Einstecken, aufladen, losfahren?
Ein Nissan als Shuttle: Der Stromer pendelte zwischen Gartenschau und Burg Löffelstelz.
Dabei fehlt es nicht an (Werbe-)Plattformen des Staates im Netz. Zum Beispiel das Schaufenster Elektromobilität der Bundesregierung und BW E-mobil. Doch die Grenzen werden in der Diskussion schnell erreicht. Es sind Themen wie Reichweiten, Ladesäulen, Zugang zu eben diesen. Ich habe zwei Elektroautos probeweise gefahren (Nissan Leaf und BMW i3) und bin von den Fahrzeugen begeistert (bei BMW aber nicht über den Preis). Die Nissan E-Mobile, die bei der Gartenschau Mühlacker 2015 als Shuttle zwischen Gartenschau und Burg Löffelstelz eingesetzt waren, erwiesen sich als Erfolgsgeschichte. Es ist ein angenehmes Fahren, leise, spritzig und umweltfreundlich. Wer dann bekennt, sich ein Stromauto (keinen Hybrid) bestellt zu haben und an einem Forschungsprojekt teilzunehmen, löst ungläubiges Staunen aus. Die erste Frage: Wie weit kommt man damit? Und dann: Nur als Zweitwagen? Ein Exot? Ist das E-Fahren teurer?
Tatsächlich besteht die Gefahr, dass die Diskussion schnell kippt und statt der Vorteile die Probleme in den Vordergrund rücken. Ergo: Trotz guter Absicht das Gegenteil erreicht. Die Reichweiten müssen, zugegebenermaßen, wachsen und die deutsche Automobilindustrie hat das Thema zu lange verschlafen. Aber man kann wie beim Nissan Leaf auf einen Typ warten, der statt offiziell 175 Kilometer Reichweite es auf 250 bringt (in der Realität sind es immer ein paar Kilometer weniger). Und die Ladesäulen? Das eine ist die Zahl, das andere sind die Ladezeiten. Man macht rasch die Erfahrung, dass "schnell"bei Schnellladesäulen relativ ist - ergo, vorher genau informieren. Wir haben in Mühlacker drei Elektrotankstellenstandorte mit insgesamt 7 Schnellladestellen je 22 kW/AC. In 30 Minuten ist aber die leere Batterie nicht wieder voll, da bedarf es eines Starkstromanschlusses. Was garantiert immer passt: Nachts das Auto an die heimische Steckdose anschließen.
Ein Dilemma sind die verschiedenen Abrechnungssysteme. Wer an der Schnellladesäule der Stadtwerke Mühlacker an der Danziger Straße "zapfen" will, braucht eine get-e-ready Karte der Firma Bosch. Anfang 2016 läuft dieses Programm aus, wie es weitergeführt wird, ist noch nicht bestimmt - es ist ein regional begrenztes Forschungsprojekt. Wer an der Ladesäule bei der Sparkasse tanken möchte, ruft eine Telefonnummer der Stadtwerke Calw und erhält per SMS einen Code. Ortswechsel: Die Ladesäulen der Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim erfordern wiederum eine ganz andere Karte, die von ladenetz.de ausgestellt werden, einem bundesweiten Stadtwerke-Verbund, die dann immerhin an derzeit mehr als 500 Ladesäulen gilt. Es soll tatsächlich auch Ladesäulen geben (zum Beispiel am Badepark Sinsheim), wo nach geladenen Kilowattstunden in bar abgerechnet wird - so wie bei Sprit-Tankstellen.
Diese Probleme zu schildern, kann abschreckend wirken. Soll es aber nicht. Wer wartet, bis die Infrastruktur perfekt ist, wird lange warten können. Wo Nachfrage besteht, wird auch die Infrastruktur folgen. Es ist wie bei der Frage, was zuerst da war: die Henne oder das Ei. Man kann es auch anders sagen: Ohne Pioniere gibt es keine Fortschritte. Ich will jedenfalls über meine Erfahrungen von Ende Februar an hier bloggen. Immerhin ist Mühlacker eine Stadt mit Umweltzone wegen Überschreiten von Schadstoff-Grenzwerten. Eine solche Kommune ist in puncto E-Mobilität besonders gefordert.
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