Von roten Zahlen, einem Sanierungsstau und der Politik




Kreistagskollegen beim Rundgang. Bild: Michael Seiss

Heute Nachmittag hat sich der Kreistag des Enzkreises zuerst über den Klinik-Neubau in Neuenbürg informiert, anschließend über den Sanierungsbedarf des Krankenhauses Mühlacker. Eine interessante Tour, die einen aber angesichts der Finanzlage der Enzkreis-Kliniken gGmbH sowie des Landkreises eher ratlos zurück lässt. Die Kliniken, im Holding-Verbund mit den Kliniken der Kreise Ludwigsburg und Karlsruhe, geraten vom laufenden Betrieb immer mehr in die roten Zahlen. Für 2010 muss die Prognose auf 1,5 Millionen Euro und damit deutlich nach oben korrigiert werden, 2011 wird wieder ein ähnlich hohes Defizit erwartet. Wenn das 2012 so bleiben würde, und die Zeichen stehen eher dafür, müsste das Eigenkapital angegriffen werden. Mit der Bildung der GmbH zum 1. Januar 2005 war ein wichtiger Eckpunkt die Vorgabe der Kreispolitik, dass sich der Klinikbetrieb selbst tragen muss, also keine Steuergelder erwartet werden können. Die Zeit der Subvention sollte vorbei sein. Ausnahme: Für den Kapitaldienst der Darlehen, die für Investitionen aufgenommen werden, überweist der Enzkreis jährlich 1,5 Millionen Euro an seine Tochtergesellschaft. Diese müssten ausreichen für den Altschuldendienst sowie für die Investitionen an beiden Kliniken-Standorten. Doch inzwischen ist klar: Altschulden und Klinik-Neubau Neuenbürg fressen die Summe auf, für Mühlacker bleibt nichts übrig. Da gleichzeitig der laufende Betrieb tiefer in die roten Zahlen läuft, kann nicht genügend für Investitionen erwirtschaftet werden - zusätzlich zu den eineinhalb Millionen. Aber das war ursprünglich auch Geschäftsgrundlage.



So wurde heute eine Zwischenbilanz gezogen. Seit 2005 investierte die GmbH ins Krankenhaus Mühlacker acht Millionen Euro, notwendig wären zusätzlich 14 Millionen Euro, für die nun kein Geld mehr da ist. Lebhaft beklagte die Geschäftsführung die politischen Rahmenbedingungen, die zum Nachteil von Häusern der Grund- und Regelversorgung seien und alle im Betrieb erreichten wirtschaftlichen Fortschritte gleich wieder zunichte machten. Also: Das habe ich heute verstanden - "die Politik" ist schuld. Aber diese saß ja nicht am Tisch . . . Geht es nicht allen so, dass wir uns ärgern, wenn die Krankenkassenbeiträge immer weiter steigen (und manchmal gleichzeitig die Leistungen sinken) und "die Politik" aufgefordert wird, auch im Interesse des Abbaus der Lohnnebenkosten, die Beiträge zumindest stabil zu halten? Oder ist genügend Geld im Kreislauf des Gesundheitssystems, das aber nur falsch verteilt wird? Werden Kliniken benachteiligt und Hausärzte oder Apotheker bevorzugt? Letztere Gruppen werden das verneinen. Und alle beschweren sich über "die Politik" (ob die nun Rößler, Fischer, Ulla Schmidt oder Seehofer heißt).


Jedenfalls ist heute klar geworden, dass der Enzkreis seinen Investitionsbeitrag verdoppeln muss, soll der Sanierungsstau am Krankenhaus Mühlacker abgebaut werden. Nachdem nun erstmals die Gefahr droht, zusätzlich für den laufenden Betrieb zuschießen zu müssen, können leicht vier bis viereinhalb Millionen Euro entstehen, die der Enzkreis zuerst bei seinen Kommunen über die Umlage einkassieren muss, bevor er sie den Krankenhäusern überlassen kann. Heute stand die Information im Vordergrund, die wichtig ist, die Lösungen sind noch nicht gefunden worden.


In meiner Haushaltsrede im Dezember 2009 habe ich im Kreistag von der Holding als einer Erfolgsgeschichte gesprochen. Aber inzwischen steht fest: Uns hat der Alltag eingeholt. Zumal es der Geschäftsführung auch nicht gelungen ist, alle ihre Ideen für zusätzliche Erträge umzusetzen. Manches erwies sich als Schnellschuss oder entwickelte sich zur unerträglichen Hängeparty.

Berufsschulzentrum Mühlacker schärft sein Profil




Das Berufsschulzentrum Mühlacker von der Lienzinger Straße her.

Heute Abend Lokaltermin mit der CDU-Kreistagsfraktion im Berufsschulzentrum des Enzkreises an der Lienzinger Straße in Mühlacker: Ein informativer Termin, wichtig für unsere Arbeit in den Kreisgremien, denn da gibt es viele Informationen aus erster Hand. Gesprächspartner waren Rainer Schork und Ralf Speh für die Georg-Kerschensteiner-Schuöe (kaufmännisch) und Hans Wagner für die Ferdinand-von-Steinbeis-Schule (gewerblich).

Die Einrichtung einer Fachschule für Wirtschaft an der Georg-Kerschensteiner-Schule in Mühlacker findet die Unterstützung der CDU-Kreistagsfraktion. Mit einer zweijährigen Fachschule für Wirtschaft will die Kerschensteiner-Schule ihr Profil schärfen. Ziel ist es, so Schulleiter Schork, im September 2011 zu starten und er ist optimistisch, die Mindestzahl von 25 Schülern zu erreichen. Er rechne mit einer baldigen Genehmigung durch Kultusministerium und Regierungspräsidium, auch die Zustimmung des Kreistages als Schulträger stehe noch aus, werde aber noch in diesem Jahr eingeholt. Für uns Kreisräte steht fest: Wir unterstützen diesen Antrag. Die Schulleitung beweist, dass sie an einem tragfähigen Konzept arbeitet, um die Schule trotz Rückgangs der Schülerzahlen als Folge der demografischen Entwicklung zu stärken. Schork erwartet von einer solchen Fachschule auch eine starke Aufwertung für die Schule. Eine Umfrage unter Betrieben habe ein positives Echo gebracht. Die Kerschensteiner-Schule überlege sich auch weitere Berufskollegs.



Am Ziel eines Beruflichen Gymnasiums an dieser Berufsschule will die CDU-Fraktion festhalten. Gerade um die Durchlässigkeit des Schulsystems nach oben zu verbessern, ist es wichtig, weitere Standorte auch für solche Einrichtungen zu schaffen, um den Schülern lange Fahrwege zu ersparen. Bei den weiteren Überlegungen muss Schwerpunkt das Profil eines solchen Beruflichen Gymnasiums sein, auch um die Zustimmung des Kultusministeriums zu erhalten. Zu denken ist an eine Lösung, von der sowohl die gewerbliche als auch die kaufmännische Berufsschule profitieren, meinen wir.



Ein weiteres Thema war die Schulsozialarbeit. Auch an der kaufmännischen Schule werde zunehmend ein Bedarf erkennbar, sagte Schork. Derzeit kümmere sich ein Azubi-Coach um die Lehrlinge im ersten Ausbildungsjahr. Inzwischen sei das Projekt „Gestaltung, Ordnung und Sauberkeit an der Schule“ gestartet worden.



Wie Schork darlegte, ist die Zahl der Schüler der kaufmännischen Schule leicht auf knapp 600 gestiegen. Wagner sagte, die gewerbliche Schule werde von 720 jungen Menschen besucht, davon 567 in Teilzeit. Die Zahl der Teilzeitschüler habe um drei, die der Vollzeitschüler um 18 Prozent abgenommen. Der Grund laut Wagners Angaben: Die jungen Menschen wollten lieber eine Lehrstelle als zunächst eine Vollzeitschule zu besuchen. Gelungen sei es, so Wagner, eine zweite Klasse der einjährigen Berufsfachschule Fahrzeugtechnik zu bilden, andererseits sei wegen mangelnder Nachfrage eine Klasse der einjährigen Fachschule Körperpflege weggefallen. Von ähnlichen Strukturverschiebungen berichtete auch Schork für den kaufmännischen Bereich.



Nachdem der Enzkreis in den Jahren 2008 bis 2011 das Berufsschulzentrum einschließlich der Sporthalle für insgesamt 7,9 Millionen Euro saniert, war dies ein weiteres Thema des Lokaltermins der CDU-Kreisräte. In den vergangenen Tagen wurden die Unterrichtscontainer auf dem Parkplatz an der Lienzinger Straße abgebaut, die Sanierungsarbeiten an der kaufmännischen Berufsschule gelten als weitgehend erledigt. Jetzt sind die Werkstätten der gewerblichen Schule und die Sporthalle an der Reihe. Die beiden Schulleiter lobten das Engagement des Landkreises und hoben hervor, dass durch die Modernisierung auch Energiekosten eingespart werden.

Stuttgart 21 erreicht auch die Enzkreis-Politik

"Sie sind doch auch bei der CDU", begann gestern Abend eine Bürgerin aus Lienzingen ihren Anruf bei mir. Sie sprach vom Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner und wollte ihren Unmut darüber zum Ausdruck bringen. So könne man doch nicht vorgehen.
So sind wir Gemeinderäte und Kreisräte die Adressen vor Ort, um sich den Kropf zu leeren - auch wenn wir weder über polizeitaktische Überlegungen zum Umgang mit Demonstranten noch über die PR-Arbeit für Stuttgart 21 zu entscheiden haben. Aber die Stimmung der Menschen aufzunehmen und weiterzugeben, da sehe ich schon eine Aufgabe auch der Kommunalpolitik.


Heute spiegelt sich das Echo des Wasserwerfer-Einsatzes von gestern wider in den Pressekommentaren, die jedoch nicht einheitlich sind und das gesamte Spektrum der Meinungen zeigen (Quelle: Deutschland Radio Presseschau)


"Man mag zum verkehrspolitischen und ökologischen Sinn des Bahnprojekts Stuttgart 21 stehen, wie man will. Fest steht: Es ist demokratisch zustande gekommen. Alle rechtsstaatlich notwendigen Entscheidungen sind zugunsten der Befürworter gefallen. Dass Gegner des unterirdischen Bahnhofs gegen dessen Bau demonstrieren, ist ihr gutes Recht. Das Recht, den Bau nachträglich zu verhindern, haben sie nicht. Dagegen muss die Polizei vorgehen, notfalls mit Gewalt. Geschieht dies nicht, herrscht nicht Demokratie, sondern Anarchie." So weit die KIELER NACHRICHTEN.

"Die Gewalt in Stuttgart befremdet", findet dagegen das WESTFALEN-BLATT aus Bielefeld. "War das nötig? Welchen Anlass gab es für solch eine Demonstration der Staatsmacht? Es müssten schon erhebliche Gesetzesverstöße gewesen sein, die auch nur den Gedanken an solch ein Durchgreifen rechtfertigten. Die Zweifel daran überwiegen."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU erinnert daran, dass das Selbstbewusstsein der Projektbefürworter eben erst wieder erstarkt war:
"Nun aber sieht es wieder so aus, als knüpple die Nomenklatura aus Bahn, CDU und Stadt ein ungeliebtes Projekt gegen den Willen der Bürger durch. Wer hat sich bloß die Taktik ausgedacht, Wasserwerfer für die Räumung eines lächerlich kleinen Areals einzusetzen? Der Vorwurf, die Projektgegner hätten Schüler wegen der Macht der Bilder instrumentalisiert, ist möglicherweise nicht ganz von der Hand zu weisen. Und doch muss sich die Polizei fragen lassen, warum sie die Schüler überhaupt in eine solche Lage brachte und die Zugänge nicht längst absperrte. Der heiße Herbst in Stuttgart hat begonnen"

Der Einsatz der Wasserwerfer beschäftigt die Menschen auch bei uns. Die zentrale Frage heißt: War das notwendig? Er hat jedenfalls der öffentlichen Diskussion über Stuttgart 21 geschadet und erschwert den Befürwortern die Argumentation. Hierzu gibt es Film-Rohmaterial - die Vorgänge im Original und unkommentiert:

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Notwendig ist es, sich offensiv mit dem zu beschäftigen, was die Gegner vorbringen. Daran mangelt es immer noch - oder die Antworten gehen unter in der Berichterstattung über die Eskalation am Bauzaun. Die Einwände Punkt für Punkt abzuarbeiten, das öffentlich zu tun und jenen, die zweifeln an Sinn und Finanzierbarkeit überzeugende Argumente für S 21 zu vermitteln, ist das Gebot der Stunde. Natürlich sind die Punkte im Verlauf des rechtsstaatlich einwandfreien und von Gerichten bestätigten Verfahrens schon behandelt worden, aber viele Menschen entdecken erst jetzt das Thema, aufmerksam geworden durch den Protest. Das mag bedauert oder als lästig empfunden werden, besser wäre es, damit offensiv umzugehen. Weshalb bietet die Bahn AG kein offenes Forum mit Fragen und Antworten auf ihrer Internetseite? Statt dessen werden nur die zehn wichtigsten Fragen aufgelistet und beantwortet. Weiß die Bahn, was den Menschen am wichtigsten ist?


Der Verband Region Stuttgart hat sich diese Woche mit den Stimmen von CDU, SPD, Freien Wählern und FDP zu dem Projekt Stuttgart 21 bekannt. Er ist mit 100 Millionen Euro an den Kosten beteiligt. Weil das Vorhaben auch Auswirkungen auf den Enzkreis hat, legte die CDU-Kreistagsfraktion einen Antrag dazu vor. Das gibt sicherlich eine kontroverse Debatte im Kreistag.


Zum Polizeieinsatz im Stuttgarter Schlossgarten äußerte sich Ministerpräsident Stefan Mappus. Das dürfe sich nicht wiederholen: Er fordert Dialog ein.

"Die Grünen tun so, als ob wir in einer Diktatur leben"