Lienzingens Dorfkern einzigartig



Die Denkmalpfleger Keller (links) und Dr. Laun beim Rundgang, hier in der Kirchenburggasse


Gleich drei Mitarbeiter des Denkmalreferats beim Regierungspräsidium Karlsruhe hatten heute nur ein Ziel: Lienzingen. Am Tag des offenen Denkmals boten sie Führungen durch den historischen Ortskern, die Kirchenburg und die Frauenkirche an. Und standen damit in Konkurrenz zu Führungen auf der Burg Löffelstelz und in einer alten Schreinerei in Mühlacker, zu dem 1928/30 gedrehten Film über den Senderbau in Mühlacker - gezeigt im großen Sitzungsaal des Rathauses Mühlacker - sowie der Villa Rustica in Enzberg. Ganz zu schweigen vom Straßenfest. Ich entschied mich zuerst für den Ortsrundgang mit den beiden Denkmalpflegern Daniel Keller und Dr. Rainer Laun durch Lienzingen und danach für den Senderfilm im Rathaus. 
Vor dem Hintergrund der Überlegungen des Regierungspräsidiums, den Ortskern von Lienzingen als Etterdorf auszuweisen und mit einer Gestaltungssatzung auf eine Stufe mit den historischen Stadtkernen von Heidelberg, Freiburg, Ravensburg und Konstanz zu stellen, war der Ortsrundgang wichtig. Auch wenn am 18. Oktober erst die Bürgerversammlung dazu in Lienzingen stattfindet, wurde heute doch deutlich, weshalb das Denkmalamt den besonderen Schutzbedarf von Alt-Lienzingen sieht. Lienzingens Dorfkern ist einzigartig. Experten ermittelten nicht nur eine Vielzahl von denkmalgeschützten Häusern und Scheunen, sondern auch den einzigartigen Konservierungsgrad. Lienzingen wäre das erste Dorf, das im Regierungsbezirk als dörfliche Gesamtanlage geschützt wäre. Keller und Laun klammerten den Etterdorf-Plan zwar aus, lieferten aber Argumente für ihn.
Es war 600 Jahre Lienzinger Baugeschichte geballt in einer Stunde und das bei sengender Sonne. Die Feinheiten der Fachwerkgebäude, die Ständerbauweise des Mittelalters, Holz als Baustoff (kostete weniger als Steine), verzierte Holzkonstruktionen, fränkische Hofanlagen, der Scheunengürtel nach Westen und Nordwesten hin mit dem Etter als Grenze, die Landwirtschaft und der Weinbau. Der Ort blieb ein geschlossenes Haufendorf mit einem ovalen, klar ablesbaren Grundriss. Im 13. und 14. Jahrhundert war der Ort nach Norden erweitert worden - Gebäude, die heute vor allem an der Herzenbühlgasse stehen und Zeugnisse des Hochmittelalters sind. Erster Schwerpunkt der Siedlung war nordöstlich der Kirche etwa bis zur heutigen Knittlinger Straße, der ehemaligen Römerstraße. Lienzingen besaß bis ins 18. Jahrhundert Marktrechte, was bisher kaum bekannt war. 2000 Jahre Siedlungsgeschichte an Schmiebach und Scherbentalbach bergen viele Details. 1692 legte der französische Generel de Melac mit seinen Truppen einen Teil des Ortes in Schutt und Asche - es war eine geringere Fläche betroffen als wir noch in der Schule lernten. Abgebrannt war auch das alte Rathaus, das an der Ecke heute Knittlinger Straße/Kirchenburggasse stand. 

Wichtig ist, diese Denkmale zu erhalten. Wer sein Haus liebt, lebt auch mit den übernommenen Zuschnitten, meinte Laun. Die Ausweisung des Ortskerns von Lienzingen als Sanierungsgebiet durchs Land fördert finanziell zusammen mit der Stadt die Erhaltung und Modernisierung gerade von Gebäuden. Liebhaber von Fachwerkhäusern gibt es etliche in Lienzingen, die sich bewusst für diese Gebäude entschieden haben. So nahm auch ein Ehepaar aus Pforzheim an dem Rundgang teil, das 2008 ein betagtes Haus in der Herzenbühlgasse erworben hat und dieses seitdem herrichtet - es ist eines der gelungenen Beispiele für die Sanieruing des historischen Bestandes.  



Station in der Knittlinger Straße




Der Scheunengürtel und die Gärten bis zum Etter hin




Gelungene Sanierung in der Herzenbühlgasse


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