Sardinen und der Reichtum - Aus dem Bretonen-Land (4/10)

Beliebtes Fotomotiv: Pointe du Millier wie gemalt. Die Einfahrt zur Bucht Douarnenez
p>Ein bisschen Geschichte gefällig dank Google & Co? Die Erfindung der Konservendose brachte Douarnenez im 19. Jahrhundert den Wohlstand, weil sie den Verkauf von Fisch in entfernte Regionen erlaubte. Die wichtigste Rolle spielte hierbei die Sardine, auf deren Konserven es ein französisches Monopol gab. Mit

 

Vor dem Fischzug. Kutter im neuen Hafen mit Körben zum Krabbenfang

4560 eingetragenen gewerblichen Seeleuten (Fischerei und Handelsschifffahrt) bei einer Gesamtbevölkerung von ca. 15.000 Einwohnern im Jahr 1910 gab die auf See fahrende Bevölkerung den Lebensrhythmus in der Stadt vor. In den Jahren um 1920 öffnete sich der Sardinenhafen der saisonabhängigen Fischerei: Fang von Makrele, Thunfisch und von den fünfziger Jahren an der Languste. Der Fischereihafen florierte bis Ende der siebziger Jahre. Der Abschwung blieb nicht aus. Aber mit neuen Fischereitechniken, größeren Booten und dank des Umstandes, dass die Sardinenschwärme wieder die Küste aufsuchten, konnte sich die Fischereiindustrie erholen. Heute ist Douarnenez auf Platz sechs der wichtigsten Fischereihäfen Frankreichs. Sardinen aus der örtlichen Konservenfabrik sind auch das Hauptangebot in Souvenirläden an den Häfen - in verschiedenen Varianten, aber alle unter dem Markennamen Pointe de Penmarc’h. 

Die Marke für Fisch aus der Konservenfabrik in Douarnenez

Just im Hafen von Penmarc’h, einer durch den 65 Meter hohen Leuchtturm d’Eckmühl in Point Penmarc‘h bei Touristen beliebten Gemeinde, ist eine Fischereiflotte beheimatet. Sie gehört mit einem jährlichen Fang von etwa 14.000 Tonnen angeblich zu den bedeutendsten des Landes.

Le Port-musé

Douarnenez, mehr als 14.000 Einwohner, vier Häfen: Ein kleiner Streifzug im neuen Hafen mit seinen Hallen, von denen einige mit fassadenhohen Graffiti geschmückt sind, den Ankerplätzen für die Kutter, zwei Verkaufsstellen für Frischfisch, Souvenirläden, schreiende Möwen. Von Sardinen (die die Stadt einst reich machten), Fischerstolz, von Kutter, Tradition und aktuellem

Das Le Port-musée, größtes Schifffahrtsmuseum Frankreich

Marketing - die Stadt mit der teilweise am Berg liegenden Altstadt lebt ihre Tradition. Einen wichtigen Part spielt dabei das Open-air-Museum auf der anderen Seite der Stadt an der Place de L'Enfer. Die Geschichte der Einwohner von Douarnenez wird durch die Schiffe oder die Gegenstände des täglichen Lebens auf dem Gang durch die ständige Ausstellung an Land und in einem Raum zum Werdegang der Konserve wiedergegeben. Zusammen mit den Exponaten im Museumshafen gilt das Le Port-musée als größtes Schifffahrtsmuseum Frankreichs. Und es bietet ein Familienprogramm.  „Es ist eine Einladung zu einer Reise durch die maritimen Kulturen Europas, Asiens, Afrikas und Ozeaniens, an Bord von Arbeits- oder auch Freizeitschiffen“, heißt es im Flyer und tatsächlich: Besucher sollten Zeit mitbringen. Ausruhen können sie sich dann im Café beim Museum und darüber nachdenken, ob eines gelungen ist: „Lernen Sie den unbegrenzten Reichtum der Meereswelten kennen, ein Ineinandergreifen von Ideen, eine Fülle technischer Konzepte, das Meer als Nährmutter, das Leben an Bord und im Hafen.“

Öffnungszeiten: 10 -12.30 Uhr / 14 -18 Uhr – Montags geschlossen, außer in den französischen Schulferien "Sardinen und der Reichtum - Aus dem Bretonen-Land (4/10)" vollständig lesen

Ménez-Hom, der heilige Berg - Aus dem Bretonen-Land (3/10)

Beliebt: Der heilige Berg der Bretonen als Start- und Landeplatz für Gleitflieger.

Ménez-Hom, der heilige Berg der Bretonen, hat Symbolkraft für Breizh. Er ist unser erstes Ziel. Mit gewaltigem Rundumblick von 330 Meter aus, der höchsten Erhebung im Land der Bretonen, auf die Crozon-Halbinsel, die Buchten von Brest und Douarnenez sowie das Gebirgsmassiv der Monts d’Arrée. Eine schmale Straße führt bis auf wenige Meter von Süden her an den Berggipfel heran. Dort befindet sich ein steinerner Tisch.

Der Steinblock des Geografischen nationalen Instituts auf dem Ménez-Hom.

Ganz oben eine geschotterte, etwas unebene Aussichtsplattform mit dem „Tisch“, im rückwärtigen Bereich, einen Steinwurf entfernt, ein voluminöser Steinblock, bei dem nur noch ein Teil der eingemeißelten Schrift - darunter die Jahreszahl „1957“ - zu lesen ist und den Kinder gerne zum Klettern benutzen. Deutlich zu sehen ist dagegen ein angeschraubtes ovales Messingschild, angebracht durchs Nationale Institut für Geografie Frankreichs, versehen mit dem Hinweis auf das französische geodätische Netzwerk, weshalb Beschädigungen eine Straftat seien. Es ist wohl ein Punkt der Landesvermessung. Vor Jahren besprühten Bretonen mit Parolen gegen Paris den Stein, sie träumten vom eigenen Staat, untermauerten zeitweise ihre Autonomiebestrebungen mit Waffengewalt. Inzwischen herrscht Ruhe. 

Der Ménez-Hom ist ein erloschener Vulkan, der aus verwitterungsresistentem Quarzit besteht. Er ist der höchste Berg der Bretagne außerhalb des Gebirgsmassivs  der Monts d’Arrée und Bestandteil des Regionalen Naturparks Armoriqu. Der 1969 gegründete Naturpark umfasst eine Fläche von 112.000 Hektar, davon sind 60.000 Hektar Meeresfläche. 39 Gemeinden bilden den Park. Inzwischen ist der Berg auch von Menschen entdeckt worden, die eine leise Sportart betreiben: Wenn das Wetter passt, herrscht buntes Treiben über und um den ehemals heiligen Berg, denn er ist heute ein beliebtes Ziel für Gleitschirmflieger

Seit Jahren fühlen sich auch die Flugmodell-Hobbyisten dort zuhause. Der Ménez-Hom bietet ihnen verschiedene Hänge für Start und Landung in fünf Himmelsrichtungen. Öfters können Besucher des Berges ihnen und ihren Modellen zuschauen, so gestern. Fliegen mit Blick auf den Atlantik findet die Gruppe höchst attraktiv. 

Um Berg mit dem eher kahlen Kopf ranken sich keltische Sagen. Der legendäre König Marc’h von Cornouailles (dessen Name das bretonische Wort für „Pferd“ ist), Opfer eines Fluchs, wurde hier mit Pferdeohren verunstaltet. Nachdem er diese losgeworden war und beschlossen hatte, sich eine Frau zu nehmen, schickte er seinen Neffen Tristan los, um die schöne Isolde – eigentlich für ihn selbst mittels eines Zaubertranks – zu erobern. Daraus entstand die heute bekannte und tragische Liebesgeschichte von Tristan und Isolde.

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Breizh sieht Schwarz und Weiß - Aus dem Bretonen-Land Teil 2

Zweisprachig die Straßenschilder: Oben Französisch, unten Bretonisch.So wird aus Quimper nun Kemper

Bretagne, das etwas andere Frankreich. Sie erinnere Landschaft und Häuserstil schon leicht an England, besonders an Cornwall sagt meine Frau, denn sie war schon öfters auf der Insel, im Gegensatz zu mir. Aber auch die eigene Sprache, das Bretonische, trägt ihren Teil dazu bei. 200.000 Menschen in der Bretagne sprechen auch bretonisch, erzählt der Stadtführer - ich habe es nicht überprüfen können. Bei 3,3 Millionen Einwohnern wäre das ein relativ geringer Anteil. Laut Wikipedia sind es weniger als 290.000 Menschen, die Bretonisch verstehen. Die Zahl der Personen, die es tatsächlich sprechen können, werde auf 250.000 geschätzt. Fachleute des Schulfunkprogramms von SWF und WDR gaben in einer Sendung an, dass höchstens noch etwa 300.000 zumeist ältere Menschen Bretonisch sprechen und etwa 600.000 es zumindest verstehen. Allesamt Daten, die mehr als zehn Jahre alt sind. 

Jedenfalls sind die Ortsschilder zweisprachig, das regionale Radio- und Fernsehprogramm ebenso. In den Schulen wird die Sprache der Bretonen unterrichtet, in der ihr Land „Breizh“ heißt. Sie ist als weitere Amtssprache vom französischen Staat anerkannt. Bretonisch ist - so erfahren wir - keine romanische, sondern eine eigenständige keltische Sprache, die im Unterschied zum Französischen nicht nasal gesprochen wird. Innerhalb des Keltischen gehört das "brezhoneg" mit dem Kornischen und dem Walisischen zum britannischen Zweig, im Unterschied zum Gälischen, das in Schottland und Irland gesprochen wird. Die Bretagne ist der einzige keltische Sprachraum auf dem europäischen Festland. 

Keltisches steht jedenfalls hoch im Kurs in der Musik, bei den  Souvenir-Händlern, bei Biermarken, in Veranstaltungen, bei Grafikern und Autoren. Druiden als spirituelle Führer der Kelten, die Artussage und irgendwie auch der Gallier Asterix regen die Phantasie immer noch an. Und alles nur, weil anno 450 nach Christus den geschlagenen Römern, die zuerst die Gallier besiegt hatten (bis auf besagtes Dorf ganz oben..) bereits christianisierte Kelten folgten: Sie fielen aus Großbritannien ein und gaben der Bretagne ihren Namen. Im Englischen heißt die Bretagne heute noch "Brittany". 

Die Bretonen schlagen einen eigenen Ton an. Und das darf wörtlich verstanden werden. Doch die bretonische Volksmusik ist in den Ohren mancher Touristen gewöhnungsbedürftig, die den Gesang als eher eintönig und sich mehr oder minder immer wiederholend empfinden.  Instrumental kommt sie dagegen eher durchdringend und grell daher, dank Dudelsack und Bombarde, was einem Zuhören manchmal zeitlich Grenzen setzt, weil sie einem irgendwann auf den Geist geht. Sowohl bei der Musik als auch bei Brauchtum pflegen die Bretonen ihre eigene Marke. 

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Gesammeltes aus dem Bretonen-Land - eine Serie

Das Auge von Plomodiern - in der Strandmauer von Pors ar Vag

„In der Mauer, auf der Lauer, glotzt des kalte Auge“, twitterte ich, leicht despektierlich, über das einsame Auge in der Strandmauer von Plomodiern in der Bretagne. Erst Ende Juli enthüllte der Künstler Pierre Chanteau dieses mosaikartige Auge, das aus vom Meer polierten Fayence-Fragmenten besteht, an der  Festung von Pors Ar Vag, einem winzigen Stück des kommunalen Flickenteppichs, der  Plomodiern heißt.  Diese Glas- und Steingutarbeit soll eine künstlerische Hommage an die Tausenden von Frauen und Männern sein, die Seeleute in Schwierigkeiten getragen und gerettet haben.Dieses Auge stellt das Bild dar, das in der Antike den Bug der Boote schmückte, um die Besatzungen zu schützen. 

Werfen wir damit auch ein Auge auf diese bretonische Gemeinde, zu der Pors Ar Vag gehört und versuchen, sie einzuordnen, ein (Größen-)Vergleich zwischen drei Kommunen in Bretagne, Württemberg und Thüringen - ein Trio, das mir aus nachvollziehbaren Gründen naheliegt. Den Anstoß dazu gab ausgerechnet ein grafisch gut gestalteter Stadt- respektive Gemeindeplan in Strandnähe von Pors Ar Vag. Ein bisschen Statistik gefällig? Die Gemarkung von Lienzingen ist elf Quadratkilometer groß und darauf leben etwa 2100 Menschen, demnach 190 auf einem Quadratkilometer. In der Gesamtstadt Mühlacker kommen auf einen Quadratkilometer (insgesamt 54,32 sind es) laut Statistik 480 Personen (zusammen gut 26.000 Einwohner). In unserer thüringischen Partnerstadt Schmölln wohnen 12.200 Menschen - bei einer Gesamtmarkung von 94,7 Quadratkilometer ergibt dies pro Quadratkilometer 145 Leute. Im bretonischen ländlichen Plomodiern sieht die Welt ganz anders aus: 46,7 Quadratkilometer Gemarkung und 45 Personen je Quadratkilometer ergibt 2100 Einwohner- so viel wie Lienzingen, aber dessen Gemarkung passt fünfmal in die des Badeortes an der Atlantikküste. Mühlacker zählt sechs Stadtteile, Schmölln 44 Orte - und Plomodiern? 

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