Wo Asterix & Co um die Ecke biegen könnten - Aus dem Bretonen-Land (7/10)

Das zwischen Felsen eingezwängte Wachhaus aus dem 17. Jahrhundert

Die Bretagne ist doch weitläufig! Eineinhalb Stunden von Plomodiern in den Norden gefahren, dort wo sie ländlicher, landwirtschaftlicher, noch weiter und gallischer ist. Der restaurierte Wachtposten der bretonischen

Roscoff

Herzöge an der Atlantikküste: Meneham in Kerlouan. Wundern würde nicht, stünden plötzlich Asterix & Co vor einem. Genügend Hinkelsteine für Obelix wären jedenfalls vorhanden... Markenzeichen des Algenfischer-Dorfs,  im Herzen des ‚Pays Pagan‘ (Gebiet im Departement Finistère; „païen“ auf Bretonisch) sind neben den grasbewachsenen Dünen die riesigen, bizarr geformten Felsbrocke. Eine besondere Attraktion: Das zwischen Felsen eingezwängte Wachhaus aus dem 17. Jahrhundert. Apropos Algenfischer: Dazu läuft in einem der restaurierten Häuschen ein Film.

Nochmals da oben:

Saint-Pol-de-Léon holte Natur ins Stadtzentrum

Die knapp 90 Kilometer in den Norden der Bretagne haben sich für uns gelohnt, auch wenn eine schon sehr steife Prise ging und mehrfach kurze Regenschauer die Sonne pausieren ließen. Roscoff direkt an der Nordküste, quasi gegenüber von England, dann der Abstecher nach Saint-Pol-de-Léon führten in höchst interessante Gemeinden - sie gehören zu den größten Gemüseanbaugebieten von Frankreich, die Anbauer aus Roscoff verkaufen besonders junge Zwiebeln.  Prächtige Bürgerhäuser säumen die Straßen der historischen Ortskerne. Vom neuen Hafen in der 3300 Einwohner zählenden Gemeinde aus fahren Fähren nach England und Irland. Roscoff baute einen besonderen Wirtschaftszweig auf - Wellness aus dem Meer. Eigenlich fuhren wir wegen des exotischen Gartens nach Roscoff, doch ein kleiner Aushang am Eingang zur Anlage verriet, dass er wegen des Sturms heute aus Sicherheitsgründen geschlossen sei. Schade! Ein Hinweis auf der Internetseite fehlte. Doch: Wenn wir schon extra diese Strecke unter die Räder genommen hatten, steuerten wir Ortskern und Hafen an. Es lohnte sich! Beeindruckend auch der lange Landungssteg, der im Nichts zu verschwinden scheint.

Natur ins Zentrum geholt

Dann schauten wir auf der Rückfahrt in Saint-Pol-de-Léon rein und meinten: Wiederkommen und mehr Zeit aufbringen lohnt sich. 7400 Einwohner, Hauptort des gleichnamigen Kantons. Als Bischofssitz bis zur Französischen Revolution 1789 hat sie eine Kathedrale aus dem 13. Jahrhundert und zudem eine Kirche, deren fast 80 m hoher Turm der höchste der Bretagne ist. Funde zeugen von einer militärischen Präsenz der Römer im 3. Jahrhundert Wie aus den ältesten Schriften hervorgeht, war der Ort von einem „Erdwall von beeindruckender Höhe“ umgeben, steht auf der kommunalen (auch in Deutsch gehaltenen) Website. „Saint-Pol ist heute eine tote Stadt“, schrieb Flaubert auf seiner Durchreise im Jahr 1847. Doch der Bau der Eisenbahn im Jahr 1883 trug  erheblich zum Aufschwung des Gemüseanbaus bei. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts  ist Saint-Pol unangefochten die Hauptstadt des Gemüse produzierenden „Ceinture Dorée“. Eine Stadt, die auch Natur in das Zentrum beim Rathaus holte - mit Blumen, Stauden, Bäumen und einem Bächle.

Der Leuchtturm Saint-Mathieu ist seit November 2010 Nationaldenkmal

Leuchtturm im Kloster

Nicht ganz so weit. Saint-Mathieu mit der Gedenkstätte für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen französischen Seeleute, mit dem Küstenrand-Wanderweg, der ehemaligen und Ende des 11. Jahrhunderts errichteten Klosteranlage, dem Leuchtturm mit 163 Stufen, einer kleinen Ausstellung im Info-Punkt. Atlantik ist ganz nah - ein lohnenswerter Punkt. Ein Leuchtturm inmitten der sehenswerten Reste des einstigen Benediktinerklosters Saint Mathieu. Die Pointe Saint-Mathieu ist eine Landzunge in der Nähe von Le Conquet in der Gemeinde Plougonvelin, die von 20 Meter hohen Klippen flankiert wird. 

Der ehemalige Bunker des Atlantikwalls ist Museum

Der heutige Leuchtturm ist seit 1835 in Betrieb. Sein 37 Meter hohes Leuchtfeuer erhellt das Meer alle 15 Sekunden. Mit einer Reichweite von 29 Seemeilen signalisiert es den richtigen Weg zur Fahrt durch die Meerenge von Brest. Das 1937 elektrifizierte Leuchtfeuer wurde 1996 automatisiert. Der letzte Leuchtturmwärter verließ 2006 seinen Posten. Der Leuchtturm Saint-Mathieu ist seit November 2010 Nationaldenkmal. Er ist öffentlich zugänglich. Hier mehr zur Geschichte. Und eine Beschreibung des französischen Kultusministeriums.Friedensarbeit im Alltag.

Bunker als Museum

Fahnenparade vor dem Rathaus in Saint-Pol-de-Léon

Ein Rest des Atlantikwalls aus dem Zweiten Weltkrieg als Museum mit Boutique in  Plougouvelin in der Nähe von Saint-Mathieu. Die deutsche Wehrmacht ließ ab 1942 den Atlantikwall errichten, für dessen Bau mehr als 82.000 Männer mobilisiert wurden. 2685 Kilometer war er lang. Die Alliierten überrannten den Schutzwall innert eines Tages. Der Gang durch den Bunker, die Enge und Stickichkeit, hinterlassen zumindest bei mir ein beklemmendes Gefühl. Man spürt auch durch Zeitdokumente doch, wie sehr die deutschen Soldaten auf die Wirksamkeit des Walls setzten und glaubten, das lasse sie ihre Liebsten daheim wieder sehen. 

Auf fünf Etagen erwarten die Besucher Zeitzeugenberichte und kurze Erzählungen, illustriert durch tausende von Objekten, Dokumenten und Fotografien. Das Alltagsleben wird gezeigt, aber auch die Geschichte des Krieges in der Bretagne durch die Erzählungen der Menschen, die ihn erlebt hatten, dokumentiert. Schließlich ist ein Panoramablick aus den Kammern und vom Dach des Bunkers auf die Bucht von Brest, von der Halbinsel Crozon bis zur Insel Ouessant möglich.

Der Landungssteg in Roscoff

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