Frohe Botschaft von der Neckarpri: Doch trotz auch finanziellen Erfolges große Stille im Zeitungswald

Als Mit-Eigentümer der EnBW sitzt die Landespolitik mit am Steuerrat des Konzerns. Dank Mappus.

Gerade vor zehn Jahren lief die Maschinerie der Verdächtigungen, des Vorwurfes des falschen Handels beim Zurückkauf der EnBW-Aktien durch das Land Baden-Württemberg, der auch ganz persönlichen   Attacken von Rot-Grün gegen die Person des vormaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus auf Hochtouren. Drei bis vier Jahre lang Trommelwirbel – die rot-grünen neuen Inhaber der Macht voll gegen den CDU-Mann aus Enzberg.  Von seinem grünen Nachfolger als Regierungschef keine Spur der Ermahnung, trotz berechtigter Kritik nicht auch noch die Person und die Familie zu beschädigen. Der Mann der sonst klugen Worte schwieg. Was blieb?

Vier Jahre danach wurden alle Untersuchungen und Ermittlungen eingestellt. Nichts war dran an den Vorwürfen, falsch gehandelt zu haben bei dem Aktiengeschäft – außer der Feststellung des Staatsgerichtshofs Baden-Württemberg (heute Verfassungsgerichtshof), der Vorgang des Kaufes sei, da am Landtag vorbei, verfassungswidrig gewesen. Da hatte Mappus schon längst Abschied genommen von der Politik, ist einfaches Mitglied der CDU in Pforzheim, seinem ehemaligen Landtagswahlkreis. Er und seine Familie hatten eine beispiellose Kampagne durchstanden, die man niemandem wünscht. Ein Lehrstück des Versuches der politischen Vernichtung -- letztlich spielten auch die eigenen mit, manche stellten die eigene Karriere über die Solidarität. Der Kampf um Stuttgart 21 tat ein Übriges.

Jetzt, zehn Jahre später erntet sein Nachfolger bei der EnBW das, was Mappus gesät hatte.

Eine – zugegeben - durchaus subjektive Betrachtung.

Das Urteil verfassungswidrig durch das höchste deutsche Gericht scheuen jede Regierung, jedes Parlament. Trotzdem: Die Liste allein der von den Richtern in Karlsruhe kassierten Gesetze ist lang. Die so beanstandeten Vorgänge müssen korrigiert werden. Paragrafen verlieren ihre Gültigkeit auf einen Schlag oder das Parlament und die Verwaltung müssen in einer im Urteil gesetzten Frist nacharbeiten, das Gesamtwerk mit dem Grundgesetz in Einklang bringen. Bei deutlich mehr als hundert seit 1949 beanstandeten Gesetzen dürfte klar sein, wie flatterhaft manchmal Gesetzesmacher ihrem Handwerk nachgehen oder gut gemeinte Paragrafen und Entscheidungen im Handeln in bester Absicht geschehen, aber in puncto Verfassung nicht kompatibel sind. Die meisten Bundesländer haben noch ein eigenes Verfassungsgericht.

Wie gehen wir mit festgestellter Verfassungswidrigkeit um? Vor allem wie die Medien, mit der eventuellen Annullierung von ganzen oder Teilen eines Paragrafenwerkes. Ganz unterschiedlich, manche halten sie für einen Betriebsunfall.  Jedenfalls trat deshalb noch keine Regierung, noch kein Minister zurück. Als das Verfassungsgericht in Hessen das von Schwarz-Grün verabschiedete Gesetz über das Sondervermögen Hessens gute Zukunft sichern vom 4. Juli 2020 in den Papierkorb beförderte, weil es mit der Verfassung des Bundeslands nicht vereinbar sei, berichteten die Medien, und selbst der Tagesschau war dies eine Meldung wert – damit hatte es sich aber.

Als Berlins sogenannter Mietendeckel vom entsprechenden Senat des Bundesverfassungsgerichts im Wege einer einstweiligen Anordnung im Februar 2019 gestoppt wurde, weil das Land dazu keine Gesetzgebungskonzept habe, begann zwar eine Debatte, wie diese zu bekommen sei. Kontrovers, aber anständig.

Stefan Mappus

Ein Artikel in der Stuttgarter Zeitung vor wenigen Tagen reizte zu diesem kleinen Exkurs. Das Thema: Die vom seinerzeitigen Ministerpräsidenten Stefan Mappus anfangs 2011 fürs Land Baden-Württemberg vom französischen staatlichen Energiekonzern zurückgekauften und in der Landesfirma Neckarpri eingelegten EnBW-Aktien werfen inzwischen Gewinne ab, der Kurswert hat sich zuletzt verdoppelt.

Der Anfang vor zehn Jahren aber war geprägt durch parteipolitischen Zank.Damit war auch der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg befasst. Der hob den Zeigefinger und brachte ein So-aber-nicht zu Papier.

In der Nach-Mappus-Ära in Baden-Württemberg, aufgeheizt nicht zuletzt wegen des   heftigen Streites um Stuttgart 21, hatte Rot-Grün versucht, dem von ihnen ungeliebten Ex-Premier daraus einen juristischen Strick zu drehen.

Denn die Wertpapiere sackten nach dem Atomunfall im japanischen Fukushima kurz vor der Landtagswahl 2011 und dem von Kanzlerin Merkel an der eigenen Partei vorbei verordneten Atomausstieg ab. Das konnten auch jene nicht vorher wissen, die den Rückkauf zunächst beklatschten, dann aber nach 24 Stunden merkten, dass Wahlkampf ist und Mappus der Gegner. Der Regierungschef holte für die CDU 39 Prozent der Stimmen – davon kann heutzutage die Union nur träumen.

Verfassungswidrig sei der Kauf gewesen, urteilte später der baden-württembergische Staatsgerichtshof, weil der Ministerpräsident dieses Geschäft mit einem Volumen von knapp 130 Millionen Euro am Landtag vorbei getätigt habe – auf der Basis einer Regelung, die eigentlich für Naturkatastrophen gedacht war.  Rot-Grün generell und ein von ihm eingesetzter Untersuchungsausschuss des Landtags spielten das Urteil so hoch, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen musste, als sei eine solche Niederlage vor einem Verfassungsgericht ein besonders schwerer Fall.

Daheim: Stefan Mappus bei der CDU Mühlacker, rechts sein Schulkamerad am THG, Dr. Martin Hetzel
Als junger Stadtrat in Mühlacker - aus dem Fundus des Stadtarchivs Mühlacker

Eine Hausdurchsuchung, Ermittlungen des Staatsanwalts und Dauerfeuer gegen den CDU-Politiker rückten sein Tun in die Nähe eines kriminellen Verhaltens. Die Medien im Ländle spielten mit, ließen ihren politischen Vorlieben freien Raum. Und die eigenen Leute wie der seinerzeitige Generalsekretär der Landes-Union, Thomas Strobl, drückten sich weg. Er gehörte letztlich zu den Dauer-Gewinnern des Absturzes von Stefan Mappus. Als 2014 alle Untersuchungen und Ermittlungen eingestellt wurden, schrumpften in den Redaktionen die Aufmacher zu kleinen Meldungen.

Der Rückblick lohnt. Nicht nur, weil der studierte Diplom-Ökonom einer von uns ist – in Mühlacker-Enzberg aufgewachsen, aktiv in der CDU der Senderstadt, in jungen Jahren Stadtrat und dann Kreisrat vor der Karriere in der Landespolitik. Sondern weil es ein politisches Lehrstück ist: Der vermeintliche Misserfolg eines Aktiengeschäftes, die Überbetonung des Richterspruchs zur Verfassungswidrigkeit, dazu Stuttgart 21 (wäre eine eigene Geschichte), ein Dauerthema mit Breitenwirkung in den meisten baden-württembergischen Zeitungen und gern gespielt vom SWR. Und jetzt, nach zehn Jahren? Statt eines Dankesbriefes des heutigen Ministerpräsidenten an seinen Vorgänger und eines gleichen Umfangs der Berichterstattung in den Medien wie seinerzeit, aber diesmal über den inzwischen eingetretenen wirtschaftlichen und energiepolitischen Erfolg durch den Rückkauf der EnBW-Aktien – doch herrscht Stille im Zeitungswald.

Die Ausnahme: Andreas Müller von der Stuttgarter Zeitung. Sicherlich kein Mappus-Anhänger, auf jeden Fall aber journalistisch korrekt. Gewinne nach Jahren der Verluste.  Der bisher letzte CDU-Ministerpräsident des Ländles, bezahlte einstmals 41,50 Euro je Aktie – jetzt lag der Kurs laut StZ zuletzt bei knapp 80 Euro, war in der Spitze bei etwa 85 Euro.

Nein, diese Kehrtwende macht die Verfassungswidrigkeit der Kauf-Genehmigung nicht ungeschehen, entschuldigt sie auch nicht. Aber ordnet sie ein und setzt sie auf die wahre Dimension, auf normale Größe, nämlich in die von Regierungen auch anderer politischer Couleur. Ohne Mappus--Sondereffekte. Er selbst sagt, dies würde er so nicht mehr machen.

 

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