Mühlehof: Der Plan für den Rückbau

Der Mühlehof von der B10 her

 

Schon lange nichts mehr von ihm gehört, dem Mühlehof? Jenem Kupfer-Koloss, der das Bild des Stadtzentrums so prägt. Irgendwie war es still geworden um das Objekt, nachdem der Gemeinderat Anfang Juli 2017 einstimmig beschlossen hatte, die inzwischen marode und leer stehende Immobilie auf dem selben Platz durch eine neue Stadthalle zu ersetzen. Bis Ende 2018, so das angepeilte Datum, soll der Mühlehof dem Erdbogen gleichgemacht sein. Schon wurde im Gemeinderat eine Stimme laut, man könne auch noch 2019 die Abrissbirne bestellen. Doch zum Glück blieb der Verschiebeversuch ohne Echo, zumal die Stadtverwaltung - eher lautlos - an den Vorarbeiten sitzt. Manche glauben nach der jahrelangen Hängepartie erst dann an den Abriss, wenn die Maschinen anrollen. Zu oft wurde etwas beschlossen, was sich am Ende nicht umsetzen ließ - weil die Stadt dazu jeweils auf Partner angewiesen war.

Doch jetzt wird es ernst. Der zuständige Gemeinderatsausschuss diskutierte schon im März 2018 nichtöffentlich den Ablaufplan für den Rückbau. Gleichzeitig hielt sie die Stadtverwaltung an, in öffentlicher Sitzung, nicht nur wie geplant den formalen Beschluss einzuholen, sondern dabei in die Breite zu gehen und detailliert zu informieren. Denn nicht nur die Nachbarn und Organisatoren von Veranstaltungen im Bereich Kelterplatz/Konrad-Adenauer-Platz hegen ein Interesse daran, sondern auch eine größere Öffentlichkeit.

Für 10. April soll der Punkt auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung des Ratsausschusses für Umwelt und Technik stehen. Die weiteren Termine: Bis Ende April - 2018 natürlich - wird die Ausschreibung der Arbeiten auf den Weg gebracht sein, die die genauen Kosten erbringen soll. Die Schätzung geht von 1,4 Millionen Euro aus. Nach dem jetzigen Terminplan laufen Anfang Juni die ersten Arbeiten an - Gerüst stellen, Kupferplatten entfernen und alles so weit vorbereiten, dass die Bagger anrollen können. Ende Juli/Anfang August geht es mit schwerem Gerät ans Eingemachte. Dabei muss eine Spur der Bundesstraße 10 gesperrt werden. Ein Glücksfall, dass die B10 wegen Leitungs- und Sanierungsarbeiten in dieser Zeit für einige Wochen vom Regierungspräsidium Karlsruhe dicht gemacht werden muss. Beides lässt sich wohl zeitlich kombinieren. Natürlich wird die Beseitigung einer solchen Bau-Masse nicht vonstatten gehen kann, ohne dass davon jemand etwas bemerkt. Die Beeinträchtigungen sollen aber aufs unbedingt notwendige Maß reduziert werden. Auf dass dann endlich ein neues Kapitel in der Geschichte des Stadtzentrums aufgeschlagen werden kann.

Dass der Abschied vom Mühlehof auch bei jenen nicht ohne Wehmut erfolgt, die sich frühzeitig für einen solchen Einschnitt ausgesprochen hatten, nehme ich auch für mich in Anspruch. Er ist - und war dann - ein Stück Stadthistorie. Aber noch sind wir nicht soweit. Denn parallel laufen die Planungen für eine neue Stadthalle, noch im April will sich der Gemeinderat auf einer Infotour gelungene und auch bezahlbare Hallen anschauen. Und übers Geld müssen wir auch noch reden.

Update 5. April 2018: Entgegen der Vereinbarung mit den Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat auf öffentliche Beratung am 10. April 2018 hat die Stadtverwaltung heute den Punkt in den nichtöffentlichen Teil des UTA verschoben. Es ist höchst ärgerlich!

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Gysi über Gysi: Wild entschlossen

Gysi-Erinnerungen (Büchergilde Gutenberg)

Politiker, Jurist, Alleinerziehender, Unterhalter, Moderator, Vermittler, Selbstdarsteller, Autor: Gregor Gysi. Seine Autobiografie „Ein Leben ist zu wenig“ liest sich gut, seine Selbstironie erhöht den Lesegenuss, der Inhalt wird nie langweilig, lässt auch Menschen mit kritischer Distanz zu diesem prominenten Kopf der Linken das Buch nach 574 Seiten mit dem sicheren Gefühl zur Seite legen, die Zeit damit nicht nutzlos verbracht zu haben. Der Erkenntnisgewinn mag graduell unterschiedlich sein, bei Null ist er jedenfalls nie. „Ich bin wild entschlossen, das Alter zu genießen“, heißt es in seinem Prolog. Der 70-Jährige kündigt an, politisch wahrnehmbar zu bleiben. Ältere Menschen warne er gern davor, sich nur noch über Krankheiten zu unterhalten. „Denn die Folge dessen besteht - weiß Gott - nicht darin, dass man gesünder wird.“

Doch unverhofft kommt auch hier. Irgendwann 1989/90 sieht er ein, dass sein politisches Biotop nicht mehr zu halten ist, startet als Nachfolger von Egon Krenz im Vorsitz der SED das Rettungsunternehmen für die Ex-Staatspartei, die sich bald in Partei des demokratischen Sozialismus, später in Die Linke umbenannt und längst in der bundesrepublikanischen Wirklichkeit angekommen ist. Gysi schildert seine Drahtseilakte und Schachzüge, verdeutlicht frühere und aktuelle Konfliktlinien, streut Anekdoten ein, betont seinen ständigen Willen zu einem friedlichen Übergang und ist mächtig stolz, dass ihm dies auch Willy Brandt und Wolfgang Schäuble bescheinigten.

Gysi lässt den Leser in die Rolle dessen schlüpfen, der stiller Zuschauer sein darf des Familienlebens der deutschen Linken, nimmt ihn auch mit zu seinen Reisen und Gesprächen mit Arafat, Castro, Gorbatschow & Co., stellt sich meist selbst ein gutes Zeugnis aus. Er erscheint nicht als der Mann mit großen Selbstzweifeln, ist geistig beweglich, amüsant und schlagfertig, bedient auch die Ost-Nostalgiker: „Immer wieder gräbt man nach Belegen des Diktatorischen - als müsse man mit allen Mitteln die Unwirtlichkeit des Staates beweisen, in dem man nur als  vermeintlicher Westbürger oder feiger Anpasser überdauern konnte.“ Das ist einer der Kernanliegen des Gregor Gysi.

Man muss diese Meinung nicht teilen, aber den Blick auf seine Sicht der Dinge wagen. Das Urteil muss jede(r) für sich fällen. Auch nach dem Lesen seiner Erinnerungen teile ich seine Auffassung nicht, zumal bei ihm der Schießbefehl an der Mauer nur als Beiwerk vorkommt. "Gysi über Gysi: Wild entschlossen" vollständig lesen

Stadt der E-Mobilität?

Ein Termin zum Vormerken (ich hab’s getan): Sonntag, 6. Mai 2018, 11 bis 17 Uhr, Lienzinger Tor am Bahnhof Mühlacker. Die Frage nicht nur dieses Tages: „Wie fahren wir in die Zukunft?“ Antworten darauf soll es an elf Ständen geben. Dafür haben die Stadtwerke Mühlacker, Autohäuser und Fahrradhändler nicht nur Anschauungsobjekte dabei, sondern bieten auch Probefahrten an. Damit bleibt die Zukunftsfrage nicht nur trockene Theorie, sondern kann durch eigenes Ausprobieren auch gleich einem persönlichen Test unterzogen werden, heißt es in einem MT-Vorbericht. Ganz schön schlau wäre es von der Spitze  der Stadtverwaltung, wenn sie vorher ihr Konzept für Mühlacker als Stadt der E-Mobilität vorlegen würde, das der Gemeinderat Mühlacker im Herbst 2015 in Auftrag gab und an dem gefeilt wird. Im Vorgriff sind die Stadtwerke Mühlacker dabei, das Ladestellennetz aufzubauen. Auch wenn es am 6. Mai nicht nur um E-Mobilität geht, sie dürfte wohl ein Schwerpunkt sein.

Gleichzeitig steht ThyssenKrupp in Mühlackers Industriegebiet Waldäcker vor dem Start. Unter anderem als Zulieferer für die Produktion von Porsche und dessen E-Modell Mission.   Über dieses Modell und über die geplanten Stromautos anderer Hersteller schreibt die Zeit und jubelt: Als Grund für die geringe Nachfrage nach der Elektro-Kaufprämie heißt es oft, es gebe bisher nur wenige Modelle. Das ändert sich 2018/19 aber drastisch. Gleichzeitig wachsen die Reichweiten - eine Notwendigkeit, die ich in diesem Blog an Alltagsbeispielen öfters beschrieben habe. Seit mehr als zwei Jahren fahre ich einen reinen Stromer, den Nissan Leaf mit einer 30-kWh-Batterie. Die effektiven Reichweiten, je nach Last, Tempo, Jahreszeit und Topografie, mit 150 bis 190 Kilometer lassen einen bei Überlandstrecken an Grenzen stoßen. Solche Fahrzeuge deshalb zu reinen Stadtautos zu erklären, taugt auf Dauer als Kaufargument nicht. Selbst Rentner haben mal weiter gelegene Ziele. Nicht nur Nissan mit dem Leaf baut nun doppelt stärkere Akkus ein.

Apropos Stadtauto. Das lasse ich für einen Smart EQ Fortwo noch gelten. Über dieses Modell findet sich im emobilitaetsblog.de ein lesenswerter Erfahrungsbericht. Dieser Typ ist die perfekte Antwort für alle Kritiker an Elektroautos. Er ist das ultimative Elektrofahrzeug für die Stadt. Der Autor beklagt aber die mehrere Monate dauernden Lieferzeiten (wie auch bei VW) und fordert Sonderschichten!  

Die weltweiten Zulassungszahlen zeigen eines: Weniger als ein Prozent der Neuzulassungen 2017 in Deutschland entfallen auf reine oder kombinierte E-Mobile, ein Zuwachs auf niedrigem Niveau. Andere europäische Länder liegen besser, allerdings bleiben auch sie im Bereich der Nischenprodukte (zum Beispiel Schweden 3,5 Prozent). Rekordhalter ist weiterhin Norwegen. Stärker mischt China mit. Jedenfalls eine interessante Gesamtschau. Mit einem größeren Modellangebot dürften die Anteile in Deutschland deutlicher anziehen. Und hier sind auch die Kommunen gefordert, die Möglichkeiten zu nutzen, mit denen der Gesetzgeber zusätzliche Anreize geschaffen hat (Mühlacker bleibt noch außen vor).

Und dann dies: Deutschland sucht den Super-Akku.  Eine spannende Entwicklung. Und interessante Themen beim Mühlacker Mobilitätstag.

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