Hurra, mehr Kinder! Folgerungen für die Kommune bei den Betreuungsangeboten

Warten auf den neuen Kindergarten (Friedrich-Münch-Kindergarten, Lienzingen)

Die Betreuungsquote bei den Kindern unter drei Jahren ist 2018 von 33,1 auf 33,6 Prozent gestiegen, meldete jetzt das Bundesfamilienministerium. Demnach wurden am Stichtag 1. März 2018 bundesweit 789.559 Kinder unter drei Jahren in einer Kita oder in der Kindertagespflege betreut. Das waren 27.198 mehr als im Vorjahr. Bei den Kindern im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt stieg die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 52.061 auf knapp 2,4 Millionen. Das ist der höchste Anstieg seit Beginn des Berichtszeitraums im Jahr 2006 und entspricht einer Betreuungsquote von 93,3 Prozent.

Und wie steht Mühlacker da? In der Gemeinderatsvorlage 175/2018 wird als lokale Versorgungsquote mit Plätzen für Kinder von acht Wochen bis drei Jahren langfristig 50 Prozent angestrebt (376 Plätze), derzeit 33,2 Prozent.

Zudem steigen laut Statistischem Landesamt die Geburtenzahlen in Mühlacker - allerdings fehlt noch die Angabe für 2018.

Örtliche Bedarfsplanung nach dem Kindertagesbetreuungsgesetz (KiTaG) für Kinder von 0 Jahren bis zum Schuleintritt, heißt die alljährliche Vorlage sprachlich leicht hölzern. Im Herbst 2018 beschloss der Gemeinderat auf dieser Basis und wieder steigender Kinderzahlen:

  • Neubau einer mindestens zweigruppigen Einrichtung in der Kernstadt für mindestens 42 Kinder im Altern von 3 Jahren bis zur Einschulung, der bis Herbst 2020 bezugsfertig sein muss. Die Verwaltung wollte noch in 2018 mit einer Planung beginnen. Die neu zu schaffende Einrichtung soll zumindest 30 Ganztagsbetreuungsplätze haben, die übrigen Plätze verlängerte Öffnungszeiten.
  • Im Anschluss an die Fertigstellung des  Neubaus werden die 20  Ganztagesplätze im Kindergarten Storchennest zugunsten von 37 Kindergartenplätzen  mit verlängerten Öffnungszeiten aufgegeben. Dadurch kann im bisherigen Schlafraum des Storchennests eine weitere Kleingruppe (12 Plätze) mit verlängerten Öffnungszeiten eingerichtet werden. Ein Umbau ist nicht erforderlich, lediglich eine ergänzende Möblierung, so die Verwaltung in der Vorlage im Herbst 2018.#Die Verwaltung erhielt seinerzeit den Auftrag, für weitere vier Krippengruppen für Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren und weitere drei bis vier Ganztags-Kindergartengruppen Unterbringungsmöglichkeiten zu suchen, gegebenenfalls auch in den Teilorten. 

In der Vorlage waren bestehende Engpässe deutlich geworden. Die 90 im Wohngebiet Eckenweiher und Heidenwäldle zur Verfügung stehenden Plätze waren bereits im März 2017 voll ausgeschöpft. Aufnahmen von Kindern, die im 2. Halbjahr des Kindergartenjahres drei Jahre alt wurden, konnten nur dann realisiert werden, wenn Zweijährige drei Jahre alt wurden - zahlenmäßig belegen Zweijährige jeweils zwei Plätze - oder Kinder verzogen. In der Kernstadt fehlten somit im Herbst 2018 insgesamt wenigstens 50 Plätzen. Zumal die 148 Betreuungsplätze in den Kindergärten Senderhang, Schillerstraße und Schulerweg bereits zu Beginn des Kindergartenjahres 2018/19 überbelegt waren - auch Folge des Generationswechsels am Senderhang, in Eckenweiher, Bannholz und Heidenwäldle. Junge Familien übernehmen ältere Immobilien. Zudem entstanden neue Wohngebäude in Goldshalde und Aischbühl Ost. Nicht berücksichtigt sind bei all dem die Wohnbau-Pläne in der Ziegelei.

Die Stadt behalf sich mit einer Lösung, die jedoch zeitlich befristet ist. In der vor genau einem Jahr in Betrieb gegangenen Kinderkrippe im Käppele unter Trägerschaft des Internationalen Bundes zwackte die Stadt 50 Plätze mit verlängerten Öffnungszeiten für Drei- bis Sechsjährige ab, weil die Kinderkrippe für Kinder unter drei Jahren nicht auf einen Schlag voll belegt war. Eine sinnvolle Lösung, wenn auch unter der Bedingung, dass bis Herbst 2020 an anderer Stelle in der Kernstadt neue Plätze entstehen und die Krippe rundum das sein kann, was sie ist: eine Kinderkrippe. Denn dafür überwies der Bund auch einen ordentlichen Zuschuss zu den Baukosten. Herbst 2020 müssen diese Plätze wieder vollständig dem Krippenbetrieb zur Verfügung stehen. Andernfalls wären Zuschüsse zurückzubezahlen.

Daneben wartet der in die Jahre gekommene Friedrich-Münch-Kindergarten in Lienzingen auf Ersatz. Dafür stehen 1,8 Millionen Euro im städtischen Haushalt für 2019.

Wir wollen keine Pforzheimer Verhältnisse. Soll heißen: Nicht über Jahre die Dinge treiben lassen, in Untätigkeit verharren und dann eines Tages in Hektik ausbrechen, weil es bei weitem nicht genügend Betreuungsplätze gibt und die Eltern auf die Barrikaden gehen. In Mühlacker sind wir bisher gut damit gefahren, Angebot und Nachfrage in Einklang zu halten.

Zudem: Es ist landesweit (und auch in Mühlacker) nicht damit zu rechnen, dass die Nachfrage nach Ganztagskindergartenplätzen wieder sinken wird, nachdem er innerhalb von zwei Jahren von statistisch 23  in 2014 auf  knapp 26 Prozent in 2016 angewachsen ist.

Doch was unternahm die Stadtverwaltung seit Herbst 2018? Wird diese wichtige Aufgabe überlagert vom Streit über die Kostenexplosion beim Neubau der Hauptfeuerwache, von der Debatte um das Loch nach dem Abriss des Mühlehofs, von Stadthalle und Schulerweiterung im Lindach? Wann kann der Gemeinderat über den Standort für einen neuen, mindestens zweigruppigen neuen Kindergarten in der Kernstadt entscheiden? Sind - auch für den neuen Kindergarten in Lienzingen - Planungsaufträge in Sicht? Klarheit erwarte ich mir von einer Informationsrunde, die ich beim OB angeregt habe. Nach der Sommerpause sollten, so mein Vorschlag, die Stadträte mündlich auf den aktuellen Stand der Dinge gebracht werden.

Apropos Feuerwache: Allein von den 3,8 Millionen Euro Verteuerung hätte sich leicht ein neuer Kindergarten in der Kernstadt gebaut werden können. Nur um einmal die Kostenexplosion einzuordnen.

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