Weihnachten: Jetzt in Lienzingen nicht nur zur Weihnachtszeit
Von wegen, alle würden gleich aussehen. Christbaumständer sind so verschieden wie die Menschen. Wer das nicht glaubt, muss das einzigartige Museum im Mühlacker Stadtteil Lienzingen besuchen. Seit gestern ist das möglich. Ich bin begeistert von dem Kleinod. Nicht nur ich. Das ist ja toll! Krieg ich eine Privatführung? kommentierte eine Kollegin aus Stuttgart in Instagram meine kleine Fotoserie gestern Abend. Gusseisen dominiert die Sammlung, dazu Ständer aus Eisenblech, Schmiedeeisen, Keramik und Kunststoff, aus Holz in Form faszinierender Spieluhren oder in schlichter funktionaler Form. Die meisten Stücke sind in ihrem Ursprung in den vier Jahrzehnten zwischen dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 und dem ersten Weltkrieg entstanden.
Das weltweit wohl erste und einzige Christbaumständer-Museum im alten Rathaus von Lienzingen: Auf zwei Stockwerke des historischen Fachwerkgebäudes sind ausgewählte Stücke aus der Sammlung der Mannheimerin Heidi Schwarz zu sehen. Sie trug 1200 seltene Exemplare zusammen und vermachte sie der Stadt Mühlacker, nachdem sich einige Kommunen für die Exponate interessierten, die von ihr angeschrieben worden waren. Den Zuschlag bekamen wir. Das neue Museum soll eine Attraktion im Etterdorf werden – und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Die Dauerausstellung wird mit Wechselausstellungen ergänzt.
Friedenstraße 10. 1719 erbaut. 2015/16 entschied der Gemeinderat, es für etwa 310.000 Euro sanieren zu lassen, nachdem die Stadtverwaltung wenige Jahre Jahren zuvor den Verkauf vorgeschlagen hatte, dafür aber keinen Gemeinderatsbeschluss bekam. Ich wehrte mich dagegen. Ein Glücksfall: Eine Mannheimerin bot Kommunen der Welt größte Christbaumständersammlung als Geschenk an, Mühlackers OB Frank Schneider griff zu, fand so einen neuen Nutzungszweck fürs Rathaus Lienzingen, nachdem Verwaltungsaußenstelle und Kinderbücherei in freie Räume der Grundschule umgezogen werden. Ergänzt wird das Christbaumständer- durch ein Etterdorfmuseum, das 2020 folgen soll.
Die Schäden am Gebäude waren größer als erwartet, die Kosten stiegen (einschließlich denen fürs Museum) auf 960.000 Euro, zur Hälfte getragen vom Land Baden-Württemberg, weil das Rathaus im Sanierungsgebiet liegt. Auch ein Glücksfall.
Nachdem 1692 das alte Rathaus an der Einmündung der jetzigen Kirchenburggasse in die Friedenstraße abgebrannt war, hatte die Gemeinde 1719 das heutige Rathaus gebaut. An einem Eckpfosten steht: "Meister Zimmermann Hans Rudershofer von Großenglattbach anno 1719." Darunter finden sich Beil und Winkelmaß, also die Zimmermannszeichen. 1822 ist das Rathaus durch das jetzige Obergeschoss aufgestockt worden. In der Beschreibung des Oberamts Maulbronn von 1870 wird das Baujahr insgesamt mit 1822 angegeben. Wie es das Schicksal so will: Die jetzigen Sanierungsarbeiten begleitete als Hauptverantwortlicher wieder ein Großglattbacher, der Leiter der Hochbauabteilung der Stadtverwaltung Mühlacker, Joachim Dick.