Abgleich mit dem Ziegeleiareal: Zu lange in der Schwebe

Ergebnisse der Studie in Stuttgart vorgestellt
Zugegeben, der Titel der Studie ist sperrig: Erfolgsfaktoren für Wohnungsbauvorhaben im Rahmen der Innenentwicklung von dynamischen Städten. Heute wurden die Ergebnisse des 2015 gestarteten Forschungsprojekts bei einer Regionalkonferenz in Stuttgart von Vertretern des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) vorgestellt. Das Bonner Institut Quaestio hat im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und des BBSR in einer bundesweiten Studie 13 Wohnungsbauvorhaben in sechs Kommunen analysiert.
Im Fokus der Studie stand die Frage, vor welchen Herausforderungen Kommunen und Vorhabenträger in der Innenentwicklung stehen und wie diese überwunden werden können.  Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Stetiger Zuzug sowie steigende Miet- und Kaufpreise stellen Bund, Länder und Kommunen vor große Herausforderungen. Ziel der Bundesregierung ist es daher, die Rahmenbedingungen für mehr Wohnungsbau zu verbessern: Wir wollen 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen lassen und den Bestand an bezahlbaren Wohnraum sicherstellen, schreibt Gunther Adler, Statssekretär im Bundesministreium für Inneres, Bau und Heimat, der bei der Tagung sprach, im Vorwort zum 101-seitigen Heft.
Merkmale der 13 Fallstudien:  Überwiegend handelt es sich um vorher gewerblich genutzte Areale (zum Beispiel Industrie, Einzelhandel, Büro). Daneben findet sich eine weitere bunte Palette der vorherigen Nutzung: Bahnanlage, Streitkräfteamt, Feuerwehrschule, Krankenhaus. Auf den Flächen stattdessen geplant: Bauprojekte mit 30 bis 600 Wohneinheiten. Öffentlich geförderte Wohnangebote entstehen in sechs der analysierten Projekte, teilweise in Form von speziellen Angeboten für Senioren oder für Menschen mit Behinderungen.
Damit lassen sich die 300 Wohneinheite gut vergleichen, die bei uns in Mühlacker auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei gebaut werden sollen und bei dem die Öffentlichkeit den Eindruck hat, dass es nicht richtig vorangeht. Eigentlich sollten die ersten Wohnhäuser schon in die Höhe wachsen, doch wir sind weit davon entfernt. Wie sah es bei den 13 Fällen in der Innenentwicklung aus, die untersucht worden sind?
Überwiegend eine längere Planungshistorie hätten diesee Areale, formulieren die Forscher feinsinnig. Die Umsetzung dauert(e) von den ersten Planungen bis zur Umsetzung zwischen fünf und 23 Jahren.  Unter den 13 Fallstudien ist nur bei zwei Vorhaben bis auf weiteres keine Realisierung zu erwarten.
Sarkastisch lässt sich festellen, dass wir mit bisher fünf bis sechs Jahren bei der Ziegelei somit immer noch im nationalen Rahmen liegen. Ein schwacher Trost, zumal die Ziegeleibebauung auf Akzeptanz stößt, was heutzutage nicht alltäglich ist, wie die Studie belegt. Die Forscher zeigen, welche Herausforderungen viele Vorhaben des innerstädtischen Wohnungsbaus begleiten: Dazu gehören vor allem Nutzungskonflikte sowie eine komplizierte und langwierige Willensbildung.
Innenentwicklung – Baustein zur Lösung der Probleme des Wohnungsmarkts und Quelle zunehmender Konflikte
. Grundvoraussetzungen für die Zulässigkeit von Wohnungsbau in solchen Lagen ist es, für die zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner gesunde Wohn- und Lebensbedingungen zu schaffen und Lärmbelastungen auf ein Minimum zu reduzieren. Wohnen neben einer Spedition wie in der Ziegelei ist ein Minuspunkt - für beide Seiten. Eine Erkenntnis aus der Studie trifft auch auf die Ziegelei zu: Sofern die untersuchten Vorhaben bereits weiter fortgeschritten waren, wurde in der überwiegenden Zahl der Fälle (sieben von zehn Vorhaben) bemängelt, dass zu spät im Verfahren neue Forderungen an das Wohnungsbauvorhaben herangetragen wurden. Diese Forderungen erweisen sich vorallem dann als Problem für das weitere Vorankommen, wenn aufgrund des Projektstands kaum mehr Wirtschaftlichkeits- und Handlungsspielräume gegeben sind. Im Fall Mühlacker heißt das: Verlagerung der Spedition? Neuer Realschulstandort, von dem manche immer noch träumen. Als gesetzt gilt ein anderer Nachzügler: Ersatz für das Heim Sankt Franziskus, das von der Erlenbachstraße in die Ziegelei umsiedeln soll. Mit wie viel Wohnungen - auch öffentlich geförderter - kann gerechnet werden? Die Zahlen bleiben in der Schwebe.
Ein Fazit aus der Studie die dem Ziel, mehr Tempo bei den Projekten zu machen: Eine koordinierende Stelle für den Wohnungsbau in einer Stadtverwaltung kann die Vorhaben unterstützen, indem sie die Abstimmungen zwischen Fachämtern in die Hand nimmt und den Dialog mit Bürgerschaft sowie kommunalpolitischen Gremien und Investoren aufeinander abstimmt.  Ist der OB als Koordinator diese Stelle?
So gesehen entstand ein allgemeiner Handlungsleitfaden für Innenentwicklung und die Hoffnung auf Akzeptanz. So lautete der Titel des hochkarätig besetzen Fachkongresses denn auch „Akzeptanz für mehr Wohnungsneubau in Stadt und Region“ . Zu ihm hatten das Bundesinnenministerium, der Deutsche Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung sowie das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in Kooperation mit dem Verband Region Stuttgart (VRS) in die Stuttgarter Sparkassenakademie eingeladen.

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