Glücksfall für Lienzingen




Nachwuchs-Werbung unter angehenden Ärzten, eine Aktion des Enzkreises und der Stadt Pforzheim

Nun hat sich doch eine Lösung für die hausärztliche Versorgung von Lienzingen gefunden - sogar ohne die Stadt. Katja Riegel hatte vor Weihnachten angekündigt, ihre Praxis in Lienzingen zum 31. März 2017 aufgrund zu hoher Mehrfachbelastung zu schließen, ohne - trotz intensiver Suche - einen Nachfolger gefunden zu haben. Doch jetzt gibt die Medizinerin Entwarnung: Sie wird den Lienzingern erhalten bleiben. „Mit dem Praxisverbund Bubeck aus Vaihingen habe ich Ärzte gefunden, die meine Praxis zur Filialpraxis machen“, zitiert heute das Mühlacker Tagblatt die Medizinerin. Sie werde künftig voraussichtlich halbtags tätig sein, ein Kollege/eine Kollegin aus dem Verbund die anderen Dienstzeiten abdecken. 



Wir alle können froh sein. Für unseren Stadtteil ist das ein Glücksfall. Allerdings wird uns das Problem Hausärztemangel, auf die Gesamtstadt bezogen, zunehmend ereilen - rascher als befürchtet. Noch vor drei Jahren sagten Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Sozial- und Kulturausschuss (SKA) des Kreistags, die Versorgung in Mühlacker sei gut. Wir haben nun 2016: So schnell kann sich die Lage verschlechtern. Im Oktober 2013 hieß es von der KV im SKA, bei Hausärzten im Enzkreis sei sogar eine Sättigung erreicht, sodass es für neue Praxen keine Genehmigung gebe. Lediglich Übernahmen bestehender Praxen, wenn etwa der bisherige Inhaber altersbedingt aufhöre, seien möglich. Dass solche Nachfolgeregelungen aber nicht immer greifen, dazu zog ich damals ein Beispiel aus Ötisheim heran, was der Maulbronner Arzt und Kreisratskollege Till Neugebauer nur bestätigen konnte. Da stünden die Patienten vor dem Problem, sich über Nacht einen neuen Arzt suchen zu müssen. Der KV-Vertreter wie auch Neugebauer appellierten seinerzeit an die Bürgermeister im Gremium, mit der Ärzteschaft ein unterstützendes Verhältnis zu pflegen. 

Als sich vor Weihnachten abzeichnete, dass Lienzingen möglicherweise ohne Hausarzt im Stadtteil auskommen muss, war klar, dass der Hausärztemangel jetzt auch Mühlacker erreicht hat:


  • Die Ärztin in Lienzingen gibt voraussichtlich zum 31.3.2017 auf, ohne bis dato einen Praxisnachfolger zu finden

  • Eine Ärztin in Enzberg schließt die Praxis, wohl auch ohne Nachfolger 

  • Hausärzte in der Kernstadt nehmen zumindest teilweise keine neuen Patienten mehr auf, weil sie schon jetzt an Kapazitätsgrenzen stoßen.


Vor allem ältere und nicht mehr so mobile Lienzinger plagten große Sorgen um die künftige hausärztliche Versorgung des Stadtteils. Sie forderten, dass die Stadtverwaltung bei der Suche nach Praxisnachfolgern aktiv mitwirkt. Zwar kann die Stadt keine Nachfolger aus dem Hut zaubern, aber sie vermag etwa unterstützende Anzeigen in den Fachblättern schalten mit dem Angebot, zum Beispiel bei der Wohnungssuche behilflich zu sein, um ein Beispiel zu nennen. Sie sollte auch die Möglichkeit des Kaufs von Ärztesitzen prüfen – auch eine Überlegung der Enzkreis-Kliniken.

Nun, jetzt ist das Problem für Lienzingen abgewendet. Aber es ist klar: Der Hausärztmangel wird auch in unserer Stadt zunehmend zu einem kommunalpolitischen Thema. So schrieb mir gestern ein Mitbürger: "Für mich ist die Lösung des sich abzeichnenden Allgemeinärztemangels weit wichtiger als der Neubau einer Kulturhalle oder die Schaffung neuer Gewerbeflächen."

Der Enzkreis hatte das Thema Mitte 2014 bei seiner zweiten Gesundheitskonferenz aufgegriffen. Der Arbeitskreis hausärztliche Versorgung gründete sich dort mit dem Thema "Hausärztliche Versorgung - Prognosen und Lösungsansätze". Mitglieder sind Vertreter der Ärzteschaft, der Krankenkassen, der Politik, der stationären Pflege und der Verwaltung. Ziel ist es, die gute Versorgungsstruktur für die Zukunft zu sichern und gegebenenfalls Strategien zu entwickeln, einer möglichen Verschlechterung entgegen zu wirken. Ein Ergebnis: Schon bei den Medizinstudenten für eine Niederlassung als Allgemeinarzt im Enzkreis zu werben. Das Projekt hat einen Namen:  docs4pfenz. Allerdings ist es langfristig angelegt. Im Ernstfall braucht es schnellere Lösungen. Aber das wissen alle. 

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