Hauptorgan in Blickweite zur Pole-Position
Quelle: Spruch des Tages
Diesen Eindruck formulierten Bürger auch in Gesprächen vor der Kommmunalwahl immer wieder. Es ist also nicht nur ein "Ratsempfinden". Wie wehrt sich dann ein so gescholtener Rathausvize in der Sitzung, nachdem ich das Thema beim Finanzzwischenbericht losgetreten hatte? Er listet in seiner Bedrängnis die Anträge und Anfragen aus dem Rat auf, die Zeit kosten und durch die andere Arbeit liegen bleibe. Die Revanche, genauer die Ausrede ist nicht neu. Der Versuch, den Schwarzen Peter dem Gemeinderat zuzuschieben, auch nicht - darüber habe ich schon einmal gebloggt.
Was meinte Abicht doch in gehabter Manier? Schon wieder lägen acht Anträge aus dem Gemeinderat vor, hinzu kämen noch neun aus der Zeit vor den Kommmunalwahlen, die an diesem Abend abgearbeitet werden sollten (was aus Zeitgründen nicht vollständig gelang). Zudem seien über 120 Anfragen von Stadträten eingegangen (in welchem Zeitraum, blieb offen). Es gelte einen 100-Millionen-Euro-Etat für 2019 abzuwickeln (den die Verwaltung so vorgelegt hatte), zusätzlich sei die Stadtverwaltung durch Personalsorgen geplagt (über die Ursachen sollte die Verwaltungsspitze einmal nachdenken). Immer wieder würden Mitarbeiter wegbrechen, die Stellen seien dann nur schwer neu zu besetzen. Gelinge dies trotzdem, müssten sich die neuen Mitarbeiter erst in die Materie einarbeiten, was zusätzlich Zeit koste (und was ist mit den zusätzlich vom Gemeinderat bewilligten und auch besetzten Stellen im Rathaus?)
Es ist unangemessen, wenn Spitzen einer Verwaltung versuchen, die wenigen (halb)scharfen Instrumente, über die ein Gemeinderat verfügt, als Zeitfresser darzustellen. Solche Versuche sind nichts anderes, als die Stadträte zu verschrecken, ja zu ängstigen, in der Hoffnung, sie nutzen dann ihre rechtlichen Möglichkeiten nicht mehr oder nur noch sehr sparsam. Bei mir jedenfalls verpufft dieses Ablenkungsmanöver.
Welche Möglichkeiten gibt die Gemeindeordnung Baden-Württemberg dem Ratsmitglied, Themen aufzugreifen? Der einzelne Gemeinderat darf Anfragen an die Stadtverwaltung richten, die in einem vertretbaren Zeitraum zu beantworten sind (die Mühlacker Verwaltung hält in Ausnahmefällen eine Wartezeit von bis zu einem Jahr schon mal für zeitnah). Fraktionen verlieh der Gesetzgeber das Recht, durch Anträge die Behandlung eines bestimmten Themas im Gemeinderat zu erzwingen. Mindestens ein Viertel des Gemeinderats braucht es, um Akteneinsicht durchzusetzen. Damit hat es sich aber schon mit den Möglichkeiten. Was bleibt? Das Gremium entscheidet über Anträge und Beschlussvorlagen der Verwaltung, die in den Sitzungen das Gros der Tagesordnungspunkte ausmachen. Die Verwaltung hält zudem einen Informationsvorsprung, kann durch gezielte Informationen auch Dinge steuern - die Freizeit-Politiker im Rat sind wie im Wettlauf zwischen Hase und Igel häufig nur der zweite Sieger. Um wenigstens die Bürgervertreter in Blickweite zur Pole-Position zu bringen, müssen sie ihre Rechte wahren können, ohne gleich in die Ecke gestellt zu werden. Denn bei der Personalbemessung einer Verwaltung ist die Behandlung von Anfragen und Anträge inbegriffen. Doch kaum eine Rathausspitze jammert über normale demokratische Rechte ihres Hauptorgans (!) so wie die von Mühlacker.
Die Verwaltung beschafft sich Arbeit selbst: Bei Lichte besehen, lösen entweder Untätigkeit oder mangelnde Kommunikation mit dem Rat einen Teil von Anfragen und Anträgen aus. Zum Beispiel, wenn eine Verwaltung es nicht auf die Reihe bringt, ihre 2017 gegebene Zusage für einen neuen Außenspielbereich des städtischen Kindergartens an der Ringstraße in Lienzingen einzulösen, weil es angeblich zuwenig Personal und wichtigere Dinge gebe (was ist bei einer Stadt, die sich junge Stadt nennt, wichtiger als Kinder?) Fragesteller lässt der zuständige Amtsleiter inzwischen ins Leere laufen. Oder die Endlos-Geschichte um den maroden ehemaligen Güterschuppen beim Bahnhof in Enzberg, der totz Ankündigungen immer noch steht. Zwei der acht Anträge seit dem 26. Mai betreffen die Abteilung Lomersheim der Freiwilligen Feuerwehr - aber nur, weil der Gemeinderat die Grundlagen der Entscheidung des (anderen) Fachamtes wissen will, die Anmietung von Räumlichkeiten im Wendler-Areal abzulehnen, obwohl der Rat in den Haushaltsberatungen noch Gelder dafür bewilligt hatte. Dass der Plan im Papierkorb landen soll, wusste die Feuerwehr vor Ort zu berichten und löste Erstaunen bei den (nicht informierten) Räten aus.
Information ist eine Bringschuld der Verwaltung, lässt sich der Gemeindeordnung entnehmen. Der Bürgermeister hat den Gemeinderat über alle wichtigen die Gemeinde und ihre Verwaltung betreffenden Angelegenheiten zu unterrichten; bei wichtigen Planungen ist der Gemeinderat möglichst frühzeitig über die Absichten und Vorstellungen der Gemeindeverwaltung und laufend über den Stand und den Inhalt der Planungsarbeiten zu unterrichten (GemO § 43, Absatz 5). Daran hapert's. Ein Kollege aus einer anderen Fraktion - FDP-Mann und damit Parteifreund des OB - sagte in puncto Ziegelei, die Kommunikation der Verwaltung gegenüber potenziellen Investoren, Bürgern und Gemeinderat sei miserabel.
Wenn wir kein Umsetzungsdefizit der Verwaltung bei Gemeinderatsbeschlüssen hätten oder Verzögerungen (die immer mal drin sind) rechtzeitig gegenüber Öffentlichkeit und Rat kommuniziert würden, bräuchte es weniger Anfragen und Anträge. Das wäre allemal besser als eine Ratsschelte. Aber das lernt die Verwaltung sicherlich auch noch. Schon gar eine Behörde, die von einem ehemaligen Stadtrat geleitet wird.
Die Verwaltung beschafft sich Arbeit selbst: Bei Lichte besehen, lösen entweder Untätigkeit oder mangelnde Kommunikation mit dem Rat einen Teil von Anfragen und Anträgen aus. Zum Beispiel, wenn eine Verwaltung es nicht auf die Reihe bringt, ihre 2017 gegebene Zusage für einen neuen Außenspielbereich des städtischen Kindergartens an der Ringstraße in Lienzingen einzulösen, weil es angeblich zuwenig Personal und wichtigere Dinge gebe (was ist bei einer Stadt, die sich junge Stadt nennt, wichtiger als Kinder?) Fragesteller lässt der zuständige Amtsleiter inzwischen ins Leere laufen. Oder die Endlos-Geschichte um den maroden ehemaligen Güterschuppen beim Bahnhof in Enzberg, der totz Ankündigungen immer noch steht. Zwei der acht Anträge seit dem 26. Mai betreffen die Abteilung Lomersheim der Freiwilligen Feuerwehr - aber nur, weil der Gemeinderat die Grundlagen der Entscheidung des (anderen) Fachamtes wissen will, die Anmietung von Räumlichkeiten im Wendler-Areal abzulehnen, obwohl der Rat in den Haushaltsberatungen noch Gelder dafür bewilligt hatte. Dass der Plan im Papierkorb landen soll, wusste die Feuerwehr vor Ort zu berichten und löste Erstaunen bei den (nicht informierten) Räten aus.
Information ist eine Bringschuld der Verwaltung, lässt sich der Gemeindeordnung entnehmen. Der Bürgermeister hat den Gemeinderat über alle wichtigen die Gemeinde und ihre Verwaltung betreffenden Angelegenheiten zu unterrichten; bei wichtigen Planungen ist der Gemeinderat möglichst frühzeitig über die Absichten und Vorstellungen der Gemeindeverwaltung und laufend über den Stand und den Inhalt der Planungsarbeiten zu unterrichten (GemO § 43, Absatz 5). Daran hapert's. Ein Kollege aus einer anderen Fraktion - FDP-Mann und damit Parteifreund des OB - sagte in puncto Ziegelei, die Kommunikation der Verwaltung gegenüber potenziellen Investoren, Bürgern und Gemeinderat sei miserabel.
Wenn wir kein Umsetzungsdefizit der Verwaltung bei Gemeinderatsbeschlüssen hätten oder Verzögerungen (die immer mal drin sind) rechtzeitig gegenüber Öffentlichkeit und Rat kommuniziert würden, bräuchte es weniger Anfragen und Anträge. Das wäre allemal besser als eine Ratsschelte. Aber das lernt die Verwaltung sicherlich auch noch. Schon gar eine Behörde, die von einem ehemaligen Stadtrat geleitet wird.
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