Statt Herbst 2022 nun Frühjahr 2023: Lienzinger Wohngebiet „Pferchäcker“ verzögert sich weiter - Seit sechs Jahren wird geplant und nun das

Die Erschließung des geplanten Wohngebiets Pferchäcker in Lienzingen mit etwa 60 zusätzlichen Wohnungen verzögert sich weiter – auch, weil die Stadtverwaltung dem Bebauungsplanverfahren alte Ziegelei dann den Vorrang einräumt, wenn die personellen Kapazitäten im zuständigen Amt knapp werden. Das schrieb Bürgermeister Winfried Abicht unverblümt in einer Antwort auf meine Anfrage als Vorsitzender der CDU-Gemeinderatsfraktion.  Statt Herbst 2022 wird es Frühjahr 2023. Die Pferchäcker dienen dem Eigenbedarf des Stadtteiles. Sie wegen der Ziegelei zeitweise auszubremsen, geht nicht! Ein Trauerspiel.

Pferchäcker - dem Wohngebiet Vordere Raith angefügt. So ist der Plan. (Foto: Günter Bächle, Mai 2022)

Wie stabil ist nun diese neue Terminansage? Ich antwortete bisher auf Fragen von potenziellen Häuslebauern, wann mit der Erschließung gestartet werde, immer aus voller Überzeugung Herbst 2022. Nach diesen Erfahrungen bin ich künftig vorsichtig, Angaben der Verwaltungen zu übernehmen.

So als habe ich dies vermutet, leitete ich meine Anfrage mit der Feststellung ein: Zunehmend werden Zweifel in Lienzingen laut, ob die Erschließung des Wohngebiets Pferchäcker wirklich noch 2022 beginnen wird. Nicht eingehaltene Terminankündigungen wie bei der Planung des Kindergartenbaus in Lienzingen führten zum Verlust an Glaubwürdigkeit der Kommune geführt. Es mutet einer Never Ending Story an, denn der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Pferchäcker wurde im Jahr 2016 gefasst.  In den Einwohnerversammlungen im Stadtteil in den Jahren 2015 und 2019 präsentierte die Verwaltung den ewig selben Vorentwurf. So steht im Protokoll der Einwohnerversammlung vom März 2015, das Thema Neues Baugebiet Pferchäcker werde in der Gemeinderatssitzung vom 24. März 2015 beraten. So lange Verfahrensdauern sind, bei allen zugestandenen Schwierigkeiten, nicht akzeptabel.

Der Entwurf des Bebauungsplans sei im Entwurf vorbereitet, die Zuteilung der Grundstücke im Umlegungsverfahren stehe - mit den Eigentümern verhandelt - im Entwurf ebenfalls fest, heißt es in der Antwort von Bürgermeister Abicht. Das Baugebiet werde durch einen Erschließungsträger entwickelt. Dieser müsse mit den Grundstückseigentümern eine Vereinbarung zur Kostentragung abschließen, bevor der Stand der Planreife erreicht ist. Dies ist der Fall, wenn nach dem Entwurfsbeschluss und der anschließenden Auslegung des Bebauungsplans davon auszugehen ist, dass ein Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht. Ist dieser Stand einmal erreicht, dann bestehe für die Grundstückseigentümer Baurecht.

Zugestimmt: Dem Plan für das neue Wohngebiet

Da sich also eine automatische Abfolge Entwurfsbeschluss > Auslegung > Planreife ergebe, so Abicht weiter, dürfe der Entwurfsbeschluss erst dann gefasst werden, wenn die Unterschriften aller Eigentümer vorliegen. Aufgrund der erheblichen Preissteigerungen im Baubereich sehe sich der Erschließungsträger nicht in der Lage, belastbare Aussagen zur tatsächlichen Höhe der Erschließungskosten zu treffen. Es sei zu befürchten, dass einzelne Grundstückseigentümer in die Situation kämen, in der Bauphase steigende Erschließungskosten nicht aufbringen zu können. Dies hörte ich noch nie als Argument, ist wohl eher der Versuch, ein Schlupfloch zu finden.

Bürgermeister Abicht weiter: Um eine hinreichende Liquidität des Projekts in der Bauphase sicherzustellen, sei deshalb eine ergänzende vertragliche Regelung ausgearbeitet worden, um dieses Risiko abzudecken, so Abicht weiter. Dies soll im Mai 2022 im Gemeinderat beraten und beschlossen werden. Danach sollen die – im Übrigen ausverhandelten – Kostentragungsvereinbarungen mit den Eigentümern im Juni abgeschlossen werden. Doch im Mai gibt es nur noch eine Sitzung und da steht das Thema nicht auf der Tagesordnung.

Die amtliche Umlegung kann erst nach Abschluss des Bebauungsplanverfahrens durch Beschluss des Umlegungsausschusses in Kraft treten, steht zudem in der Antwort. Die Erschließungsarbeiten sollen schnellstmöglich nach Rechtskraft der Umlegung beginnen. Mit dem Hausbau kann nach Herstellung und Abnahme der Erschließungsanlagen angefangen werden (Abicht).

Nach Abschluss der Kostentragungsvereinbarungen im Juni könne nicht vor Juli der Entwurfsbeschluss des Bebauungsplans gefasst werden. Die Auslegung des Bebauungsplans solle nicht vollständig in den Sommerferien erfolgen, sondern wohl bis Ende September/Anfang Oktober. Mit umfangreichen Stellungnahmen auch aus der Öffentlichkeit sei wie in der frühzeitigen Beteiligung zu rechnen. Der Satzungsbeschluss werde deshalb kaum vor November möglich sein. Da parallel die Bebauungspläne in der Ziegelei zur Rechtskraft gebracht werden sollen, könnten sich im einen oder anderen Projekt - aus Sicht der Verwaltung wohl bei den Pferchäckern - Verzögerungen in den Dezember/Januar hinein ergeben.

Nach Inkrafttreten des Bebauungsplans könne der Umlegungsplanbeschluss gefasst werden, an den sich eine sechswöchige Rechtsmittelfrist anschließe. Mit einem Beginn der Tiefbauarbeiten sei deshalb realistisch im zeitigen Frühjahr 2023 zu rechnen. Abicht: Der ursprünglich geplante Baubeginn der Tiefbauarbeiten im zweiten Halbjahr 2022 wird also nicht zu halten sein. Das ist vor dem Hintergrund einer anhaltend hohen Nachfrage nach Bauland zwar zu bedauern, allerdings waren die aktuellen geopolitischen Umwälzungen und ihre Auswirkungen auch auf den Baumarkt nicht vorherzusehen.

Letztlich sei auch ein Nachlassen der Nachfrage nach Bauland ein denkbares Szenario. Aus Sicht der Verwaltung ist die entstehende Verzögerung deshalb nicht nur von Nachteil: Mit einem Verkauf von Grundstücken an Interessenten, die kurz darauf feststellen, dass sie unter den gegebenen Umständen (Baukosten, Zinsentwicklung) nicht mehr in der Lage sind zu bauen, wäre wenig gewonnen, so der Bürgermeister.

Der Eindruck täuscht: Die Erschließungsarbeiten für die Pferchäcker haben noch nicht begonnen

Ob denn eine solche Fürsorge denn auch potenziellen Käufern in der Ziegelei gilt? Seit wann bevormundet die Stadt denn eigenverantwortlich handelnde Menschen? Das ist nicht zu akzeptieren. Die Rechtfertigungsversuche greifen nicht: Die Baulandnachfrage war und ist groß und eine diesbezügliche Änderung ist reine Spekulation. Das Bereitstellen von Bauland ist der einzige Schlüssel zur Überwindung der eklatanten Wohnungsnot!

Sechs Jahre für ein Baugebiet zu brauchen, bevor die erste Baugrube ausgehoben werden kann – da ist die Zeit der bei fast Null Zinsen liegenden Wohnungsbaukredite vorbei. Die seit langem wartenden Interessenten haben nun das Nachsehen. Teure Säumnis!

Es ist schon ein wundersames Timing - die Stadt schiebt ein Neubaugebiet jahrelang vor sich her und kommt dann erst mit den Baugebieten auf den Markt, als erstmals die Darlehenszinsen steigen, ebenso die Baukosten und der Bauland-Preis. Das muss man wirklich hinbringen. Und in der Chefetage des Rathauses bekommt man nicht mal rote Köpfe.

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