Enzkreis-Kliniken: Das Thema Nummer eins
Eigentlich ist es ein Widerspruch: Das Krankenhaus Neuenbürg ist nigelnagelneu, das Krankenhaus Mühlacker wird derzeit für zwölf Millionen Euro zur Klinik mit Hotel-Charakter saniert: Also müsste alles gut sein. Der Enzkreis als Träger der beiden Hospitäler verpflichtete sich, den Kapitaldienst für die Investitionen beider Hospitäler zu übernehmen. Das sind unterm Strich etwa drei Millionen Euro jährlich. Eigentlich sollte sich der laufende Betrieb dann selbst tragen. Eine gute Arbeitsteilung, die Basis war für die Entscheidung im Jahr 2004, die Kliniken in eine gemeinnützige GmbH zu überführen und in eine gemeinsame Holding mit den Kliniken des Kreises Ludwigsburg einzubringen.
Doch seit Monaten ist die Welt nicht mehr so wie sie war. Inzwischen sind die Enzkreis-Kliniken selbst zum Notfall geworden. Das Defizit aus dem laufenden Betrieb liegt bei mehr als fünf Millionen Euro - zu finanzieren durch die Städte und Gemeinden des Enzkreises. Und das ist das Problem: Für die Menschen rund um Pforzheim sind nicht die Kliniken in Neuenbürg und Mühlacker die "natürlichen" Krankenhäuser, für die sie gerne auch etwas bezahlen. Für sie liegt Pforzheim näher. Vor diesem Hintergrund ist auch die Debatte um die Zukunft der Häuser des Enzkreises zu sehen. Als ich jüngst auf eine Frage des Mühlacker Tagblatt, was denn kreispolitisch geschehe, wenn weiterhin tiefrote Zahlen geschrieben werden, die Antwort gab, dann werde wohl die Verkaufsdiskussion von 2004 wieder aufbrechen, war dies ein richtige Einschätzung der Lage, wie die Haushaltsreden wenige Tage später im Kreistag belegen.
Für mich sind Kliniken immer noch kommunale Daseinsvorsorge. Wir wissen auch, dass es keine Probleme sind, die nur die Krankenhäuser des Enzkreises plagen, sondern viele andere Häuser sind angesichts der Rahmenbedingungen der Finanzierung der stationären Gesundheitsversorgung auch in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Viele Träger versuchen derzeit, gegenzusteuern: Der Enzkreis gab ein Sanierungs- und Strukturgutachten in Auftrag, auf das alle nun hoffen. Ende Februar sollen die Resultate vorliegen. Dann kommt es zur Nagelprobe: Wie viel Geld sind dem Enzkreis die beiden Krankenhäuser wert? Das Vertrauen in die Holding ist angeknackst. Dafür können aber die 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Enzkreis-Kliniken nichts. Krankenhäuser sind ein sensibles Thema, wie sich derzeit in der Nachbarschaft - im Raum Bretten - zeigt. Und diie Krankenkassen? Die blocken eher ab. An Hiobsbotschaften interessierter Kreise fehlt es auch nicht.
Meine Hoffnung als Kreisrat ist, mit einem rundum sanierten Haus in Mühlacker - zusammen mit dem neuen in Neuenbürg - auf einem härter gewordenen Markt bestehen zu können und dank weiterer interessanter Angebote zusätzliche Erträge zu schöpfen. Mitspielen muss auch die Bundespolitik, die sich so gerne in der Rolle desjenigen gefällt, der nur noch Häuser mit 200 und mehr Betten will. Dann wären wir weg vom Fenster. Doch den Enzkreis-Kliniken fehlen nicht die Patienten, sondern eher die schweren Fälle, die dickes Geld bringen. Case-mix-Punkte entwickelten sich zum Schlüssel des wirtschaftlichen Erfolgs. Ein solcher Punkt bringt derzeit gut 3000 Euro. Je schwerer ein Fall, um so mehr Punkte und um so höher die Einnahmen. Dass eine Geburt gerade mal mit einem halben Punkt veranschlagt ist, zeigt die ganze Fragwürdigkeit dieses System der Fallpauschalen - einst aus Australien importiert, bedrohen sie die Grund- und Regelversorgung, wenn Berlin nicht gegensteuert. Trotzdem: Kreispolitisch wird es wichtig sein, dass auch Handlungsstrategien im Rahmen dieses Systems entwickelt werden.
Wie das der Landrat sieht und was die Kreistagsfraktionen dazu meinen, habe ich hier zusammengestellt. Es sind im Original die Teile der Haushaltsreden von FW, CDU, SPD, Grünen und FDP in der Dezember-Sitzung des Kreistags zum aktuellen Thema Nummer eins der Kreispolitik:
Landrat Karl Röckinger:
Ein großes und ständig wachsendes Risiko für den Haushalt sind die Kliniken. Aktuell wird ein Gutachten zur künftigen Ausrichtung des Angebotes erstellt. Das Ergebnis wird zeigen, ob die bisherigen Annahmen und Planungen verändert werden müssen. Eins steht schon jetzt fest. Die regionalen Krankenhäuser sind ein wichtiger Beitrag zur Daseinsvorsorge und müssen es auch bleiben. Für mich ist es aber sehr fraglich, ob unsere regionalen Häuser ohne dauerhaften Zuschuss des Enzkreises auskommen können. Spannend wird sein, wie hoch ein solcher künftig ausfallen muss. Ich hoffe sehr, dass wir die aktuellen hohen Belastungen nicht dauerhaft schultern müssen. Neben eigenen Anstrengungen ist hier insbesondere der Bund gefordert. Das derzeitige Finanzierungssystem ruiniert fast planmäßig kleine und mittlere Häuser. Hier vermisse ich den erfolgreichen Einsatz unserer bundespolitischen Akteure, die es nicht schaffen, trotz üppiger Reserven der Kassen zu einer gerechten Finanzierung beizutragen. Bis Ende 2014 wird am Klinikstandort Mühlacker die Stationssanierung in drei Bauabschnitten zur Schaffung moderner Patientenzimmer mit Hotelcharakter, orientiert an optimierten Arbeitsabläufen bei gleichzeitiger energetischer Sanierung des Gebäudes abgeschlossen werden.
Freie Wähler (Frank Kreeb):
Hier müsste dringend die finanzielle Situation von mehr als der Hälfte der kleinen Krankenhäuser im gesamten Land deutlich verbessert werden, denn nicht wenigen droht der Ruin und damit die Schließung. Das derzeitige Finanzierungssystem der Kassen sorgt dafür, dass nur die Großen oder die Spezialklinken finanziell gesichert sind. Unsere kleineren Häuser der Grund- und Regelversorgung aber leiden unter der fallbezogenen Vergütung. Da selbst jährliche Tariferhöhungen und Sachkostensteigerungen nicht mehr durch diese aufgefangen werden können, muss man den Eindruck gewinnen, dass die in der Verantwortung stehenden Parteien - sowohl im Bund als auch in den Ländern - dies gar nicht mehr wünschen. So hört man immer wieder das Wort „Marktbereinigung“ durch die politische Landschaft geistern. Wenn dies tatsächlich gewollt sein sollte, stünde es schlimm um die Zukunft der gesundheitlichen Daseinsfürsorge in den ländlichen Bereichen und ganz schlimm in den Auswirkungen für die älter werdende Bevölkerung, die am meisten auf wohnortnahe Hilfe und Pflege angewiesen ist. Deshalb haben die Freien Wähler auch den großen Investitionen in Neuenbürg und Mühlacker zugestimmt, weil wir wollen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger in modernisierten Häusern und hohem medizinischen Standart versorgt werden können. Natürlich bereiten auch uns die nochmals um 3 Mio. auf nunmehr 8 Mio. € angewachsenen Zuweisungen aus dem Kreishaushalt für Baumaßnahmen und Defizitausgleich großen Kummer. Wir setzen aber große Hoffnung in die Ergebnisse des in Auftrag gegebenen Strukturgutachtens, zumal in unseren Krankenhäusern ein motiviertes und gut ausgebildetes Pflegepersonal zusammen mit der Ärzteschaft bereit stehen, sich neuen Anforderungen zu stellen. Wenn wir in allen Gremien gemeinsam - und nicht gegeneinander, wie man manchmal meinen könnte - nach einem Weg aus dem Dilemma suchen, werden wir diesen auch finden.CDU (Günter Bächle):
Sorgenkind Nummer eins sind die Kliniken als ein wichtiger Bereich kommunaler Daseinsvorsorge. Die CDU-Fraktion bekennt sich dazu, dass der Enzkreis den Kapitaldienst für Darlehen der Kliniken etwa für den Neubau Neuenbürg, aber auch für die laufende Sanierung des Hauses in Mühlacker übernimmt – eine Sanierung die hervorragende Ergebnisse verspricht und als Krankenhaus mit Hotel-Charakter und Wohlfühl-Atmosphäre umschrieben werden kann. Aber das sind „nur“ 3 von derzeit 8 Millionen Euro. Die CDU-Fraktion wird auf Dauer fünf Millionen Euro und mehr Defizit aus dem laufenden Betrieb nicht mittragen. Hier vermissen wir von der Geschäftsführung in Ludwigsburg und damit von der Holding ein aktives Gegensteuern. Daran mangelt es, Strategien sind nicht erkennbar. Deshalb herrscht ein tief sitzender Unmut über die Holding. Unabhängig davon warten wir das Ergebnis des Strukturgutachtens zu unseren Kliniken ab, das Ende Februar vorliegen soll. Doch offenbar glaubt die Holding selbst nicht an einen Erfolg - wie sonst ist zu erklären, dass gerade mal drei Aufsichtsratssitzungen für 2013 vorgesehen sind, obwohl ein Gutachten umgesetzt werden sollte, wozu auch Entscheidungen notwendig sind? Kreispolitisches Handeln kann nicht nur darin bestehen, dem Kreistag als Aufgabe quasi nur die Defizitabdeckung zuzugestehen, ihn aber etwa bei Entscheidungen – auch zum Beispiel über die neue Geschäftsführung - außen vor zu lassen. Wir müssen dazu kommen, dass der Landrat vor Entscheidungen der Gesellschafterversammlungen der GmbHs, an denen wir beteiligt sich, die Weisung des Kreistags einholen muss und wir bitten die anderen Fraktionen, über einen eventuell gemeinsamen Antrag in dieser Richtung nachzudenken.
Die CDU-Fraktion hat sich für die Sanierung des Krankenhauses Mühlacker eingesetzt. Wir denken, damit einen wichtigen Beitrag zu leisten, die Chancen auf einem umkämpften Markt und gegenüber der Konkurrenz in der Nachbarschaft zu stärken. Doch wir brauchen auch von der Politik, die Rahmenbedingungen für kleinere und mittlere Kliniken zu verbessern. Wir wissen, dass die Beschäftigten der Kliniken verunsichert sind. Wir wissen auch, dass sie trotzdem ganz engagiert arbeiten, auch um die wirtschaftliche Lage der Häuser zu verbessern. Dafür unser Dank. Wir wissen, dass sie auf die Ergebnisse des Gutachtens setzen so wie wir auch. Letztlich wird es eine politische Entscheidung sein, wie viel uns die beiden Häuser finanziell wert sind. Wie die Antwort aussehen wird, weiß heute niemand mit letzter Sicherheit zu sagen. Die Diskussion darüber müssen wir offen und öffentlich führen, ohne – je nach Gremium – mit gespaltener Zunge zu reden. 2013 wird zum entscheidenden Jahr. Ich persönlich bin vorsichtig optimistisch, dass wir gut vorankommen. Die CDU-Fraktion wird jedenfalls heute dem Unternehmensplan 2013 der Kliniken zustimmen, weil Bestandteil des Beschlusses ist, dass die Planung nach Vorliegen der Gutachterergebnisse überarbeitet wird.
SPD (Jochen Protzer):
Ein Hauptgrund der drastischen Erhöhung der Kreisumlage ist die Situation in unseren Kliniken. Das aufgelaufene Betriebskostendefizit des jetzigen Geschäftsjahres 2012 in Höhe von 5 Mio €, die anteiligen Kosten der Modernisierung in Mühlacker, die notwendige Anbindung der radiologischen Praxis an das Krankenhaus, die baubedingten Einschränkungen; letztlich einerseits die Schere zwischen Kosten und Erträgen im laufenden Betrieb und die notwendigen Investitionen in Gebäude und Technik, die leider in einem erheblichen Maß beim Enzkreis als Krankenhausträger liegen, führen zu einer Größenordnung von über 8 Mio €, die die Kliniken den Enzkreis im nächsten Jahr kosten werden. Das Gesundheitswesen ist von der Daseinsvorsorge zum hochkomplexen Geschäftsfeld geworden, Case-Mix-Index, Landesbasis-Fallwerte, Kooperation und Konkurrenz, Risikomanagement, Mengensteigerung, Fallschwere und systembedingte Deckungslücken sind nur wenige Überschriften für die Arbeit in Krankenhäusern, die nur noch mit großem Expertenwissen und Professionalität möglich ist. Es wäre leicht, angesichts unserer hohen Verantwortung auf die Kliniken, das Management und die Krankenkassen, am besten „die“ Politik draufzuschlagen, die Defizite zu beklagen, auf andere zu verweisen und pauschal Änderungen bei anderen einzufordern. Schauen wir uns beispielhaft an, wie die geriatrische Versorgung vergütet wird. Bei Kosten von 197,451€ pro Tag und Bett erhält unsere Klinik derzeit nur 166,15€. Im Ergebnis führt dies zu einem Defizit von rd. 500.000€ allein in der Geriatrie. Zwar ist eine Erhöhung in Sicht, aber auch das wird nicht reichen, die Kosten überhaupt zu decken. Eine Unterdeckung führt zwangsläufig zu Defiziten zu Lasten des Enzkreises und wir müssen schon fragen, ob dies akzeptabel, ob dies tragbar ist - fair ist es jedenfalls nicht. Schauen Sie die personelle Ausstattung an; ich habe in unseren Häusern jedenfalls nicht den Eindruck, dass wir zu viele Schwestern und Pfleger, zu viele Ärztinnen und Ärzte haben. Ich habe die Überzeugung, dass wir ohne die hoch motivierten und an ständig der persönlichen Grenze der Leistungsfähigkeit schuftenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese hohe Qualität und enorme Patientenzufriedenheit nicht erreichen könnten. Nun sind die finanziellen Probleme in unseren Kliniken alles andere als nachrangig und unsere Fraktion hat oft und deutlich auf die Entwicklungen hingewiesen, Fragen gestellt, Anträge eingebracht und Entscheidungen mitgetragen.
Das Eigenkapital der Enzkreiskliniken ist zum Jahresende 2012 aufgebraucht, in der GmbH liegt damit eine Überschuldung vor; diese wird aber deshalb nicht zur Insolvenz führen, weil wir als Träger die Verantwortung für unsere Häuser übernehmen und für Ausgleich sorgen. Aber es zeigt die Ernsthaftigkeit der Situation und es zeigt vielleicht mit einigen Jahren Verzögerung, warum wir im Jahre 2004 eine andere Klinik- und Trägerstruktur wollten. Heute geht es nicht darum, eine grundsätzliche Diskussion zu führen, sondern wir müssen durch den Haushalt 2013 umsetzen, was sich seit Monaten an unerfreulichen Zahlen und Hochrechnungen verfestigt hat. Neben der Kostenbetrachtung des laufenden Betriebs müssen wir auch im Blick behalten, dass die Kliniken GmbH einen noch höheren eigene Verschuldungsstand haben, als der Enzkreis in seinem Kernhaushalt. Zum Jahresbeginn 2013 betragen die Schulden rund 36 Mio €, am Jahresende 2013 nahezu 40 Mio € und das ist eine schwere Bürde, denn damit ist rechnerisch jeder Einwohner der Enzkreisgemeinden mit rund 180€ in einem Jahr mit rund 200€ dabei. Das in Auftrag gegebene Struktur- und Sanierungsgutachten liegt in wenigen Wochen vor; das müssen wir abwarten. Das ist dann auch die Grundlage jeder weiteren Diskussion im Klinikbereich. Bis dahin werden wir nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf treiben, sondern die mehr als 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen, mit dem Lenkungskreis, dem Aufsichtsrat und dem Kreistag die Themen begleiten und nach Vorlage der Erkenntnisse durch einen unabhängigen externen Blick die notwendigen Entscheidungen treffen. So lange verdienen die Häuser, dass sie arbeiten können, nicht in Ruhe, denn die gibt es im Krankenhausbetrieb nicht, aber ohne tägliche Schlagzeilen und Wasserstandmeldungen.
Ein Wort zu aktuellen Diskussion um nicht notwendige Operationen, die die AOK in den Raum, stellt. Für die Enzkreiskliniken sage ich aus Überzeugung, dass dort weder Chefärzte Bonuszahlungen auf Mengenbasis erhalten, noch Operationen nur deshalb durchgeführt werden, um Patienten zu generieren.
Grüne (Elisabeth Vogt):
Für uns ist es wichtig, dass unser Anliegen umgesetzt wurde, nämlich ein Gutachten zur Neuausrichtung der Kliniken auf den Weg zu bringen. Ziel muss es sein, das Defizit nachhaltig zu reduzieren. Eine Fortschreibung der derzeitigen Millionenbeträge für die Krankenhäuser, wie im Haushalt ausgewiesen, darf nicht unser Ziel sein.
FDP (Erik Schweikert MdB):
Wir haben mit den Enzkreisklinken Krankenhäuser, die so, wie sie momentan laufen, nicht effizient, nicht rentabel sind. Es steht außer Frage, dass die Kliniken einen wichtigen Beitrag zur Daseinsvorsorge in der Region leisten. Aber sie müssen nichts desto trotz wirtschaftlich gut aufgestellt sein. Und das sind sie zurzeit nicht. Beide Kliniken haben Unterfinanzierungsanzeigen gestellt, die genaue Höhe des Betriebsdefizits konnte zuletzt nicht mal die Geschäftsführung genau einschätzen. Herr Landrat, Sie selbst haben in Ihrer Rede (12.11.2012) gesagt, es sei sehr fraglich, ob die Kliniken ohne dauerhaften Zuschuss durch den Enzkreis auskommen. Insgesamt haben Sie in Ihrem Haushalt allein 8 Millionen Euro (5 Mio. Defizit laufender Betriebskosten und 3 Mio. Schuldendienst für Investitionsmaßnahmen) für die Enzkreiskliniken veranschlagt. Und natürlich schieben Sie auch hier wieder gebetsmühlenartig dem Bund die Schuld zu. „Das derzeitige Finanzierungssystem ruiniert fast planmäßig kleine und mittlere Häuser und dass obwohl doch die Kassen der Krankenkassen prall gefüllt seien,“ haben Sie gesagt. Und dass jetzt nicht jeder denkt, bei den Kliniken sei auch der Bund nur der böse Bube, in Wahrheit ist es doch so, dass unsere Kreiskliniken vom neuen Psych-Entgeltgesetz profitieren , dass der Bund am 25.07.2012 - auch aufgrund Ihrer Kritik - beschlossen hat. Die darin enthaltenen Maßnahmen werden die Finanzausstattung der Krankenhäuser deutlich verbessern. In den Jahren 2012-2014 erhalten die Krankenhäuser so rund 630 Millionen Euro zusätzliche Finanzmittel. Und von diesen zusätzlichen Finanzmitteln werden auch die kleinen und mittleren Krankenhäuser wie unsere Enzkreiskliniken profitieren. Für 2012 ist zudem von einem Anstieg der Krankenhausausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 3,5 % bzw. 2,1 Milliarden Euro auszugehen. Allein zwischen 2009 und 2012 sind somit die Krankenhausausgaben der GKV um ca. 10 Milliarden Euro angestiegen. Das Einzige, was tatsächlich nicht so eingetroffen ist, wie versprochen, ist die Krankenhausfinanzierung der Landesregierung. Die Grünen haben einmal 600 Millionen Euro versprochen, die SPD sprach von einer Verdopplung der Ausgaben. Doch die Realität ist eine ganz andere. 2012 sanken die von Grün-Rot zur Verfügung gestellten Mittel von 382,5 Millionen auf 370 Millionen Euro. Von den ehemals 600 Millionen Euro ist keine Rede mehr! Das sind die einzigen leeren Wahlversprechen. Aber nicht vom Bund, sondern vom Land. Aber das ist Sache der Landesregierung.
Herr Landrat, Sie haben den Bund immer wieder, unter anderem in einem Interview mit der PZ vom 15.8.2012, aufgefordert, die Finanzierung der Krankenhäuser legislativ zu verbessern. Das haben wir mit dem Psych-Entgelt-Gesetz bereits getan. Dank der darin festgelegten anteiligen Finanzierung der vereinbarten linearen Tarifsteigerungen werden die Kosten der Tarifsteigerungen, die die Grundlohnrate überschreiten, zu 50% finanziert, das kommt auch unseren Enzkreiskliniken zugute! Sie haben in dem Interview auch den Vorwurf geäußert, dass Jahr für Jahr ein neues Fass aufmacht wurde und so immer wieder die Rahmenbedingungen für die Enzkreiskliniken verschlechtert werden. Hier muss ich Ihnen sagen, ja die Rahmenbedingungen werden immer wieder geändert, allerdings geschieht dies doch auf Wunsch der Kliniken und nicht auf Initiative der Regierung. Sie fordern in der PZ mehr Geld für die Leistungen der Enzkreiskliniken, um Defizite ausgleichen zu können. Ich frage Sie, warum sollen denn die Krankenkassen mehr Geld für eine Leistung im Enzkreis zahlen, die an anderer Stelle genau so gut aber viel günstiger erbracht wird? Es geht nicht darum die Bezahlung von Leistungen anzupassen. Vielmehr muss es darum gehen, die strukturellen Probleme endlich anzupacken.
Und hier sind wir wieder genau beim entscheidenden Punkt. Die schlechte wirtschaftliche Situation der Enzkreiskliniken ist nicht in erster Linie ein Ergebnis der Bundespolitik und auch nicht der Landespolitik. Wir haben es hier mit strukturellen Defiziten zu tun, die hier, vor Ort, angepackt werden müssen. Wir müssen nun sicherlich erst mal abwarten, was das Gutachten zu Tage fördert, welche Möglichkeiten zur Reduzierung des Defizits gefunden werden. Doch egal zu welchem Ergebnis das Gutachten kommt, nicht andere müssen die Situation der Enzkreiskliniken verbessern. Das können nur wir, hier vor Ort. Da ist die Holding gefragt, die Klinikleitung und auch wir im Kreistag. Immer weiter Geld ohne klare Zielvorstellung wo wir hinwollen zuzuschießen ist keine Lösung, so werden die Enzkreiskliniken zum Fass ohne Boden. Es müssen grundlegende Veränderungen angegangen werden, um die Kliniken wirtschaftlich rentabel zu machen. Und dabei, und dass sage ich ganz deutlich, gilt es auch, einen Ausstieg aus der Holding nicht nur ins Auge zu fassen, sondern auch wirklich die Bereitschaft mitzubringen, dass, wenn es nicht besser wird, dieser Ausstieg auch vollzogen wird. Und wenn das nicht ausreicht und wenn auch das Gutachten nicht genug Ansatzpunkte liefert, das Defizit zu verringern, dann müssen wir als ultima ratio auch ganz offen über die Möglichkeit sprechen, ähnlich wie das Klinikum Pforzheim eine Teilprivatisierung anzustreben. Hier werden zurzeit Neubau- und Sanierungsmaßnahmen mit einem Investitionsvolumen von 55 Millionen Euro umgesetzt. Eine Summe, die die Stadt Pforzheim alleine nie hätte aufbringen können. Die Stadt blieb bei der Privatisierung mit 5,1 Prozent Mitgesellschafterin und da alle grundsätzlichen Entscheidungen nur einstimmig gefällt werden können, bleibt der Stadt so die Möglichkeit zur Sicherstellung des kommunalen medizinischen Versorgungsauftrags erhalten. Wenn alles andere an Sanierung scheitern sollte - was ich aber nicht will, denn auch ich will die Enzkreiskliniken erhalten - dann müssen wir auch über solche Lösungen reden. Wenn der Enzkreis nämlich eine ähnlich hohe Summe in unsere Kliniken investieren wollen würde, müssten wir den Hebesatz bei 66,4% ansetzen. Und es kann sich ja mal jede Gemeinde ausrechnen, welche Kosten da auf sie zukommen würden!
Klar ist, ein Kreis wie der Enzkreis, der Schulden machen muss -vor allem wenn er, wie Sie in Ihrer Rede gesagt haben, auch noch der einzige Kreis im Regierungsbezirk mit einer Netto-Neuverschuldung ist- kann es sich schlicht nicht leisten, unrentable Kliniken mit mehreren Millionen im Jahr durchzufüttern. Hier muss sich etwas ändern und zwar dringend. Die Enzkreiskliniken sind ein großer Brocken im Haushalt, keine Frage. Aber es gibt noch andere Punkte, an denen noch eingespart werden kann, eingespart werden muss.
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