Neue bretonische Notizen: Villen und schlechte Straßen
Dinard. Eher ein Zufallstreffer diesmal, weil Saint Malo als wohl nördlichster Punkt der Bretagne erste Station auf der Route an den Atlantik war: Und gleich neben St. Malo liegt Dinard. Auf den ersten Blick, wenn sich Besucher der Innenstadt und dem Hafen nähern, wirkt sie wie die ärmere Schwester von Malo mit ihren 45.000 Einwohnern.
Der beliebte Abstecher nach dem Motto der Neugierigen: Jetzt schauen wir mal, was es hier gibt. Diesmal lohnt sich der abrupte Tripp ins Unbekannte gewaltig. Vor uns: Das einst erste Seebad Frankreichs, entstanden in den 1880er Jahren, als vor allem Engländer auf den Geschmack kamen. Das hinterließ bis heute seine Spuren: englische Architektur mit Veranda und Schiebefenstern.
Erlebt auf gut Glück.
An die 400 Villen stehen unter Denkmalschutz, prägen somit das Bild der fast 10.000 Einwohner zählenden Stadt Dinard Côte d'Émeraude an der so genannten Smaragtstraße . Das Nizza des Nordens an der Nordküste der Bretagne. Belle-Époque-Architektur und vier feine Sandstrände vereint, aber schlechte Straßen auch in der Villen-Gegend.
Haupterwerbsquelle ist immer noch der Tourismus. Die Web-Seite der Stadt lässt denn dazu auch keine Antworten offen. Überhaupt: Für eine Kommune ein Top-Auftritt (so nebenbei bemerkt).
Dinard. Ja, da wohnte Pablo Picasso. Verachtet mir auch im digitalen Zeitalter das gemeine Hinweisschild am Straßenrand nicht. Denn das bringt auf die Spur zu einer Villa, die einem bis gerade eben unbekannt war. Wusste ich auch nicht. Sorry, war auch schon vor mehr als 100 Jahren. Wusste bis heute nicht einmal, dass es Dinard gibt.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Strände beliebter bei den wohlhabenden Klienten. Sie ließen prachtvolle Villen errichten und genossen die Eröffnung von Klubs. Im Sommer 1922 ließ sich Picasso samt Familie in der Villa Beauregard nieder. In etwa 50 Werken wie Familie am Meer oder Zwei Frauen laufen am Strand stellte er berauschende Sommergefühle zwischen Meer und Sonne dar.
Fasziniert von den Körpern der badenden Frauen, wie Experten sagen, die sich in den 1920er Jahren an der Smaragdküste immer freizügiger zeigten, verbringt der berühmte Künstler seine ersten Ferien in der Bretagne. In der Villa Beauregard mit Blick auf die Bucht von Prieuré, später wohnt er in der Villa des Roches am Strand von Saint-Enogat.
Was man so alles erfährt? Dank Reiseführer gedruckt. Höchst frivol, der Künstler. Obwohl seine Ehefrau Olga und ihr gemeinsamer Sohn Paulo bei ihm sind, trifft sich Picasso 1928 jeden Tag heimlich mit seiner Geliebten Marie-Thérèse Walter in den Kabinen am Strand „Plage de l’Ecluse“. Die damals 17-Jährige verbringt ihre Ferien in einem Jugendzeltlager in Dinard.
So eine Geschichte hält sich genauso wie die Villa Beauregad - sogar ein Klo mit Meeresblick hatte Picasso. Hab ich mir gegönnt. Mancher Zufall ist denn höchst erfreulich.
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