Gegen den Drehtüreffekt

Einer der Pluspunkte der Sozialpolitik des Enzkreises sind wohnortnahe Einrichtungen wie die Tagesstätten für psychisch kranke Menschen in Mühlacker und Remchingen. Heute gab es einen Tag der offenen Tür des Gemeindepsychiatrischen Zentrums in der Mühlacker Friedrichstraße 24, zu dem die Tagesstätte gehört. Das Diakonische Werk des Evangelischen Kirchenbezirks Pforzheim-Land ist Träger, in Verbindung mit dem Klinikum Nordschwarzwald. Die Tagesstätte als zwangloser Treff für Menschen mit seelischen Leiden ist an fünf Tagen geöffnet (von montags bis freitags). Ein niederschwelliges Angebot für den östlichen Enzkreis mit den Möglichkeiten, das Mittagessen einzunehmen, Gruppenangebote zu nutzen und Einzelgespräche zu führen. Eine "Nähwerkstatt", Gedächtnistraining, Spaziergänge und Ausflüge runden das Programm ab, das von etwa 50 Menschen genutzt wird.

Das Gemeindepsychiatrische Zentrum soll mithelfen, dass chronisch Kranke seltener stationär im Klinikum Nordschwarzwald aufgenommen werden müssen. Ein Projekt gegen den Drehtüreffekt. Das Angebot unterstützt, dass psychisch kranke Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Es geht um Vorsorge, Nachsorge und Krisenintervention.

Heute suchte diese Einrichtung die Öffentlichkeit. Etwa ein Prozent der Bevölkerung leiden unter seelischen Krankheiten. Und es ging auch darum, Öffentlichkeit über psychische Erkrankungen herzustellen.

Anfang des Jahres hat das Gemeindepsychiatrische Zentrum Mühlacker die neuen Räume im zweiten Obergeschoss von Friedrichstraße 24 bezogen. Unter einem Dach die gesamten Hilfsangebote für erwachsene psychisch kranke Menschen und ihre Angehörigen. Ziel ist es, eine eigenständige Lebensführung in der häuslichen Umgebung zu ermöglichen. Der Sozialpsychiatrische Dienst (SPDi) gilt als ein wichtiger Baustein im Konzept des Enzkreises, die Einrichtungen zu den Betroffenen zu bringen, Anlaufstellen in vertretbarer Entfernung zu schaffen. Mir waren die Gespräche und Informationen bei diesem Tag der offenen Tür wichtig - auch vor dem Hintergrund größer werdender finanzieller Probleme des Enzkreises. Es bleibt ständige Aufgabe, das knapp gewordene Geld so einzusetzen, dass geschaffene Strukturen erhalten werden.

Der Enzkreis bezahlt für SPDi 163.000 Euro an das Diakonische Werk Pforzheim-Land und an den Caritasverband Pforzheim; letzterer unterhält das gleiche Angebot für den südlichen Enzkreis.


Doch kein Schilder-Schilda - gut so!

Überraschende Wende: Bundesverkehrsminister Ramsauer (CSU) will neue Straßen statt neuer Schilder. Für den Austausch durch moderne Verkehrszeichen soll es eine Übergangszeit geben, kündigte Ramsauer an. Er reagierte damit auf die scharfe Kritik der Kommunen, die Kosten von bis zu 400 Millionen Euro durch den Umtausch der Schilder befürchten. Zwischen alten und neuen Schildern gibt es zum Teil nur sehr geringe Unterschiede.

Doch kein Schilda.

Eine gute Nachricht aus Berlin. Die Kehrtwende, die den Kommunen viel Geld erspart. Gut so!

Aber: Weshalb nur eine Übergangszeit? Ganz bleiben lassen!



Der Irrsinn mit den "alten" Verkehrsschildern

Städte und Gemeinden müssen Hunderttausende Schilder austauschen, für die Reparatur von Schlaglochschäden fehlt deshalb jetzt das Geld. In den Medien wird von bürokratischem Irrsinn geschrieben. Hier eine Liste der alten und neuen Verkehrszeichen. Nachrichten aus Schilda?

Bei Bußgeldverfahren habe der Autofahrer gute Chancen, das Schilderchaos auszunutzen, erklärt der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC). Wer bei veralteter Beschilderung falsch parkt und ein Knöllchen bekommt, könne Widerspruch einlegen und auf einen Erfolg im Bußgeldverfahren hoffen. "Wenn unklar ist, ob die Schilder weiter gelten, darf es nicht zu Lasten des Autofahrers gehen."

Das ist wohl das Problem: Strafzettel, denen die Rechtsgrundlage fehlt.

Ich habe jetzt beim OB nachgefragt, wie in Mühlacker verfahren werden soll und mit welchen Kosten gerechnet wird.

Also Sachen gibt's, die gibt's gar nicht. Oder nur in Deutschland. Wieder mal.


Mobilfunk: Besorgnis der Menschen ernst nehmen

Umstrittene Funkmasten.

Kritiker von Mobilfunkanlagen werden in der politischen Diskussion gerne als Menschen abgestempelt, die sich dem technischen Fortschritt in den Weg stellen wollen. Maschinenstürmern ähnlich. Dass aber nicht alles als unproblematisch hingenommen werden sollte bei dieser Kommunikationstechnik zeigte sich jetzt bei einem Informationsabend in Neulingen-Göbrichen, zu dem die Gemeinde Neulingen zusammen mit der Initiative für verantwortungsbewussten Umgang mit Mobilfunk Enzkreis-Neulingen eingeladen hatte. Referent war Jörn Gutbier, Baubiologe und Stadtrat in Herrenberg. Anlass war der Ausbau von Funksystemen auf dem Göbricher Feuerwehrturm und die Neuaufstellung eines Funkmasten in Nußbaum. Es war kein Handy-nein!-Abend, sondern eine Veranstaltung darüber, wie die Nachteile minimiert werden können. Sorgloser Umgang mit Mobilfunktechnologien kann sich rächen an der Gesundheit: akute, mittel- und langfristige Auswirkungen der Strahlungen sind noch zu wenig untersucht, als dass Entwarnung gegeben werden kann. Angstmacherei, die diese Debatte überlagert, ist genauso fehl am Platz, weil Emotionen freigesetzt und das Rationale zurückgedrängt wird.

Ein klarer Kopf in der Mobilfunkdiskussion ist notwendig. Nach dieser Veranstaltungen steht für mich fest. Die Politik muss handeln. Wir brauchen

- niedrigere Grenzwerte, die sich am Schutz der Menschen, nicht an den Gewinnen der Mobilfunkbetreiber orientieren

- keine neun parallelen Netze, sondern ein taugliches Netz, in das sich die Mobilfunkbetreiber teilen. Wir haben schließlich auch nicht für jede Automarke eine eigene Autobahn

- mehr rechtliche Handlungsmöglichkeiten für die Kommunen, um das Mobilfunknetz auf ihrer Markung zu steuern.

Die angeblich wissenschaftlich abgesicherten Grenzwerte stammen von der ICNIRP, einem privaten Verein mit 13 Mitgliedern aus München (Ingenieure/Physiker), die übernommen worden sind von der WHO, die aber von Wissenschaftlern wie Professor Dr. Neil Cherry aus Neuseeland kritisiert werden. Zweifel an den Grenzwerten erbrachte auch der ATHEM-Report. Die bisherigen Studien aus dem Deutschen Mobilfunkforschungsprogramm sind nicht ausreichend. Es wäre Aufgabe des Staates, hier für neutrale Studien zu sorgen. Aber der Bund hat offenbar nur ein eingeschränktes Interesse, denn er hat schließlich UMTS-Lizenzen versteigert, seine Kassen mit Milliarden Euro gefüllt und sieht nun die vorrangige Notwendigkeit, auch die technischen Rahmenbedingungen so zu schaffen, dass diese Lizenzen voll genutzt werden können. Wo aber bleibt die Gesundheit der Bürger? Es ist wie bei der Gentechnik: Die Schädlichkeit für die Menschen ist weder widerlegt noch belegt - deshalb ist Vorsicht geboten. Sind wir als Kommunen und Bürger, wie es Gutbier sagt, völlig entrechtet?

Mobilfunk wird nicht versichert, sagt Gutbier und verweist auf das Beispiel der e-s rück. Hintergrund seien die schlechten Erfahrungen, die Versicherungen mit Asbest und seinen Folgen gemacht haben.

In Deutschland gibt es neun parallel aufgebaute Mobilfunknetze. Derzeit erweitert O² sein Netz. Jetzt baut das Land Baden-Württemberg den digitalen Behördenfunk auf. Allein 17 dieser neuen BOS-Funktürme sind im Enzkreis vorgesehen. Doch die Standorte werden geheim gehalten, auch von der Kreisverwaltung, das sich auf Vorgaben des Landes bezieht. Die Standort-Angaben seien Verschlusssache ("VS - Nur für den Dienstgebrauch"), ist mir vom Landrat auf einen Antrag der CDU-Kreistagsfraktion hin mitgeteilt worden. Das ist lächerlich! Inzwischen wissen wir doch schon Standorte, so den in Neuenbürg, weil die Angelegenheit im Gemeinderat beraten wurde und auf Widerstand in der Bevölkerung stößt. In Mühlacker ist die Anlage an einem der Sender des SWR angebracht worden - von der Stadtverwaltung im Rahmen der Baugenehmigungsverfahren genehmigt. Einer der Standorte soll auch im Raum Friolzheim sein. Nach und nach kommen die Standorte heraus. Weshalb wird da nicht gleich mit offenen Karten gespielt? Das aber ist symptomatisch für den Umgang des Staates mit Bedenken wegen Mobilfunks.

Besorgte Bürger wenden sich an ihr Rathaus. Dort liegt dann der Schwarze Peter. Obwohl die neue Landesbauordnung Baden-Württemberg das Mitspracherecht und die Gestaltungsmöglichkeiten für Städte und Gemeinden deutlich verringert hat.

Die Mobilfunkinitiative Herrenberg hat Handlungsmöglichkeiten der Kommunen aufgelistet. Mit denen müssen wir uns auch in Mühlacker beschäftigen. Das Ziel: ein Konzept zur Minimierung der Mobilfunk-Lasten. Es geht nicht um Handy-Verhinderung (gleichwohl ich mich immer frage, weshalb manche auch noch auf der Toilette telefonisch erreichbar sein wollen), sondern um Minderung der Strahlen-Belastungen, also des Elektrosmogs.

Gefordert ist hier die Politik. Dass kein einziger Abgeordneter an der Veranstaltung in Neulingen teilnahm, obwohl Bürgermeister Michael Schmidt eingeladen hatte, ist typisch. Die zunehmenden Sorgen der Menschen werden von den Politikern leider nicht ernst genommen. Die CDU-Landtagskandidatin Viktoria Schmid hatte den Termin zwar im Kalender ihrer Homepage stehen, doch den Termin hat sie sich dann geschenkt - auch sie war nicht da. Sich mit diesem Thema auseinander zu setzen ist natürlich mühsamer als bei der Bürgermeister-Verabschiedung in Wurmberg in der ersten Reihe zu sitzen, so als sei man schon gewählt. Politik will das lästige Thema verdrängen.

Für mich steht als Ergebnis der Veranstaltung fest: Wir brauchen neutrale Untersuchungen über die Gefahren der Elektrostrahlungen.


Ein mausgraues Thema, das eigentlich grün ist

Mit neuen Themen der Stadtentwässerung beschäftigt sich ein Antrag der CDU-Gemeinderatsfraktion, der jetzt zur Beratung im Gemeinderat vorgelegt wurde. Dabei greift die Union die noch frische Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zum Maßstab für die Abwassergebühren auf. Muss nun die gesplittete Abwassergebühr auch in unserer Stadt eingeführt werden? Das Gericht sagt grundsätzlich: Da der Anteil der Kosten für die Entsorgung des Niederschlagswassers an den Gesamtkosten der Abwasserbeseitigung auch nicht als geringfügig anzusehen sei, müsse die Gemeinde nun statt einer einheitlichen Abwassergebühr eine Schmutzwasser- und eine Niederschlagswassergebühr mit unterschiedlichen Gebührenmaßstäben (sog. gesplittete Abwassergebühr) erheben. Die CDU-Fraktion hat schon in der Vergangenheit dieses Thema in die Ratsberatungen eingebracht - aber selbst bei einem damals grünen OB ohne weitere Resonanz der Verwaltung.

Ein weiterer Punkt: Die Stadt Mühlacker untersucht und saniert in einem laufenden Programm die städtischen Kanäle. Inwieweit werden dabei auch die Hausanschlusskanäle überprüft und gegebenenfalls saniert, wollen wir wissen. Weitere Fragen: Wie hoch ist der Anteil der privaten Kanäle am gesamten Kanalnetz und für wie sanierungsbedürftig hält die Verwaltung diesen Teil?

Zunehmend wird von Kommunen auch die Abwasserwärme genutzt. Das könnte auch ein Thema für Mühlacker werden. Deshalb sollte sich die Stadtverwaltung damit beschäftigen. Vaihingen hat für seine Anlagen dazu eine Untersuchung vorgelegt, die ein Potenzial bejaht.

In Baden-Württemberg gibt es einen Leistungsvergleich unter kommunalen Kläranlagen. Wie steht hier die Stadt Mühlacker mit ihren Klärwerken im Vergleich?

Inwieweit ist die Abwasserbeseitigung weiterhin zusätzlich technisch zu optimieren, gegebenenfalls auch beim Energieeinsatz (zum Beispiel durch den Einsatz von Brennstoffzellen)?

Abwasser - ein kommunalpolitisch mausgraues Thema, das aber eigentlich ein grünes Thema ist. Denn es geht um wirkungsvollen Umweltschutz.



Mehr aufs Geld achten bei städtischen Bauprojekten

Mein Fraktionskollege Wolfgang Buchtala hat ein Lieblingsthema. Und das heißt: Wir dürfen den Architekten nicht drauflos planen lassen, sondern müssen ihm sagen, wie viel Geld wir höchstens für das betreffende Projekt ausgeben wollen. Und daran habe sich der Planer zu halten. Etwas anderes könne sich kein Privatmann erlauben - und daran solle sich auch die Kommune orientieren.

Das ist ein Thema, das gerade in finanziell schwierigen Zeiten von allerhöchster Bedeutung ist. Die CDU-Gemeinderatsfraktion hat deshalb den Antrag gestellt, die Stadtverwaltung zu beauftragen, künftig bei städtischen Bauprojekten die Voraussetzungen für verbindliche Kostenobergrenzen in Architektenverträgen durch ein exaktes Raumbuch zu schaffen alternativ
Kostenvorgaben für Projekte dem Gemeinderat vorzuschlagen und diese festzuschreiben.

Verstärkt muss es Ziel sein, Baukosten in den Griff zu bekommen. Die Stadt Nürtingen schreibt Kostenobergrenzen in Architektenverträge, die Stadt Ludwigsburg gab beim Neubau der Multifunktionshalle Kostenobergrenzen vor. Das sind Beispiele, die zeigen, was in Mühlacker noch getan werden kann.

Ein kurzer Antrag, aber ein wichtiger. Mal schauen, welche Stellungnahme die Stadtverwaltung dazu abgibt. Nebeneffekt strenger Vorgaben könnte sein, permanente Kostendiskussionen im Gemeinderat wie bei der Erweiterung des Theodor-Heuss-Gymnasiums zu umgehen.

Nachhilfe für Westerwelle

Nachhilfe für Guido Westerwelle und alle anderen, die auch so denken wie der FDP-Chef, von der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, Sozialausschüsse der CDU:

Ralf Brauksiepe, stellvertretender CDA-Bundesvorsitzender und Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, zeigte auf, dass die Zahlen von Guido Westerwelle in der Sozialstaatsdebatte nicht richtig waren. Westerwelle hatte behauptet, dass einer verheirateten Kellnerin mit zwei Kindern 109 Euro weniger im Monat zur Verfügung stünde als einer vergleichbaren Familie, die auf Hartz IV angewiesen ist. Mit der Forderung „Wer arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet.“ hatte Westerwelle eine hitzige Debatte losgetreten. Brauksiepe zeigte jetzt, dass der Kellnerin inklusive Wohngeld und Kinderzuschlag rund 400 Euro mehr zur Verfügung stehen. Je nach Höhe der Miete und dem Alter der Kinder könne dieser Betrag etwas variieren.


Also, mit den Zahlen auf dem Boden bleiben und erst dann diskutieren.