte gerne eine solch große Einrichtung auf der Nachbarschaft haben, doch es bleibt kein anderer Weg. Die künftigen Bewohner sollen baldmöglichst in Wohnungen umziehen. Der Kreistag genehmigte inzwischen 4,6 Millionen Euro für den Kauf von mobilen Wohneinheiten. Doch zuerst müssen Standorte in den Kreiskommunen gefunden werden, Gespräche darüber laufen, doch alles braucht seine Zeit. Da lässt sich eine kreiseigene Sporthalle schneller umrüsten, auch wenn es alles andere als ideal ist. 

Die 120 Besucher, darunter auch Mitglieder des Arbeitskreises Asyl, informierten sich. Die Fragen der Nachbarn waren zwar von einer gewissen Besorgnis geprägt, blieben aber sachlich. Rational statt emotional. Berechtigte Fragen, auf die es auch unaufgeregte Antworten gab. Wo sind Ansprechpartner, wenn es Probleme gibt? Wie steht es mit der Sicherheit? Wird die Privatsphäre der Nachbarn gewährleistet? Wie sieht die medizinische Betreuung aus? Die Betreuungsarbeit übernimmt miteinanderleben e.V., die Diakonie engagiert sich und sucht weitere ehrenamtliche Helfer. Er bringe den Flüchtlingen Vertrauen entgegen, sagt Ordnungsamtsleiter Andreas Kraus vom Enzkreis (der Landrat hatte einen anderen Termin). Er sei bisher nicht enttäuscht worden. Eine menschenwürdige  Unterbringung zu schaffen, das bleibe kommunale Aufgabe, der sich der Landkreis und später die Gemeinden in der Anschlussunterbringung stellen. Sie haben auch keine andere Wahl. Doch die kommunalen  Spitzenverbände formulieren deutliche Forderungen an die Politik zur Asylpolitik. Mühlacker hat derzeit 180 Asylbewerber (0,7 Prozent der Bevölkerung), wenn die Sporthalle belegt ist, werden es etwa 300 sein (1,2 Prozent). Das hat Folgerungen auch für Schulen und Kindergärten. Amtsleiter Kraus sagt, die Entscheidung über Asylanträge brauche durchschnittlich 15 Monate - eine, wie ich meine, zu lange Zeit. Hier ist der Bund gefordert. Den Worten der Politiker ("man muss, man sollte...") müssen dringend Taten folgen. 
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Von einem Glücksfall, den Defiziten und der Hoffnung




Professor Dr. Stefan Sell

Arthrose und Bewegung oder Gelenkschmerz- was tun? Professor Dr. Stefan Sell pflegt die populären Themen. Der "Focus" zählt den Orthopäden zu den Top-Medizinern, insbesondere im Bereich Knie und künstlicher Gelenkersatz. Jetzt baut  er an der Klinik Neuenbürg, ein Krankenhaus des Enzkreises, das Gelenkzentrum Nordschwarzwald auf. Wie heute zu lesen war, früher als zuerst geplant. Der neue Chefarzt war in gleicher Funktion bisher an der Sana-Klinik in Bad Wildbad tätig. Innerhalb weniger Tage fielen die Entscheidungen in den kommunalen Gremien des Enzkreises, ohne dass die Nachricht vorher durchgestochen wurde. Für die Klinik Neuenbürg ist dieser Wechsel ein Glücksfall, der Landkreis erhofft sich mittelfristig eine deutliche Senkung des Defizits des Hauses. Zwei medizinische Gutachten brachten zuvor keine Perspektiven für unsere Schwarzwald-Klinik. Sie schlugen als wirtschaftlichste Maßnahme die Schließung vor. Alle anderen Vorschläge für neue Angebote, die zusätzliche Einnahmen generieren, scheiterten an der Umsetzbarkeit. Dann kam die Rettung - ohne Gutachten. 

Doch die Enzkreis-Kliniken sind noch nicht über dem Berg, sie gelten immer noch als eines der Probleme der Kreispolitik. Allerdings stehen die Zeichen auf Hoffnung. Denn für das Krankenhaus Mühlacker rechnet die Geschäftsführung der Regionalen Kliniken Holding, unter deren Dach die Enzkreis-Häuser mit denen der Landkreise Ludwigsburg und Karlsruhe sind, mit einer Trendwende: Die Stationen sind für 12 Millionen Euro saniert worden, die radiologische Praxis siedelte ans Krankenhaus um, die Geburtenzahlen stiegen kräftig, ein Linksherzkatheterplatz wurde geschaffen, die Gefäßchirurgie ausgebaut. 2014 schlossen die Enzkreis-Kliniken ihren Betrieb mit einem Defizit von rund 4,5 Millionen Euro ab, 400.000 Euro mehr als geplant, 900.000 Euro weniger als zwischendurch befürchtet. Hinzu  kommen noch 3,2 Millionen Euro Kapitaldienst für Investitionen, die die Kreiskasse sowieso trägt, so dass die Kliniken Mühlacker und Neuenbürg den Kreishaushalt mit mehr als 7,5 Millionen Euro belasten, was immer wieder zu Debatten führt. 


Dass die Krankenhäuser des Kreises Karlsruhe im selben Jahr im Ergebnis erstmals schwarze Zahlen schrieben, werte ich als Zeichen dafür, dass rote Zahlen kommunaler Kliniken nicht in Stein gemeißelt sind. Mit dem Angebotsausbau in Mühlacker und Neuenbürg stehen die Zeichen auf Hoffnung, dass die Krankenhäuser den Landkreis finanziell bald weniger kräftig drücken werden. 2013 beschloss der Kreistag, die kommunale Trägerschaft bis 2018 festzuschreiben. Wenn sich die jetzigen Erwartungen umsetzen lassen, wird diese Trägerschaft dann sicherlich nicht in Frage gestellt. Selbst dann nicht von jenen, denen traditionell die Hospitäler in Pforzheim und Leonberg näher sind, weil sie vor ihren Haustüren stehen. Die Ampel steht auf Gelb mit Tendenz zu Grün. Wohl wissend, dass in den vergangenen 35 Jahren ein ständiges Auf und Ab die Krankenhauslandschaft bestimmte. Jetzt ist der Aufschwung dran. Hoffentlich!


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