Ein Schmuckstück ist das neue Rat- und Bürgerhaus im Stadtteil
Großglattbach geworden.
Rund 1,2 Millionen Euro kostete die Sanierung des 1821 errichteten alten Schulhauses. Mehr als 700.000 Euro steuerten Land und Bund bei. Mit der heutigen Einweihung endete nicht nur eine eineinhalbjährige Bauzeit, sondern eine fünf Jahre lange Diskussion um die Zukunft von Ritterweg 21. Heute ist das letzte Kapitel einer zunächst unendlich erschienenen Geschichte abgeschlossen worden. Unser mit mehr als 1300 Einwohnern zweitkleinster Stadtteil erhielt ein Begegnungszentrum für die Bürgerschaft. Zusammen mit der Peterskirche und der neuen Schule an einem kleinen Platz, eingerahmt durch alte Bäume entlang der Mauer, entwickelte sich ein zentraler Treffpunkt, der nicht nur heimelig wirkt, sondern auch einen wunderbaren Blick auf das unten liegende Dorf erlaubt. Ein Pluspunkt für Großglattbach. Heute fielen denn auch die Kommentare der "Glabbicher" positiv aus. Sie freuten sich über das gelungene Werk, auch wenn der eine oder andere bedauerte, dass das Fachwerk aus Gründen der Energieeinsparung und der Kosten unter Putz liegt. Aber das ziegelrote Dach und die weinroten Fensterläden geben dem Gebäude die ausgleichende farbliche Note.
In einem der beiden Räume im Erdgeschoss haben Vereine (Liederkranz, Obst- und Gartenbauverein, VdK und Seniorenklub) ihren Treffpunkt, auf der anderen Seite des Ganges kamen die Kernzeitbetreuung der Grundschule und eine kleine Küche unter. Das erste Obergeschoss teilen sich die Verwaltungsaußenstelle und die Kinderbücherei sowie eine Wohnung, die noch vermietet wird. Mit dem Umzug von Verwaltungsaußenstelle und Kinderbücherei vom alten Rathaus, das verkauft werden soll, in das alte Schulhaus ergibt sich nun eine gemeinsame öffentliche Nutzung, die die um gut 200.000 Euro höher ausgefallen Sanierungskosten rechtfertigt. Bei allen bisherigen Entscheidungen stand für mich immer der Erhalt eines der zentralen Gebäude des Dorfes, an dem das Herz der Großglattbacher hängt, im Vordergrund.
Auch Stadtteile haben ein Anrecht darauf, dass ihre historische Substanz gesichert und nicht verscherbelt wird.
Dabei war die Geschichte dieser Sanierung nicht einfach. Selbst als die Arbeiten schon begonnen hatten, wackelte das Projekt nochmals. Denn bei den Arbeiten zeigte sich, dass vor allem die Schäden am Holz weitaus größer waren als ursprünglich gedacht. Der Gemeinderat stieg damals über das Gerüst bis unters Dach hoch, Architekt Hans Fauth erläuterte den Umfang der Schäden und manche Stadträte rangen heftig mit sich, ob es nicht lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende geben sollte. Die Stadtverwaltung hatten da schon einen Baustopp verhängt. Doch dann fiel die Entscheidung am 14. Juli 2009 in öffentlicher Sitzung mit 24 Ja- und zwei Nein-Stimmen bei neun Enthaltungen, die Arbeiten fortzusetzen, was sich als richtig herausstellte. Die Zuschüsse des Landes halfen dem Entscheidungsprozess nach. Damals war von 1,24 Millionen Euro Kosten
die Rede. Dass zwischendurch im Rat wegen angeblich 1,4 Millionen Euro Aufwand Stimmung gegen das Projekt gemacht wurde, sollte wohl einen negativen Touch auslösen nach dem Motto "Wir haben immer schon gewarnt...". Die 1,4 Millionen, mit denen auch Verwaltungsvertreter in Gesprächen operierten, finden sich in keiner Sitzungsvorlage.
Es war beileibe nicht die erste kritische Situation für das alte Schulhaus. Ursprünglich überlegte die Stadtverwaltung 2004, das Gebäude an einen Privatmann für einen symbolischen Euro zu verkaufen mit der Verpflichtung, das Haus zu sanieren. Auch wenn es darüber nie einen Entscheidung des Gemeinderats gab, rebellierten die Großglattbacher: Sie wollten das alte Schulhaus weiterhin in städtischem Eigentum haben.
Lange zog sich die Debatte hin. Großglattbacher sammelten Unterschriften, bei einer Bürgerversammlung am 17. März 2005 platzte die TSV-Halle aus allen Nähten (
nur der damalige OB Schütterle fehlte und ließ sich durch Bürgermeister Pisch vertreten), die Stimmung war gereizt, die von Fauth auf rund eine Million Euro geschätzten Sanierungskosten wurden heftig in Abrede gestellt (
sie seien absichtlich überhöht, um nicht sanieren zu müssen), doch letztlich entschied sich der Gemeinderat am 21. Juni 2005 für eine Modernisierung auf Rechnung der Stadt. Damit sollte auch die Stimmung in dem Stadtteil beschwichtigt werden, weil inzwischen immer wieder der Ruf erklang, sich nach Wiernsheim umgemeinden zu lassen.
Großglattbacher fühlten sich als fünftes Rad am Wagen.
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