Das hat uns gerade gefehlt

Neues Heft auf dem Markt der Region
Kultur als weicher Standortfaktor. Liest sich wie ein Posten in einer Wirtschaftlichkeitsberechnung, wobei offen bleibt, ob er in Soll oder Haben steht. Er kann nun von Soll nach Haben wandern, denn vor Weihnachten 2018 gelang im Plenum des Regionalverbandes Nordschwarzwald, an was auch ich nicht mehr so recht geglaubt hatte: eine Kulturregion Nordschwarzwald als feste und auch personell hinterlegte Aufgabe beim Regionalverband. Qualität und Vielfalt kultureller Angebote sind ein wesentlicher Faktor für die Zufriedenheit der Bürger einer Kommune bzw. Region, für das Akquirieren neuer Einwohner und natürlich auch für das Werben um Gäste, hatte es in einem gemeinsamen Antrag von CDU- und SPD-Fraktion in der Verbandsversammlung geheißen, der wesentlich vom kultur- und regionsaffinen Maulbronner Bürgermeister Andreas Felchle formuliert worden war.

Im März 2015 reichten mein Fraktionsvorsitzenden-Kollege Thomas Knapp und ich das Papier ein und erlebten, wie die beiden Fraktionen durch formale Gründe ausgebremst werden sollten. Trickreiches Agieren, gepaart mit taktischen Spielchen. Die Widersacher saßen vor allem bei Freien Wählern und Grünen. Man tat das, was in solchen Fällen nicht getan werden sollte - fragte die Kommunalaufsicht beim Regierungspräsidium Karlsruhe, ob sich, rechtlich betrtachtet, der Regionalverband hier durch eine Stellenausweisung engagieren dürfe. Im Hintergrund immer die Angst mancher vor einem zu "mächtigen" Regionalverband, dabei bleiben wir im Vergleich zum großen, weil aufgabenreichen Stuttgarter Verband immer noch die armen Verwandten vom Land. Die Auskunft der Kommunalaufseher reichte den Kritikern, den Daumen zu senken. Und dies, obwohl benachbarte Regionalverbände den Kulturpart längst spielen. Jedenfalls verschwand das Thema in der Versenkung, der Antrag blieb so quasi schwebend formal im Verfahren und so ohne formalen Beschluss. Bis ihn der Verbandsdirektor hervor kramte. Was uns half, war die Vakanz in der Geschäftsführung  der „Kulturregion Nordschwarzwald“, nachdem weder ein Landkreis noch  die Stadt Pforzheim diese Aufgaben weiterhin übernehmen wollten, aber vor allem Pforzheims neuer OB und die Landräte deren Ansiedlung beim Regionalverband ganz unaufgeregt als gute Lösung unterstützten.

In der Arbeitsgemeinschaft  bemühen sich 16 kommunale und private Institutionen der Region seit gut 18 Jahren um gemeinsame Vermarktung ihrer Kulturhighlights. Es fehlte aber an stetiger Befassung, an Einbindung weiterer Partner, an personellen Ressourcen. Der Regionalverband hält keine Mehrheitsbeteiligung an einer GmbH, was ihm rechtlich nicht erlaubt wäre, sondern managt diese Arbeit der AG, koordiniert, vernetzt. So wie zum Beispiel der Regionalverband Mittlerer Oberrhein in Karlsruhe. Der Durchbruch ist geschafft, seit heute ist die neue Stelle besetzt, es kann losgehen.

Nichts anderes wollten wir mit dem Antrag vom März 2015. Manchmal braucht es eben länger um ans Ziel zu gelangen. Nur noch ein Teil der Freien Wähler, aber ausgerechnet die Grünen sahen sich bis zuletzt als Gralshüter der reinen Lehre von der Regionalplanung pur. Dabei soll gerade diese durch ein Regionalmanagement ergänzt werden, in dessen Gefüge die Kultur gut passt - auch als Verbindungselement in einer eigentlich heterogenen Region, der eines gut tut: das verbindende Band.

Neben den Kernaufgaben der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung, der Ver- und Entsorgung und dem Umweltschutz und der Mitwirkung bei der Wirtschaftsförderung könnte der Regionalverband auch den Bereich „Kultur“ zu den Steuerungsaufgaben zählen, hatte es im Antrag geheißen. Es ist ein Plädoyer für das Erzeugen, Vernetzen und Bewerben von regionalen Produkten und Alleinstellungsmerkmalen, welche die Chancen effizienten Außenmarketings erhöhen und nicht zuletzt Binnenmarketing-Möglichkeiten, ein regionales „Wir-Gefühl“, „corporate identity“ schaffen.

Dazu passt auch - als ein ganz anderer Mitspieler - JfK, das Journal für Kultur in Pforzheim und der Region. Natürlich hat es weder etwas zu schaffen mit der Kulturstelle beim Regionalverband noch mit der institutionalierten Arbeitsgemeinschaft, aber JfK kann verbinden. Das Heft soll fünfmal im Jahr über die regionale Kulturszene - mit einem Abstecher nach Karlsruhe - informieren. Wichtig in einer Region wie dem Nordschwarzwald, die medial zweigeteilt ist - im Norden die Pforzheimer und Mühlacker Tageszeitungen, im Süden der Schwabo. Was wissen die einen vom anderen?

Der selbst erhobene Anspruch ist es, ein Medium zu schaffen, das tiefgründig und umfangreich über Zusammenhänge des kulturellen Lebens berichtet, in Reportagen einen Blick hinter die Kulissen ermöglicht und allen Facetten der Kultur – vom Vereinslebens bis zum Staatstheater – eine gemeinsame Plattform bietet, einschließlich eines vollständigen  Kulturkalenders für jeweils drei Monate. Entwickelt und herausgebracht hat das - bei der Premiere im Oktober -  130-seitige Heft das J.S. Klotz Verlagshaus in Remchingen, Adresse  des Teams um Chefredakteur John Patrick Mikisch ist das Schloss Bauschlott.

Im ersten Heft unter anderem: der Abgesang auf eine Europäische Kulturhauptstadt Pforzheim. Klotz sieht darin nicht zu unrecht eine vertane Chance, wünscht sich für die Stadt eine neue kulturelle Identität. Für diesen Schritt benötige man ein überregionales Format, das Interessengruppen zusammenbringe und nicht Gräben vertiefe. Ein gutes Beispiel dafür, wie es nicht laufen darf: Statt von Beginn der Diskussionen über eine Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt gleich auch die Region einzubeziehen, ging das Oberzentrum auf die drei Landkreise erst zu, als das Projekt in den zerklüffteten kommunalpolitischen Gefilden Pforzheim unterzugehen drohte. Nichts geworden ist es mit der Europäischen Kulturegion.

Backen wir zunächst kleinere Brötchen, setzen einen Schritt nach dem anderen, engagieren uns für ein professionell geführtes, auf Stetigkeit und Weiterentwicklung angelegtes Netzwerk der kulturellen Aktivitäten mit dem Ziel der Vermarktung nach innen und außen – ohne die Selbständigkeit der einzelnen Aktivitäten anzupassen oder gar zu beschneiden.

Kulturmanagement beim Regionalverband, das Journal für Kultur in Pforzheim und der Region - dies und anderes hat uns, im ganz positiven Sinn, gerade noch gefehlt.

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