Mappus-Bonus: Wäre Mühlacker doch überall



Stefan Mappus. Bild: CDU

Wir müssen uns jetzt in Deutschland an eine neue Variante der politischen Farbenlehre gewöhnen: an Grün-Rot und nicht mehr nur an Rot-Grün. Doch Mühlacker ist nicht Baden-Württemberg. Bei der gestrigen Landtagswahl kam die SPD hier mit 26,6 Prozent auf den zweiten Platz, rangierte damit deutlich vor den Grünen (17,3 Prozent). Doch Schwarz-Gelb war stärker als Rot-Grün: 40,9 Prozent für die CDU, 6,5 Prozent für die FDP. Also: Wäre Mühlacker doch überall, bliebe Stefan Mappus Ministerpräsident. Die Ergebnisse der CDU in Mühlacker und seinen Stadtteilen zeigen: Es gab einen Mappus-Bonus. Die absolute Mehrheit in Enzberg, dem Heimatort des Regierungschefs, ist das beste Indiz dafür. Demnach: Das Plus ist kein Verdienst der aktuellen Unionsbewerberin. Aber auch in zahlreichen anderen Enzkreis-Kommunen zeigte die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler, dass sie Mappus weiterhin als Regierungschef wollten und deshalb die CDU stärkten.

Beim Stimmenauszählen in der Grundschule Lienzingen hatte ich gestern Abend schon das Gefühl, dass wir gegen den landesweiten Trend gewählt haben. Gerade wiesen die Prognosen der ARD 38 Prozent für die Union aus, da wuchs der Stapel mit jenen Stimmzetteln, auf denen die Union angekreuzt war, immer weiter an: Letztlich waren es 46,4 Prozent. Also: Tolle Resultate für die Union. Selbst die 39 Prozent auf Landesebene sind bei erschwerten politischen Verhältnissen - nach der Atomkatastrophe in Japan - passabel, wenn auch nicht ausreichend. Es spielt sich eine Zweiteilung ab: Die Musik von SPD und Grünen spielt besonders in den großen Städten, die der CDU mehr in den kleineren Städten und auf dem Land. Typisch dafür ist die Region Nordschwarzwald mit den Kreisen Enz, Calw und Freudenstadt sowie Pforzheim. Hier ist kein einziger Kandidat der künftigen Regierungsparteien gewählt worden (wenn sie die Koalition tatsächlich unter Dach und Fach bringen). Alle Parlamentarier sitzen künftig auf den Oppositionsbänken. Diese Zweiteilung ist neu und nicht unproblematisch.

Nun: Zur Demokratie gehört der Wechsel, auch wenn ich Stefan Mappus den Sieg vergönnt hätte. Aber nun werden die Grünen bejubelt. Erinnern wir uns an die FDP nach der Bundestagswahl 2009: Sie konnte vor Kraft kaum laufen. Und jetzt? Mit Müh' und Not wieder in den Landtag gekommen. Und die Grünen? Im politischen Alltag werden auch sie wieder auf Normalmaß schrumpfen, zum Beispiel wenn sich die Hoffnungen der Stuttgart-21-Gegner nicht erfüllen. Ein Tag nach der baden-württembergischen Zeitenwende zeichnen sich erste Konflikte ab. Wann kommt der Katzenjammer? Aber die neue Koalition sollte ihre Chance bekommen, wenn die Union schon am Wahlabend die Oppositionsrolle annimmt, obwohl bei 39 Prozent auch der Anspruch aufs Ministerpräsidentenamt denkbar, wenn auch wenig aussichtsreich gewesen wäre.

Glück hat jedenfalls Winfried Kretschmann. Der voraussichtlich neue Ministerpräsident ist 62 und soll trotzdem ein neues Amt bekommen. Bei der CDU im Enzkreis hätte er nicht einmal die Chance auf eine Landtagskandidatur gehabt - da bedeuteten nicht wenige in der Kreis-Union mir, mit 60 am Wahltag schon zu alt zu sein. Deshalb kann ich mir ein gewisses Grinsen seit gestern nicht verkneifen. Ein 62-Jähriger als Nachfolger eines 45-Jährigen - und dabei sollen Jüngere angeblich die Zukunft der Union sein.

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