Gesammeltes und Nachgeklapptes

Dürrmenzer Jupitersäule

Jetzt steht sie: die Nachbildung einer Jupitergigantensäule. Heute am Tag des offenen Denkmals übergab der Historisch-Archäologische Verein Mühlacker (HAV) am Dammweg sein Geschenk der Öffentlichkeit. Ein sechs Meter hohes Stück Heimatgeschichte. Die Römer hinterließen hierzulande viele Spuren. Der steinerne Sockel ist die Kopie des Viergöttersteins, der 1954 in der Waldenserstraße in Dürrmenz gefunden wurde und der im Mühlacker Heimatmuseum ausgestellt ist. Die darauf installierte Säule ist – im Gegensatz zum antiken Vorbild – aus Stahl. Auch die Volkshochschule Mühlacker widmet ein Prgrammpunkt der römisch-keltischen Vergangenheit: Eine Jupitergigantensäule ist ein interessantes archäologisches Denkmal aus der Zeit der römischen Besiedelung Germaniens, denn sie ist zugleich ein Phänomen, das südlich der Alpen nahezu unbekannt ist. Zugleich stellt sie ein spannendes Zeugnis der Verschmelzung keltischer und römischer Glaubensvorstellungen dar.  Walheim und Benningen stehen auch für diese Historie. Nachbildungen wurden in Aalen, Benningen am Neckar, Bexbach, Hechingen, Köngen, Pforzheim und Walheim aufgestellt. In Hausen an der Zaber ragt ein Original in die Höhe. Eigentlich sollte das Kunstwerk bestehend aus modernen und antiken Elementen schon zur Gartenschau 2015 aufgestellt werden, doch die Finanzierung stand nicht ganz. Dank der Beharrlichkeit des HAV konnte der Standort in den Enzgärten  nun doch realisiert werden. Der Verein ließ auf eigene Kosten und mit Hilfe von Spendern die Replik einer Jupitergigantensäule erstellen, die Stadt übernahm die Kosten fürs Fundament. Im Oktober 2017 gab es dafür das einmütige Votum des zuständigen Gemeinderatsausschusses.

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Ein Sprung in die Gegenwart: Zur Ambivalenz über die Ansiedlung von ThyssenKrupp habe ich jüngst gebloggt und von meiner Facebookseite je eine Stimme dafür und dagegen zitiert. Hie noch ein weiterer Kommentar im Nachklapp: Das kann man so oder so sehen. Für mich ist die Ansiedlung von Unternehmen wie Thyssen ein Zeichen dafür, dass eine Stadt zukunftsorientiert denkt und sich weltoffen zeigt. Das mag natürlich auch vom Alter abhängen, aber für die meisten Menschen, die ich kenne, spielt es keine Rolle, ob da nun eine Fabrikhalle steht oder ein Acker. Dass die Karosserie des E-Porsche hier gefertigt wird, spielt dagegen sehr wohl eine Rolle, für die Lukrativität des Standorts. Aber diese Dualität zwischen dem Festhalten an Althergebrachtem und der Angst vor Neuem findet sich leider in allen Bereichen. Wegen dieser Denke liegt Deutschland beim Glasfaserausbau auch auf den letzten Plätzen mit 1,6 Prozent, während Länder wie die Slowakei, Slowenien und Lettland es auf 25 bis 61 Prozent bringen... Volle Zustimmung! 

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Fahrverbote in Mühlackers Umweltzone nach den Drohungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) mit dem Kadi? Heute einen Nachklapp zu meinem Blog-Beitrag. Vorab aber einen Tweet aus dem Netz: Die spannenderen Fragen: wer bietet den Wegelagerern von der DUH mal Paroli? Wer hinterfragt die Grenzwerte? Am kommenden Dienstag steht das Thema auf der Tagesordnung des Gemeinderats. Hier die Beratungsvorlagen der Verwaltung 2017-08-30_GR_Top1_Vorlage1.pdf  20170831124044.pdf und die Reaktion des VCD vom Wochenende 20170910_Stadt_Mhlacker_Mobilittsfonds_Verkehrskonzept.pdf. Formal geht es um Zuschüsse aus dem Landestopf für nachhaltige Mobilität in den Städten. Ein Programm, ohne genaue Richtlinien. Ein Schnellschusss nach dem Diesel-Skandal. Hoch-Zeit für Lobbyisten. Forderungen müssten auch seriös mit Kosten unterfüttert werden, aber dazu fehlt die Zeit. Dass ein Teil der Ursachen der Stickoxidbelastung auch vom Hausbrand kommen, wird einfach ausgeblendet.

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Eines konnte ich am Freitagabend bei einem für mich viereinhalbstündigen CDU-Kreisparteitag in Hohenwart lernen: Wer einen über Jahrzehnten sicheren (Enzkreis-)Wahlkreis versemmelt, wird für seine Arbeit auch noch gelobt, zumindest vom Calwer MdL Thomas Blenke. Verkehrte Welt. Vier Jahre lang ruhte sich Victoria Schmid auf ihrem Landtagssitz aus. Derweilen zeigte FDP-Kollege Hans Ulrich Rülke täglich,  was wirkungsvolle Wahlkreis(kärrner)arbeit ist.

 

Wie eine gefühlte Ewigkeit




Warten auf den ersten Spatenstich

Heute hieß es am Ortseingang von Großglattbach aus Richtung Mühlacker: Start frei für das neue Baugebiet „Pforzheimer Weg“, auf das vor allem junge Familien aus dem Stadtteil sehnlichst gewartet haben. Während in der Nachbargemeinde Wiernsheim ein Baugebiet nach dem anderen zu entstehen schien, ärgerten sich Großglattbacher, dass bei ihnen nichts ging. Am Ende tauchten Gerüchte auf, die Stadt wolle das Baugebiet gar nicht – ein falsche Behauptung, weil der Gemeinderat  sich zur Eigenentwicklung der Stadtteile bekennt und in jedem ein Baugebiet  im Flächennutzungsplan ausgewiesen hat, und zwar für den Eigenbedarf, also für Nachfrager aus dem Ort. Uns erging es wie den Großglattbachern: Eine gefühlte Ewigkeit schien die Umsetzung der neuen Siedlung längs der Landesstraße 1125 am Ortseingang aus Richtung Mühlacker zu dauern. Und alles nur wegen 2,2 Hektar Nettobauland und 58 Bauplätzen. 


Doch das deutsche Planungsrecht und zu lange Entscheidungsprozesse verhinderten in ihrer ganzen Strenge und typisch Mühlacker Art eine schnelle Umsetzung  des Projektes „Pforzheimer Weg“. Zwar legte sich der Gemeinderat schon frühzeitig auf diesen Standort für die künftige wohnbauliche Entwicklung des Dorfes in der Flächennutzungsplanung fest, doch stockten die Beratungen über den neuen Flächennutzungsplan (FNP) immer wieder durch den ungelösten Konflikt um Bedarf und Standort eines weiteren Gewerbegebiets in Mühlacker. 2008 klammerte der Gemeinderat diesen Punkt aus, um mit dem übrigen FNP schneller voranzukommen – ein neuer Trugschluss. Der damalige Chef im Rathaus beförderte das Thema nicht. Erst der jetzige OB Frank Schneider griff das Verfahren 2010/11 wieder auf, musste dann aber den Versuch des zuständigen Abteilungsleiters im Regierungspräsidium Karlsruhe abwehren, die insgesamt vorgesehenen neuen Wohnbauflächen Mühlackers radikal zusammen zu streichen. Nach längerem Hin-und-her genehmigte die Behörde im August 2013, damit acht Jahre nach den ersten Debatten, den FNP inklusive „Pforzheimer Weg“.
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Löffelstelz an einem Goldenen-Oktober-Tag





Heute lud der CDU-Stadtverband zur Burg-Führung in die Löffelstelz ein. Ein im doppelten Sinn schöner Termin: An einem prächtiger Goldener-Oktober-Tag bot Burg-Kenner Manfred Kugler. Die Geschichte der Burgruine Löffelstelz, Mühlackers Wahrzeichen hoch über der Enz, interessiert immer wieder. Das zeigte sich am Echo auf die Einladung der Union. In einem Streifzug durch die Historie beschäftigte sich der frühere Schulrektor Kugler mit dem Schicksal des Gemäuers aus dem 13. Jahrhundert sowie mit der Geschichte der Herren von Dürrmenz, eng verwandt mit der der Herren von Enzberg und derer von Niefern. Er räumte gleich mit zwei Legenden auf, die sich seit langem halten: Die Herren von Dürrmenz seien keine Raubritter gewesen und es bestehe auch kein unterirdischer Gang zwischen Burg und Dürrmenz.

Kugler (Bild unten, links) schilderte die einzelnen Stationen der Burggeschichte, verwies auf Details im Mauerwerk, erzählte über das Leben auf der Burg, soweit sich dies dokumentieren lasse, und stellte dar, wie stark der einstige Adelssitz ein Teil der Dürrmenzer Historie ist. Dabei streifte er auch die Burgenlandschaft des Mittelalters in Enztal und Stromberg. Vor allem im 19. Jahrhundert hätten Ruinen als Steinbrüche gedient, so auch die Löffelstelz, um Steine für den Bahnbau zu gewinnen. Zahlreiche Fragen von Besuchern zeigten, wie groß das Interesse an Einzelheiten der Burggeschichte ist.




CDU-Vorsitzender und Stadtrat Wolfgang Schreiber sagte in der Begrüßung, dass es dem Gemeinderat wichtig gewesen sei, die Burgruine als ein wertvolles Stück Heimatgeschichte zu sanieren und damit zu erhalten. Mehrere hunderttausend Euro der Stadt seien in dieses Projekt geflossen, zudem hätten sich das Land Baden-Württemberg, die Denkmalstiftung und insbesondere der Verschönerungsverein finanziell engagiert. Wichtig sei aber auch der Einsatz ehrenamtlicher Kräfte bei der Sicherung der Funde gewesen, wobei er die Scherbabuzzer hervorhob. Die Bewahrung der Heimatgeschichte sei der Union ein wichtiges Anliegen.

Wichtig ist es, nicht nur bald die Geschichte der Burgruine und die neuesten Forschungsergebnisse in der Schriftenreihe der Stadt zu veröffentlichen, wie es meine Fraktion beantragt hat, sondern auch 2009 die Löffelstelz-Ausstellung im Heimatmuseum zu eröffnen. Beide Projekte sind auf einem guten Weg.

Die Bewahrung der Geschichte schmückt die Zukunft einer Stadt.

Heimatmuseum und Stadtgeschichte

Etwa 2500 Exponate auf rund 600 Quadratmetern in fünf Ebenen bietet das Heimatmuseum Mühlacker in der 1596 errichteten Kelter. In meinen ersten Jahren im Gemeinderat - Ende der siebziger Jahre - wurde das historische Gebäude saniert, nachdem ursprünglich ein Abbruch geplant war. Zum Glück setzten sich letztlich die Befürworter der Erhalts der Kelter durch, die inzwischen zur guten Stube unserer Stadt geworden ist.

Damals entstand das Heimatmuseum in seiner jetzigen Form, wobei vor allem zwei einst private Sammlungen zusammengeführt wurden. Inzwischen hat sich manches verändert. Ausgelöst durch die Funde auf der Burgruine Löffelstelz stellt sich nun die Frage, wie diese Schätze im Museum gezeigt werden. Die CDU-Gemeinderatsfraktion stellte im Februar den Antrag, über ein neues Konzept nachzudenken. Nach fast vier Jahrzehnten sei es notwendig, die Sammlung des Heimatmuseums auf den aktuellen Stand zur Mühlacker Geschichte zu bringen und die Ausstellung unter Verwendung neuerer Methoden der Museumsdidaktik noch attraktiver zu gestalten.

Heute nun gab es - quasi als Auftakt zur Diskussion - eine Besichtigung des Museums durch den Gemeinderat. Mit dabei Dr. Axel Burkarth als Vertreter der Landesstelle für Museumsbetreuung Baden-Württemberg, Bernd Wellinger von den Scherbabuzzern - den ehrenamtlichen Helfern bei den Ausgrabungen auf der Löffelstelz - sowie Tilmann Marstaller, der als Mittelalterarchäologe die Ausgrabungen auf der Ruine wissenschaftlich begleitet.

Das Museum zeichnet sich durch Schwerpunkte aus: Vor- und Frühgeschichte, Möbel und Geräte des 16. bis 19. Jahrhunderts, Wehrkirchen, Burgen, Waldenser, Recht, Maß und Gewicht, Weinbau und Landwirtschaft, Feuerwehr und Handwerksgeräte. Bunt zusammengewürfelt, ist es eher ein archöologisch und bäuerlich ausgerichtetes Museum. Wer sich mit nteressanten Einzelstücken begnügt, findet schöne Dinge. Was fehlt, sind Zeitfenster, in die die verschiedenen Exponate gestellt werden - museumspädagogisch begleitet. Museumsleiterin Adelheid Teschner verwies zurecht auf die beengten räumlichen Verhältnisse.

Wenn nun die Löffelstelz-Funde gezeigt werden, sollten dies eingebettet werden in einen Gesamtabschnitt Mittelalter.

Grundsätzlich wird der Gemeinderat eine Antwort auf die Frage geben müssen, ob wir das Museum in der jetzigen Form - ein Stadtratskollege nannte es "urig" - bewahren und damit den Status quo sichern wollen. Oder ob wir es weiter entwickeln zu einem stadtgeschichtlichen Museum. Denn einige wichtige Themen fehlen - von der Industriealisierung über die Veränderungen im 20. Jahrhundert bis zur Geschichte der Stadtteile. Natürlich lässt sich das nicht im Hau-Ruck-Verfahren erreichen, zumal auch finanzielle Mittel bereitgestellt werden müssen. Deshalb ist es wichtig, sich über das Ziel zu verständigen und dann zu schauen, in welcher Zeit und mit welchem Einsatz es erreicht werden kann. Ein Punkt wird auch der Raumbedarf sein. Weshalb soll das Heimatmuseum nicht auch Außenstellen haben?

Dieses Konzept zu entwickeln - falls es dazu eine Mehrheit im Gemeinderat gibt - braucht Zeit. So lange können wir mit den Löffelstelz-Funden nicht warten. Diese sollen 2009 gezeigt werden. Dazu könnte ein bisher als Werkstatt des Museums genutzter Raum verwendet werden. Dort neue museumsdidaktische Erkenntnisse anzuwenden und damit auch Erfahrungen zu sammeln wäre ein willkommener Nebeneffekt.

Römer und Ritter oder Ein schönes Stück Heimatgeschichte

Denk mal, ein Denkmal: Die Burg Löffelstelz ist zum Denkmal des Monats ausgerufen worden. Eine angenehme Nachricht, die wir gestern lesen konnten. Eine Burg, nicht nur als Kulisse für Rittergeschichten, sondern ein beliebtes Stück Heimat. Seit die Stadt viel Geld ausgab, um das Denkmal zu sichern - viele Bürger, Vereine, das Land und die Denkmalstiftung halfen finanziell tatkräftig mit -, wird an der Resonanz deutlich: Die Menschen sind sehr an der Historie ihres eigenen Lebensumfeldes interessiert. Jeweils zwischen 100 und 300 Besucher kommen zu den sonntäglichen Öffnungszeiten (14 bis 17 Uhr), die von April bis Oktober angeboten werden. Eine Visite lohnt - wegen der Burg, aber auch des phantastischen Blickes über die Stadt. Und im Juni und Juli finden stimmungsvolle Konzerte in der Ruine statt.

Dass wir die Ruine sichern, sie quasi befreien vom Wildwuchs an den Mauern und sie so sichtbar werden lassen, war im Gemeinderat nie umstritten. Alle machten mit. Nicht so vor einigen Jahren die Freilegung der Mauerreste einer alten Villa aus der Römerzeit bei unserem Stadtteil Enzberg. Manche im Gemeinderat - und wohl auch der Stadtverwaltung - hatten keine Lust, fast eine halbe Million Mark in die Geschichte zu stecken. Das Landesdenkmalamt hätte auch nichts dagegen gehabt, die Fundstelle wieder unter einer Erddecke verschwinden zu lassen. Es war mein Fraktionskollege Dieter Eberle, der mit seinem Einsatz für Freilegung und Restaurierung letztlich das erreichte, was heute zu sehen ist. Heute war ich mit den Kindern dort und fand erneut bestätigt: Auch das ist ein beliebtes Ausflugs- und Wanderziel für Familien. Die Infotafeln sind informativ, zeigen ein Bild, wie die Menschen dort einst lebten. Inzwischen ist auch ein kleines Beet angelegt worden mit Kräutern, wie sie die Römer geschätzt hatten. Die römische Villa Rustica ist ein Magnet geworden - genauso wie die Löffelstelz.

Beide Projekte belegen: Auch Investitionen in die Vergangenheit lohnen sich. Denn sie führen Menschen zusammen, erhalten Zeugen der Geschichte für die Zukunft und machen eine Stadt attraktiver.

Auch mal neue Gedanken zulassen oder Das Heimatmuseum und die Löffelstelz

Heimatbücher werden schon längst nicht mehr als chronologische Darbietung von Fakten verfasst, sondern sind thematisch gegliedert. Die Autoren stellen die Daten in den geschichtlichen Zusammenhang, ordnen sie ein, erschliessen dem Leser ein Zeitfenster, durch das er auf Vergangenes blicken kann, um ein Gesamtbild zu erhalten. Inzwischen wenden Museums-Macher diese didaktischen Änderungen auch auf Ausstellungen an. Das war auch Thema eines Besuches der CDU-Stadträte bei den "Scherbabuzzern" und dem Archäologen Tillmann Marstaller, über den ich im Weblog berichtet habe.

Ergebnis der Gespräche vor Ort war ein Antrag der CDU-Fraktion im Gemeinderat. HeimatmuseumundLffelstelz.pdf, der am Dienstag, 1. April beraten wird.

Doch die Stellungnahme der Verwaltung drückt das aus, was schon gemunkelt wurde: Das Amt für Bildung und Kultur will zwar auch eine Dauerausstellung mit den neuesten Funden von der Burgruine Löffelstelz, doch damit soll es gewesen sein. Keine Neuausrichtung, keine neuen Erkenntnisse über Museums-Gestaltung, nicht einmal der Blick eines externen Fachmanns zur Aufbereitung der sehenswerten Exponate ist erwünscht. Lieber wird im eigenen Saft geschmort. Hier die Argumente in der Sitzungsvorlage der Verwaltung: Museum.pdf.

Eine interessante Diskussion wird es darüber im Gemeinderat geben. Denn das Heimatmuseum in seiner jetzigen Art der Darbietung ist mehr als ein Vierteljahrhundert alt. Darüber nachzudenken, wie für noch mehr Menschen die Sammlung in der historischen Kelter interessant gemacht werden kann, sollte eigentlich Pflicht auch für eine Verwaltung sein. Möglicherweise gibt es neue Ideen. Denn Heimatgeschichte steht hoch im Kurs - die Menschen wollen dabei Orientierung.

Löffelstelz und die Funde oder Echt gut, die Geschichte

Archäologe Tilmann Marstaller (links) erläutert die Funde, wie sie aufbereitet und erfasst werden. Eine interessante Geschichtsstunde bei den Scherbabuzzern.


Heute Abend gab es einen spannenden Termin bei den Scherbabuzzern in ihrem Domizil am Leoweg in Mühlacker-Dürrmenz. Um Zeitzeugen der Löffelstelz-Geschichte ging es beim Gespräch mit der ehrenamtlichen Helfertruppe der Archäologen während der Grabarbeiten auf der Burg. Alterturmsforscher Tilmann Marstaller sowie der Sprecher der Scherbabuzzer, Bernd Wellinger, informierten über den aktuellen Stand der Aufbereitung der Funde. Der Aufwand für die Zeitzeugen der Ruine hoch über dem Enztal hat sich als Basis der neuen Erkenntnisse sowie für die populärwissenschaftlichen und wissenschaftlichen Auswertungen gelohnt. Ziel ist nun eine repräsentative und selbsterklärende Darstellung der Zeit des Spätmittelalters im Heimatmuseum.

Unsere Fraktion unterstützt den Plan, 2009 in der Schriftenreihe der Stadt einen Band über die Forschungsergebnisse zur Löffelstelz zu veröffentlichen. Im selben Jahr sollte auch eine Dauerausstellung im Heimatmuseum über das Spätmittelalter eröffnet werden. Dies kann die Chance sein, das Museum nach den neuesten didaktischen Vorstellungen auszurichten. Die Exponate müssen stärker in einen zeitgeschichtlichen Zusammenhang gestellt werden. Dadurch kann das Museum nur gewinnen. Statt einer reinen Sammlung sollten die Gegenstände in Zeitfenstern zusammengefasst werden, wobei auch die Geschichte der Stadtteile einbezogen werden muss – beim Spätmittelalter zum Beispiel die der Wehrkirchen von Lienzingen und Großglattbach.

Insgesamt sind von den Scherbabuzzern in ihrem Domizil am Leoweg zwischen 30.000 und 40.000 unterschiedliche Funde aufbereitet worden. Jedes Stück hat man fünf- oder sechs Mal in die Hand nehmen müssen – vom Ausgraben über das Säubern und Sortieren bis zur Erfassung in einer extra dafür von Marstaller angelegten Datenbank und der Verpackung. Bisher sind etwa 11.000 Stücke in der elektronischen Kartei registriert worden und damit etwa ein Viertel. Marstaller rechnet damit, dass diese Arbeiten in den nächsten Monaten abgeschlossen werden können. Er erfasst die Stücke, wiegt sie, fertigt mit dem Scanner jeweils ein Bild an und die Scherbabuzzer liefern notwendige Zeichnungen mit Größenangaben und Querschnitten, mit denen der Computer ebenfalls gefüttert wird. Das war ganz beeindruckend. Die Laien hätten sich inzwischen selbst gute Fachkenntnisse angeeignet, ein solches Engagement sei einmalig, sagte Marstaller: „Dadurch konnten weitaus mehr Funde gesichert und erfasst werden als bei einer Ausgrabung allein mit hauptamtlichen Kräften.“ Ein solcher Zeitaufwand ehrenamtlicher Kräfte sei selten im Land.

Derzeit erfolge die archäozoologische Bestimmung und die Auswertung der Tiefknochenfunde durch eine Expertin.

Die Funde landen im Archäologischen Landesarchiv Rastatt, das allerdings bereit ist, Stücke als Dauerleihgabe für eine Ausstellung im Heimatmuseum der Stadt zu überlassen. Eine Chance, die genutzt werden sollte. Da waren wir uns alle einig. Es ist wichtig, die Exponate plastisch darzustellen und dem Betrachter den Alltag der Menschen in der Zeit, als das Löffelstelz-Areal bewohnt war, nahezubringen. Was den Fundkomplex so wertvoll mache, seien nicht die einzelnen Scherben, Knochen oder Metallstücke, sondern seine Vollständigkeit, welche die seltene Gelegenheit auch für eine statistische Auswertung des Fundmaterials biete, die wiederum Rückschlüsse auf das Leben der Menschen zulasse, sagte Marstaller uns.

Zahlreiche Teile von Ofenkacheln belegen den Wohnkomfort in den Stuben, die mit Kachelöfen beheizt wurden. Scherben von Kochgefäßen geben Zeugnis von der Kochkunst des 13. bis 15. Jahrhunderts. Eierspeisen bereitete man in Dreifußpfännchen zu, der mittelalterlichen Vorläuferin der Bratpfanne. Stellvertretend für die vielen Metallfunde steht ein gut erhaltenes Türschloss aus dem 15. Jahrhundert. „Nun lässt sich das Spätmittelalter in seinen ganzen Facetten darstellen – nicht wie es allgemein war, sondern ganz konkret in unserer Heimat“, fasste Wellinger zusammen. Er hat recht. Die Funde von der Löffelstelz brachten viele neue Erkenntnisse und bedeuteten heimatgeschichtlich fast einen Quantensprung. Echt gut, die Geschichte!