Die Enzberger und der Steinbruch - eine aktuelle Betrachtung



Vorsicht Sprengarbeiten - Warnschilder am Zaun zum jetzigen Abbaugebiet des Steinbruch an der Ötisheimer Straße in Enzberg.


Konfliktstoff garantiert: Jede Erweiterung eines Steinbruchs kollidiert mit anderen Interessen. Trotzdem steht fest: Wir brauchen den Rohstoff Stein. Wie kann die Gewinnung des Materials mit Belangen wie ausreichender Abstand zu Wohngebieten und Verminderung der Verkehrsbelastung vereinbart werden? Eine schwierige Aufgabe, vor der zurzeit auch der Regionalverband Nordschwarzwald bei seinem Änderungsverfahren zum Teilregionalplan Rohstoffsicherung steht. Einer der Standorte, der konfliktträchtig ist: der Steinbruch der Natursteinwerke Nordschwarzwald in Mühlacker-Enzberg an der Landesstraße nach Ötisheim. Vor Jahren sollte – so eine Zusage der Stadt Mühlacker an die Enzberger - am Feldweg 54 Schluss sein, doch bei der Aufstellung des Teilregionalplanes Rohstoffsicherung, verbindlich geworden im Mai 2000, nahm darauf der Regionalverband keine Rücksicht, sondern sicherte eine zehn Hektar große Erweiterungsfläche über den Feldweg 54, der einfach nach Osten verlegt wurde. Den eigentlichen Weg frei machten die Grundstückseigentümer, die relativ schnell an den Steinbruchbetreiber verkauften. 2002 hatte der Gemeinderat von Mühlacker zugestimmt.
Wohlgemerkt: Das war die Erweiterung, die bis dato noch nicht voll ausgeschöpft ist.

Doch das Land will mehr: Den Steinbruch-Betreibern solle über diese Erweiterungsflächen hinaus zusätzliche Flächen gesichert werden ("Sicherungsgebiete"), auf denen nach der Ausweisung keine andere Nutzung erlaubt ist. Und da wäre der Standort Enzberg wieder dabei: Die Abbaufläche könnte um 15,1 Hektar weiter nach Osten vorgetrieben werden, wenn diese Planung rechtskräftig wird. Allerdings darf dieses Areal erst dann genutzt werden, wenn die Erweiterungsgebiete voll abgebaut sind. Der Teilregionalplan von 2000 war auf 15 Jahre ausgelegt, die Sicherungsgebiete sollen den Abbaubedarf von weiteren 15 Jahren erfüllen. Also: eine Flächensicherung von 30 Jahren. Dabei gilt der Grundsatz: Vorrang hat die Erweiterung bestehender Steinbrüche und nicht die Erschließung neuer.

Allerdings muss das gewünschte Material auch vorhanden sein: Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg in Freiburg hat dies untersucht, die Flächenvorschläge basieren auf dessen Resultaten und sind keine Erfindung des Regionalverbandes. Die Planungsinstanz übernimmt die Grundlagen, die die amtlichen Geologen liefern, stellt sie zusammen, geht damit ins Verfahren und gibt der Öffentlichkeit, darunter auch den Kommunen, die Gelegenheit, andere Interessen und Belange ins Verfahren einzubringen. Der Regionalverband muss dann diese Belange gegeneinander abwägen, die Verbandsversammlung beschließt voraussichtlich im Dezember 2011 den Teilregionalplan, der anschließend vom baden-württembergischen Ministerium für Verkehr und Infrastruktur als oberste Landesplanungsbehörde genehmigt werden muss. Das letzte Wort hat Stuttgart, weil die Regionalverbände für ihre Gebiete Planung im Auftrag des Landes auf der Basis des Landesplanungsgesetzes und des Landesentwicklungsplanes betreiben. 



Ein Blick auf das Abbaugebiet von Osten her.


Nach den Vorschlägen des Geologischen Landesamtes wären rund 170 Hektar in der Stadt Pforzheim sowie den Landkreisen Enz, Calw und Freudenstadt auszuweisen. In einer ersten Güterabwägung stutzte der Planungsausschuss des Regionalverbandes diese Zahl auf 122 Hektar zusammen. Zu diesen 122 gehören die 15,1 Hektar in Enzberg. Für den Standort Enzberg schreibt das Landesamt: "Das Vorkommen aus Kalksteinen des Oberen Muschelkalks erreicht bis zu den tonig-mergelig ausgebildeten Haßmersheim-Schichten eine nutzbare Mächtigkeit von 70 bis 74 Meter, von denen zirka 60 bis 70 Meter im trocknen Kesselabbau genutzt werden können."

Nicht begeistert davon ist die Stadt Mühlacker. Sie lehnte ab und verweist auf die Nähe des Enzberger Ortsteils Sengach und befürchtet starke Nachteile für die Wohnbebauung nicht nur durch Lärm, sondern auch durch Erschütterungen als Folge von Sprengungen. Um nicht nur Nein zu sagen, forderte die Stadt, eine Fläche auf der anderen Seite der Landesstraße und somit eine Erweiterung nach Nordwesten zu untersuchen - ein Areal, das vor mehr als zehn Jahren schon einmal in der Diskussion war. <

Inzwischen lieferte aber der Enzkreis weitere Argumente gegen die Ost-Erweiterung des Steinbruchs und die Sicherung der Fläche im laufenden Anhörungsverfahren, das in den nächsten zwei Wochen endet. Argumente, von denen bisher die Stadt nichts wusste und auch nicht die Stadtwerke Mühlacker, die vom Regionalverband gar nicht angeschrieben worden waren. Die Kernaussagen des Landratsamtes: Der Steinbruch „NSN“ befinde sich im fachtechnisch abgegrenzten Wasserschutzgebiet für den Tiefbrunnen III – V der Stadtwerke Mühlacker, die beabsichtigen, diesen Brunnen wieder für die öffentliche Trinkwasserversorgung zu reaktivieren. Das Verfahren zur Ausweisung des Wasserschutzgebietes soll in naher Zukunft eingeleitet werden. Nach dem Gutachten des Geologischen Landesamtes reichen die abbauwürdigen Gesteine bis in den gesättigten Grundwasserleiter der genannten Tiefbrunnen hinein. Der Abbau der Gesteine erfolge also im zukünftig genutzten Grundwasserleiter. „Dies bedeutet, dass nicht nur während der eigentlichen Abbautätigkeiten, sondern vor allem nach dem Abschluss der Verfüllmaßnahmen erhebliche hydraulische und stoffliche Beeinträchtigungen des genutzten Grundwasserleiters auftreten können.“ Das Landratsamt fordert deshalb eine genaue Untersuchung, eine isolierte Betrachtungsweise sei nicht ausreichend. 

Schon jetzt zeichnen sich auch andernorts Einsprüche ab. Von der Stadt Nagold, ebenfalls tangiert, kommt ein klares Nein. Die zentrale Frage bei den weiteren Beratungen des Regionalverbandes wird sein, ob wir es nicht mit den bisher schon rechtlich gesicherten Abbauflächen bewendet sein lassen sollten. Müssen wir in vorauseilendem Gehorsam gegenüber Land und Industrieverband Steine + Erden tätig werden, auch wenn manches dafür spricht, den Rohstoffbedarf der eigenen Region möglichst in der eigenen Region zu decken. Bisher haben sich immer Mehrheiten in den Gremien des Regionalverbandes für die Abbauflächen gefunden, zumal nur ein Bruchteil der Kommunen betroffen ist. Bei der Verabschiedung des Teilregionalplanes Rohstoffsicherung 2000 kam von mir wegen der Erweiterung Enzberg die einzige Gegenstimme. Und es hat mich dann doch überrascht, wie reibungslos später die Grundstücksverhandlungen verlaufen waren. 


Nach dem Abbau muss die Fläche wieder aufgefüllt und rekultiviert werden. Doch das Auffüllen bringt genauso eine Verkehrsbelastung auf den Straßen wie der Abbau. Steinbrüche sind Generationensachen. Eine Generation ist es schon her, seit  der erste Erweiterungsantrag in Enzberg so heftig umstritten war, dass es zu einer lebhaften Bürgerversammlung in der Turn- und Festhalle führte. So gesehen ist es diesmal ruhig im Stadtteil, denn Flächensicherung ist noch keine Abbaugenehmigung. 


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