Ablehnen, wenn Annahme gesichert? Merkwürdige FW-/FDP-Neinsager-Strategie im Rat. Doch eine Stadt, die heute Geld ausgibt, das sich morgen auszahlt – DIE ist generationengerecht

Stadt steht auf stabilien Säulen - Haushaltsrede zum Etat 2022 für die CDU-Fraktion

Fakt ist: Mühlacker ist eine arme Stadt.

Widerspruch! 

Nein, das ist kein Fakt, auch wenn sich diese kürzlich gefallene Aussage eines Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats einen Lokaljournalisten dazu verleiten musste, daraus eine Überschrift zu machen, die sitzt. Aber es ist einfach falsch, das zu behaupten!  Und einfach den Haushaltsplan der Stadt für 2022 abzulehnen, wie es FW und FDP diese Woche im Gemeinderat nach fast fünf Stunden weiterer Beratung getan haben. Das solle kein Negativvotum gegen die Verwaltung sein, so einer der Nein-Sager, dessen Kritik auf die GroKo abzielte, also die Fraktionen von CDU, LMU und SPD, die kürzlich bei der Debatte über die Ausrichtung der Jugendsozialarbeit eine Große Koalition gebildet hätten.

Eine armselige Begründung, denn nicht CDU, LMU und SPD brachten den Haushaltsplan 2022 ein, sondern Oberbürgermeister Frank Schneider (FDP). Freie Wähler und Freidemokraten votierten damit gegen die Finanzierung aller Maßnahmen, denen sie das Jahr über zugestimmt hatten. Aber die Marschroute der beiden Gruppen hieß wohl: Ablehnen, wenn Annahme gesichert.

Das ist eben der Stoff, aus dem auch die Finanzlage der Stadt pessimistisch bewertet wird. Immerhin: Nach hintereinander jeweils einstimmig genehmigten zwölf Budgets eines mit ein paar Gegenstimmen. Doch entscheidend ist: Eine breite Mehrheit des Stadtparlaments stütze das Zahlenwert. Wie sagte einst Konrad Adenauer? Mehrheit ist Mehrheit.

Eben!

Wer behauptet, Mühlacker sei eine arme Stadt, erzählt Märchen. Sie ist allerdings auch keine reiche, sie liegt wie so oft im Mittelfeld.

Mühlackers aktuelle finanzielle Lage ist gut. Mühlacker hatte 2020 pro Kopf (Basis 2018) die höchste Steuerkraft aller 28 Kommunen im Enzkreis: 1676,40 Euro pro Einwohner – ein Plus von 171,16 Euro je Kopf gegenüber dem Jahr zuvor.  Somit 197,06 je Einwohner mehr als der Durchschnitt der 28 Städte und Gemeinden des Enzkreises. In der baden-württembergischen Größenklasse 20.000 bis 50.000 Einwohner bewegen sich die mehr als 26.000 Mühlackerer mit ihrer Steuerkraftsumme in 2020 über dem Mittel. Wir liegen laut Statistischem Landesamt auch in anderen Vergleichsgruppen in puncto Steuerkraftsumme darüber.

Mühlacker nahm 2020 rund 43,9 Millionen Euro an Steuern ein, also 7,5 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Auch die Zahlen für 2021 und 2022 sind weitaus besser, als OB und Kämmerin bei der Einbringung des Etats 2022 öffentlich sagten. 1813,61 Euro pro Kopf in 2022. 

Da wird schwarzgemalt, was das Zeug hält, um unliebsame Projekte vertagen, die Umsetzung des Konzepts Phase Null für Erweiterung und Sanierung von Gemeinschaftsschule und Mörike-Realschule im Lindach verhindern zu können – aber ohne eigene Visionen als Alternative zu entwickeln. Selbst das seit dem Zeitpunkt der Vorlage des Budgetentwurfs absehbare Einnahme-Plus von zwei Millionen Euro spielte die Kämmerin herunter, verwirrte mit hier dazurechnen, dort wieder abziehen, hier buchen - und so ging fast unter, dass sich die Liquidität eben doch entsprechend erhöhte

Arm sieht anders aus.

Weshalb OB und Kämmerin bei solchen Aussagen nicht widersprechen, bleibt ihr Rätsel. Denn solche Behauptungen schaden der Stadt.

Diese gute Finanzlage muss nach Ansicht der CDU dazu genutzt werden, um Projekte einfach mal umzusetzen. Doch stattdessen ertönt von manchen im Gemeinderat und in der Stadtspitze immer der Ausruf: Wir haben kein Geld! Die Folge: Zurückschrecken vor Entscheidungen, folglich geht wenig, eine absolute Blockadehaltung, immer wieder wird verschoben. Hier wird Verschieben mit Sparen verwechselt.  Wer etwas verhindern möchte, wiederholt die Mär von der Armut wie eine tibetanische Gebetsmühle. Wir aber wollen nun rasch die Entscheidungen zu den Schulen im Lindach herbeiführen.

Weg mit dem Stillstand! Nur weil Projekte stranguliert werden sollen, die manche im Rat nicht wollen. Oder wichtige Zukunftsthemen wie die Stadtbau GmbH ausgesessen werden sollen. Die Stellungnahme der Verwaltung zum Antrag einer dreiköpfigen Fraktion auf Auflösung der Stadtbau fiel leider wachsweich aus. Ein klares Bekenntnis hört sich anders an. Keine Klarheit, keine Führung, möglichst aussitzen, heißt dazu die Devise in manchen Amtsstuben und zwei Fraktionsräumen. Dabei gibt es ein deutliches Votum des Gemeinderats für die Stadtbau. Die Weichen sind seit 2016 im Gemeinderat auf Grün gestellt, doch immer wieder wird versucht, den Zug nicht aufs Gleis zu stellen. Was geschah in dem vergangenen knappen Jahr? Außer einem Businessplan nichts. Schon wieder ist ein Jahr verloren.

Die CDU pocht darauf: Es muss endlich gehandelt werden. Öffentlich geförderter Mietwohnungsbau und Sanierung des städtischen Mietwohnungsbestandes sind wichtig. Der Markt richtet das eben gerade nicht. Deshalb fehlt seit Jahren bezahlbarer Mietraum.

Die CDU steht zur Stadtbau

Mühlacker hatte in den Jahren um die Gartenschau 2015 herum und davor einen politisch superstabilen Eindruck gemacht und viele außen hatten den Eindruck, dass es richtig gut voran geht! Dahin zurückzukehren, heißt: entscheidend vorwärtszukommen! Die Gartenschau band personelle und finanzielle Kapazitäten in zuvor nicht gekanntem riesigem Volum. Trotzdem kamen wir finanziell nicht unter die Räder. Und es war ein totaler Image-Gewinn. Das Millionen-Projekt klappte, man hatte es der Stadt nicht zugetraut.

Wer will, der kann! Doch manche in Gemeinderat und Stadtverwaltung wollen inzwischen nicht (mehr). Blockade, Verhinderung, Stillstand! Die Gartenschau zeigte, dass wir mehr können.

Wir brauchen Aufbruchstimmung statt Bedenken-Politik und Miesmacherei, immerzu langer und entnervender Prüfungen von Vorschlägen

Oder gehört es zu den selbst gestellten Aufgaben bei manchen, Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen?

Was soll der Bürger glauben, wenn feste versprochen wird, die Ersatz-Lärmschutzwand am Heidenwäldle auf Höhe der Einmündung der Osttangente noch 2021 zu errichten, dann aber die Zusage für 2022 auch nicht einzuhalten und schließlich alles auf 2023 zu vertagen? Und das alles mit wechselnden Begründungen. Er wird von Bürgern nichts mehr geglaubt! Und das befördert Unmut. Die CDU besteht auf der Einhaltung der Zusage in 2022. Alles andere wäre Wortbruch.

Nicht immer sitzen die Verantwortlichen für eine solche Bremser-Politik in der Verwaltung. Aber doch auch.

Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung sind auch höchst unzufrieden, weil zu wenig läuft, Dinge von zentralen Stellen verzögert werden, diese alles an sich ziehen und offenbar nicht delegieren können. Das hemmt die Gutwilligen. Es muss Aufgabe des Hauptorgans sein, die Hemmklötze zu beseitigen, auf dass der Wagen endlich wieder rollt, Hierarchien flach gehalten, Dinge offen kommuniziert und die Leute so zusätzlich motiviert werden. Das hilft uns als Stadtverwaltung im härter werdenden Kampf um gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt. Wer mit Freude zur Arbeit geht, Erfolgserlebnisse hat, wertgeschätzt wird, bringt uns alle voran.

Und der Gemeinderat?

Wort-Akrobatik

Wetten, dass es einigen wieder gelingt, das Angebot eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts, dessen Träger der Enzkreis ist, für eine Stadthalle wieder zu zerreden? Genauso wie seit drei Jahren die Umsetzung des Konzepts für einen Bildungscampus im Lindach, das gut ist, das aber zum Ärger der CDU-Fraktion stockt wie so vieles – Neubau einer Kindertagesstätte in Lienzingen, Lärmschutzwand-Ersatz am Heidenwäldle, Sanierung von Ortsstraßen. Wir wollen, dass die Antragsfrist für die Baumaßnahmen auf dem Bildungscampus Lindach möglichst eingehalten wird, und das ist der 1. Oktober 2022. Wir wissen, dass das schwierig sein wird, aber wenn wir dies nicht einmal versuchen, haben wir schon verloren. Wir unterstützen den Vorschlag aus dem Rat, zu Beginn des neuen Jahres eine begleitende Arbeitsgruppe Bildungscampus Lindach aus Vertretern der Fraktionen zu bilden und wichtige Weichenstellungen für die Klausur des Gemeinderates vorzunehmen. Das Signal muss auf Grün gestellt werden.

Wir wissen, dass mancher Ärger, manche Unzufriedenheit, mancher Frust im Alltag darauf zurückzuführen sind, weil es an Personalstellen fehlt, auf Kosten des Personals jahrelang gespart wurde. Die CDU-Fraktion will das ändern, löst ihre Zusagen in zahlreichen persönlichen Gesprächen auf Verbesserungen im Stellenplan ein.

Die CDU steht zu ihrer Politik: Wir wollen unsere Stadt voranbringen, müssen die von uns für notwendig erachteten Aufgaben erledigen, brauchen dazu auch genügend Personal bei der Stadt, tragen deshalb die Aufstockung von Stellen, deren Bedarf nachgewiesen ist, mit. Denn die Aufgaben erledigen sich nicht von selbst. Aber das heißt umgekehrt auch: Wenn die gewünschten und begründeten Stellen besetzt sind, muss bei der Aufgabenerledigung ein Ruck durchs Rathaus gehen. Beginnend ganz oben! Vorbei sein muss dann die tägliche Arie von Führungskräften über nicht ausreichenden personellen Kapazitäten!

Wir halten es für falsch, wenn FDP und FWV den Personalstand einfrieren wollen, obwohl den Mitarbeitenden der Verwaltung immer mehr Aufgaben aufgelastet werden.

Gestehen wir das auch dem Landkreis zu!

Natürlich müssen wir 2023 rund 12,6 Millionen statt 10,7 Millionen Euro an den Landkreis als Umlage abführen. Nun kann man es sich aussuchen, was man lieber hat. Mehr eigene Einnahmen, weniger Finanzausgleich (FAG) und eine höhere Kreisumlage oder eine schwache Steuerkraft, hohe Einnahmen im FAG und daher eine niedrigere Kreisumlage…ich fürchte, dass es dann nächstes Jahr zurückschlägt, meist verläuft es - auch wenn die Situation momentan besonders ist - in Zyklen. Nach schwachen Jahren wie aktuell sind meist im Vergleich zu den anderen Kreisen starke Jahre gefolgt mit den Auswirkungen, dass das FAG sich nicht nach oben bewegt und die Kommunen bei der Kreisumlage (noch) stärker ranmüssen. Warten wir es ab!

Aber wir sprechen von der Bedeutung der Enzkreis-Kliniken für Stadt und Raumschaft, vom Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs auch als Beitrag zum Klimaschutz, von neuen Konzepten zur Hausarzt-Versorgung unserer Stadtteile durch das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) an den Enzkreis-Kliniken – von allein und kostenlos erledigt sich auch das nicht! Davon profitiert wesentlich auch die Große Kreisstadt Mühlacker.

Unsere Heimatstadt hat zwar einen Sanierungsrückstand bei Gebäuden und Straßen, aber dies ist ein bundesweites Problem der Kommunen und keine Mühlacker Spezialität. Trotzdem gelang es uns, auch hier deutliche Verbesserungen zu verbuchen. Sagen wir das auch deutlich! Stellen wir unser Licht nicht unter den Scheffel!

Reden wir uns nicht schlecht. Ortskernsanierungen, neue Wohngebiete – sicherlich, manches hätte schneller gehen müssen.  Hier ist auch der OB gefragt. Die Vehemenz, mit der er gegen einen Beschluss der Mehrheit des Gemeinderates vorgeht, die mobile Jugendsozialarbeit und die Schulsozialarbeit in die Zuständigkeit der Stadt zu holen, als ob dies des Teufels sei, wünschten wir uns bei den vielen liegen gebliebenen Aufgaben der Stadt. Wir wollen sachorientierte Politik, kein juristisches Klein-Klein.

Wir wollen die Jugendsozialarbeit stärken, doch der OB wirft zusammen mit den beiden Minderheiten-Fraktionen im Gemeinderat der Mehrheit Prügel zwischen die Beine. Bezahlt lieber Tausende von Euro Honorar für zwei Rechtsanwälte, um FDP und FW einen Gefallen zu tun, wofür sich diese artig bedanken.  Was ist denn so schlecht, für Steuergeld mehr Leistungen für die jungen Menschen in unserer Stadt zu erhalten?

Das hat sich der OB doch bei anderen Punkten zurecht auf die Fahnen geschrieben. In vielen Fachgesprächen haben LMU, SPD und CDU ihre öffentliche Ankündigung vom Januar 2020 umgesetzt, ein Konzept zum Ausbau der Kinder- und Jugendsozialarbeit als ihren Vorschlag in den Gemeinderat einzubringen, analog ihrer Ankündigung im Juni 2019. Dazu gehört die vom OB mitgetragene Ausweisung der Stelle eines Stadtjugendpflegers. Die Stadt soll unserer Meinung nach ihren Anliegen und Ideen auf dem kurzen Dienstweg im Rathaus erledigen können und nicht erst bei einem Umweg über Pforzheim. Das zu erreichen, wollten wir nicht gegen die Verwaltung, sondern zusammen mit ihr.

Statt eine sachliche Diskussion zu führen, gab es persönliche Angriffe aus FW und FDP, die des Gremiums unwürdig sind. Warum denn solch bösartige Reaktionen? Warum Drohungen? Wer steht bei wem in der Verpflichtung welcher Art auch immer?

Komisch, mit welcher Berechtigung die Fraktionen von FDP und FW meinen, den anderen Fraktionen vorwerfen zu können, dass diese im Gemeinderat einen Antrag stellen, ohne bei ihnen vorher anzuklopfen. Es ist die Freiheit von Fraktionen, allein oder aber zu zweit und zu dritt oder zu viert Initiativen im Gemeinderat zu starten. Wer anderen Fraktionen dieses Recht abspricht, ist arrogant. Ja, arrogant und demokratisch auf dünnem Eis. Erstaunlich und ärgerlich, wie sie sich das zur politischen Instanz in der Stadt aufschwingen. Sie müssen dringend zur Sachlichkeit zurückkehren!

Trotz guter Finanzlage müssen wir unsere Mittel effektiv einsetzen. Remchingen kündigte die Verträge mit miteinander leben und stellte die drei Sozialarbeiterinnen bei der Gemeinde an, um nicht mehr über einen Dritten die für uns wichtigen Themen bespielen zu müssen / Denn es gab Reibungsverluste (so Bürgermeister Prayon). Keine rechtlichen Bedenken, auch nicht von außen. Der Bürgermeister im Nachhinein: Ein Volltreffer!

Wort-Akrobatik

Pauschale Verschiebungen, wie von der FDP beantragt, sind eine Augenauswischerei. Wer Einsparungen fordert, muss sagen, welche Aufgaben er konkret streichen will. Doch dazu fehlt der Mut, wird lamentiert über eine angeblich arme Stadt.

Die Feigheit vor dem Rotstift, aber gleichzeitig nach ihm zu rufen, herrscht bei FW und FDP. Stadtteil-Rathäuser zu schließen ist etwas arg (FDP-)dünn. Die unechte Teilortswahl ist schon abgeschafft, die Außenstellen der Stadtverwaltung dürfen nicht auch noch schließen.

Natürlich weiß die CDU-Fraktion, dass das Geld, auch wenn wir die höchsten Pro-Kopf-Einnahmen im Kreis bei den Steuern haben, nicht ausreicht. Deshalb müssen wir die anstehenden Aufgaben nach der Dringlichkeit ordnen. Aber selbst das dauert zu lange – Klausurtagungen des Gemeinderats ohne konkrete Ergebnisse sind für die Katz! Wie lange drehen wir diese Runden noch? Zu hoffen, dass wir für Projekte ansparen, um sie dann realisieren zu können, ist ein Irrglauben. Bis angespart ist, sind wir durch Preissteigerungen glatt überholt worden. In Zeiten wie diesen mit Verwahr-Entgelt für Spareinlagen, also Minuszinsen, taugt dieses Instrument nicht.

Die Stadt darf sich nicht zu Tode sparen!

Kürzlich sagte Daniel Pokraka in einem Kommentar in den Tagesthemen der ARD zum Umgang der FDP und ihres Finanzministers Lindner mit Neuverschuldung: 60 Milliarden Euro – was wohl Christian Lindner dazu gesagt hätte? Nein, nicht Lindner, der Finanzminister – sondern Lindner, der FDP- Fraktionschef. Der hätte den 60-Milliarden-Nachtragshaushalt, wäre er von der Großen Koalition gekommen, womöglich einen Schattenhaushalt genannt. Jetzt sagt der Minister Lindner, er mache keine neuen Schulden, weil das Geld ja für die Corona-Krise verplant war und dafür nicht gebraucht wurde. Der FDP- Fraktionschef Lindner hätte sich kaputt gelacht über so eine Argumentation.

Was lernen wir daraus?

Schattenhaushalt oder nicht: Es ist richtig, die 60 Milliarden zu investieren, so der Kommentator. Noch besser wäre es, dauerhaft vom Dogma der schwarzen Null wegzukommen: ein ausgeglichener Haushalt als Selbstzweck, als heiliges Ziel deutscher Haushaltspolitik.

Zu lange haben in Deutschland die Sparfüchse regiert. Die Folgen davon können wir landauf, landab besichtigen: Schulen und Behörden im Fax-Zeitalter, nicht einsatzbereite Flugzeuge bei der Bundeswehr. Einsturzgefährdete Autobahnbrücken, zu wenige und marode Bahnstrecken, schlechter Handyempfang, langsames Internet.

Die Haushaltspolitik nach dem Vorbild der schwäbischen Hausfrau kommt uns jetzt und in den nächsten Jahren teuer zu stehen. Die schwarze Null ist eben kein Garant für Generationengerechtigkeit, so der Kommentator. Andersrum wird ein Schuh draus: Ein Staat, der rechtzeitig investiert, der seine Infrastruktur modern hält, klimafreundliche Industrie fördert; kurz: ein Staat, der heute Geld ausgibt, das sich morgen auszahlt – DER ist generationengerecht.

In zehn Jahren werden die Kommunalpolitiker, die die Infrastruktur ausgebaut und nachhaltig gestärkt haben, daran gemessen, was sie geschaffen haben für die Menschen in ihrer Gemeinde. Ob das auch Kredite eingesetzt werden, wird nicht weiter interessieren. 

Schauen wir aktuell nach Maulbronn: Die Stadt kauft das Volksbank-Areal, auf Pump, löst damit mehrere kommunalpolitische Probleme auf einen Schlag. Wir wiederholen: mit Darlehen, diese hält sie in dieser zinslosen Zeit nicht des Teufels. Sie wartet nicht auf Investoren, weiß aber was sie will, handelt danach.

Wir in Mühlacker sollen aber Stadtentwicklungspolitik auf den Sankt-Nimmerleinstag verschieben.

Nein, sagt dazu die CDU. Ein integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) wollen wir 2022 angehen. Wir müssen selbst steuern und wollen nicht gesteuert werden.

Bleiben wir in unserer Region. Zum Beispiel ist da der Kreis Calw: Der baut zwei neue Kliniken, setzt die Hermann-Hesse-Bahn aufs Gleis, plant schon wieder neue Stadtbahnen, war zügig beim Ausbau der Breitbandnetze – wohl dem Landkreis, der einen solchen Landrat hat. Hasenfüßig zu sein, überlässt er den anderen. Auf seiner To-Do-Liste steht ganz oben das klare Ziel:  Eine Infrastruktur schaffen, die den Landkreis und seine Kommunen so attraktiv macht, dass die Menschen dort gerne wohnen, arbeiten, leben. Und Steuern bezahlen.

Das heißt für unser Mühlacker:

Die Menschen wollen gute Schulen und Kindertagesstätten, Glasfaser-Netzausbau, schlaglochfreie Straßen, qualitätsvolle Wohngebiete wie die alte Ziegelei (auch Ziegelhöhe als PR-Namen genannt), Pferchäcker, Bauerngewand und sanierte Ortskerne, interessante Freizeitangebote wie eine Pumptrack-Anlage und legale Strecken für Mountainbiker, die Bewahrung der Naturschönheiten – sie wollen eine interessante Stadt mit Lebensqualität. Und an der will die CDU-Fraktion arbeiten. Ob der Mühlacker Pumptrack schneller realisiert wird als die Anlage in Knittlingen? Wollen wir hoffen!

Doch es tut sich hier in Teilen von Verwaltung und Rat zu wenig – sehr zum Ärger von Mitarbeitern der Verwaltung und einem Großteil des Gemeinderates. Sie leiden genauso darunter: Es wird ausgesessen, vielfach und heftig (zu Tode?) geprüft und verschoben. Es wird angekündigt aber nicht umgesetzt, wird mit fehlenden Kapazitäten argumentiert, fehlt die kraftvolle Führung oben, sind zu viele Kleingeister am Werk! Werden Prioritäten handstreichartig geändert, ohne den Gemeinderat einzuschalten, der eigentlich zuständig ist. Aber wen interessiert das?

Dass die Planung für die neue Kindertagesstätte in Lienzingen eingestellt wurde, erfährt der Gemeinderat eher zufällig auf Nachfrage. Unmöglich!

Setzen wir wieder die Kräfte frei, die die Gartenschau möglich machten.

Auf den Punkt

Trotzdem: Positiv in diesem Sinne ist der Abschluss des Kaufvertrags mit der Hofkammer für die Alte Ziegelei/Ziegelhöhe sowie zwischen Hofkammer und Craiss. Seit 2018 gibt es nun den dritten Eigentümer, Craiss erleichterte mit immer neuen Überlegungen die Gesamtplanung nicht, aber inzwischen ist vieles geklärt.  Wenn wir davon ausgehen, dass die Bautätigkeiten spätestens 2024 anlaufen, sind so fünf bis sechs Jahren Vorlaufzeit bis zum ersten Bauantrag, keine zu lange Zeit im Vergleich zur Größe des Vorhabens. Vor 60 Jahren entstand mit der Waldsiedlung Heidenwäldle ein etwa ebenso großes Wohngebiet, in dem heute rund 1000 Menschen leben. Die Vorlaufzeit war ähnlich lang. Wir anerkennen den Einsatz von OB Schneider und seinem Team für die Umnutzung des

Ziegeleiareals, sie brachten das Jahrhundertprojekt mit Einsatz voran. Zur Wiederholung bei anderen Projekten empfohlen!

Leider ist das Thema Ziegelei inzwischen bei manchen negativ besetzt, weil die Menschen den Eindruck haben, als gehe auch dies alles zu langsam. Der Grund:  Bei der Gartenschau waren die Fortschritte im wahrsten Sinne des Wortes sichtbar, das wird bald auch in der Ziegelei so sein. Aber bei der Gartenschau nahm auch Öffentlichkeitsarbeit die Menschen mit. Daran mangelt es bisher bei der Ziegelei wie auch bei anderen Vorhaben. Deshalb unterstützen wir einen Ausbau der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt, die dringend notwendig ist.

Gleiches gilt für die Infrastruktur des neuen Wohngebiets mit irgendwann etwa 1200 Menschen: Es ist rechtzeitig Platz zu schaffen für den Nachwuchs der neuen Bürgerschaft, Schulen und Kindertagesstätten sind zu sanieren und zu erweitern, eine attraktive Fußgängeranbindung an die Innenstadt ist zu schaffen, das angrenzende Straßennetz einschließlich des Kreisels an der Ötisheimer Straße ist zu verstärken, die Bahnhofnähe bietet die alte Ziegelei als Vorzeigemodell für den ÖPNV an.

Die Grundschüler aus der Siedlung alte Ziegelei sollen in der Grundschule Heidenwäldle unterrichtet werden. Deshalb stimmen wir dem SPD-Antrag auf weitere Mittelbereitstellung für Sanierung und Erweiterung der Grundschule Heidenwäldle im Etat 2021 zu. Gleichzeitig erwarten wir auch Fortschritte für die weiterführenden Schulen – der Gemeinschaftsschule und der Mörikerealschule auf dem sogenannten Bildungscampus Lindach. Wir brauchen Signale!

Ob die CDU-Fraktion dem Haushaltsplan 2022 zustimmen wird? Nun, Begeisterung löst dieser Etat zwar nicht gerade aus. Aber durch die Annahme verschiedener, uns wichtiger Anträge unserer Fraktion bei den heutigen Etatberatungen, ist eine solide Grundlage geschaffen für die Zustimmung der CDU zum Budget 2022. Es ist der Haushaltsplan des OB, nicht der Haushaltsplan von CDU, LMU und SPD, auch wenn wir nach dieser Antragsrunde für ihn stimmen werden. Es ist das gute Recht von

Fraktionen, einen Etatentwurf abzulehnen – aber das Nein von FW und FDP richtet sich gegen die Verwaltung und ihren Chef, auch gesagt wird: Niemand hat die Absicht…

Museum im alten Rathaus Lienzingen

Was bleibt: Dank für die Zusammenarbeit mit Verwaltung und Gemeinderat – für die einen mehr, für die anderen weniger. Dank für alle, die sich für unsere Stadt ehrenamtlich engagieren wie zum Beispiel derzeit in der Impfstation. Dank, Ihnen, Herr Oberbürgermeister und Herr Bürgermeister sowie den Amtsleiterinnen und Amtsleitern – und allen im Rathaus, bei den städtischen Gesellschaften und den Regiebetrieben. Eine Stadt ist mehr als Beton. Sie braucht auch Leut`.

Wenige Tage vor Weihnachten sei mir ein Zitat erlaubt aus einer Sendung des Südwestrundfunks SWR 2 am Samstag, 18. Dezember 2021, 14:05 Uhr:

Meist verschwindet der Christbaumständer unter Tannenzweigen oder wird mit einem Tuch abgedeckt und führt ein Schattendasein. Zu Unrecht, schließlich hat er nicht nur eine wichtige Funktion: mit ihm steht und fällt der Christbaum, außerdem gibt er interessante Einblicke in die Kulturgeschichte des Weihnachtsfestes. Seit 2019 zeigt das Christbaumständer-Museum im badenwürttembergischen Mühlacker-Lienzingen rund 350 Exponate aus einer Privatsammlung. Laut Aussage des Museums ist es damit europaweit das einzige Museum seiner Art.

Es ist ein gutes Beispiel für den Image-Gewinn einer Stadt. Ein weiches Standort-Thema. Zunächst belächelt, inzwischen mit einem Faktor Stolz versehen. Christbaumständer – in einer solchen Sammlung steckt mehr als manche dachten. Der erste Schritt ist, an den Erfolg zu glauben. Das taten Sie, Herr Oberbürgermeister. Lassen Sie sich bei ihrer Kommunalpolitik davon auch künftig inspirieren. Und holen sie weitere und größere Vorhaben aus dem Schattendasein. Die Liste haben wir ihnen vorher aufgemacht. Es sind lohnende Stücke darunter.

Lohnende Stücke: Christbaumständer

 

 

 

 

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