Seitdem machen sie's dem Wimmer nach

Durchatmen, ruhig bleiben, konzentrieren, genau zielen. Die Anstrengung lässt trotzdem die Röte ins Gesicht steigen, gleich draufschlagen - auf den Hahn, nicht auf die eigenen Finger, die eben diesen auf der Gummidichtung halten. Nach 13 bis 20 Schlägen (genaue Zahl ist nicht leicht zu ermitteln) fließt der erste Gerstensaft (mehr der Schaum), der so Erfolgreiche stemmt vor lauter Freude über die eigene Laeistung den ersten gefüllten Glaskrug in die Höhe und schleudert in bester Stimmung ein "Ozapft isch" ins jubelnde Publikum, während die Musiker ein "Prosit der Gemütlichkeit" schmettern. Und das alles in 45 Sekunden. Fassanstich: OB Frank Schneider bei der Eröffnung des 45. Straßenfestes im Zelt des Musikvereins Mühlacker.

Wie heißt es bei Wikipedia? Ein Fassanstich ist das Öffnen des Fasses mit einem Stich. Dieser Vorgang heißt auch Fass anstechen oder Fass anstecken. Das Getränk aus dem gerade geöffneten Fass wird als frischer Anstich bezeichnet. Gut. Damit ist auch das erklärt. Wer es einmal probieren will, für den gibt's Anleitungen im Netz. Doch Vorsicht: Beim Bier-Fass richtig zapfen benötigt man etwas Feingefühl beim Einschlagen des Hahns, da sich ansonsten das in einem Schwall über die Gäste ergießt. So gesehen hatte der OB viel Feingefühl, wofür wir ihm alle dankbar waren, die unmittelbarer Nähe zum Holzfass der Hochdorfer Brauerei an den Biertischen saßen. Es hätte besonders seine FDP-Parteifreunde Schweikert und Rülke getroffen, aber auch mich und die Vertreter aus Schmölln.

Fassanstich durch den (Ober-)Bürgermeister bei Volksfesten hat inzwischen Tradition, begründet von Thomas Wimmer: Der erste offizielle Fassanstich auf dem Münchner Oktoberfest erfolgte 1950 und der seinerzeitige Bürgermeister Wimmer benötigte dazu 17 oder 19 Schläge, eine eindeutige Angabe gibt es nicht. Anschließend wird laut gerufen: „Ozapft is!“ („Es ist angezapft!“) Seitdem machen sie's dem Wimmer nach. Dabei hatte Thomas Wimmer einst gar nicht die Absicht gehabt, eine Anstichzeremonie zu schaffen, schreibt der Focus. Der Zufall stand Pate: Beim Einzug der Festwirte – so die Legende – hatte Wimmer seine Kutsche verpasst. Michael Schottenhamel (der Großvater des jetzigen Festwirts Peter Schottenhamel) ließ den Oberbürgermeister in seine einsteigen. Auf der Fahrt fragte er Wimmer ganz spontan, ob dieser nicht auch gleich im Zelt das erste Fass anzapfen wolle. Gesagt, getan.

Update 11. September 2018: Der lokale Schläge-Vergleich...

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