Zuwenig Fachlichkeit, zuviel Ideologie - Debatte um Luftschadstoffe
Da brach Heiterkeit aus: Im Kölner Dom schnellt schon mal der Stickoxid-Wert auf rund 200 Mikrogramm pro Kubikmeter herauf - wenn viele der Opferkerzen gleichzeitig brennen. Eines der Beispiele, die Martin Hetzel an diesem Sonntag im Pavillon der Musikschule Gutmann am Philip-Bauer-Weg in Mühlacker bringt, um die Fragwürdigkeit mancher Regelungen zu verdeutlichen. Brauchen wir nun Grenzwerte auch für Kerzen? Denn für Straßen liegt der zulässige Grenzwert für Straßen bei (NO2) 40 µg/m³ im Jahresmittel. Der promovierte und habilitierte Lungenfacharzt spricht in seiner alten Heimat beim Neujahrsempfang von CDU und Junger Union Mühlacker. Hetzel wuchs in Mühlhausen an der Enz auf, machte im selben Jahr wie der jetzige OB Frank Schneider neben diesem am Theodor-Heuss-Gymnasium (THG) in Mühlacker das Abitur, studierte dann Medizin, ist jetzt Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Internistische Intensivmedizin, Beatmungsmedizin und Allgemeine Innere Medizin, am Krankenhaus vom Roten Kreuz in Stuttgart.
Im Saal sitzt mit Karl Weißert einer seiner ehemaligen Lehrer, mit dem früheren Ministerpräsidenten und Ex-Enzberger Stefan Mappus der Klassenkamerad von Martin Hetzels um vier Jahre jüngeren Bruder Jürgen, der auch Arzt geworden ist. Und ich, der den Sohn meines früheren Fraktionskollegen im Gemeinderat, Friedrich Hetzel (87) durch die gute Zusammenarbeit und Freundschaft mit seinem Vater her kennt und die Fäden für diesen sonntäglichen Auftritt geknüpft hat. Und irgendwie beschäftigt uns alle vier das Thema, über das der 57-Jährige gut 45 Minuten lang vor den rund 100 Besuchern spricht. Denn der OB - damals noch als Stadtrat - und ich standen vor Jahren der Ausweisung einer Umweltzone durchs Regierungspräsidium Karlsruhe in Mühlackers Innenstadt kritisch gegenüber, wogegen seinerzeit Mappus' Nachfolgerin als Umweltminister, Tanja Gönner (CDU) dieses Instrument zur Einhaltung der entsprechenden Vorgaben der Europäischen Union verteidigte.
An Arbeitsplätzen höhere Grenzwerte
Spannend, unaufgeregt, sachlich, fachkundig, mit einer Portion Humor und dezenter Ironie beleuchtet Martin Hetzel die Grenzwerte, von denen er offen sagt, sowohl die festgelegten Stickoxid-Grenzwerte als auch die daraufhin verhängten Dieselfahrverbote seien wissenschaftlich nicht begründbar. Niemand könne so recht sagen, wie sie zustande gekommen seien, an Arbeitsplätzen gebe es keine oder Regelungen mit deutlich höheren Grenzwerten. "Feinstaubalarm ist eine Wettervorhersage, denn Alarm ist die falsche Botschaft." Er vermisst die Verhältnismäßigkeit von erzielbarem Nutzen zum Aufwand, dies sei bei Fahrverboten nicht gegeben. Dieselfahrverbote seien als Vorsorgemaßnahmen wissenschaftlich nicht begründbar. Die Deutung der Ergebnisse epidemiologischer Studien zu Stickoxid und Feinstaub (PM10) nennt der Mediziner "hochgradig verzerrt und ideologisch geprägt".