Mit der Lizenz zum Absägen

Krank? Der Stumpf der gefällten Linde am Friedhof Lienzingen.
Die Lizenz zum Baumfällen. Natürlich muss der Bewuchs zum Beispiel am Ufer des Schmiebachs ausgelichtet, die Weiden auf Stock gesetzt, Bäume zurückgeschnitten werden. Doch hier besteht ein himmelweiter Unterschied dazu, die Säge durch den Stamm eines ortsbildprägenden und lokalgeschichtlichen Objekts schrillen zu lassen, wie bei der fast 150 Jahre alten Friedenslinde an der Knittlinger Straße in Lienzingen. Es war aktuell, wie hier nachzutragen ist, nicht der einzige Fall der Fällung durch die Stadt Mühlacker. Auch eine prächtige alte Linde am Übergangs zum neuen Lienzinger Friedhofsteil an der Straße Bei der Frauenkirche fiel der Säge zum Opfer. Der Betrachter steht vor dem Stumpf und fragt sich, an was nun gerade dieser Baum erkrankt sein soll. Symptome für eine Fäll-Notwendigkeit sind nicht zu erkennen. Eine weitere klammheimliche Aktion. Dass eine solche Maßnahme auch kommuniziert werden kann, bevor unabänderliche Fakten geschaffen werden, beweist die Stadt Bretten. Die Lizenz zum Fällen scheint im Mühlacker Rathaus nur einer zu haben, der Herr über die Bäume in der Stadtgärtnerei. Eine Zweitmeinung ist offenbar nicht vorgesehen. Da muss der Entscheidungsprozess schleunigst korrigiert werden. Ansonsten gilt: Für Ersatz sorgen, der aber nicht mickrig ausfallen darf.
Unabhängig vom Umsägen der Lienzinger Baumprominenz: Kürzlich beklagte ein Bürger bei der Einwohnerversammlung für die Kernstadt im Uhlandbau das heftige Abholzen von Bäumen im Bereich Waldäcker. Die Stadtverwaltung vermutete dahinter die Straßenbauverwaltung des Enzkreises. Tatsächlich scheinen sich diesmal die verschiedenen Behörden bis zum letzten gesetzlich erlaubten Termin, dem 28. Februar, gegenseitig bei den "Pflegemaßnahmen" übertreffen zu wollen. Plötzlich hat man von der B10 zwischen Illingen und Vaihingen freie Sicht auf Schmiebach und Illinger Kläranlage.  Ganz ungewohnt sind auch die kahl geschlagenen Ränder der B35 auf Höhe Schmie. Doch die Natur schließt wieder manche Lücke. 
Noch ne gefällte prachtvolle Linde.

Betreibt der Enzkreis Kahlschlag? Für Vize-Landrat Wolfgang Herz ein Reizwort. Seine Antwort an mich hier im Original: 

Soweit Sie in Ihrer Mail auf von "Kahlschlagaktionen der Straßenbauverwaltung des Enzkreises" verweisen, gestatten Sie mir einige grundlegende Informationen. 

Im Landratsamt Enzkreis obliegt dem Amt für Nachhaltige Mobilität mit der zugeordneten Straßenmeisterei die betriebliche Unterhaltung der Bundes-, Landes- und Kreisstraßen im Kreisgebiet mit insgesamt rund 520 km. Der Betriebsdienst umfasst alle Leistungen, die zur anforderungsgemäßen und sicheren Nutzung und zur Wahrung der Funktionsfähigkeit der Straße notwendig sind. Im Interesse einer einheitlichen und wirtschaftlichen Straßenunterhaltung erfolgt die betriebliche Unterhaltung im Enzkreis entsprechend dem Leistungsheft für den Straßenbetriebsdienst für Bundesfernstraßen und Landesstraßen. Die hier definierten Standards für die Leistungserbringung garantieren eine effektive und effiziente Umsetzung. 

Dabei ist die Festlegung von Grünpflegestandards stets ein Balanceakt zwischen der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit, der Wirtschaftlichkeit des Eingriffs und ökologischen Belangen. Denn Grünstreifen an Straßen mit Gehölzbeständen leisten immer auch einen wichtigen ökologischen Beitrag für den Artenschutz, für die Vernetzung von Biotopen und zur Erhaltung und Sicherung der Biodiversität. 

Bei Straßen mit hoher Verkehrsbelastung bilden wir aus Verkehrssicherheitsgründen und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit generell größere Pflegeabschnitte. Daher kann es vorkommen, dass eine Grünpflegemaßnahme länger zurückliegt und sich entsprechender Aufwuchs eingestellt hat. Wird dieser dann  entfernt, wird dies in der Öffentlichkeit häufig als drastischer wahrgenommen. 

Dennoch werden in diesen Bereichen oft kleinere Gehölzgruppen, Einzelgehölze bzw. angrenzende, rückversetzte Pflanzungen stehen gelassen, sofern diese standsicher und gesund sind und keine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Gehölze im Pflegeabschnitt rasch von dem Eingriff erholen, auch wenn dieser auf den ersten Blick rigoros erscheint.

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