Hat die Katz' g'fressa!

Im roten Kreis: der ehemalige Spielplatz
Den Mühlacker Gemeinderat beschäftigt derzeit die Änderung des Bebauungsplanes „Leimengrube“ in Dürrmenz. Ziel des Verfahrens ist die Umnutzung eines 812 Quadratmeter großen Grundstücks am Rosenweg von Spielen in Wohnen. Obwohl es sich um ein vereinfachtes Verfahren handelt, dreht die Maschinerie der Bürokratie voll auf. Alle Teile der Sitzungsvorlage summiert, ergeben allein aktuell 25 Seiten. Letztlich war noch eine artenschutzrechtliche Einschätzung in Form eines neunseitigen Gutachtens eines Karlsruher Büros notwendig, unter anderem aus Gründen des europäischen Rechts („europäische Vogelschutzarten“). An den Europaabgeordneten stellt sich die Frage, ob dies im Sinne der Festsetzungen der EU ist oder ob national noch draufgesattelt wurde. Den Bundestagsabgeordneten fragen wir, wie die dringende Notwendigkeit der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum im Einklang steht mit solchen aufwändigen Anforderungen durch den Bundesgesetzgeber. 
Anlass für die Änderung dieses Bebauungsplans ist ein Beschluss des Gemeinderates von 2011, ein kaum noch genutztes Spielplatzgrundstück in Wohnbauland umzuwandeln, weil  "ein Fortbestand des Spielplatzes wegen mangelnder Frequentierung nicht mehr vertretbar ist und dass sich die Fläche für eine Nachverdichtung eignet." Sieben Jahre brauchte allein schon die Stadt, um den Weg frei zu machen für ein Wohnhaus auf diesem Flurstück mit der Nummer 6140/44. 
Den Steckbrief des Grundstücks liefert der Gutachter: Es liegt in einem Wohngebiet mit Einfamilienhäusern und ist auf 2 Seiten von Fußwegen umgeben. Die beiden anderen Seiten grenzen unmittelbar an die Nachbargrundstücke an. Eingesäumt von Gehölzen, drei kleinere Obstbäume drauf,  größter Baum ist eine Lärche am südöstlichen Rand der Fläche. Baumhöhlen wurden nicht gesichtet, heißt es in der Untersuchung weiter. Im inneren, offenen Bereich sieht der Betrachter zunächst zwei kreisförmige Sandflächen, wohl - richtig! - die ehemaligen Sandspielflächen. Sie sind teilweise von niedrigen Holzpalisaden eingefasst, bringt der Fachmann penibel zu Papier. 
Auch große Teile der übrigen Freifläche bestehen aus Sandboden. Nach Aufgabe der Nutzung als Spielplatz hätten allmählich verschiedene Gräser und Kräuter die Fläche erobert.
Aktuell ist - so liest man - das Geviert sehr locker bewachsen, dazwischen findet man noch reichlich offenen Sandboden. Gegen den Rand am Übergang zum Gehölz, wird die Gras-Kraut-Vegetation zunehmend dichter, schließlich treten - wer hat's denkt? - Brombeerranken hinzu. 
Hautflügler (Hummeln, Wespen) stufte der Gutachter nicht als prüfungsrelevant ein, er fand  keine Hinweise auf Wildbienen. Glück gehabt. Doch das Gelände eigne sich sehr gut als Lebensstätte für die Zauneidechse. "Große Flächen sind sonnenexponiert, warm und trocken, es gibt Sandboden für die Eiablage, Sonnplätze, Gehölze als Rückzugsmöglichkeiten und ein ausreichendes Nahrungsangebot." Doch: "Trotz dieser sehr guten Habitatqualität konnten keine Reptilien beobachtet werden." Der Experte kapituliert: Gründe für das Fehlen konnte er nicht ermitten. Möglicherweise hätten Reptilien den Weg dorthin nicht gefunden, möglicherweise seien auch hier, wie in Siedlungen häufig zu beobachten, frei laufende Katzen die Ursache für das Fehlen von Eidechsen. Soll heißen: Hat die Katz' g'fressa! Eine weise Erkenntnis, die die Stadt davon verschont, von der ganzen Wucht des Bundesnaturschutzgesetzes getroffen zu werden.
Und darf auf den 812 qm nun ein Häusle gebaut werden? Gemach, gemach. Jetzt nimmt das Verfahren eine weitere Runde - die Offenlage.
Hier nun die 25 Seiten in Häppchen: 2017-09-11_GR_Top2_Vorlage1.pdf  20171009114623.pdf  20171009114710.pdf  20171009122800.pdf  20171010150341.pdf

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