Ladeweile
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Wofür habe ich den Tempomat? Gleichmäßig gefahrene Geschwindigkeit verhilft zu optimaler Reichweiten-Ausbeute, das Navi bietet nicht nur die schnellste, sondern auch die energieeffizienteste Route an. Wenn sich der Verkehr verlangsamt, sofort vom Gaspedal gehen und den Wagen selbstständig mild verzögern und dabei Bremsenergie rekuperieren lassen. Ich gebe zu: Die guten Ratschläge gehen im Alltag schon mal unter. Zumindest bei mir. 15 Kilowattstunden auf 100 Kilometer – so die offizielle Stromverbrauchsangabe des Herstellers Nissan für den Leaf. Ich will‘s wissen, klicke mich im Bordcomputer durchs Zahlenwerk des Energieverbrauchs und sehe auf dem Display: Bei inzwischen gefahrenen 3000 Kilometern brauchte ich 17 kWh auf 100 km/h. Macht bei 28 Cent die Kilowattstunde etwa sechseinhalb Euro aus. Bei meinem früheren Diesel kamen die 100 Kilometer auf mindestens acht Euro reiner Spritkosten, Basis ein Euro pro Liter.
Weil das E-Mobil Öl & Co. nicht kennt und somit keinen Ölwechsel braucht, senkt das auch die Betriebskosten. Dass der Wagen zudem Kfz-steuerfrei fährt und Städte wie Ludwigsburg außerhalb der Parkhäuser fürs Parken nichts verlangen, lässt das E-Mobil ganz nach des Schwaben Geschmack sein. Die Kosten meiner stärkeren Ladestation daheim lasse ich mal außen vor, ich hätte den Wagen auch an die Haussteckdose hängen können. Geduld zu haben soll bekanntlich eine Tugend sein.
Das E-Mobil ist – weiterer Pluspunkt! – kein Klimakiller wie der Diesel. Meine Kfz-Bilanz: null CO²-Emissionen, Effizienzklasse A plus. Drückt aber nicht die persönlichen Autokosten, ist eher von allgemeinem Umweltwert.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks wies kürzlich darauf hin, dass die Ziele im Klimaschutz nur zu erreichen seien, „wenn wir die verkehrsbedingten CO²-Emissionen deutlich senken“. Ein Schlüssel dazu sei die Elektromobilität.
Aber wie sieht die Realität aus? Sie ist zumindest voller Ankündigungen. 15 000 Ladesäulen in ganz Deutschland aufzubauen sei sein Vorschlag, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Nun gehe es darum, eine flächendeckende Ladeinfrastruktur zu schaffen. Von einem Zeitplan las ich allerdings nichts.
Das Herz eines E-Mobilisten ist erfreut, wenn sein Navi viele kleine blaue Kreise mit Stromstecker anzeigt. Zum Beispiel in Stuttgart-Vaihingen auf dem Weg vom und zum Regierungspräsidium. Die Botschaft: Dir sei‘s nicht bang, ‚s gibt Strom ein Autoleben lang. Überhaupt: Die Landeshauptstadt ist Ladesäulen-Hochburg (aber auch noch ausbaufähig). Ludwigsburg schlug diesen Weg auch ein. Aber sonst? Da hilft nur ein Blick in die Ladestationen-Liste im Navi, auf Internetseiten und auf Smartphones. E-mobil BW GmbH, die Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie Baden-Württemberg, empfiehlt mir auf meine Anfrage www.lemnet.org mit öffentlichen sowie privaten Ladestationen. Das Problem: Es gibt keine Gewähr auf Vollständigkeit. Alle Plattformen setzen auf die E-Mobilisten als Ladepunkte-Melder. Als da sonst noch sind die Apps E-Tankstellenfinder und EnBW-Ladesäulen. Beliebt ist auch www.goingelectric.de – eine Webseite, die detailliert Ladesäulen vorstellt, mit Routenplanern kombiniert und sich auch Gedanken darüber macht, wie der Stromtanker die Ladezeit überbrückt, ohne dass es ihm langweilig wird. „Ladeweile“ heißt die witzige Rubrik und so steht bei der Station Schillerstraße 2 in Ludwigsburg, neben der Hauptstelle der Kreissparkasse: „Mitten im Zentrum einer mittleren Stadt: Kino, Einkaufen, Banken, Hotels, Kneipen, etc.“ Während des Tankens den neuesten Film sehen? Aber wer hat schon zu viel Zeit?
Noch eine Spezialität: Electrify-BW, ein Verein, bietet Sicherheitstraining speziell für Fahrer von Elektroautos auf dem Verkehrsübungsplatz Egelsee in Vaihingen an. Zwecks Reichweiten-Verlängerung. Ist doch etwas.
170 Ladepunkte gibt es allein in Stuttgart. Damit liegt die Landeshauptstadt auf Rang zwei der Top 10-Städte in Deutschland hinter Berlin (433). München ist mit 77 das Schlusslicht. Nach Angaben des Bundesverbandes Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vom Februar 2016 lässt sich deutschlandweit an 5571 Ladepunkten Autostrom zapfen: an 2486 öffentlich zugänglichen Ladestationen, von denen jede in der Regel zwei Ladepunkte hat. Baden-Württemberg ist mit 1097 Ladepunkten Vize-Meister – nur Nordrhein-Westfalen bietet mit 1258 mehr. Zum Vergleich: Im Bundesgebiet gibt es rund 14 500 Tankstellen, die Sprit für Verbrennungsmotoren verkaufen. Die Bundesregierung will auch ein flächendeckendes Netz für Elektrotankstellen. Ziel: 15 000 Ladesäulen im Bundesgebiet.
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