Alte Ziegelei - ein neuer Stadtteil für 1200 Menschen

Am Bebauungsplan alte Ziegelei kann nach der Entscheidung des Gemeinderats von gestern Abend weitergearbeitet werden

Ein Musterbeispiel für Innenentwicklung liefert Mühlacker. Einen wichtigen Schritt voran kam die Planung der Bebauung des Areals alte Ziegelei. Der Gemeinderat von Mühlacker stimmte gestern Abend den Grundzügen des auch nach den Vorstellungen des Investors, der Hofkammer des Hauses Württemberg, überarbeiteten Entwurfs des Bebauungsplanes einmütig zu, der nun weiterbearbeitet und dann ins Verfahren (Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung) gegeben werden kann. Zu den gestrigen Details des Beschlusses gehört die Vorgabe, pro Wohneinheit 1,5 Parkplätze nachweisen zu müssen.

Zentrale Punkte der Planung haben sich geändert:

  • Geparkt werden darf nach dem neuen Konzept nur noch in gemeinsamen Tiefgaragen
  • Die Erschließung des Wohngebiets – von der Ziegeleistraße her – erfolgt nicht mehr mittig, sondern im linken Bereich, weshalb für die dort bisher vorgesehenen P-R-Plätze ein neuer Standort gesucht werden muss
  • Hin zur Firma Craiss, der Logistiker mit Tradition, wird das Wohngebiet vor Lärm mit einem Erdwall geschützt.

Geplant wird auf der Basis, dass Craiss am jetzigen Standort bleibt und nach Süden erweitert (Beschluss des Gemeinderats vom September 2019). Sicherlich nicht die ideale Lösung, sagt sich auch das Unternehmen und prüft derzeit eine Verlagerung auf die 3,5 Hektar für Mahle planungsrechtlich gesicherte Erweiterungsfläche an der Osttangente. Das ist aber die Entscheidung von Craiss, Mahle und dem Grundstückseigentümer. Baurecht besteht seit einigen Jahren auf der Erweiterungsfläche.

Die alte Ziegelei wird dichter bebaut als ursprünglich vorgesehen. 100 Wohneinheiten (WE) pro Hektar. Der Regionalplan sieht 80 WE pro Hektar in Mittelzentren vor, die wir aber in unseren anderen Neubaugebieten deutlich unterschreiten, so dass das Minus dort mit einem Plus hier ausgeglichen werden kann. Ursprünglich sollten im Wohngebiet alte Ziegelei Platz für 800 bis 1000 Menschen geschaffen werden, jetzt sollen es 1200 werden (im Heidenwäldle leben 1000 Menschen). Für den Investor muss sich der neue Stadtteil rechnen. Das ist der Preis dafür, dass nicht die Stadt selbst das Areal realisiert – ein vertretbarer Preis.

Die Ziegelei wurde von der Stadt vor drei Jahren für 7,5 Millionen Euro gekauft. Gemeinderat und Verwaltung hoffen, unterm Strich für Wohnen- und Gewerbeflächen zusammen deutlich mehr erzielen zu können. Jetzt ist Feinarbeit am Bebauungsplan notwendig. Gehofft wird, dass die Kaufverträge mit den Investoren noch dieses Jahr abgeschlossen werden können.

Der Lärmschutzwall zwischen Wohngebiet und Logistiker soll 15 Meter hoch, in Ost-West-Richtung 40 Meter tief und 350 Meter lang werden. In diesen Wall könnten zudem erhebliche Erdmassen aus dem Bodenmanagement – die restlichen Materialberge aus dem Abbruch der Ziegelei - eingebaut werden, so dass das Gelände, insbesondere aber die an der Ziegeleistraße gelegenen Handelsflächen in geringerem Maße angehoben werden müssen, wie es in der Vorlage der Stadtverwaltung heißt. Die Westflanke des Lärmschutzwalls kann zur Verminderung des Pflegeaufwands voraussichtlich den privaten Grundstücksflächen der angrenzenden Geschosswohnungsbau-Quartiere zugeordnet werden. Die Ostflanke wäre dauerhaft von der Stadt zu pflegen. Der auf der Dammkrone projektierte Pflegeweg wäre als öffentlicher Fußweg nutzbar. Der Lärmschutzwall nimmt eine Fläche von ca. 350 m x 40 m = 14.000 m² = 1,4 ha ein.

Der städtebauliche Entwurf hatte bereits zuvor einen überdurchschnittlichen Grünflächenanteil, der sich durch den Lärmschutzwall nochmals deutlich erhöht hätte. Das Konzept sieht deshalb vor, die im bisherigen Entwurf sehr flächenintensive zentrale Grünzone in eine Abfolge kleinerer öffentlicher Grünflächen umzuwandeln, die wesentlich weniger Fläche in Anspruch nehmen, zugleich aber durch eine entsprechende Gestaltung auch bei hoher Nutzungsdichte eine sehr gute Aufenthaltsqualität bieten – das ist zumindest die Auffassung von Verwaltung und Hofkammer. Die verringerten öffentlichen Grünflächen senken in erheblichem Umfang die späteren Pflegekosten seitens der Stadt. Nutzungen mit höherem Flächenbedarf wie Bolzplatz und Kinderspielplatz können entlang der Erschließung zur Ziegeleistraße angeordnet werden.

Die Planung sieht nach derzeitigem Stand vor, mit Quartierstiefgaragen zu arbeiten, die für alle Gebäudetypologien vorgesehen sind und deren Ein-/Ausfahrt am Anfang der Spielstraßen möglichst nah an der Haupterschließung im Osten oder Westen liegen soll, so dass die „Leitersprossen“, also die in W-O-Richtung liegenden Wohnstraßen, von Verkehr weitgehend freigehalten werden können. Sie sind deshalb als Mischverkehrsflächen mit einer reduzierten Breite von 5,50 Meter projektiert. Die Führung des Radverkehrs erfolgt geschützt entlang der mittleren Grünfuge sowie entlang der südlichen Randstraße und der Zufahrt zur Ziegeleistraße auf einem Geh- und Radweg mit 3,50 m Breite. Eine Erschließung durch Linienbus erfolgt über die Zufahrt von der Ziegeleistraße her über die östliche Sammelstraße und die Vetterstraße. Fußgänger und Radfahrer aus der Bahnunterführung blicken nicht gegen eine Betonwand, sondern in einen öffentlichen Freiraum.

Wohnungen für etwa 1200 Menschen

Bewertung der Stadtverwaltung. Der Flächenanteil der Geschosswohnbauten beträgt ca. 30,8 %, liegt also eng an der vom Gemeinderat formulierten Zielmarke von 30 %. Trotz des hohen Anteils der Bewohner im Geschosswohnungsbau wird das Baugebiet in seiner baulichen Ausprägung nicht von diesem Gebäudetyp dominiert, da 70 % der Fläche den individuellen Wohnformen vorbehalten bleiben. Aus Sicht der Verwaltung ist der Mix der Gebäudetypologien in der vorliegenden Form gelungen.

Durch den Wegfall des P+R-Platzes am alten Busbahnhof (Lienzinger Tor) im Rahmen einer Neubebauung gehen ca. 200 von insgesamt ca. 270 Stellplätze verloren. Die Verwaltung errechnete einen P+R-Bedarf in der alten Ziegelei von 145 Plätzen. Das Gutachten ergab, dass die umliegenden Knotenpunkte den zusätzlichen Verkehr verkraften, allerdings die Leistungsfähigkeit des Kreisels an der Ötisheimer Straße in der  Spitzenstunde 17:00 – 18:00 Uhr kritisch werden kann, zumal das Gutachten noch von 600 Wohneinheiten und einem P+R-Platz mit ca. 300 Stellplätzen ausging. Jetzt wird neu gerechnet.

In der Diskussion griff ich noch einige Themen auf: Der Anteil öffentlich geförderter Mietwohnungen (wird nochmals gesondert behandelt), der Anschluss ans Stadtbusnetz, der Zeitplan für das wegfallende Enzkreis-Gebäude an der Ziegeleistraße (Job-Center) und ein rechtzeitiger Ersatz, die Anbindung an die Innenstadt. Wichtig ist, dass es vorangeht.  Teile des Gemeinderats müssen aber noch lernen, dass die Stadt über den Bebauungsplan steuert und den Rahmen setzt – mit dem Verkauf des Areals an Investoren wir aber nicht auch noch in Details mitbestimmen können, die über den B-Plan hinausgehen.

Die Vorlage: 2020-05-22_GR_Top2_Vorlage12_Ziegelei.pdf

Trackbacks

Trackback-URL für diesen Eintrag

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

Noch keine Kommentare

Kommentar schreiben

Kommentare werden erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet!


Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
Standard-Text Smilies wie :-) und ;-) werden zu Bildern konvertiert.