Projekt(vor)geschichte in neun Akten




Modernisierung des Bahnhofs Mühlacker.

Dem Wetter gleich herrschte heute eitel Sonnenschein beim symbolischen Start zur Runde zwei der Modernisierung des Bahnhofes Mühlacker. Kein Wort zu den Beschwernissen des bisherigen Weges. Links des Abgangs zur Unterführung warteten ein überschaubarer Sandhaufen und acht Spaten auf den kurzen Arbeitseinsatz der Vertreter von Bahn, Bund, Land und Stadt. Nachdem der erste Teil des Umbaus des Bahnhofs mit Inbetriebnahme der drei Aufzüge bereits im Dezember 2014 abgeschlossen wurde, werden jetzt die Bahnsteige an den Gleisen 1, 2/3, 5 und 50 mit einer Höhe von 55 Zentimetern neu gebaut. So beschreibt die Deutsche Bahn das Projekt.

Die zukünftige Bahnsteighöhe erleichtert Reisenden mit eingeschränkter Mobilität, aber auch Eltern mit Kinderwagen oder Passagieren mit Gepäck das Ein- und Aussteigen. Sehbehinderte finden über taktile Leitstreifen und Gleisbezeichnungen in Brailleschrift an den Handläufen der Treppen den Weg zu und von den Zügen. Zusätzlich erhalten die  Bahnsteige ein frisches Outfit, unter anderem durch neue Sitzbänke, Abfallbehälter, Vitrinen, Wegeleitsystem und Lautsprecher.  Auf dem Plan, der nun umgesetzt wird, steht ebenso die Erhöhung der Bahnsteigdächer auf den Mittelbahnsteigen Gleise 2/3 und 4/5. Ein weiteres Bonbon hält die Bahn parat:  Die Bahnsteigunterführung wird im gleichen Zug optisch aufgewertet. Die Gesamtkosten einschließlich Aufzüge: 6,5 Millionen Euro, davon 500.000 Euro vom Land und 1,3 Millionen Euro von der Stadt Mühlacker. Die kommunale Beteiligung war im Gemeinderat umstritten - ich habe sie immer unterstützt, weil sonst nichts geschehen wäre.

Was bisher ablief.

Ein Vorhaben, das die Bahn nicht beschwingt auf die Schiene stellte. Zeitweise holperte es ganz gewaltig. 

Weil ich schon seit vielen Jahren zu kommunalpolitischen Themen blogge, schaute ich nach dem heutigen offiziellen Starttermin, was sich in meinem Blog an Stationen des Projekts finden lässt. Denn alles lief nicht so reibungslos wie man nach den heutigen Reden hätte meinen können. Denn eigentlich hätten die Arbeiten schon längst abgeschlossen sein müssen – so ums Jahr 2013 - und nicht, wie heute angekündigt, erst im zweiten Halbjahr 2018. Zwischendurch schien der Bahnhof Mühlacker quasi verlorengegangen zu sein. Ich liste einfach mal auf und beginne mit dem frühestens Blogeintrag zum Thema. Neun Beiträge, quasi eine Projekt(vor)geschichte in neun Akten. Begonnen vor mehr als acht Jahren.

9. September 2008 DER BAHNHOF MUSS ENDLICH BARRIEREFREI WERDEN: Sollen wir uns als Stadt an den Kosten beteiligen, die der Bahn AG entstehen, wenn sie den Bahnhof Mühlacker barrierefrei umbaut? Der Gemeinderat hat heute Abend mit 20 Stimmen bei neun Gegenvoten und drei Enthaltungen beschlossen, die grundsätzliche Bereitschaft dazu zu erklären. Ich habe dafür geworben, dem Vorschlag von Bürgermeister Wilfried Abicht zuzustimmen, unseren finanziellen Part anzunehmen.

11. Februar 2009 BARRIEREFREIER BAHNHOF MÜHLACKER - UMBAU 2011/2012: Gespräch des Ältestenrates des Regionalverbandes Nordschwarzwald mit Verkehrsstaatssekretär Rudolf Köberle (CDU) im Innenministerium Baden-Württemberg. Der seit Jahren immer wieder von der Bahn AG versprochene barrierefreie Umbau und die Sanierung des Bahnhofes Mühlacker kostet fünf Millionen Euro, in die sich Bahn, Land und Stadt teilen.



Symbolischer Spatenstich: Von links Dr. Andreas Honikel-Günther, Referatsleiter ÖPNV, Verkehrsministerium Baden-Württemberg, Mdl Stefanie Seemann, MdB Gunther Krichbaum, Frank Schneider, Oberbürgermeister der Stadt Mühlacker, Michael Groh, Leiter Regionalbereich Südwest, DB Station&Service AG, MdB Katja Mast, MdL Erik Schweickert. Foto Bächle

6. Mai 2009 WANN KOMMT DER BARRIEREFREIE BAHNHOF MÜHLACKER?
Ist der Mühlacker Bahnhof bei der Vergabe der Mittel zu Bahnhofssanierungen neben runtergefallen? Zumindest, als der Kuchen aus dem Konjunkturprogramm des Bundes von der Bahn AG verteilt wurde. Außer bessere Informationssysteme in Enzberg und an der Haltestelle Rösslesweg ist nichts drin. Oder kommt dieses Projekt durch ein anderes Programm, nämlich das gemeinsame von Land und Bahn?

8. Mai 2009 BAHNHOF MÜHLACKER - NUR EIN ÜBERTRAGUNGSFEHLER? Als die Deutsche Bahn vor zwei Wochen die Sanierungs-Maßnahmen an Bahnhöfen in Baden-Württemberg vorstellte, die mit Geldern aus dem Konjunkturpaket und dem Bahnhofsanierungsprogramm finanziert werden sollen, war die Enttäuschung in Mühlacker groß: Entgegen früherer Signale fehlte der barrierefreie Ausbau des Bahnhofs Mühlacker in beiden Programmen. Dies war für den Bundestagsabgeordneten für den Enzkreis und Pforzheim, Gunther Krichbaum, Grund, bei der Bahn erneut Druck zu machen. Heute kam, wie er in einer Pressemitteilung mitteilte, telefonisch Entwarnung: Auch Mühlacker ist im Bahnhofssanierungsprogramm enthalten!  „Die Bahn hat sich bei mir entschuldigt. Die Tatsache, dass Mühlacker in der Liste fehlte, war nur ein Übertragungsfehler. Mühlacker ist im Sanierungsprogramm, das insgesamt bis 2018 abgearbeitet werden soll, enthalten!“

15. Mai 2009 MÜHLACKERS BAHNHOF IST DOCH DABEI: Erfreuliche Nachricht aus Stuttgart: Mühlackers Bahnhof ist doch dabei! Heute haben in Stuttgart die Deutsche Bahn und das Land Baden-Württemberg die Rahmenvereinbarung für das Bahnhofsmodernisierungsprogramm unterzeichnet.

1. Februar 2012 BAHN DARF NICHT WORTBRÜCHIG WERDEN - UMBAU-ZEITPLAN EINHALTEN! Was ist eine Zusage der Bahn AG wert? Manchmal wenig oder nichts. Denn das zeigt sich jetzt bei den geplanten Umbauarbeiten am Bahnhof Mühlacker. Stadtverwaltung und Gemeinderat sind aus allen Wolken gefallen, als OB Frank Schneider mitteilen musste, dass die Erneuerungsarbeiten erst im Jahr 2016 abgeschlossen werden sollen. Während der kleinen Gartenschau 2015 wäre der Bahnhof eine Baustelle. Dabei gab es feste Zusagen: Der Leiter der DB Station & Service AG für Baden-Württemberg, Sven Hantel, hatte vor dem Planungsausschuss des Regionalverbandes Nordschwarzwald im Juni 2009 in Bad Liebenzell - auch auf meine Nachfrage hin - fest zugesagt, von 2010 bis 2012 sei der Umbau des Bahnhofs Pforzheim an der Reihe, dann folge 2012/13 der des Bahnhofs Mühlacker.

20. Februar 2012 VERSPÄTUNG: Neues von der Bahn AG zum Bahnhof Mühlacker. Der Konzernbevollmächtigte für Baden-Württemberg, Eckart Fricke, antwortete dem Bundestagsabgeordneten Gunther Krichbaum. Zumindest bestreitet Fricke nicht den Terminplan, den die Bahn AG im November 2010 der Stadt Mühlacker für den Umbau zu einem barrierefreien Bahnhof, verbunden mit der Erhöhung der Bahnsteige, vorgelegt hat. Die darin vorgestellten Maßnahmen basierten zu diesem Zeitpunkt allerdings auf einem durchschnittlichen Regelablauf und waren als erster Anhaltspunkt vor dem eigentlichen Projektstart zu verstehen, schreibt Fricke. Zugesagt waren 2012/13.

21. Juli 2013 BAHN-BASHING:  Ist es wirklich Erpressung, wenn die Bahn AG eine städtische Beteiligung an den Kosten für einen barrierefreien Umbau des Bahnhofes Mühlacker einfordert? Beim Bahn-Bashing sind manche Mühlacker Stadträte rasch dabei. Ob Frust abgeladen wird über die Niederlage im Streit um Stuttgart 21 oder es nur die Lust am Schimpfen über den Konzern ist? Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem.

1. Dezember 2013 TERMINPLAN FÜR BAHNHOFUMBAU BESTÄTIGT: Wie steht es nun aus mit dem Umbau der Bahnsteige, zu denen die Stadt gut eine Million Euro beisteuert? Auch hier bestätigte er den bekannten Terminplan: Beginn der Umbauarbeiten nach der Gartenschau im Jahr 2016. Dauer: bis 2018.

Na, zumindest der jüngste Terminplan soll nun eingehalten werden. Und sozusagen ein Bahnhof, mit dem einen großen Bahnhof machen kann. Der auch in der Tradition der 150-jährigen Bahngeschichte unserer Stadt steht.


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