Leitbild Heimat oder Mobile Gesellschaft - immobile Stadt

Manchmal bleiben Zeitschriften und Bücher liegen. Der Stapel wird immer höher und dabei sind es allesamt Dinge, die gelesen gehören. Und so kann es kommen, dass man gute Dinge einfach mit Verzögerung zur Kenntnis nehmen kann. Zum Beispiel einen Beitrag, der im Heft 3 des Jahrgangs 2007 der Schwäbischen Heimat erschienen ist. Der Nagolder Oberbürgermeister Dr. Rainer Prewo hat ihn geschrieben. Ein gestandener Sozialdemokrat, ein kluger Mann, zu einem Thema, das für parteipolitische Scharmützel nicht taugt.

Prewos Aufsatz ist lesenswert: Leitbild_Heimat_1007.pdf

Macht die globalisierte Welt unsere Städte zu relativen, fast austauschbaren Orten im Raum? Sind wir Bürger der mobilen Welt nun tendenziell heimatlose Menschen? Mobilität als solche ist weder Grund noch Indiz dafür, dass uns der Ort und das Bleibenwollen nichts bedeutet. (Rainer Prewo) Wer die Frage nach dem richtigen Ort - dem Ort, an dem er leben will - für sich beantwortet, der entscheide sich bewusst für das Land, die Gemeinde seiner Wahl. Doch auch der Bleibende ist prinzipiell mobil und könnte sich anders entscheiden. Die demographische Entwicklung verstärkt, so schreibt der Nagolder OB und Abgeordnete, die Zahl der Chancen, unter denen ein mobiler Mensch wählen kann.

Welche Folgerungen sollten Städte daraus ziehen, um als Wohnort - und somit auch als Heimat - den "Zuschlag" zu erhalten? Prewo bekennt sich zum Wettbewerb unter den Städten. Denn die Stadt selbst ist immobil, sie kann nicht "woanders hin", muss sich also von den besten Seiten präsentieren, um Einwohner zu halten oder zu bekommen. Ich weiß, manche lehnen diesen Wettbewerb ab - und verabschieden sich damit von der kommunalen Landschaft. Mit seinem Leitbild Heimat schlägt Prewo den Bogen zwischen dem Unternehmen Stadt und der Stadt als Heimat.

Neuauflage der LGS-Diskussion oder Die alten Fronten

Eine alte Debatte in neuen Schläuchen? Fast sieht es so aus. Während sich die kleinere Stadt Nagold auf ihre Landesgartenschau vorbereitet, brechen bei uns in Mühlacker die alten Fronten wieder auf, wie die Beratungen im Ausschuss für Umwelt und Technik zeigten. Dabei ging es nur darum, ob wir vier Angebote von Büros für ein Entwicklungskonzept einholen, um die Möglichkeiten eines Grünprojekts - auch kleine Landesgartenschau genannt - auszuloten. Keine Entscheidung über eine Gartenschau sollte dies sein und trotzdem erlebten wir eine Neuauflage der Diskussion um die 2003 gescheiterte Bewerbung Mühlackers um eine große Landesgartenschau. Anlass des neuen Streits ist die Absicht des Landes, für die Jahre nach 2015 festzulegen, wer die großen und kleinen Landesgartenschauen ausrichtet.
Dass sich in der Runde, bei der wir unterlegen waren, 27 Städte um drei große Landesgartenschauen bewarben, ist doch ein Zeichen, dass diese Gartenschauen einen besonderen Reiz haben und einen Attraktivitäts-Schub für eine Kommune bringen. Sie schaffen dauerhaftes Grün, werten eine Stadt auf. Das kostet auch Geld. Sicherlich! Das Land legt noch Mittel drauf. Die Erfahrung zeigt: Ohne die Konzentration auf eine solche Gartenschau lässt sich so viel zusätzliches Grün nicht erreichen.
Deshalb müssen wir uns ernsthaft mit der Frage beschäftigen, ob wir an einer neuen Bewerberrunde teilnehmen. Dazu brauchen wir Entscheidungsgrundlagen. Um nichts anderes ging es im Ausschuss. Nun werden Angebote von Büros eingeholt. Dafür gab es eine Mehrheit aus CDU, SPD und LMU. Die FW lehnte ab.
Wenn die Konzepte vorliegen, müssen wir ergebnisoffen diskutieren. Dabei brauchen wir Aussagen zu beidem: zu einer großen und einer kleinen Gartenschau. Dann wägen wir ab.
Einer kniff im Ausschuss: OB Arno Schütterle. Er schwänzte die Sitzung. Hätte ja gefragt werden können, welche Haltung er hat.

Nagolder Mosterlass oder Sind wir froh, dass bei uns auch Trauben wachsen

Nagolds Oberbürgermeister legt Wert auf typisch Regionales: Rainer Prewo erließ deshalb einen Mosterlass. Bei städtischen Veranstaltungen darf nur Apfelmost - in diversen Formen - ausgeschenkt werden. Most statt Sekt, heißt es nun. Da sind wir in Mühlacker doch froh, dass bei uns nicht nur Äpfel wachsen, sondern auch Trauben. Deshalb darf es weiterhin Wein und Sekt geben, wenn die Stadt Mühlacker einlädt - denn beides sind doch typische Produkte unserer Region. Wiewohl auch ein schwäbischer Most nicht zu verachten ist. Aber dann doch eher zum Vesper -natürlich! - regionaler Produkte. Die friedliche Koexistenz zwischen Apfel und Reben im Enztal in Mühlhausen, in Lienzingen im Stromberg oder an den Stöckach-Hängen verhindert bei uns den Sekt-Verzicht. Dank auch der Genossenschaftskellerei Roßwag-Mühlhausen und vieler Wengerter, die für Wein- und Sekt-Vergnügen sorgen - auch im Mühlacker Rathaus. Da wäre den Nagoldern doch eine kleine Rebfläche zu gönnen!