Landkreise tut sich schwer, der Diagnose rasch die Therapie folgen zu lassen

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Die teilweise unzureichend fachärztliche Versorgung im Enzkreis soll in einer der kommenden Sitzungen des Sozial- und Kulturausschusses (SKA) des Kreistags behandelt und über die Situation in der Region informiert werden. Die Kreisverwaltung griff damit einen Antrag in der jüngsten digitalen Sitzung auf, den ich für die CDU-Kreistagsfraktion gestellt hatte. Gleichzeitig fragte ich konkret nach den großen Engpässen bei der Versorgung mit Kinderärzten und griff Klagen von Eltern auf wie aktuell in Mühlacker, sie fänden keinen Ersatz für ihren Kinderarzt, der die Praxis geschlossen, aber vergeblich nach Nachfolge gesucht habe. Arzt-Versorgung - auch ein kommunales Dauerthema.

Inzwischen liegt die Antwort der Kreisverwaltung generell zur fachärztlichen Versorgung vor, die sicherlich ausreichend differenziert ist, die die Probleme aufzeigt, aber auch deutlich macht, wie sich ein Landkreis schwertut, der Diagnose die Therapie folgen zu lassen. Die Fachärztliche Versorgung wird demnach unterschiedlich eingeschätzt. Uns erreichen keine Meldungen zu fehlenden Frauenärzten, Hals-Nasen-Ohren-Ärzten (HNO) oder Orthopäden sowie weiteren Facharzt-Gruppen, schreibt Dr. Hilde Neidhardt, Erste Landesbeamtin.

Dagegen erreichten die Kreisverwaltung immer wieder Meldungen zu fehlenden Kinderärzten, fehlenden Psychiatern und fehlenden Hausärzten. Der Enzkreis sei hier seit einigen Jahren aktiv mit der Aktion Docs4Pfenz und dem Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin, die sich vordringlich auf die hausärztliche Versorgung beziehe, aber auch Kinderärzte mit einbezogen habe. Leider habe auch hier die Corona-Pandemie in den vergangenen zwei Jahren die Umsetzung von Werbeaktionen beeinträchtigt, aber die Kreisverwaltung hofft, hier bald wieder aktiver werden zu können.
 

Die kinderärztliche Versorgungssituation stellt sich sowohl im ambulanten wie auch im stationären Sektor als unzureichend dar, analysiert die Verwaltung. Auch in unserer Region kommt es immer wieder zu Aufnahmestopps bei Kinderärzten. Neu zugezogene Eltern haben dann keine Chance, ihre Kinder beim Kinderarzt versorgen zu lassen. In Akutsituationen bestehe Behandlungspflicht. Da auch Hausärzte Kinder versorgen könnten, sei in der Regel damit keine Notsituation verbunden.

Die Kinderärzte berichten nach Angaben der Vize-Landrätin, die Bedarfsplanung sei veraltet und werde den Anforderungen nicht mehr gerecht. Immer weniger Hausärzte seien bereit oder in der Lage, insbesondere kleine Kinder zu versorgen, auch weil der Anspruch an die fachliche Spezialisierung und der Anspruch der Eltern gestiegen sei. In den vergangenen Jahrzehnten seien zahlreiche Vorsorge-Untersuchungen in den Leistungskatalog mit aufgenommen worden; die Kinder benötigten eine ärztliche Bescheinigung, wenn sie in die Kita aufgenommen werden; die Masernimpfung müsse bestätigt werden. Diese Aufgaben seien zeitintensiv.

Zudem hat die Kinderklinik am Helios (die einzige Kinderklinik in Pforzheim und Enzkreis) nach Erkenntnissen der Kreisverwaltung ein notorisches Personalproblem. Seit einigen Jahren gibt es Vorgaben zu Personalschlüsseln, die von der Klinik (und auch von anderen Kliniken) nicht mehr erfüllt werden können. Zunehmend müssten deshalb Frühgeborene oder Schwangere mit drohender Frühgeburt verlegt werden. Der Personalmangel habe auch Auswirkungen auf die Versorgung der älteren Kinder, so dass es auch hier immer wieder zu einem Aufnahmestopp komme.

Dürfen bestehende Praxen Leute abweisen, die neu zur Behandlung kommen wollen, wollte ich vor dem Hintergrund wissen, dass Eltern über solche Situationen berichtet hätten, nachdem eine Kinderarzt-Praxis in Mühlacker voriges Jahr ohne Nachfolge geschlossen habe. Die Antwort: Praxen dürfen Patienten abweisen, wenn kein Notfall vorliegt. Das sei in der Tat ein Problem, das der Kassenärztlichem Versorgung (KV) BaWü bereits mehrfach mitgeteilt worden sei Eine Lösung scheine schwer: die ländliche Region sei für Ärztinnen und Ärzte aller Fachrichtungen nicht mehr attraktiv und es gebe nicht genug, die für eine Niederlassung bereit sind, so Hilde Neidhardt.

Bericht zur kinderärztlichen Versorgungssituation (Stand 2018) bei, der einen guten Überblick über die Situation bietet und der Teil der Antwort der Kreisverwaltung ist. Bericht_Kinder-_und_Jugendaerztliche_Versorgung.pdf

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