Worte zur Woche 41: Spannend bleibt es!

Manchmal beschleicht einen das Gefühl, auf einer anderen Hochzeit gewesen zu sein als sein Gegenüber, obwohl beide behaupten, von derselben zu sprechen. Rund 8300 Fahrzeuge rollen in 24 Stunden über die Bahnhofstraße, etwa 11.700 über die Ziegeleistraße (V 7) als innerstädtische Umgehung, fast 5000 Fahrzeuge über die Querstraße beim Einkaufszentrum Drehscheibe (Verbindung zwischen Bahnhofstraße und Ziegeleistraße), 5700 Fahrzeugen pro Tag auf der Hindenburgstraße (gezählt 2018).

Aus der Gegenüberstellung der Verkehrszahlen von 2011 und 2018 ergeben sich, wie die Stadtverwaltung schon vergangenes Jahr feststellte: ein Plus von 9,6 Prozent im 24-Stunden-Vergleich um 9,6 Prozent, in der Querspange bei der Drehscheibe um 111,1 Prozent, auf der Hindenburgstraße um 3,2 Prozent. Dagegen blieb die Verkehrsbelastung auf der Ziegeleistraße nahezu unverändert (Gemeinderatsvorlage 053/2019).

Im ähnlichen Zeitraum stieg die Zahl der in Mühlacker angemeldeten Kraftfahrzeuge laut Statistischem Landesamt Baden-Württemberg  von 17084 (22012) auf 18940 (2018), also um 10,8 Prozent, im Enzkreis gar von 2011 bis 2018 auf gut 13 Prozent. Zumindest könnte dies ein Indiz dafür sein, dass sich dieses Plus auch auf der Bahnhofstraße bemerkbar machte, es sich dagegen bei der Ziegeleistraße bereinigt um ein Minus handelt, Verkehrsverlagerungen auf die V 7 also nicht im erwünschten Maß stattfanden.

Ergo: Mein subjektiver Eindruck, dass die Blechlawine auf der Bahnhofstraße wuchs, lässt sich belegen. Das ist die eine Sicht.

Die andere Sicht:

Der Vergleich der Ist-Daten von 2018 mit der Prognose, die Anfang der 2000er-Jahre das Planungsbüros Kölz, Stuttgart, für das Jahr 2020 aufstellte: Bahnhofstraße 11.800 Kfz in 24 Stunden, Ziegeleistraße 10.400, Drehscheibe 2.300 und Hindenburgstraße 4.800 Kfz. So blieb der Ist-Wert für die Bahnhofstraße um 29,4 Prozent hinter der Erwartung von Kölz zurück, dagegen wurden die Ergebnisse der Hochrechnungen in den anderen Straßen überschritten:  Ziegeleistraße  um 12,8 Prozent, bei der Drehscheibe um 114 Prozent, in der Hindenburgstraße um 18 Prozent. Von 2000 bis 2018 wuchs der Grad der Motorisierung im Enzkreis um 17,6 Prozent, in der Stadt Mühlacker um 12,6 Prozent.

Fazit: Es hätte noch viel schlimmer kommen können.

Was zählt nun? Bei der Stadtverwaltung die zweite Variante, bei mir die erste. Denn nicht nur während des Berufsverkehrs lässt sich für Fußgänger die Bahnhofstraße schlecht überqueren. Wer selbst hinterm Steuer sitzt und auf der Bahnhofstraße fährt, muss auch schon mal Zentimeterarbeit leisten – wenn ihm ein Stadt- oder Regionalbus entgegenkommt oder sich zwei Lastwagen begegnen. Von den Staus ganz zu schweigen.  Die Bahnhofstraße nervt.  Deshalb stimmte ich diese Woche für einen mindestens vierteljährlichen Testlauf einer unechten Einbahnstraße, wobei die Parameter noch hätten festgelegt werden müssen (unter anderem, um Verlagerungen in die Goldshalde zu verhindern).

In früheren Abstimmungen war ich immer für einen Zweirichtungsverkehr ohne Abstriche, aber mit Restriktionen: 20 km/h, auf Höhe der Drehscheibe gar Schrittgeschwindigkeit, schmälere Fahrbahn. Das Ziel der vor 18 Jahren getroffenen Entscheidung: Nur jene sollten nach dem Bau der V 7 auf unserer Einkaufsmeile auf vier Rädern unterwegs sein, die dort arbeiten, einkaufen oder wohnen. Doch dieses Konzept scheiterte. Oder, um einen Fraktionskollegen zu zitieren, der aber eine Änderung ablehnte mit dem Argument, diese Schmerzgrenze ist offenbar noch nicht hoch genug.

Eigentlich hätte der Testlauf für eine unechte Einbahnstraße eine knappe Mehrheit erhalten müssen. Doch dann gingen dafür nur sechs Hände hoch (auch meine), 14 bei Nein. Sieben Ratsmitglieder enthielten sich. Einerseits eine Veränderung zu wollen, andererseits doch unsicher zu sein über die passende Lösung, das ließ das Lager derjenigen, die sich nicht entscheiden wollten oder konnten, plötzlich wachsen. Ihnen kam der Hinweis von der Verwaltungsbank auf einen vom Gemeinderat schon beschlossenen CDU-Antrag zupass, der darauf abzielt, sich im Zuge der Fortschreibung der Verkehrsentwicklungsplanung, die vom nächstem Jahr an in Angriff genommen werden soll, eingehender mit den Verkehrsströmen zu beschäftigen und dabei einen Schwerpunkt auf die Innenstadt zu legen mit dem klaren Ansatz, die Bahnhofstraße zu entlasten.

Infoveranstaltung im Saal des Landratsamtes Ludwigsburg über Wertstoff-Sammelsysteme

Mit dieser Gesamtbetrachtung, dann herunter gebrochen auf die Innenstadt, kann ich gut leben. Allerdings müssen Planer und Verwaltung auch Tempo machen. Bevor der nächste Antrag auf einen Probelauf für eine echte Einbahnstraße oder eine unechte Einbahnstraße auf den Rathaustisch flattert. Denn nach sechs Monaten ist dies frühestens wieder möglich. So wie jetzt jedenfalls kann und darf es bei der Bahnhofstraße nicht bleiben.

Grüne Tonnen – die geheime Kommandosache

Und was war noch diese Woche? Im großen Saal des Landratsamtes Ludwigsburg trafen sich Mitglieder der Kreistage von Ludwigsburg und Enzkreis, um sich über eine eventuelle Abkehr von der Grünen Tonne zu informieren. Denn beide Landkreise eint nicht nur eine gemeinsame Krankenhausgesellschaft, sondern auch das gleiche Wertstoff-Sammelsystem, das da heißt „flach und rund“, erfunden zu Beginn der neunziger Jahre von Ludwigsburgs damaligem Kreiskämmerer Klaus Marbach. Schon seinerzeit musste dem Dualen System Deutschland die Zustimmung abgerungen werden, das aus den Einnahmen von Verpackungen mit dem Grüne Punkt diese Entsorgungssysteme finanziert, am liebsten das eigene mit dem gelben Sack. Im Vorfeld des Treffens verdeutlichte ich die Position der CDU-Fraktion in unserem Kreistag auf Anfrage der Pforzheimer Zeitung. Beide Landkreise gelten mit ihrem selbstgestrickten Grüne-Tonnen-Konzept als Exoten unter den bundesweiten Sammelsystemen.

Die CDU-Kreistagsfraktion will das bewährte Holsystem ohne Abstriche beibehalten. Dazu gehört, dass Altglas weiterhin bei Haushalten und Betrieben abgeholt wird. Unbedingt müssen wir die Verunstaltung unserer Ortskerne und Wohngebiet durch die Aufstellung weiterer Altglas-Container verhindern. Von der, bis jetzt bekannten Alternative mit Varianten wie Sammelboxen für Altglas sind wir nicht überzeugt, allerdings fehlen auch noch Informationen darüber. Unser Ziel ist es, die bestmögliche Lösung für die Bürgerinnen und Bürger sowie ein bequemes und kundenfreundliches Sammelsystem zu sichern, ohne dass zusätzliche Abfalltonnen von den Haushalten aufgestellt werden müssen. Wenn dies nicht gesichert ist, lehnen wir die Verträge mit dem Dualen System ab.

Glasbox wie im Rhein-Neckar-Kreis statt Tonne

In meinem Diskussionsbeitrag kritisierte ich, dass die Informationsveranstaltung im Ludwigsburger Kreishaus als geheime Kommandosache ablief. Einerseits wird die Notwendigkeit betont, die Bürger müssten mitgenommen werden bei einem solchen Systemwechsel, andererseits bleiben die Überlegungen und Hintergründe Verschlusssache. Beides passt nicht zueinander. Seien wir wachsam! Nachdem die Forderung auf einen Systemwechsel auch mit geänderten gesetzlichen Vorgaben begründet wird, schrieb ich unserem Bundestagsabgeordneten Gunther Krichbaum gestern: Gefahr für unser seit knapp 30 Jahren bewährtes System „flach und rund“. Krichbaum möge klären lassen, wie unser bestehendes System mit den Grünen Tonnen beibehalten werden kann, möglicherweise unter Veränderungen an einzelnen Stellschrauben. Wichtig:  Es ist ein Hol-, kein Bringsystem, damit ausgesprochen bürgerfreundlich und am Kunden orientiert. Offen ist, was geschieht, wenn der Kreistag dem neuen Modell und dem Vertrag mit den Dualen Systemen nicht zustimmen würde. Wird dann nicht mehr geleert? Die Vertreter der Dualen Systeme sagten auf meine entsprechende Frage nur: Das Ministerium müsse das klären. Ansonsten zeigten sie sich überfragt.

Lustig anzusehen, aber kein Ziel: das Bringsystem (aufgenommen in der Bretagne)

Wir haben Probleme genug, wir müssen nicht noch neue erfinden. Auch nicht durch ein neues Wertstoffsammelsystem, obwohl sich das bisherige bewährt hat.

Inklusion und nichtöffentlich tagende Arbeitsgruppen

Dass in der Kreispolitik momentan einiges nur hinter verschlossenen Türen abläuft, wurde deutlich am Montag bei der Sitzung der CDU-Fraktion im Landratsamt: Berichte aus dem Aufsichtsrat der Kliniken unter anderem zu deren Finanzlage in Corona-Zeiten (werden wohl noch etwas drauflegen müssen) sowie den extra eingerichteten Arbeitsgruppen für Inklusion in den Kindertagesstätten und in den Schulen, die alle nichtöffentlich tagten. Bei den Kindertagesstätten machen wir konzeptionell Fortschritte, bei den Schulen braucht die Verwaltung noch weitere Gespräche, bis wir alle klarer sehen. Das Bündnis für inklusive Beschulung ist ein ehrgeiziges Projekt, von dessen Richtigkeit ich überzeugt bin – wobei schon in der ersten Phase klar ist, dass wir auf Stolpersteine achtgeben müssen.

Gespräch mit dem Sparkassen-Chef

Auftakt der Fraktionssitzung mit einem nicht alltäglichen Referenten: Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Pforzheim Calw, Stefan Scholl, informierte und diskutierte mit den CDU-Kreisräten. Erstmals und bisher einmalig. Wir hatten ihn vor längerer Zeit eingeladen, weil immer wieder Reizworte in der Kreispolitik auftauchen wie Ausschüttung von Gewinnanteilen an die Stadt- und Landkreise Pforzheim, Calw und Enzkreis als die Träger des öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts sowie die Schließung von Geschäftsstellen. Scholl machte deutlich, was ich als Mitglied des Verwaltungsrates der Sparkasse als einer von vier Enzkreis-Vertretern Jahr für Jahr höre: Keine Ausschüttung, dafür weitere Stärkung des Eigenkapitals. Dem Argument kann man sich schlecht entziehen. Weitere Schließungen im gehabten Stil und Umfang soll es in den nächsten drei bis vier Jahre nicht geben.

Städtetag und Landkreistag diesmal virtuell unterwegs

Schon 2019: Vertreter der Enzkreis-Gemeinden, der Stadt Pforzheim und der Kreisverwaltung - sie alle machen sich in einem »Bündnis für Inklusion« für eine noch bessere Beschulung behinderter Kinder stark.

Corona fördert das Haushalten mit der Zeit. Zwei Beispiele aus dieser Woche: Die Hauptversammlungen des Landkreistages und des Städtetages Baden-Württemberg. Der Landkreistag fand zwar real in Villingen-Schwenningen statt. Mit An- und Abfahrt wäre normalerweise ein ganzer Tag drauf gegangen. So aber gab es erstmals auch einen Livestream für die zwei Stunden Reden, die sich somit am heimischen Computer in aller Ruhe verfolgen ließen – die Rede von Ministerpräsident Winfried Kretschmann fand ich passend zur aktuellen Lage. Der Städtetag war noch radikaler und ließ seine zweitägige Hauptversammlung nur virtuell aus einem zum Studio umgestalteten Sitzungssaal stattfinden. Eine gute Idee! Hoffentlich verschwinden solche Formate nicht wieder nach der Pandemie. Die Premiere klappte.

Stadtbahn! Die zündende Idee! Hier stehen wir Enzkreis-Unionisten mit unseren CDU-Kollegen im Kreistag von Karlsruhe in Kontakt. Denn der Karlsruher Kreistag stimmte noch vor den Sommerferien dem Antrag der Fraktion CDU/Junge Liste zu, im Falle einer Reaktivierung der Zabergäubahn eine Machbarkeitsstudie für eine Westanbindung über Kürnbach und Oberderdingen nach Bretten in Auftrag zu geben. Das schafft auch Optionen für den Enzkreis: Zum Beispiel eine Anbindung von Knittlingen und Sternenfels, möglicherweise auch von Maulbronn.

Stadtbahn-Konzepte: Signale auf Grün stellen

Die Reaktivierung der Zabergäubahn hatte Thomas Nowitzki, Bürgermeister von Oberderdingen und christdemokratischer Kreisrat in Karlsruhe, vor einiger Zeit auf die Agenda der Kreispolitik gesetzt. Wir sind uns über Kreisgrenzen hinweg einig, in beiden Kreistagen das Projekt zu unterstützen. 1986 rollte der letzte Zug auf der Zabergäubahn zwischen Lauffen und Leonbronn. Die jetzige Idee: Wieder Züge aufs Gleis zu setzen und die Schienenstrecke über Oberderdingen bis Bretten zu verlängern. Varianten sollen in einer Machbarkeitsstudie untersucht werden. Dafür sprach sich der Umwelt- und Verkehrsausschuss des Enzkreises diese Woche auf Antrag der Grünen einstimmig aus.

Es ist der zweite Berührungspunkt mit den Kollegen aus dem Karlsruher Kreistag bei unseren Stadtbahn-Konzepten. In Ittersbach würde auch eine Stadtbahn anschließen, die den Westen des Enzkreises mit dem Kreis Böblingen verbinden könnte – durch Pforzheim und das Heckengäu. Dem CDU-Antrag auf eine Machbarkeitsstudie für eine solche Querspange stimmte im Frühjahr 2020 der Umwelt- und Verkehrsausschuss des Enzkreises zu. Doch wir brauchen dazu auch die Stadt Pforzheim, sonst macht das Projekt keinen Sinn. Durch Corona verzögerte sich die Behandlung eines gleichlautenden Antrags der CDU-Gemeinderatsfraktion Pforzheim. Wir hoffen, dass bald entschieden und die Signale auch in unserem Oberzentrum auf Grün gestellt werden.

Die Worte zur Woche zeigen: Spannend bleibt es!

Ach ja, gelegentlich bringt auch ein Blick in die sozialen Medien neue Erkenntnisse. So spricht Bürgermeister Helge Viehweg aus Straubenhardt, mein Kreistagskollege von der SPD, bei Instagram Worte zum Freitag. Diesmal informierte er über die zweitägige Klausursitzung seines Gemeinderats. Fester Bestandteil eines jeden Jahresprogramms. Und wir in Mühlacker? Wann war die letzte, anno dazumal in Rauenberg? Muss mal nachrechnen. Eins, zwei, drei, vier … ???

Link zur Grafik Verkehrsbelastung:  https://infogram.com/kfz-belastung-der-innenstadt-von-muhlacker-ein-vergleich-1h0r6rjw09rl2ek?live

 

 

 

 

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Kommentare

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M am :

Vielen Dank für die Berichterstattung.

Möge uns Gott beistehen beim Hol-System. Bestes System in ganz BaWü.
Den Lärm und die Optik der Container will doch echt keiner bei sich haben.
Unterm Strich muss man dafür ja auch erst Container anschaffen und diese leeren usw.

Toi toi toi, dass diese bleiben!
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