Inklusionsoffensive im Enz-Kreistag über Fraktionsgrenzen hinweg

Bei der Inklusion in Schulen und Kindertagesstätten im Enzkreis sehen Kreisräte trotz zahlreicher Fortschritte noch erheblichen Ausbaubedarf. Vom Land verlangen sie mehr Lehrkräfte für diese Aufgabe. Wiederum die Kreisverwaltung müsse den Schulentwicklungsplan rasch vorlegen, die Kommunikation mit den Beteiligten entscheidend verstärken sowie das Überwechseln von Kindern  vor Ort vom inklusiven Kindergarten in die inklusive Schule sicherstellen.

Entscheidender Grundsatz im Enzkreis-Konzept für Inklusion. Wie wird er ausgelegt? (Grafik: LRA Enzkreis)

Insgesamt fünf Mitglieder der Kreistags-AG Inklusion nahmen sich einen ganzen Vormittag Zeit für die Besuche, die die Grundlage der öffentlichen Erklärung sind: Dr. Peter Napiwotzky und ich (beide CDU, Mühlacker), Heinrich Furrer (FWV, Neulingen) und Joachim Wildenmann (Grüne, Birkenfeld) sowohl als Vertreter des Schulträgers der Heckengäuschule sowie als Kreisrat der SPD, Bürgermeister Matthias Enz. Das Positionspapier zur Inklusion in Schulen und Kindergärten basiert auf gemeinsam geführten, interfraktionellen Informationsgesprächen.

Der Enzkreis verankerte das Ziel in seinem Leitbild: Menschen mit Behinderung ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben, frei von Diskriminierungen, zu ermöglichen. 2019 startete der Kreis ein Bündnis für Inklusion, präsentierte gleichzeitig einen Fahrplan. Leider gelang es dem Kreis bisher nicht, einen zusätzlichen inklusiven Standort zu ermöglichen. Wiederum das Land Baden-Württemberg legte 2015 fest, dass inklusive Bildungsangebote Aufgabe alle Schulen sei. Schüler mit und ohne Behinderung werden gemeinsam erzogen und unterrichtet.

Aktuell steht  der Enzkreis vor der Planung der neuen Gustav-Heinemann-Schule (GHS) auf dem Buckenberg in Pforzheim. Die zentrale Frage: Wie groß muss die GHS-Stammschule für körperlich und/oder geistig behinderte Kinder sein, wenn die 28 Kreiskommunen und das Land das Anrecht auf Inklusion erfüllen? Der Kreistag beschloss vier „Satelliten“ als GHS-Außenstellen - an den Grundschulen Ötisheim und Dietlingen, an der Heckengäu-Gemeinschaftsschule in Wiernsheim sowie an der Kreisberufsschule in Mühlacker.

Doch kann im Enzkreis von der heilen Welt der Inklusion gesprochen werden? Darauf Antworten zu finden sei wichtig. Daraus wuchs bei Joachim Wildenmann von den Grünen und mir bei einem Treffen in Lienzingen die Idee einer solchen Basis-Runde. Wir organisierten die Treffen mit der Rektorin der Heckengäu-Gemeinschaftsschule in Wiernsheim, Monika Becker, sowie mit Sabrina Bogner-Rudolf, Leiterin des Waldkindergartens Keltern-Dietlingen, ihrem Team und Frank Kern, Kämmerer der Gemeinde Keltern.

Zwei Forderungen richten sich ans Kultusministerium des Landes, sechs an die Enzkreis-Verwaltung.Hier die öffentliche Erklärung oder das Positionspapier im Original:

Erklärung von Kreisräten des Enzkreises zur Inklusion in Schulen und Kindergärten nach gemeinsam geführten, interfraktionellen Informationsgesprächen in der Heckengäu-Gemeinschaftsschule in Wiernsheim und dem Waldkindergarten in Keltern-Dietlingen:

Inklusion in Schulen

Das Land muss mehr Lehrer und Lehrerinnen für die Inklusion in den Schulen bereitstellen und darf nicht nur den Mangel verwalten.

Der neue Organisationserlass des Kultusministeriums brachte wohl mehr Stunden für Inklusion, die aber an anderer Stelle fehlen. Momentan liegen dazu noch keinerlei Aussagen des Staatlichen Schulamtes Pforzheim vor. Jedenfalls verschlechterten sich die Rahmendaten in den vergangenen Jahren bei der Inklusion. Der Schlüssel: mehr Lehrkräfte in der Sonderpädagogik.

Die Landespolitik muss sich verstärk zu den Gemeinschaftsschulen bekennen.

"Eine Schule für alle" ist die Idee der Gemeinschaftsschule (GMS). Sie bietet viele Vorteile des kindgerechten Lernens, gleichzeitig verstärkt sich aber das Auseinandertriften der Schularten. Die Gemeinschaftsschulen weisen gute Ergebnisse auf, aber leiden unter schlechtem Ansehen und fehlender angemessener Unterstützung vom Land. Beispiel Heckengäuschule (GMS): Inklusion, momentan 17 L-Kinder, nur 22 Lehrer-Stunden.

Die Enzkreis-Verwaltung muss die Kommunikation mit den Beteiligten schnellstens verbessern.

Die vier Satelliten-Standorte im Enzkreis haben keinen Kontakt, Infos erfährt die Schule aus der Zeitung. Der Enzkreis stellte voriges Jahr betreffs Nachmittagsbetreuung ein Programm vor, aber seit Herbst findet sich niemand zur Umsetzung. Zu den Plänen für den Neubau der Gustav-Heinemann-Schule (GHS) auf dem Buckenberg in Pforzheim fanden keinerlei Gespräche mit den Leitungen der anderen Einrichtungen/Schulen statt – der letzte Kontakt dazu erfolgte 2019 über Schreiben an die Rektoren. Über drn Schulentwicklungsplan (SEP) ist an den Schulen nichts bekannt, obwohl man davon betroffen ist. Ende vorigen Jahres konnte der Leiter des Staatlichen Schulamtes Pforzheim keine Aussage zum Neubau der GHS machen, seither ist nichts von dort zu hören.

Die Kreisverwaltung muss schleunigst ihren Schulentwicklungsplan (SEP) vorlegen. Sie ist die Grundlage jedweden Handelns. Wir fordern nicht nur die SEP-Ergebnissen vom Kreis ein, sondern wollen, dass diese mit allen Betroffenen (Schulen) gemeinsam besprochen werden.

Laut Kreis liegt die SEP weitgehend vor - angeblich fehlt noch ein Detail zu den Außenstellen. Dazu wartet man auf eine Antwort des Regierungspräsidiums.

Inklusion in Kindertagesstätten

Kinder aus inklusiven Kindertagesstätten müssen die Chance erhalten, in eine inklusive Schule zu wechseln.

Doch daran fehlt es. Der inklusive Kindergarten zum Beispiel in Keltern-Dietlingen hat Vorbildfunktion, viele kommen, um sich zu informieren. Die Gemeinde unterstützt aktiv Inklusion, weitere Kindergärten machen sich in Keltern auf den Weg. Eltern wollten, dass die Kinder nach dem Kindergarten in eine inklusive Schule kommen, das Staatliche Schulamt (SSA) hat das 2022/23 verhindert. Eltern fühlen sich vom SSA schlecht behandelt, unter anderem wegen mangelhafter Informationen. Nächstes Jahr soll es nicht einmal eine Kooperationsklasse geben, das ist vor Ort unverständlich und war vom SSA anders zugesagt.

Ganztagesbetreuung umsetzen

Ganztagsbetreuung wurde versprochen, trotz langer Vorlaufzeit hat Enzkreis niemand gefunden. Schulbegleiter wurden nicht gefragt und haben zwischenzeitlich andere Arbeitgeber.

Arbeitskreise Inklusion zu Kindertagesstätten und des Kreistags zu Schulen müssen zusammengeführt werden

Derzeit kümmern sich mit Kreistagsbeteiligung je ein Arbeitskreis Inklusion in Schulen und Inklusion in Kindertagesstätten getrennt voneinander um das gleiche Anliegen. Ein Informationsaustausch fehlt teilweise.

Die Kreisräte Joachim Wildenmann (Grüne, Birkenfeld), Günter Bächle und Dr. Peter Napiwotzky (beide CDU, Mühlacker), Heinrich Furrer (Freie Wähler, Neuhausen), Matthias Enz (SPD, Wiernsheim)

Adressaten: Kultusministerium Baden-Württemberg  und Verwaltung des Enzkreises Die Gespräche fanden am 20. Juli 2023 statt

Info:

Die ganze Entwicklung begleitete die Arbeitsgruppe Inklusion des Kreistags, in dem alle Fraktionen mit jeweils zwei Mitgliedern vertreten sind. Drei von ihnen gehören jetzt der neuen Lenkungsgruppe der Kreisverwaltung für den Bau der GHS an: Günter Bächle (CDU), Heinrich Furrer (FWV) und Joachim Wildenmann (Grüne).

 

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