Windkraft: Kein Ping-Pong-Spiel mehr mit dem Wirtschaftsministerium

Eine Anlage im Windpark Nordschwarzwald (Simmersfeld und Seewald).

Der Durchbruch: Heute hat der Planungsausschuss des Regionalverbandes Nordschwarzwald in seiner Sitzung im Rathaus von Nagold einstimmig beschlossen, selbst die Windhöffigkeit - wie stark der Wind weht - zwischen Illingen und Alpirsbach untersuchen zu lassen, wenn das Land Baden-Württemberg nicht endlich selbst solches Datenmaterial erheben wird. Dass die bisherigen Unterlagen des Deutschen Wetterdienstes unzureichend sind, um passende Standorte zu finden, ist unbestritten und wird auch von den anderen Regionalverbänden im Land beklagt. Bisher setzten wir immer auf das Wirtschaftsministerium als oberste Landesplanungsbehörde, doch das will bisher nur einen Methodenvergleich der Berechnung von Windgeschwindigkeiten von der Uni Stuttgart ausarbeiten lassen. Aber genaue Daten haben wir damit keine. Angeblich zeichnet sich ein Meinungsumschwung im Ministerium hin zu einer Datenerhebung ab. Deshalb appelliert der Regionalverband nun ans Land, rasch konkrete Aussagen zu treffen. Wir jedenfalls wollen das Ping-Pong-Spiel zügig beenden und haben den Weg geebnet, für voraussichtlich 20.000 Euro notfalls ein eigenes Gutachten in Auftrag zu geben.

Denn die bisherigen Untersuchungen über den Ausbau erneuerbarer Energie in der Region ergaben, dass die Biomasse Holz weitgehend ausgeschöpft ist und kaum zusätzliche Potenziale bietet. Den Einsatz von Biomasse aus Holz und Pflanzen können wir genauso wenig steuern als Träger der Regionalplanung wie den von Wasserkraft und die Nutzung der Geothermie. Spürbares Potenzial bietet die Windkraft.

Heute zeichnete sich der Weg ab: Wir werden die Standorte für Windkraft, wie vom Land verlangt, in einem Teilregionalplan genauso regeln wie die Bewertung von Fotovoltaikanlagen auf Freiflächen in der Landschaft. Alles andere - auch das umfangreiche Material zu den verschiedenen Arten erneuerbarer Energie - wird in einem Energiekonzept gesammelt und veröffentlicht: als Ideengeber, Nachschlagewerk und Informationsquelle. In dem Energiekonzept können wir auch skizzieren, wie sich unser Ziel erreichen lässt, die CO²-Emissionen um 300.000 Tonnen pro Jahr zu reduzieren. Eines kann der Regionalverband nicht: Die Umsetzung des Konzepts erzwingen, weil wir nur die Zuständigkeit haben für regionalplanerische Steuerung. Aber nicht alles lässt sich steuern. Die Standorte von Windkraft sehr wohl, doch auch hier baut der Regionalverband nicht selbst die Windräder, sondern öffnet den Weg den Investoren.

Windkraftanlagen errichten können zum Beispiel die Stadtwerke in der Region, die sich derzeit mit Vorliebe an den Offshore-Windparks auf der Nordsee beteiligen. Sie sollten sich auch in der eigenen Region engagieren und so dafür sorgen, dass die Wertschöpfung aus Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie wie Windmühlen in der Region bleibt. Der Regionalverband wird nun Gespräche mit ihnen führen. Ich habe angeregt, ihnen vorzuschlagen, auch ein gemeinsames Modell zu entwickeln, um interessierten Bürgern die Chance zu geben, sich an solchen Projekten - durch Fonds, Genossenschaft etc, - zu beteiligen. Da könnten sich auch die Banken nützlich machen. Beteiligung schafft Identifikation. Und diese ist notwendig, weil nicht alle Standorte auf Jubel stoßen werden.

Wir werden jeden einzelnen Standort, an dem der Wind richtig schön bläst, anhand einer Kriterienliste überprüfen und bewerten. Eines der Kriterien ist das Landschaftsbild.

Doch schon jetzt wissen wir: alle wollen mehr Energie aus erneuerbaren Quellen, doch nicht alle möchten die Anlagen dazu in Sichtweite haben. Da gibt es noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.



Bahntag: Deutschland im Takt?



Mit der Bahn fahren, ohne zuvor in den Fahrplan schauen zu müssen? Und nebenbei noch ein einheitliches Fahrpreissystem im ganzen Bundesgebiet? Davon träumt die Initiative Deutschland-Takt. Die Europäische Metropolregion Stuttgart würde das Projekt liebend gern ausprobieren.
"Wir könnten Labor für den Deutschland-Takt werden", sagte heute Dirk Büscher, Direktor des Regionalverbandes Nordschwarzwald. Es war der erste Bahntag der Europäischen Metropolregion Stuttgart (EMR), die das Herzstück des Landes Baden-Württemberg umfasst. In dem Gebiet, in dem fünf Millionen Menschen leben, seien Fahrzeit und Taktdichte für die Fahrgäste neben dem Tarif ausschlaggebend, sagte Jeannette Wopperer, Regionaldirektorin des Verbands Region Stuttgart.

Die Initiative Deutschland-Takt ist ein loser Zusammenschluss von Fachleuten, Fahrgast- und Umweltverbänden sowie Verkehrsunternehmen. Ideal sei es, zwei Takte miteinander zu verbinden, betonte Hans Leister, einer der Verfechter des Deutschland-Takts, der alle größeren Städte im Stundenrythmus anbinden wolle.
Bei einem solchen Fahrplan verkehren die Züge in regelmäßigen Zeitabständen, zum Beispiel im Stunden- oder im Halbstundentakt. Zugleich sind die Züge so verknüpft, dass alle - unabhängig von der Fahrtrichtung - an wichtigen Knotenbahnhöfen immer zur annähernd gleichen Zeit eintreffen und wieder abfahren. Hierdurch sollen optimale und schnelle Umsteigemöglichkeiten entstehen, sagte Leister. Heute sei das Umsteigen noch mit langen Wartezeiten verbunden. Dies sei für die Reisenden ärgerlich und halte viele Menschen von der Nutzung der Eisenbahn ab. "Wer den Takt und seine Zeiten kennt, braucht keinen Fahrplan mehr."

Vorbild ist die Schweiz, die ihr Bahnnetz an einem idealen Fahrplan ausgerichtet habe und nicht umgekehrt, so Leister. Notwendig gewesen seien Neubaustrecken, aber auch viele kleine Maßnahmen an vorhandenen Linien. Der Erfolg: stark gestiegene Fahrgastzahlen. Die Eidgenossen planten nun im Projekt "Bahn 2030" einen minutengenauen Fahrplan. "Die Schweiz ist Weltmeister im Bahnfahren." Baden-Württemberg und Bayern böten beim Nahverkehr gute Voraussetzungen für einen solchen Takt, sagte Leister. "Doch bei der Bahn AG ist die Diskussion darüber verboten." Die Lobbyisten des Deutschland-Takts fordern klare Vorgaben des Bundes an die Bahn als Eigentümer des Unternehmens. Die Bundesregierung hat die Prüfung der Takt-Einführung zugesagt. Dass die Bahn AG aber eher dazu neigt, Bahnlinien einzustellen, wenn Nachfrage fehlt statt die Benutzung der Schiene attraktiver zu machen, ließ Werner W. Klingberg, Konzernbevollmächtigter für Baden-Württemberg der DB AG erkennen. Wenn die Europäische Union gar einen Vorrang für den internationalen Güterverkehr fordere, mache das jeden Takt kaputt. Er bezweifelte, dass sich in diesem Punkt Deutschland mit der Schweiz vergleichen lasse.

Ex-Bahn-Chef Dr. Heinz Dürr riet als Moderator zur Beseitigung der Zweiteilung Nah- und Fernverkehr. Er kritisierte, der Eigentümer Bund mache der Bahn AG keine Vorgaben. "Und die Bahn versteht sich mehr als internationaler Logistiker, der lieber Lagerhallen in Singapore baut als die Strecke Stuttgart-Tübingen zu verbessern."

Die Europäische Metropolregion Stuttgart umfasst als Kern die Region Stuttgart. Dazu gehören aber auch die Nachbarregionen Heilbronn-Franken, Ostalb, Neckar-Alb und Nordschwarzwald. Ihre Aufgabe ist es, den Großraum im europäischen Wettbewerb durch konkrete, von den Akteuren vor Ort umzusetzende Projekte zu stärken. Die Europäische Metropolregion Stuttgart ist im Landesentwicklungsplan rechtlich abgesichert.

Heute waren auch Mitglieder der Regionalverbandsversammlung Nordschwarzwald beim Bahntag sowie Vertreter von Enzkreis und Stadt Mühlacker.

Die Metropolregion Stuttgart wird seit 2008 bis Mitte 2010 im Rahmen des Modellvorhabens der Raumordung (Moro) "Überregionale Partnerschaften- Innovative Projekte zur stadtregionalen Kooperation, Vernetzung und gemeinsamen großräumigen Verantwortung" als eine von insgesamt sieben Modellregionen gefördert. Es handelt sich dabei um Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung, mit dem Beispiele für überregionale Partnerschaften zwischen städtischen und ländlichen Regionen finanziell und inhaltlich unterstützt werden. Der Bahntag fand im Rahmen von Moro statt.


Landwirtschaft setzt auf "ihren" Teilregionalplan

Ein Teilregionalplan Landwirtschaft soll Beitrag zur Zukunftssicherung bäuerlicher Betriebe in der Region Nordschwarzwald sein. Darin waren sich die CDU-Regionalverbandsfraktion Nordschwarzwald sowie die Vertreter der Kreisbauernverbände Enzkreis, Pforzheim, Calw und Freudenstadt einig. Zeit ist es, nach inzwischen vierjähriger Vorbereitung des Teilregionalplans „einen Knopf dran zu machen“.

Bei der Sitzung der CDU-Regionalräte heute in Pforzheim brachten die Vorsitzenden der Kreisbauernverbände Ulrich Hauser (Enzkreis und Pforzheim), Friedrich Großhans (Calw) und Gerhard Fassnacht (Freudenstadt) sowie der Geschäftsführer der Bauernverbände Calw und Freudenstadt, Karl-Friedrich Günther, zum Ausdruck, ihnen brauche die Arbeit an dem Teilregionalplan zu lange. Sie wünschten sich, dass das Regionalparlament die Ausarbeitung beschleunigt.

Hauser sagte, Ziel müsse die Reduzierung des Flächenverbrauchs sein. Hier sei eine Abwägung der Interessen zwischen Landwirtschaft und den Entwicklungszielen der Kommunen notwendig. Gesichert werden müsse sowohl die Nahrungsmittelproduktion als auch die Lieferung von Biomasse zur Energieerzeugung. Die Bauern spürten den Kostendruck, der sie vor die Alternative stelle, entweder Kosten zu senken oder zu wachsen. Notwendige Größe für einen zukunftsfähigen Milchwirtschaftsbetrieb seien 150 bis 200 Milchkühe, bei der Schweinezucht etwa 2500 Mastplätze. Das erfordere nicht nur Fläche zur Bewirtschaftung, sondern auch die Sicherung des Abstandes zur Wohnbebauung. Hier könne der im Teilregionalplan vorgesehene Höfeschutz mit einem Abstandsradius von 300 Meter ein wirksames Instrument sein. Die landwirtschaftlichen Betriebe bräuchten Planungssicherheit, die ihnen die Regionalplanung bringen könne.

„Wir sehen die Möglichkeit, durch einen Regionalplan Landwirtschaft in unserem Bemühen unterstützt zu werden, zukunftssichere Betriebe zu haben“, sagte Friedrich Großhans. Nach Meinung von Gerhard Fassnacht könne der Regionalverband Nordschwarzwald mit dem Instrument des Höfeschutzes eine Vorreiterrolle im Lande Baden-Württemberg übernehmen. Günther sprach von einem Pilotprojekt. Flächenkonkurrenz entstehe vor allem auf guten Böden, wobei die Entwicklung der Kommunen nicht nur auf Kosten der Landwirtschaft geschehen dürfe. Hier müssten durchaus auch Waldflächen in Anspruch genommen werden. Nicht hinzunehmen sei aber, dass die Landwirtschaft immer den Ausgleich bringen müsse für Eingriffe in den Forst.

Der Direktor des Regionalverbandes Nordschwarzwald, Dirk Büscher, verwies darauf, derzeit seien vier Teilregionalpläne in der Aufstellung. Auch der Forst dränge auf die Fertigstellung „seines“ Teilregionalplanes. Noch immer warte der Regionalverband auf die Überprüfung der Wirtschaftsfunktionskarten für die Landwirtschaft durch die Landratsämter Freudenstadt und Enzkreis, ohne die ein weiteres Verfahren nicht möglich sei. Von der Kreisverwaltung Calw lägen diese Flurbilanzkarten vor. Schon jetzt zeichneten sich etwa 50 Konfliktfälle zwischen den Wünschen der Landwirtschaft auf Flächensicherung und Höfeschutz einerseits, den Entwicklungsplanungen der Kommunen andererseits ab. Auf die gesamte Region gerechnet handle es sich um etwa 150 Hektar strittiger Fläche.

Wir müssen diese Konfliktfälle abarbeiten, aber dazu muss man endlich damit beginnen können. Die CDU-Fraktion, die die Vertreter der Kreisbauernverbände eingeladen hatte, hält es deshalb für notwendig, dass die ausstehenden Unterlagen durch die beiden Landratsämter bald geliefert werden. Der Teilregionalplan Landwirtschaft darf nicht zur unendlichen Geschichte werden, nachdem die ersten Gespräche darüber bereits 2006 stattgefunden haben. Zudem hat sich der Regionalverband in seinem Regionalplan verpflichtet, diese vertiefende Planung vorzulegen. Notwendig ist ein Entwurf, der in die öffentliche Anhörung gehen kann. Die Union versteht die Wünsche der Landwirtschaft, weiß aber auch, dass im Einzelfall die Interessen so aufeinander stoßen, das „die Funken fliegen“. Hier müssen Lösungen gefunden werden, mit denen Bauern und Kommunen gut leben. Das wird - zugegeben - nicht immer einfach sein. Das spüren wir auch bei der kommunalpolitischen Diskussion in Mühlacker.