Klausur oder Das gute Miteinander

Konstruktive Klausurtagung des Gemeinderats Mühlacker gestern im Ratssaal: Bürgermeister Winfried Abicht informierte heute die Öffentlichkeit. Eine von der Verwaltung gut vorbereitete Sitzung, die das erreichte, was eigentlich eine Klausur ist: Gemeinsam die beste Lösung für drängende Probleme unserer Stadt zu suchen. Ein gutes Miteinander. Darin waren wir uns in der Bewertung des Ablaufs einig.

Heute sind die ersten Stolpersteine verlegt worden

Erinnerung an Alfred, Marianne und Laura Emrich


Platz für die Erinnerung: Heute sind vor der früheren Villa Emrich am Schulerweg 1 die ersten drei Stolpersteine von dem Künstler Gunter Demnig verlegt worden. Sie erinnern an die in Auschwitz von den Nazis ermorderte jüdische Familie Emrich. Eine Aktion des Historisch-archäologischen Vereins Mühlacker mit Unterstützung des Archivs sowie des Tiefbauamtes der Stadt Mühlacker.


Künstler Gunter Demnig vor der früheren Villa Emrich


Zwei weitere Stationen folgten: Vor dem Gebäude Schillerstraße 11 erinnern sieben Stolpersteine an die Familie Hettler, die 1942/43 wegen der Verfolgung durch die Nazis die Flucht in den Tod wählte, sowie an Ernst Berties, am 18. Februar 1945 in Dachau ermordet, und vor dem Gebäude Steigstraße 9: Hier wohnte der in Auschwitz umgebrachte Theodor Slepoj.

Emrich, Alfred: geboren 1876 in Pforzheim, wohnhaft in Mühlacker, 1943 deportiert nach Auschwitz. Emrich, Laura, geborene Horkheimer: geboren 1885 in Frankfurt, wohnhaft in Mühlacker, 1942 deportiert nach Auschwitz. Emrich, Marianne: geboren 1915 in Frankfurt, wohnhaft in Mühlacker, 1942 deportiert nach Auschwitz.

Drei Mühlacker Schicksale, die beispielhaft stehen für weitere Menschen, gleich ob Juden, politisch Andersdenkende oder Angehörige weiterer Opfergruppen. Doch während der aus Pforzheim stammende Schmuckfabrikant und seine Familie im öffentlichen Gedächtnis präsent geblieben sind, droht vielen anderen Opfern das schleichende Vergessen. Dagegen möchten die Mitglieder des HAV im zehnten Jahr des Bestehens ihres Vereins etwas unternehmen, heißt es in der Begründung des Vereins zu dieser Aktion, die heute den Auftakt hatte und die im nächsten Jahr fortgesetzt werden soll. HAV und Stadtarchivarin Marlis Lippik suchen vor allem Hinweise auf Spuren von verfolgten Menschen auch in den Stadtteilen.

An die Geschichte der Familie Emrich wurde in dem 1980 erschienenen Buch "Eine Stadt wird braun" auf Seite 151 erinnert: Für den jüdischen Industriellen Emrich und seine Familie, die mit ihm in Auschwitz starb, oder für Ernst Berties, den führenden Kommunisten des Ortes, der 1945 in Dachau seine Gesinnung mit dem Leben bezahlen musste, gibt es jedoch keine Mahnmale. Diese Einwohner Mühlackers starben als Nummern, die ihnen eintätowiert waren. In Ihrer Heimatstadt sind sie noch heute namenlos. Das gab den Anstoß für Initiativen im Gemeinderat, eine Straße nach Alfred Emrich zu benennen (SPD-Fraktion im Mai 1983, CDU-Fraktion). Bald darauf erinnerte eine Gedenktafel am Uhlandbau an Emrich, der das Gebäude der Stadt geschenkt hatte. Mit dem Wohngebiet Goldshalde, entstanden in den achtziger und neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts, gab es dann auch die Alfred-Emrich-Straße sowie die Ascher-Straße, die an den von den Nazis verfolgten Pädagogen Fritzmartin Ascher erinnert, der nach 1945 zeitweise Bürgermeister der Stadt Mühlacker war.

In diese Erinnerungsarbeit reiht sich nun der HAV mit der Aktion Stolpersteine ein, die Unterstützung verdient hat. Es ist gleichzeitig Anstoß, die Geschichte weiterer Opfer der Naziherrschaft in Mühlacker aufzuarbeiten und auch für künftige Generationen zu bewahren - als Erinnerung und Mahnung zugleich.