#Calw und @CaptainKling machen's vor

Calws OB Florian Kling twittert

Zumindest das steht fest: Die Corona-Krise bringt dem Digitalen einen kräftigen Schub auch in den Rathäusern. Von einem enormen Nachholbedarf des öffentlichen Dienstes spricht der Deutsche Kommunalinformationsdienst. Mühlackers Verwaltung und Gemeinderat taten sich mit Neuerungen auch immer schwer. Zu meinem Leidwesen. Ist deshalb ein wiederkehrendes aktuelles Thema in meinem Blog. Um nicht nur die angestammten Kommunikationswege weiterhin zu pflegen, sondern auch neue zu wagen, brauchte es leider erst des gefährlichen Virus und die deshalb staatlicherseits angeordnete Kontaktsperre inclusive sozialer Distanz, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Doch da merkten manche erst: Auch das Digitale sichert Kontakte, nicht nur jene, die während Corona nicht oder zeitweise eingeschränkt möglich sind. Die Entdeckungen heißen unter anderem Video- und Telefonkonferenz, digitales Kaffeekränzchen oder digitaler Salo. Eine sich rasant entwickelnde neue politische Welt!

Calw macht es gestern Abend vor: Erste digitale öffentliche Gemeinderatssitzung auf der rechtlich sicheren Seite, noch ohne die angekündigte Änderung der Gemeindeordnung Baden-Württemberg, aber mit einem rechtlichen, wohl legalen Trick.  Zunächst etwas holprig gestartet, aber doch erfolgreich  über die Runden gebracht. Irgend eine Kommune muss ja einmal beginnen. OB Florian Kling alias @CaptainKling twitterte heute über seine Erfahrungen. Vor seiner Wahl zum OB im Herbst 2019 war Kling auch beruflich in der digitalen Welt unterwegs, ist also vorbelastet, was hier besonders hilfreich war.

Nach der Gemeindeordnung ist ein Gemeinderat nur beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder anwesend sind. Erst beim zweiten Termin reicht die Mindestanzahl von 3 Gemeinderäten aus. Sitzung um 18.00 Uhr dauerte 1 min. Ab 18.15 Uhr waren wir 2,5 Std im Live-Stream. (...) Bei Beschlüssen wurde über Webex von allen Teilnehmern ein Stimmungsbild eingefangen. Diese Abstimmung wurde danach von den anwesenden Gemeinderäten physisch offiziell wiederholt, um rechtssichere Beschlüsse zu erhalten. Das lief ziemlich reibungsfrei.

Vorher zweimal testeten OB und Stadträte die Videokonferenz mit garantierter Öffentlichkeit. Kling in einem Tweed am 16. April: Soeben 2. Testsitzung des Gemeinderates mit Cisco Webex beendet. Ein tolles Engagement und viel Lust auf Neues von unseren Stadträten - da werden auch Kinder und Enkel herangezogen um die IT einzurichten. Vielen Dank, ich freue mich auf die erste Online-GR-Sitzung der Stadt!

Auch wenn die Videokonferenz noch nicht als Sitzungsvariante in der Gemeindeordnung verankert ist,  erlaubte das Innenministerium Baden-Württemberg Ende März in einem Erlass, kommunale Gremien könnten wegen Corona per Telefon- und Videokonferenz tagen. Die Konferenz sollte bei einer öffentlichen Sitzung, um die Allgemeinheit zu beteiligen, in den Ratssaal übertragen werden. Dort kann sie von interessierten Menschen verfolgt werden. Ist natürlich gehörig umständlich. Inzwischen kündigte das auch fürs Digitale zuständige Innenministerium eine Gesetzesinitiative zur Anpassung der Gemeindeordnung an, über die der Landtag am 7. Mai 2020 beschließen soll, um die Freigabe juristisch wasserdicht zu machen.  Denn ein Erlass ändert noch kein Gesetz. Macht in den Landesgesetzen gerade Schule - nach Baden-Württemberg auch in Brandenburg und Thüringen beschlossen, weitere Länder sind im Gesetzgebungsverfahren.

Calws digitale Ratssitzung, öffentlich agekündigt, gestern Abend wurde der Öffentlichkeitsgarantie gerecht, dank geöffnetem Ratssaal und Live-Stream. @CaptainKling heute bei Twitter: Richtig toll war die öffentliche Teilnahme von über 150 Gästen auf Facebook und YouTube. Sonst hat eine Gemeinderatssitzung nur 15-20 Gäste der Öffentlichkeit. Das hat auch viel Lob eingebracht für die transparente Politik. Auch viele Kollegen aus der Verwaltung waren so dabei.

Von gestern für morgen lernen, heißt es nun im Calwer Rathaus. Kling twitterte auch über die Schwachstellen: Wenn ein Ratsmitglied im Saal sprechen wollte, musste ich den Raum-Lautsprecher stummschalten um eine Rückkopplung zu verhindern. Das war ein logistischer Albtraum. Daher künftig nur noch mit zusätzlichem VTC-Moderator und Techniker - damit ich frei bin für die Diskussion. (...) Gleichzeitig musste ich Sitzung führen, inhaltlich vortragen, Sprecher freischalten, und den Unmut des anwesenden Fraktionsvorsitzenden managen, dessen Kollegen rausgeflogen sind. Hybrid bedeutet an zwei Orten gleichzeitig zu sein (Ratssaal & Web), das war enorm anstrengend.

Sein Fazit: Ein gelungenes Experiment, das uns an die Grenzen von Webex führte. 1. Bürgermeister alleine kann nicht die Sitzung leiten und die Technik meistern.2. Bei einem Testtermin sollten alle Teilnehmer dabei sein (Train as you fight). 3. Galerienansicht für Live-Stream besser.

Christian Erhardt von @KOMMUNALaktuell beobachtete das interessante Experiment und kommentierte per Feed: Ich fasse das Fazit zur #Ratssitzung #digital mal so zusammen: unbedingt #zoom statt #Webex nutzen. Dem Bürgermeister einen Techniker zur Seite stellen. Einen Test mit allen Teilnehmern durchführen. UND: weiter auf solche Chancen setzen!!! Danke nach #Calw

Wäre ein solches Experiment auch in Mühlacker möglich? Bei der althergebrachten Einstellung vieler ihrer Räten nicht. Die Ältestenratssitzung Anfang Mai als Videokonferenz? Die Reaktion der meisten Fraktionsvorsitzenden fiel schon wieder negativ aus. Ich lasse mich jedenfalls zuschalten und nehme virtuell teil. Auch Corona wegen. Aber nicht nur!

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